Die Verlegung des Reichskammergerichts von Speyer nach Wetzlar


Seminararbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichte des Reichskammergerichts bis zum Ende der Speyerer Zeit

3. Zwischen Speyer und Wetzlar
3.1 Die Konkurrenten Wetzlars
3.1.1 Die Alternativen während der Westfälischen Friedenskonferenz
3.1.2 Die erneuten Verhandlungen ab 1681

4. Die Verlegung nach Wetzlar

5. Wetzlar als „vorläufiger“ Sitz des Reichskammergerichts

6. Das Ende der Verhandlungen?

7. Fazit

8. Quellen

1. Einleitung

Gegenstand dieser Hausarbeit soll die Verlegung des Reichskammergerichts von Speyer nach Wetzlar im Jahre 1689 sein. Im Folgenden werde ich zuerst auf die Geschichte des Reichskammergerichts eingehen, mit dem Schwerpunkt auf die unterschiedlichen Städte, in denen es untergebracht war. Genauer werde ich mich dann der Zeit zwischen Speyer und Wetzlar widmen. Auch auf die Frage, welche Städte alternativ hätten Sitz des Reichskammergerichts werden können und aus welchen Gründen die Wahl des Gerichts ausgerechnet auf Wetzlar und nicht auf eine der zahlreichen anderen Möglichkeiten fiel, werde ich in dieser Arbeit eingehen.

2. Geschichte des Reichskammergerichts bis zum Ende der Speyerer Zeit

Auf dem Reichstag zu Worms im Jahr 1495 wurde das Kammergericht zum Reichskammergericht umgewandelt und neu konstituiert. Damit einher ging die Forderung nach einem eigenen Gerichtssitz, da es sich vom Hof des Königs lösen sollte.[1] Zwar verbrachte das Reichskammergericht die meiste Zeit in den Städten Wetzlar und Speyer, jedoch änderte es seinen Sitz sowohl in seiner Frühgeschichte als auch in der späteren Zeit recht häufig.

Während das ältere Kammergericht dem König folgend in Worms ansässig war, sollte es nun nach Frankfurt übersiedeln. Dies wurde am 7. August 1495 dem Vertreter der Stadt mitgeteilt.[2] Die Stadt war mit diesem Beschluss zwar keineswegs zufrieden,[3] dennoch wurde bereits am 3. November des gleichen Jahres der Gerichtsbetrieb aufgenommen.[4] Allerdings war die Finanzierung des Gerichts alles andere als sicher: Die Reichsstände waren nicht bereit, den Unterhalt für das Gericht zu stellen. Erschwerend kam hinzu, dass der König anfangs immer wieder versuchte, stärker auf das Gericht Einfluss zu nehmen. Obwohl Frankfurt vier Jahre lang Sitz des Reichskammergerichts bleiben sollte, wurde es schon 1497[5] wieder zurück nach Worms verlegt. Doch noch im selben Jahr ging das Gericht erneut auseinander, der Grund hierfür lag dieses Mal in den drohenden Kriegsgefahren. Im März 1501 nahm es seine Gerichtstätigkeit wieder auf, diesmal in Nürnberg[6], wo es allerdings auch nicht lange verbleiben sollte. Seine Tätigkeit stellte es schon Ende des Jahres wieder ein und nahm sie erst zwei Jahre später in Regensburg[7] auf bis der Kaiser es 1504 nach Augsburg rief um dort den Sukzessionsstreit zu klären. Allerdings kehrte der Großteil des Personals schnell nach Regensburg zurück, da der Aufenthalt in Augsburg ohnehin nur auf zwei Jahre begrenzt war.

Schließlich wurde auf dem Reichstag von Konstanz vorgeschlagen, das Gericht wieder zurück nach Worms zu verlegen, da Regensburg für die Stände nicht zentral genug lag. Zusätzlich kamen mittlerweile auch Nördlingen und Esslingen in Betracht[8], jedoch wurde es 1509 nach einem weiteren Jahr in Regensburg zurück nach Worms verlegt.[9] Mit diesem Ortswechsel und dem Konstanzer Reichstag endet die erste große Phase des Reichskammergerichts. Die Stände und der Kaiser hatten sich angenähert und beide für eine unbefristete Einrichtung des Gerichts plädiert. Außerdem war nun endlich die Frage der Finanzierung geregelt: Das Reichskammergericht bezog seine Mittel von nun an bis zu seinem Ende im Jahr 1806 über das Matrikelwesen[10].

