Die ostdeutschen Städte und Gemeinden haben seit der politischen Wende im Jahr 1989 einen massiven Schrumpfungsprozess erlebt. Schrumpfung meint hierbei eine negative zirkuläre Dynamik von Wirtschaft und Demographie mit spezifischen Auswirkungen für andere Bereiche des städtischen Lebens (Lang, Tenz, 2003). Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig. Eine wesentliche Rolle spielte jedoch die schlagartig einsetzende Transformation der ostdeutschen Wirtschaft, gekoppelt an den Zusammenbruch des gesellschaftlichen Systems der DDR. Ganze Regionen wurden so ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt.
In besonderer Weise waren und sind in Ostdeutschland die Klein- und Mittelstädte von den Auswirkungen der Entwicklungen seit 1990 betroffen. Der Hauptgrund hierfür liegt in der häufig anzutreffenden Abhängigkeit der kleineren Kommunen von nur einem oder wenigen großen Arbeitgebern bis 1989, die entweder im Zuge des gesellschaftlichen Wandlungsprozesses ihre Legitimation verloren oder auf dem sich öffnenden Markt nicht länger wettbewerbsfähig waren. Ihr Verschwinden konnte in vielen Fällen bis heute nicht kompensiert werden. Die Folge des wirtschaftlichen Bruches war eine massive Abwanderung, die in der Mehrheit der Klein- und Mittelstädte der Neuen Länder bis zur Gegenwart anhält und einige von ihnen künftig vor ernsthafte Existenzprobleme stellen wird.
Doch die Klein- und Mittelstädte des Ostens präsentieren keineswegs ein Bild einheitlichen kommunalen Siechtums. Neben schrumpfenden und alternden Städten existieren in den Neuen Ländern durchaus auch wachsende und zunehmend prosperierende Klein- und Mittelstädte. Außerdem lassen die Entwicklungsprognosen der Raumforschung auf eine zunehmend divergierende Entwicklung der Kommunen schließen. Schrumpfung und Wachstum liegen dabei immer häufiger auch dicht beieinander.
Sechzehn Jahre nach der politischen Wende soll versucht werden, aus dem komplexen Bedingungsgefüge, in dem diese ostdeutschen Kommunen existieren, Rückschlüsse auf ihre künftigen Entwicklungschancen zu ziehen. Dabei soll vor allem der Frage nachgegangen werden, welche Konsequenzen heute anzutreffende Voraussetzungen für die weitere Entwicklung haben könnten. Ferner sollen Handlungs- und Profilierungsmöglichkeiten für die Zukunft vorgestellt werden, mit denen sich die Entwicklung der Kommunen von Seiten lokaler Akteure künftig positiv beeinflussen lässt.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Strukturwandel und Stadtentwicklung
- 2.1 Sozioökonomischer und soziodemographischer Strukturwandel in den neuen Bundesländern
- 2.1.1 Ausgangssituation 1989 und sozioökonomische Entwicklungen
- 2.1.2 Demographische Entwicklungen in den neuen Ländern bis zur Gegenwart
- 2.1.3 Demographische Prognosen
- 2.2 Die besondere Rolle der ostdeutschen Klein- und Mittelstädte
- 2.2.1 Das Städtesystem Deutschlands
- 2.2.2 Klein- und Mittelstädte: Begriffliche Eingrenzung
- 2.2.3 Klein- und Mittelstädte in Deutschland – Fakten und Entwicklungspfade
- 2.2.4 Besonderheiten ostdeutscher Klein und Mittelstädte
- 2.2.5 Divergierende Entwicklungen zwischen Ost und West
- 3 Schrumpfende Städte: Wahrnehmung und Folgen
- 3.1 Schrumpfung und ihre Rezeption in der Öffentlichkeit und der Forschung
- 3.2 Folgen der Schrumpfung auf die ursächlichen Prozesse
- 3.3 Auswirkungen der Schrumpfung auf abhängige Bereiche
- 4 Die Fallstudien: Methodik und Auswahlbegründung
