Die zukünftige Rolle des russischen Rubels im internationalen Kapitalverkehr


Tesis, 2007

55 Páginas, Calificación: 2,5


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geld, Währung und internationale Währung
2.1 Allgemeine Betrachtung von Geld und Währung
2.2 Funktionen von internationalen Währungen
2.2.1 Internationale Tausch- und Zahlungsmittel
2.2.2 Internationale Recheneinheit
2.2.3 Internationale Wertaufbewahrungsmittel

3 Voraussetzungen für internationale Währungen
3.1 Kapitalmobilität und Konvertibilität
3.2 Politische Stabilität und internationale Führungsstellung
3.3 Wirtschaftskraft und außenwirtschaftliche Verflechtung
3.4 Währungsstabilität
3.5 Glaubwürdigkeit der Geldpolitik
3.6 Unabhängigkeit der Zentralbank
3.7 Internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes

4 Gründe der Wahl einer internationalen Währung und Euromärkte
4.1 Kosten-Nutzen- Aspekte der Internationalisierung einer Währung
4.2 Euromarkt als Plattform für die Internationalisierung einer Währung

5 Währungsregimes und Währungshierarchie der Gegenwart
5.1 Fixe versus flexible Wechselkurse
5.2 Gegenwärtige Entwicklung der Währungsregimes
5.3 Gegenwärtige Währungshierarchien

6 Analyse der Voraussetzungen des russischen Rubels als internationale Währung
6.1 Konvertibilitätskriterien des Rubels
6.2 Innen- und außenpolitische Lage der Russischen Föderation
6.3 Wirtschaftlicher Entwicklungsstand der Russischen Föderation
6.4 Stabilität des Rubels
6.5 Geldpolitik der russischen Föderation
6.6 Zentralbank der Russischen Föderation
6.7 Russland als internationaler Finanzplatz

7 Der Rubel im internationalen Kapitalverkehr

8 Zusammenfassung und Ausblick

9 Literatur

Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

Tabelle 1: Funktionen internationaler Währungen

Tabelle 2: Kriterien der Unabhängigkeit der Zentralbank

Tabelle 3: Gesamtwirtschaftliche Daten Russlands

Abbildung 1: Anteil der Währungen an den internationalen Devisenmarkttransaktionen

Abbildung 2: Währungsstruktur der offiziellen Devisenreserven der Zentralbanken, Ende 2006

Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Ein wichtiger Indikator der Beständigkeit einer Volkswirtschaft ist ihre Währung. Besonders im Zeitalter der Globalisierung mit grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen, knüpfen die internationalen Investoren ihre Entscheidungen an die Möglichkeit, die Gewinne nicht nur in der Währung des jeweiligen Landes zu realisieren, sondern diese ohne Verluste wieder in die eigene Währung zu konvertieren. Logischerweise kann eine Währung auch selbst zu einem Investitionsobjekt werden, wenn das jeweilige Land eine stabile Wirtschaftsentwicklung aufweist.

In diesem Kontext werden die beachtlichen Veränderungen in der russischen Gesellschaft und Wirtschaft der letzten zwei Jahrzehnte interessant. Die Kommandowirtschaft wurde zerstört, an ihrer Stelle wurde eine Marktwirtschaft etabliert. Die Preise von Waren und Arbeit werden vom Markt bestimmt, sodass die Wirtschaft ein Teil der Weltwirtschaft geworden ist. Der Staatsbesitz ist zum Großteil privatisiert worden.

Jedoch verlief der Transformationsprozess schwieriger als in den anderen ehemaligen sozialistischen Ländern. Die russische Wirtschaft befand sich in den 90er Jahre in einer Dauerstagnation, welche sich 1998 in einer Finanzkrise offenbarte. Zur damaligen Zeit konnte sich wohl kaum jemand vorstellen, dass Russland aus dieser Situation einen schnellen Ausweg finden würde. Jedoch führten die Reformen der neuen russischen Regierung, und nicht zuletzt die hohen Preise für Rohstoffe auf dem Weltmarkt, zu einer raschen Stabilisierung der Wirtschaftslage.

Dies legt die Vermutung nahe, dass der russische Rubel zukünftig ein steigendes internationales Interesse erlangen wird. Die vorliegende Arbeit analysiert die Grundlagen dieser Entwicklung. Hierzu wird zunächst ein allgemeines theoretisches Konzept für die Internationalisierung einer Währung entwickelt. Die in diesem Zusammenhang erarbeiteten Kriterien dienen als Leitfaden für die praktische Bewertung der zukünftigen Rolle des russischen Rubels im internationalen Kapitalverkehr.

2 Geld, Währung und internationale Währung

2.1 Allgemeine Betrachtung von Geld und Währung

Aufgrund der hoch entwickelten Arbeitsteilung und der unzähligen Tauschvorgänge wird in den modernen Volkswirtschaften heute Geld verwendet. Die Geldwirtschaft entstand aus der Naturalwirtschaft, in der Ware gegen Ware getauscht wurde. Da die Diversifizierung und die Verbreitung des Handels sehr schnell die Ineffizienz der reinen Tauschwirtschaft offenbarte, stellte das Geld ein geeignetes Mittel dar, um dieses Problem zu beheben.

Die Einführung des Geldes geht im Wesentlichen aus drei Gründen hervor, die auch als Geldfunktionen bezeichnet werden (Gischer/Herz/Menkhoff, 2005: 4):

- Tauschmittelfunktion
- Rechenmittelfunktion
- Wertaufbewahrungsfunktion

Überdies muss das Geld insbesondere in der heutigen Wirtschaft folgende Eigenschaften besitzen (Schmitz/Weidtmann, 1999: 91):

- Es muss allgemein anerkannt sein.
- Es muss dauerhaft bestehen, übertragbar und teilbar sein.
- Es sollte gegen Fälschungen gesichert werden.
- Es sollte wertbeständig sein.

Da in der modernen Weltwirtschaft mehrere Arten von Geld nebeneinander existieren, ist es notwendig, den Begriff der Währung näher zu bestimmen. Unter Währung wird sowohl die Geldeinheit als auch die Geldordnung eines Landes verstanden. Die Geldordnung wird durch die Gesetzgebung des jeweiligen Landes definiert. Dabei werden folgende Aspekte berücksichtigt (ebenda):

- die Stückelung,
- die Ausgabeberechtigung,
- eventuelle Begrenzung der Geldmenge,
- die Deklaration des Bargeldes als gesetzliches Zahlungsmittel.

2.2 Funktionen von internationalen Währungen

Ebenso wie im nationalen Prozess wird Geld auch international verwendet. Werden die Funktionen und Eigenschaften einer Währung auf internationale Ebene übertragen, ist diese als internationale Währung zu bezeichnen. Bei der internationalen Währung wird zwischen privaten (Banken, Unternehmen und Privatpersonen) und öffentlichen (offizielle Währungsbehörden) Verwendern unterschieden. Demzufolge entstehen bei internationalem Geld sechs Funktionen (Tabelle 1).

Dabei ist es wichtig zu berücksichtigen, dass bei der funktionalen Trennung zwischen öffentlichem und privatem Sektor eine Interdependenz bestehen bleibt. Unter dem öffentlichen Sektor sind hier allein die Währungsbehörden zu verstehen, während die internationalen Transaktionen des übrigen öffentlichen Sektors (z. B. eine Kreditaufnahme durch die Regierung) unter privaten Funktionen erfasst werden (Gebauer, 2004: 55ff.).

Tabelle 1: Funktionen internationaler Währungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: in Anlehnung an Cohen (1971: 18).

2.2.1 Internationale Tausch- und Zahlungsmittel

Wird eine Währung von dem privaten Sektor für die Abwicklung von internationalen Kapital- und Gütergeschäften außerhalb des Emissionslandes benutzt, spricht man von Transaktionswährungen. Direkte Tauschgeschäfte an den Devisenmärkten sind eher selten der Fall. Viel eher wird hier eine dritte Währung zwischengeschaltet, die bereits eine weltweite Anerkennung der Devisenmärkte genießt. Dadurch können die Marktteilnehmer Zeit und Kosten sparen. So wird es für einen schweizerischen Unternehmer, der in Israel einkaufen will, wesentlich leichter, seine Franken erst in Dollar umzutauschen und dann mit Dollar israelische Schekel zu erwerben, als es auf dem direkten Weg (Schweizer Franken gegen israelischen Schekel) zu versuchen (Krugman/Obstfeld, 2006: 407f.).

Um eine Wechselkurskorrektur oder Zahlungsbilanzfinanzierung durchzuführen, benutzen die Währungsbehörden Interventionswährungen. Das Ziel dabei ist, die Überschussnachfrage bzw. das Überschussangebot einer Fremdwährung auszugleichen. Als Devisenintervention wird dabei jede Aktivität der offiziellen Währungsbehörde auf dem nationalen oder auf dem internationalen Devisenmarkt verstanden, bei der eine Fremdwährung gegen die eigene gekauft oder verkauft wird. Dabei ist der Transaktionspartner ein Privater (Strube, 2001: 30).

2.2.2 Internationale Recheneinheit

Als Fakturierungswährung wird eine Währung bezeichnet, wenn sie im Außenhandel zur Bewertung von Gütern und Dienstleistungen dient. Dabei wird die private internationale Verwendung einer Währung als Recheneinheit unter dem Begriff Denominationswährung zusammengeführt. Diese dient als ein Maßstab für Schuldund Kreditverhältnisse, bei denen mindestens eine der beteiligten Parteien nicht Gebietsansässige des Emissionslandes ist (Cochen, 1971: 14).

Eine Währung gilt als internationale Referenzwährung, wenn auf sie von ausländischen offiziellen Währungsbehörden für die Festlegung der Wechselkursziele der eigenen Währung Bezug genommen wird. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob die Referenzwährung als einzige Bezugsgröße oder nur als ein Teil des referierten Währungskorbs verwendet wird (Strube, 2001: 30).

2.2.3 Internationale Wertaufbewahrungsmittel

Wird von privaten Wirtschaftssubjekten eine ausländische Währung aus Ertragsgründen oder zum Zweck späterer Verwendung für die internationalen Transaktionen gehalten, so handelt es sich um eine internationale Anlagewährung. Dabei bestehen die Finanzaktiva nicht zwingend aus üblichen Geldmengenaggregaten, sondern umfassen auch Forderungen in Geldmarktpapieren und Forderungstitel am Kapitalmarkt (Strube, 2001: 30).

Die von den Zentralbanken in ihren Portfolios gehaltenen Fremdwährungen werden als Reservewährungen bezeichnet. Bei der Wahl einer Reservewährung gehen die Zentralbanken primär den Aspekten der Wertbeständigkeit und Liquidität nach.

Deswegen werden in den Reserveportfolios der Zentralbanken zumeist international dominante Währungen aufbewahrt. Jedoch können die Zentralbanken durch eine breitere Diversifizierung des Reservewährungskorbes auch Perspektiven der Renditeerzielung und Aspekte der Kursstabilisierung mit einem wichtigen Handelspartner berücksichtigen (ebenda).

3 Voraussetzungen für internationale Währungen

3.1 Kapitalmobilität und Konvertibilität

Eine notwendige Bedingung für die Internationalisierung einer Währung ist die Kapitalmobilität. Damit die Kapitalmobilität gewährleistet sein kann, muss eine Währung primär Konvertibilitätsbedingungen erfüllen. Eine vollkommene Konvertibilität ist dann gegeben, wenn der Staat eine unbeschränkte Umtauschbarkeit der nationalen Währung in Fremdwährungen - zu gegebenem Wechselkurs - zulässt. Dieses Konzept bezieht sich sowohl auf die privaten als auch auf die öffentlichen Teilnehmer und ermöglicht damit einen freien Zahlungsverkehr über die Grenzen hinaus.

Von Kapitalmobilität wird gesprochen, wenn die Transaktionen der Finanzaktiva grenzunabhängig stattfinden. Dazu gehören beispielsweise Wertpapiere im Rahmen von Portfolioinvestitionen. Wenn jede tatsächliche Zusammensetzung eines Portfolios der sofortigen und gewünschten Zusammensetzung des Anlegers entspricht, handelt es sich um eine vollkommene Kapitalmobilität. Dieser theoretische Entwurf zusammen mit vollkommener Konvertibilität bildet die notwendige und hinreichende Bedingung für perfekte Kapitalmobilität und entspricht somit einer vollkommenen Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs (Gebauer, 2004: 59f.).

Die Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs ist ihrerseits nur ein Kriterium des Konzeptes der internationalen Finanzliberalisierung, welches insgesamt 6 Punkte vereinigt (ebenda):

- Liberalisierung internationaler Kapitalströme.
- Abschaffung von Kreditkontrollen.
- Deregulierung von Zinssätzen.
- Freier Zugang zur „Finanzindustrie“.
- Geschäftliche Autonomie finanzieller Institutionen.
- Möglichst weitgehender Rückzug des Staates aus dem Finanzsektor.

Auf diese Bedingungen soll hier nicht weiter eingegangen werden, es wird aber deutlich, dass die Währungskonvertibilität allein nur eine Formalität auf dem Weg der Internationalisierung der Währung darstellt. Eine staatliche Freigabe für An- und Verkauf von nationaler Währung übt noch keinen Einfluss hinsichtlich Angebot und Nachfrage auf diese Währung im internationalen Devisenhandel aus. Vielmehr müssen in dem Land Rahmenbedingungen geschaffen werden, die keine Beschränkungen bezüglich Kapitalbewegungen zulassen.

Grundsätzlich sind von freiem internationalem Kapitalverkehr eine Reihe positiver Effekte auf den wirtschaftlichen Wohlstand zu erwarten. Freie internationale Kapitalmärkte können dazu beitragen, Kapital auch über Grenzen hinweg in seine produktivste Verwendung zu lenken. Sie ermöglichen es einem Land, kurzfristige Einkommensschwankungen durch Kapitalimporte bzw. -exporte auszugleichen, so dass diese Schwankungen nicht voll auf den gesamtwirtschaftlichen Konsum und die gesamtwirtschaftlichen Investitionen übertragen werden. Darüber hinaus bieten freie Kapitalmärkte die Chance, Investitionsrisiken international zu streuen und sich dadurch bei den Kapitalerträgen von Schwankungen auf dem inländischen Markt unabhängiger zu machen. Auch beim internationalen Technologie-Transfer, der gerade für Entwicklungsländer von zentraler Bedeutung ist, kann der internationale Kapitalverkehr eine wichtige Rolle übernehmen. Schließlich können internationale Kapitalströme zur Entwicklung eines effizienten Finanzsystems beitragen und auf diesem Wege für mehr Wirtschaftswachstum sorgen (Enquete-Kommission, 2000: 15).

Ist die formale Konvertibilität gegeben, wird die Entstehung und Akzeptanz einer internationalen Währung weiterfolgend mit vielen Faktoren sowohl ökonomischer als auch außerökonomischer Natur konfrontiert. Da internationales Geld zumeist Forderungen gegenüber Emissionsländern darstellt, ist es wichtig, sich nicht nur der Kaufkraftstabilität der jeweiligen Währung zuzuwenden, sondern auch die Rahmenbedingungen des Emissionslandes näher zu betrachten. In der Literatur werden meistens drei Faktoren genannt, die der Internationalisierung der Währung zuvorkommen (Strube, 2001: 33ff.):

- Politische Stabilität und internationale Führungsstellung des Emissionslandes.
- Wirtschaftskraft und außenwirtschaftliche Verflechtung des Landes.
- Währungsstabilität und international wettbewerbsfähiger Finanzmarkt. Diese einzelnen Faktoren sollen nun näher beschrieben werden.

3.2 Politische Stabilität und internationale Führungsstellung

Damit die Nachfrage nach der Währung eines Landes ein hohes Ausmaß annimmt, müssen die Investoren die politischen Verhältnisse des Landes langfristig beurteilen können. So gilt bei Finanzkrisen ein Land mit beständiger Politik als „sicherer Hafen“ für die Kapitalanlagen (Gebauer, 2004: 57).

Ein anderer Aspekt der Akzeptanz im Ausland geht aus der Theorie der hegemonialen Stabilität hervor und bezieht sich auf die internationale Führungsstellung des Landes. Die Theorie wurde seit den 70er Jahren im Rahmen der politischen Ökonomie auf das gegenwärtig vorherrschende Währungs- und Finanzsystem aufgrund der historischen Erfahrungen angewendet. Dies erscheint zweckmäßig, da in der Vergangenheit eine hegemoniale Machtstellung häufig mit einer steigenden Akzeptanz der heimischen Währung im Ausland einherging. Umgekehrt, durch die steigende Annerkennung der Währung wurde die politische Machtstellung im Ausland zunehmend akzeptiert. Zwar gegenwärtig einer Kritik ausgesetzt, wurde die Theorie durch die historischen Entwicklungen insofern bestätigt, dass Großbritannien, nach dem es zur Zeit des internationalen Goldstandards eine Führungsmacht gewesen ist und durch die Belastung im Ersten Weltkrieg sich nicht mehr in der Lage befand, diese Führungsstellung zu halten. Folglich war die Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg nicht nur von dem entstandenen Machtvakuum, sondern gleichzeitig von schweren Finanzkrisen geprägt. Erst als die USA nach dem Zweiten Weltkrieg bereit waren, diese Stellung zu übernehmen, kehrte die Stabilität des internationalen Finanzsystems wieder zurück (Strube, 2001: 33f.).

Aus dieser Sicht muss die Führungsmacht Aufgaben der Stabilisierung internationaler Währungs- und Finanzsysteme wahrnehmen und eine besondere Rolle bei der Koordination der Wirtschaftspolitik durch internationale Finanzmärkte spielen. So muss sie im Falle von Finanzkrisen bereit sein, die Krisenländer mit Liquidität zu versorgen. Weiterhin muss sie fähig sein, internationale Regeln aufzustellen und diese durchsetzen, sowie eine Politik der internationalen Kooperation zu verfolgen. Obwohl bei der Entstehung einer Führungsmacht die ökonomischen Voraussetzungen eine herausragende Rolle spielen, sollten die außerökonomischen Faktoren nicht vernachlässigt werden. Allerdings lassen diese sich schwer operationalisieren. Darunter fallen beispielsweise die militärische Stärke, die kulturelle Entwicklung und historische Erfahrungen eines Landes (Strube, 2001: 34f.).

3.3 Wirtschaftskraft und außenwirtschaftliche Verflechtung

Die Wirtschaftskraft eines Landes ist ein wichtiger Faktor bei der Internationalisierung der Währung. Eine starke Position in der Weltwirtschaftsordnung bringt Skalenerträge bei steigendem Emissionsvolumen. Je größer dieses Volumen, desto weniger fallen Transaktionskosten bei der internationalen Verwendung der Währung an. Wenn das Land einen hohen Anteil an dem Weltinlandsprodukt aufweist, fällt es dem Land auch leichter, seine eigene Wirtschaftspolitik durchzusetzen. Bei einer reichlichen Ausstattung eines Landes mit natürlichen Bestimmungsfaktoren der Stärke einer Volkswirtschaft, wie Einwohnerzahl, Fläche und natürliche Ressourcen, fällt es dem Land zugleich leichter, externen Schocks entgegen zu wirken. Große Volkswirtschaften können in diesem Kontext zumeist auf mehrere Anpassungsmöglichkeiten (Arbeitsmobilität, Reallohnflexibilität, Fiskaltransfer usw.) zurückgreifen (Strube, 2006: 36f.).

3.4 Währungsstabilität

Die internationale Reputation einer Währung ist stark mit ihrem Außenwert verbunden. So genannte „harte“ Währungen, genießen Vertrauen, weil sie Stabilität versprechen. Dagegen werden die „weichen“ Währungen von den Wirtschaftssubjekten gemieden. An der Schnittstelle zwischen verschiedenen Währungen steht der Wechselkurs. Schwankungen des Wechselkurses einer Währung können bestimmte unmittelbare Auswirkungen auf eine Volkswirtschaft haben. Der Wertverlust führt zu steigenden Einfuhrpreisen, deren unterschiedliche Nebenwirkungen, wie z.B. der Lohndruck, dann bis auf die Erzeugerpreise und die allgemeine Inflationsrate durchschlagen können.

Nach dem Scheitern des Bretton-Woods-Systems gingen die meisten Teilnehmerländer zu freien Wechselkursen über. Damit war die Kaufkraft der Währungen maßgeblich den kurzfristigen Schwankungen unterworfen. Folglich wurde das einhergehende Wechselkursrisiko viel weniger durch eine erwartete langfristige Trendentwicklung geprägt, sondern durch kurzfristige Wechselkursvolatilität und mittelfristige Verzerrungen der realen Wechselkurse. Dieses wurde insofern bestätigt, als dass die verschiedenen Wechselkursmodelle keine ausreichende Erklärung dazu lieferten. Den internationalen Verwendern war es folglich nicht möglich, systematisch korrekte Erwartungen über die kurz- bis mittelfristige Wechselkursentwicklung zu bilden (Strube, 2001: 39).

Es kann angenommen werden, dass sich die langfristige Wechselkursentwicklung durch die Kaufkraftparitätentheorie erklären lässt. Diese besagt, dass die Wechselkurse zwischen zwei Währungen hauptsächlich deshalb schwanken, um Unterschiede in der Preisniveauentwicklung, vornehmlich in der Inflation, auszugleichen. Nach dieser Theorie muss eine Geldeinheit überall den gleichen realen Wert besitzen. Vereinfacht gesagt bestimmen dabei die Inflationsrate und die Produktivitätsunterschiede aus dem Sektor handelbarer und nichthandelbarer Güter die Wechselkursbeziehungen1.

Daraus folgt, dass die Halter der internationalen Währung ihre Erwartungen aufgrund der langfristigen Entwicklung der Inflationsrate und Produktivitätsunterschiede bilden werden. Außerdem werden sie beurteilen, inwieweit die Geld- und Währungspolitik des Emissionslandes im Bezug auf die Inflationsrate in der Vergangenheit zur Destabilisierung der Wechselkurse beigetragen haben.

McKinnon/Kenichi (1997: 177ff.) unterscheiden bei Annahme einer konstanten Inflationsrate im Ausland drei Kausalzusammenhänge zwischen heimischer Inflationsrate und Wechselkursänderung:

- Der Wechselkurs ist eine sich den Fundamentalfaktoren der inländischen Geldpolitik und Inflationsentwicklung anpassende Variable.
- Im Wechselkurs spiegeln sich die Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der inländischen Geldpolitik und Inflationsentwicklung wider, d.h. der Wechselkurs wird weiterhin durch Veränderungen der
Fundamentalfaktoren bestimmt, auch wenn die einhergehenden Wechselkursbewegungen früher beobachtet werden können.
- Die Veränderung des Wechselkurses ist nicht das Ergebnis einer antizipierten Veränderung der Geldpolitik oder Inflationsentwicklung im Emissionsland der internationalen Währung, sondern exogen bedingt. Die anschließende Anpassung von Geldpolitik und Inflationsrate erfolgt in Reaktion auf die Wechselkursänderung2.