In Worms begann das Reichskammergericht schon bald wieder zu arbeiten und konnte bereits im Juni 1509 wieder Urteile publizieren. Doch schon 1511 wurde die Arbeit wegen der sich ausbreitenden Pest in der Stadt wieder unterbrochen. Aus diesem Grund wich das Gericht für einige Monate auf die Stadt Speyer aus, die sich dann dazu entschloss, sich als dauerhaften Standort zu bewerben.[11] Jedoch musste sich die Stadt vorerst mit der Versicherung des Kaisers zufrieden geben, dass sie in Erwägung gezogen werden würde, sollte die Diskussion über den Standort des Gerichts erneut aufflammen. Das Reichskammergericht nahm seine Arbeit wieder in Worms auf bis zu einem erneuten Ausbruch der Pest,[12] der das Ende einer beständigen und kaum von Unterbrechungen gezeichneten Tätigkeitsphase markierte.

Mittlerweile war nach dem Tod Kaiser Maximilians I. auch ein neuer Herrscher an der Macht: Kaiser Karl V., der in seiner Wahlkapitulation das Reichsregiment wieder neu belebte, unter dem von nun auch das Reichskammergericht gestellt wurde.[13] Da das Reichsregiment seinen Sitz in Nürnberg hatte, musste auch das Reichskammergericht dort hin umziehen, trotz der Widersprüche einiger Kürfürsten, die Nürnberg wegen der hohen Seuchengefahr als zu gefährlich einschätzten und einen Sitz in Frankfurt lieber gesehen hätten.[14]

Eine weitere Zäsur bildete ein die gesamte deutsche Geschichte prägendes Thema: Die Reformation. Nach einer Visitation und den damit verbundenen Entlassungen einiger Kameraler wurde das Gericht erneut verlegt, diesmal in die Stadt Esslingen, da Nürnberg wegen reformationsfreundlicher Tendenzen nicht mehr als Sitz des Reichskammergerichts geeignet war.[15] Aber auch hier begann die Reformation seine Wirkung zu zeigen, weshalb das Gericht sich erneut einem Standortwechsel unterziehen musste. Ein weiterer Grund war die drohende Gefahr, die von dem Bauernkrieg ausging,[16] der schon kurz davor einen einmonatigen Stillstand der Gerichtstätigkeiten bewirkt hatte. Eine willkommene Gelegenheit für Speyer, sein Anliegen, das Gericht dauerhaft hier anzusiedeln, durchzusetzen. Auch wenn sich noch drei andere Städte, Nürnberg, Nördlingen und Augsburg, um den Sitz des Reichskammergerichts bewarben,[17] wurde es auf dem Reichstag 1526 nach Speyer verlegt.[18] Nachdem erneut eine Seuche einen schnellen Ortswechsel verhindert hatte bezog das Gericht sein Quartier in Speyer.

Es stellte sich auch rasch heraus, dass Speyer nun ein dauerhafter Sitz sein sollte, schließlich lagen mittlerweile auch die Nachteile der vielen Ortswechsel auf der Hand. Man konnte immer weniger qualifiziertes Personal finden, das keine geregelte Lebensplanung haben konnte. Im Jahr 1530 wurde Speyer dann auch zum dauerhaften Sitz des Reichskammergerichts erklärt.[19] In der Reichskammergerichtsordnung von 1555 wurde diese Bestimmung normiert, wobei diese Norm auch noch andere Regelungen enthielt.[20] Die wichtigste dieser ist wohl, die Regelung, dass die Kammerrichter und Besitzer des Reichskammergerichts bei einer existenziellen Bedrohung selbst entscheiden konnten, ob und wohin sie das Gericht verlegen wollten.[21] Von dieser Bestimmung waren die folgenden Jahrzehnte bis zu endgültigen Verlegung des Gerichts nach Wetzlar geprägt.

