Einleitung
Das Marionettentheater weckt bei vielen Menschen lebhafte Erinnerungen an ihre Kindheit, an ganze Nachmittage, die man mit den Puppen zubrachte, um, zusammen mit Freunden, das ein oder andere kleine Stück für die Familie aufzuführen. In diesem unschuldigen Rahmen konnte, vom Teufel über den Polizisten bis hin zur Prinzessin, jede beliebige Identität angenommen und durchgespielt werden. Oftmals zögerte man nicht, sich selbst zur Puppe zu machen und mit vollem Körpereinsatz eine eigene Darbietung der Figur zu liefern.
In der Zeit der Aufklärung, des naturwissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Bildung eines neuen Bürgertums und des Individuums an sich, spielte das Marionettentheater eine besondere Rolle. Durch die verschiedenen, teilweise paradoxen, kulturellen Erscheinungen des 18. Jahrhunderts , begegneten dem damals vorherrschenden Weltbild oft gegenläufige Ansichten. Der Körper – und Bildungsdiskurs der Aufklärung wirft bezüglich der Marionetten die Frage auf, wer anmutiger sein kann – der Mensch oder die Marionette? Außerdem kann gefragt werden, inwieweit die aufklärerischen Ideologien der Gesellschaft den Menschen selbst zur Marionette machen.
Im Folgenden soll versucht werden, die Einflüsse dieser Zeit auf das Marionettentheater und die daraus resultierende Funktion in der Gesellschaft zu erläutern. Für einen intertextuellen Vergleich dienen als Primärtexte Johann Wolfgang von Goethes
Bildungsroman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ und Heinrich von Kleists „Über das Marionettentheater“ .
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Marionettentheater in Wilhelm Meisters Kindheit
- Neue Regeln für den Körper des Schauspielers
- Ästhetisches Paradox in Kleists „Über das Marionettentheater”
- Das Marionettentheater im Bildungsdiskurs des 18. Jahrhunderts
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rolle und Funktion des Marionettentheaters im Bildungsdiskurs des 18. Jahrhunderts. Im Zentrum steht die Analyse von Johann Wolfgang von Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ und Heinrich von Kleists „Über das Marionettentheater“, um die Einflüsse dieser Zeit auf das Marionettentheater und dessen Funktion in der Gesellschaft zu beleuchten.
- Der Einfluss der Aufklärung auf das Marionettentheater
- Die ästhetische Funktion des Marionettentheaters
- Das Verhältnis zwischen Mensch und Marionette
- Die Rolle des Marionettentheaters in der Bildung des Individuums
- Die Verbindung von Spiel und Realität im Kontext des Marionettentheaters
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel wird die Begegnung von Wilhelm Meister mit dem Marionettentheater in seiner Kindheit beleuchtet. Durch die Analyse der „David und Goliath“-Aufführung wird deutlich, wie das Marionettentheater die Fantasie und Neugier des jungen Wilhelm anregt. Sein Wunsch, die Mechanismen des Theaters zu verstehen und selbst die Marionetten zu steuern, spiegelt den aufklärerischen Geist seiner Zeit wider.
Das zweite Kapitel widmet sich dem ästhetischen Paradox, das Kleist in seinem Essay „Über das Marionettentheater“ beschreibt. Hier wird die Frage aufgeworfen, ob die Marionette dem Menschen in ihrer Anmut überlegen ist. Kleist argumentiert, dass die Marionette, aufgrund ihrer fehlenden Selbstbewusstheit, einer perfekten und unverstellten Schönheit fähig ist.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Einordnung des Marionettentheaters in den Bildungsdiskurs des 18. Jahrhunderts. Hier werden verschiedene Aspekte wie die Bedeutung des Spiels und die Frage nach der Rolle des Individuums im Kontext der aufklärerischen Gesellschaft beleuchtet.
Schlüsselwörter
Marionettentheater, Aufklärung, Bildung, Individuum, Körper, Spiel, Realität, Ästhetik, Paradox, Wilhelm Meisters Lehrjahre, Heinrich von Kleist, Über das Marionettentheater.
- Citation du texte
- Annika Onken (Auteur), 2007, Das Marionettentheater im Bildungsdiskurs des 18. Jahrhunderts. "Wilhelm Meisters Lehrjahre" und "Über das Marionettentheater", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84334