- 4.1 Determinanten regionaler Entwicklung
- 4.2 Auswahl der Determinanten
- 4.3 Die Bertelsmann-Studie „Wegweiser Demographischer Wandel“
- 4.4 Auswahlbegründung: Finsterwalde, Oranienburg, Gardelegen
- 5 Fallstudie I: Finsterwalde
- 5.1 Allgemeine historische Entwicklung
- 5.2 Lagemerkmale und Verkehr
- 5.3 Zentralörtliche Einordnung und Förderbedingungen
- 5.4 Demographische Entwicklungstendenzen Finsterwaldes
- 5.4.1 Merkmale des Clusters „Schrumpfende und alternde Städte und Gemeinden mit hoher Abwanderung“
- 5.4.2 Allgemeine Bevölkerungsentwicklung Finsterwaldes
- 5.4.3 Alterung, Bildungswanderung und Attraktivität für Familien
- 5.5 Ökonomische Merkmale und Entwicklungstendenzen Finsterwaldes
- 5.5.1 Merkmale des Clusters „Schrumpfende und alternde Städte und Gemeinden mit hoher Abwanderung“
- 5.5.2 Merkmale und Entwicklungstendenzen Finsterwaldes
- 5.6 Bewertung und Perspektiven
- 6 Fallstudie II: Oranienburg
- 6.1 Allgemeine historische Entwicklung
- 6.2 Lagemerkmale und Verkehr
- 6.3 Zentralörtliche Einordnung und Förderbedingungen
- 6.4 Demographische Entwicklungstendenzen Oranienburgs
- 6.4.1 Merkmale des Clusters „Suburbane Wohnorte mit hohen Wachstumserwartungen“
- 6.4.2 Allgemeine Bevölkerungsentwicklung Oranienburgs
- 6.4.3 Familienwanderung
- 6.4.4 Bildungswanderung
- 6.4.5 Alterung
- 6.5 Ökonomische Merkmale und Entwicklungstendenzen Oranienburgs
- 6.5.1 Merkmale des Clusters „Suburbane Wohnorte mit hohen Wachstumserwartungen“
- 6.5.2 Merkmale und Entwicklungstendenzen Oranienburgs
- 6.6 Einschätzung und Perspektiven
- 7 Fallstudie III: Gardelegen
- 7.1 Allgemeine historische Entwicklung
- 7.2 Lagemerkmale und Verkehr
- 7.3 Zentralörtliche Einordnung und Förderbedingungen
- 7.4 Demographische Entwicklungstendenzen Gardelegens
- 7.4.1 Merkmale des Clusters „Stabile Mittelstädte und regionale Zentren mit geringem Familienanteil“
- 7.4.2 Allgemeine Bevölkerungsentwicklung Gardelegens
- 7.4.3 Attraktivität für Familien
- 7.4.4 Bildungswanderung
- 7.4.5 Alterung
- 7.5 Ökonomische Merkmale und Entwicklungstendenzen Gardelegens
- 7.5.1 Merkmale des Clusters „Stabile Mittelstädte und regionale Zentren mit geringem Familienanteil“
- 7.5.2 Merkmale und Entwicklungstendenzen Gardelegens
- 7.6 Bewertung und Perspektiven
- 8 Zwischenfazit
- 8.1 Überprüfung der Arbeitshypothesen
- 8.2 Gesamteinschätzung der Entwicklungschancen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte
- 9 Handlungsoptionen
- 9.1 Vorbetrachtungen
- 9.2 Handlungsoptionen für „Schrumpfende und alternde Städte und Gemeinden mit hoher Abwanderung“
- 9.2.1 Herausforderungen
- 9.2.2 Empfehlungen
- 9.3 Handlungsoptionen für „Suburbane Wohnorte mit hohen Wachstumserwartungen“
- 9.3.1 Herausforderungen
- 9.3.2 Empfehlungen
- 9.4 Handlungsoptionen für „Stabile Mittelstädte und regionale Zentren mit geringem Familienanteil“
- 9.4.1 Herausforderungen
- 9.4.2 Empfehlungen
- 9.5 Hemmnisse und Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung nachhaltiger Entwicklungskonzepte
- 10 Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklungschancen und -optionen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte. Ziel ist es, die Auswirkungen des Strukturwandels seit 1989 auf diese Städte zu analysieren und Handlungsempfehlungen für die Zukunft zu entwickeln. Die Analyse basiert auf drei Fallstudien, die unterschiedliche Entwicklungspfade repräsentieren.
- Der sozioökonomische und demografische Strukturwandel in Ostdeutschland seit 1989
- Die spezifischen Herausforderungen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte
- Die Auswirkungen von Schrumpfungsprozessen auf die betroffenen Städte
- Die Entwicklung verschiedener Stadttypen in Ostdeutschland
- Handlungsmöglichkeiten zur positiven Einflussnahme auf die Entwicklung der Städte
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Arbeit dar und beschreibt den massiven Schrumpfungsprozess ostdeutscher Städte und Gemeinden seit 1989. Sie hebt die Vielfältigkeit der Ursachen hervor, wobei die Transformation der ostdeutschen Wirtschaft eine zentrale Rolle spielt. Die Arbeit konzentriert sich auf die Klein- und Mittelstädte und deren unterschiedliche Entwicklungsverläufe, die von Schrumpfung bis zu Wachstum reichen. Die Zielsetzung besteht in der Analyse der zukünftigen Entwicklungschancen und der Entwicklung von Handlungsoptionen.
2 Strukturwandel und Stadtentwicklung: Dieses Kapitel analysiert den sozioökonomischen und demografischen Strukturwandel in den neuen Bundesländern seit 1989. Es beschreibt die Ausgangssituation, die demografische Entwicklung und Prognosen. Ein Schwerpunkt liegt auf der besonderen Rolle der ostdeutschen Klein- und Mittelstädte im deutschen Städtesystem, ihrer Begrifflichen Eingrenzung, Fakten und Entwicklungspfade, sowie den Besonderheiten und divergierenden Entwicklungen im Vergleich zu Westdeutschland. Der Kapitel beschreibt die Abhängigkeit vieler kleiner Kommunen von wenigen großen Arbeitgebern vor 1989, deren Verlust zu Abwanderung und wirtschaftlichen Problemen führte.
3 Schrumpfende Städte: Wahrnehmung und Folgen: Dieses Kapitel befasst sich mit der Wahrnehmung und den Folgen von Schrumpfungsprozessen in ostdeutschen Städten. Es untersucht die öffentliche und wissenschaftliche Rezeption des Phänomens und analysiert die Auswirkungen der Schrumpfung auf ursächliche Prozesse und abhängige Bereiche des städtischen Lebens. Der Kreislauf der Schrumpfung und deren Auswirkungen werden detailliert erläutert.
4 Die Fallstudien: Methodik und Auswahlbegründung: Dieses Kapitel erläutert die Methodik der Arbeit und die Begründung für die Auswahl der drei Fallstudien (Finsterwalde, Oranienburg, Gardelegen). Es beschreibt die Determinanten regionaler Entwicklung und die Auswahl der relevanten Faktoren. Die Bertelsmann-Studie „Wegweiser Demographischer Wandel“ dient als Grundlage für die Auswahl der Städte, die unterschiedliche Entwicklungstypen repräsentieren.
5 Fallstudie I: Finsterwalde: Diese Fallstudie analysiert die demografische und ökonomische Entwicklung von Finsterwalde. Sie untersucht die historische Entwicklung, die Lage, die zentralörtliche Einordnung, die Bevölkerungsentwicklung (Alterung, Abwanderung), und die wirtschaftlichen Merkmale. Finsterwalde wird als Beispiel für eine schrumpfende und alternde Stadt mit hoher Abwanderung betrachtet.
6 Fallstudie II: Oranienburg: Diese Fallstudie konzentriert sich auf die Stadt Oranienburg, ein Beispiel für einen suburbanen Wohnort mit hohen Wachstumserwartungen. Die Analyse umfasst die historische Entwicklung, die Lage, die zentralörtliche Einordnung, die demografische Entwicklung (insbesondere Familien- und Bildungswanderung, Alterung) sowie die ökonomischen Merkmale und Entwicklungstendenzen. Im Gegensatz zu Finsterwalde, zeigt Oranienburg positive Entwicklungen auf.
7 Fallstudie III: Gardelegen: Gardelegen repräsentiert in dieser Fallstudie den Typus der stabilen Mittelstadt mit geringem Familienanteil. Die Analyse beinhaltet die historische Entwicklung, Lage, zentralörtliche Einordnung, demografische Entwicklung (Familien- und Bildungswanderung, Alterung), und die ökonomischen Merkmale und Entwicklungstendenzen. Gardelegen stellt eine Zwischenposition zwischen den beiden anderen Fallstudien dar.
Schlüsselwörter
Ostdeutschland, Klein- und Mittelstädte, Strukturwandel, Demografie, Schrumpfung, Wachstum, Stadtentwicklung, regionale Entwicklung, Fallstudien, Handlungsoptionen, wirtschaftliche Entwicklung, demografischer Wandel, Suburbanisierung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Entwicklungschancen und -optionen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte
Was ist das Thema der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Entwicklungschancen und -optionen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte seit dem Strukturwandel nach 1989. Sie analysiert die Auswirkungen des Wandels und entwickelt Handlungsempfehlungen für die Zukunft.
Welche Städte werden im Detail betrachtet?
Die Arbeit konzentriert sich auf drei Fallstudien: Finsterwalde (schrumpfende Stadt), Oranienburg (wachsende Stadt) und Gardelegen (stabile Mittelstadt). Diese repräsentieren unterschiedliche Entwicklungspfade ostdeutscher Städte.
Welche Aspekte des Strukturwandels werden behandelt?
Die Arbeit analysiert den sozioökonomischen und demografischen Strukturwandel in Ostdeutschland seit 1989, einschließlich der demografischen Entwicklung, Prognosen und der besonderen Herausforderungen für Klein- und Mittelstädte.
Wie wird die Schrumpfung von Städten behandelt?
Die Arbeit untersucht die Wahrnehmung und Folgen von Schrumpfungsprozessen in ostdeutschen Städten, analysiert die Auswirkungen auf ursächliche Prozesse und abhängige Bereiche des städtischen Lebens und beschreibt den Kreislauf der Schrumpfung und deren Auswirkungen.
Welche Methodik wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine qualitative Fallstudienmethode. Die Auswahl der drei Fallstudien basiert auf der Bertelsmann-Studie „Wegweiser Demographischer Wandel“, um unterschiedliche Entwicklungstypen zu repräsentieren. Die Analyse umfasst historische Entwicklung, Lage, zentralörtliche Einordnung, demografische und ökonomische Merkmale und Entwicklungstendenzen.
Was sind die Ergebnisse der Fallstudien?
Die Fallstudien zeigen unterschiedliche Entwicklungsverläufe: Finsterwalde als Beispiel für Schrumpfung und Alterung mit hoher Abwanderung, Oranienburg als wachsenden suburbanen Wohnort und Gardelegen als stabile Mittelstadt mit geringem Familienanteil. Die Ergebnisse werden jeweils im Hinblick auf demografische und ökonomische Faktoren ausgewertet.
Welche Handlungsempfehlungen werden gegeben?
Die Arbeit gibt Handlungsempfehlungen für die drei identifizierten Stadttypen (schrumpfende, wachsende und stabile Städte), berücksichtigt dabei spezifische Herausforderungen und nennt Maßnahmen zur positiven Beeinflussung der Stadtentwicklung. Zusätzlich werden Hemmnisse und Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung nachhaltiger Entwicklungskonzepte diskutiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Ostdeutschland, Klein- und Mittelstädte, Strukturwandel, Demografie, Schrumpfung, Wachstum, Stadtentwicklung, regionale Entwicklung, Fallstudien, Handlungsoptionen, wirtschaftliche Entwicklung, demografischer Wandel, Suburbanisierung.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Entwicklungschancen und -optionen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte zu analysieren und auf dieser Basis Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Entwicklung zu formulieren.
Wo finde ich detaillierte Informationen zu den einzelnen Kapiteln?
Das Inhaltsverzeichnis der Arbeit bietet eine detaillierte Übersicht über alle Kapitel und Unterkapitel, die die Arbeit strukturieren und die behandelten Themengebiete im Detail aufschlüsseln.
- Arbeit zitieren
- Alexander Walter (Autor:in), 2007, Entwicklungschancen und Optionen ostdeutscher Klein- und Mittelstädte anhand von drei Fallbeispielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84746