3. Zwischen Speyer und Wetzlar

Dieser oben genannten Regelung war allerdings schon ein Ausbruch der Pest im Jahr 1539 vorausgegangen. Nach dem Ausbruch siedelte sich das Reichskammergericht zwischenzeitlich in Wimpfen an. Obwohl das Gericht dieses Ausweichen eigenmächtig veranlasst hatte, wandte es sich kurze Zeit später doch an den Kaiser, da in Speyer die Kameralenhäuser von dem Markgrafen Albrecht Alcibiades von Ansbach geplündert – er fürchtete eine Achterklärung durch das Reichskammergericht – wurden, um eine Verlegung nach Köln zu erbeten.[22] Sowohl der Kaiser als auch die Stadt waren mit der Verlegung einverstanden, allerdings kam es nicht dazu, da der Markgraf bald darauf fliehen musste. Im Sommer 1555 wich das Gericht noch einmal aus – wieder wegen einer Seuche – dieses Mal nach Esslingen.[23]

Alle diese kurzfristigen Ortswechsel waren mittlerweile jedoch mit immer mehr Schwierigkeiten verbunden, da das Reichskammergericht nach 60 Jahren zu einer Institution herangewachsen war. Deshalb veranlasste das rechtssprechende Personal 1556, dass vor einer erneuten Verlegung zuerst die Prokuratoren gehört werden mussten, weil sie die durch die ständigen Umzüge zunehmenden Belastungen nicht mehr tragen wollten. Jedoch waren weder die Prokuratoren noch das Gerichtspersonal richtig zufrieden mit der Reichskammergerichtsstadt Speyer. Dies führte dazu, dass die Standortfrage des Gerichts erneut diskutiert wurde. Diese Diskussion wurde dann aber doch schnell wieder zu den Akten gelegt, da man keine neue Stadt, die als Standort für das Reichskammergericht geeignet gewesen wäre, benennen konnte.

[...]


[1] Albrecht CORDES, Das Reichskammergericht (1495-1806), in: zeitenblicke 3 (2004), Nr.3, URL: http://www.zeitenblicke.de/2004/03/cordes/index.html. (03.11.2007).

[2] Jost HAUSMANN, Die Städte des Reichskammergerichts, in: Städte und Stätten des Reichskammergerichts, hrsg. v. Jost Hausmann in Verbindung mit der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Köln/Weimar/Wien 1995, S.9.

[3] Thorsten JOECKER, Reichsstädte als Sitz des Reichskammergerichts, in: zeitenblicke 3 (2004), Nr.3, URL: http://www.zeitenblicke.de/2004/03/joecker/joecker.pdf. (04.11.2007), S.1.

[4] HAUSMANN, Städte, S.9.

[5] Ebd., S.11.

[6] Rudolf SMEND, Das Reichskammergericht – Geschichte und Verfassung, Weimar 1965, S.87.

[7] HAUSMANN, Städte, S.13.

[8] SMEND, Reichskammergericht, S.99.

[9] SMEND, Reichskammergericht, S.102.

[10] Ebd., S. 101.

[11] HAUSMANN, Städte, S.16.

[12] SMEND, S.115.

[13] Klaus MENKE, Die Visitationen am Reichskammergericht, Köln/Wien 1984, S.26.

[14] HAUSMANN, Städte, S.21.

[15] Ebd., S.21.

[16] SMEND, Reichskammergericht, S.135.

[17] Ebd.

[18] SMEND, Reichskammergericht, S.135f.

[19] HAUSMANN, Städte, S.22.

[20] Jost HAUSMANN, Die Kameralfreiheiten des Reichskammergerichtspersonals, Köln 1989, S.37.

[21] HAUSMANN, Städte, S.22.

[22] HAUSMANN, Kameralfreiheiten, S.89.

[23] HAUSMANN, Städte, S.23.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Verlegung des Reichskammergerichts von Speyer nach Wetzlar
Hochschule
Universität Mannheim
Veranstaltung
Das Heilige Römische Reich
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V85004
ISBN (eBook)
9783638002905
ISBN (Buch)
9783638911146
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verlegung, Reichskammergerichts, Speyer, Wetzlar, Heilige, Römische, Reich
Arbeit zitieren
Britta Düvelmeyer (Autor:in), 2007, Die Verlegung des Reichskammergerichts von Speyer nach Wetzlar, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85004

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Verlegung des Reichskammergerichts von Speyer nach Wetzlar



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden