Die rationale Lebensweise Eduards und Charlottes, die mit der Ankunft des Hauptmanns perfektioniert wird, korrespondiert mit dem Konzept des ‚empirischen Sehens’. Diese Wahrnehmung der aufgeklärten Kultur bildet jedoch einen Kontrast zu Ottilies Wahrnehmung. Angelehnt an die mittelalterliche Heilige Odilia, die der Legende nach blind auf die Welt gekommen ist, steht Ottilie für eine ‚ursprüngliche’ Wahrnehmung, die im Laufe der Zivilisation abhanden gekommen ist. Ihre Sehfähigkeit wird in dieser Arbeit im Zusammenhang mit Goethes Begriff des Symbols erläutert. Das Symbol war für Goethe als Naturforscher nicht nur von Bedeutung für seine Wirklichkeitserfahrung und Naturerkenntnis, sondern trug auch eine weltanschauliche Dimension in sich und bildete die Grundlage seines Kunstkonzeptes. Daher kann Ottilie nicht nur in ihrer Wahrnehmung, sondern sie selbst als Symbol beschrieben werden, genau genommen aufgrund der Wirkung auf ihre Umgebung. Durch ihren Tod erfährt sie am Ende einen Wandel vom Natur- zum Kunstsymbol.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Konzeptionen des Sehens
- 2.1 Sehen und Erkennen: Eduard, Charlotte und der Hauptmann
- 2.2 Ottilies Sehfähigkeit I: Wahrnehmen und Empfinden
- 3. Ottilie als Symbol
- 3.1 Ottilies Schönheit und deren Wirkung
- 3.2 Ottilie im Zusammenhang mit Goethes Symbolbegriff
- 4. Ottilies Sehfähigkeit II: „Symbolische Wahrnehmung‘ und deren Brüche
- 5. Ottilie als Kunstsymbol
- 5.1 Wandel zum Kunstsymbol
- 5.2 Ottilie und die klassische Kunst: das Schöne, das Wahre, das Gute
- 6. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Wahrnehmungskonzeptionen in Johann Wolfgang Goethes Roman "Die Wahlverwandtschaften" und untersucht, wie die Figur der Ottilie als Symbol für die Beziehung zwischen Ratio und Symbol interpretiert werden kann.
- Die Rolle der Vernunft und des rationalen Denkens in der Gesellschaft des Romans
- Die Darstellung von Sehfähigkeit und Wahrnehmung im Kontext der Figuren
- Ottilies symbolische Bedeutung als Gegenpol zur rationalen Welt
- Die Ambivalenz von Ottilies „symbolischer Wahrnehmung“
- Die Verbindung von Ottilie mit dem Konzept der klassischen Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale These der Arbeit vor: Die Figur der Ottilie fungiert als Symbol für den Konflikt zwischen der rationalen Welt des Landadels und einer mystischen, symbolischen Sphäre. Kapitel 2 untersucht verschiedene Konzeptionen des Sehens im Roman, fokussiert auf die Figuren Eduard, Charlotte und den Hauptmann sowie Ottilies eigene Wahrnehmung. Kapitel 3 analysiert Ottilies Schönheit und deren Wirkung sowie ihre Verbindung zu Goethes Symbolbegriff. In Kapitel 4 wird Ottilies „symbolische Wahrnehmung" und deren Brüche untersucht. Kapitel 5 behandelt Ottilie als Kunstsymbol und ihre Verbindung mit der klassischen Kunst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Rationalität, Symbol, Wahrnehmung, Schönheit, Ottilie, Goethe, Die Wahlverwandtschaften, klassische Kunst, symbolische Wahrnehmung und deren Brüche.
- Arbeit zitieren
- Janine Dahlweid (Autor:in), 2006, Ratio versus Symbol in Johann Wolfgang Goethes "Die Wahlverwandtschaften", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84972