Es wird deutlich, dass die ersten zwei Bedingungen als Folge der inländischen Inflation auftreten. Sie können als Ergebnis wechselkurspolitischer Zielvorstellungen der Geldpolitik interpretiert werden. Dadurch können die Halter der internationalen Währung beurteilen, inwiefern die Träger der Geldpolitik in der Vergangenheit das Ziel der Preisstabilität verfolgt haben und inwiefern ihre Reputation als vertrauenswürdig im Sinne der zukünftigen Währungsstabilität erscheint.

Bei der Annahme einer exogenen Einwirkung auf den Wechselkurs wird es für die Verwender ebenso möglich zu beurteilen, inwieweit die Währungsbehörden bei den Wechselkursschwankungen zur Stabilisierung der Währung beigetragen haben. Folglich kann eine expansive (restriktive) Geldpolitik als Reaktion auf eine

Aufwertung (Abwertung) der Währung in der Vergangenheit das Vertrauen in ihre zukünftige Preisstabilität unterstützen (Strube, 2001: 41).

3.5 Glaubwürdigkeit der Geldpolitik

Zwischen Emittenten und Nachfragern einer Währung entstehen Informationsasymmetrien. Die Nachfrager können schwerlich vollständige Kenntnisse über die Entwicklung jeweiliger Währungen besitzen. Zudem sind die Währungsbehörden verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die außerhalb des von ihnen beeinflussbaren ökonomischen Bereichs liegen. Dadurch nimmt die internationale Währung im Bezug auf ihre zukünftige Stabilität den Charakter eines Vertrauensgutes an. Die verschiedenen geldpolitischen Ziele, die die Emittenten in ihrer Geldpolitik verfolgen, liefern den Wirtschaftsakteuren diversifizierte Signale, welche der Entscheidung über die Währungswahl vorausgehen. Dadurch ist es nachvollziehbar, dass eine international etablierte Währung stärker nachgefragt wird, da die Investoren das Vertrauen in die Kaufkraftstabilität den Opportunitätskosten der Geldhaltung gegenüber stellen. Die internationale Währung kann ihren Status nur dann beibehalten, wenn bei Verwendern kein Zweifel über die Konsistenz und die Ernsthaftigkeit der Finanz- und Geldpolitik des Emissionslandes auftritt. Dies geschieht, wenn die Preisstabilität im Inland in der Vergangenheit andauernd gewährleistet wurde (Schäfer, 1988: 133ff.).

In der Theorie wird primär zwischen zwei fundamentalen Lehren der Geldpolitik unterschieden: keynesianischen und monetaristischen. Als erste wies die keynesianische Theorie der Geldpolitik eine zentrale Stabilisierungsfunktion zu. Ihrer Annahme zufolge, kann der Staat mit Hilfe einer aktiven Nachfragesteuerung durchaus das Wirtschaftsgeschehen wohlfahrtssteigernd beeinflussen. Nach dieser Theorie wäre es falsch, die Geldpolitik einer Regelbindung zu unterwerfen, da das diskretionäre Eingreifen vorteilhaft für die Wirtschaft sein kann. Wäre solches Eingreifen unvernünftig, würde eine effiziente Geldpolitik dies gar nicht zulassen.

Diese Sichtweise wurde von Milton Friedman angezweifelt. Nach seiner monetären Theorie sollte die Zentralbank im Bezug auf die Geldmenge einer festen Regelsetzung folgen. Das Eingreifen der Geldpolitik in das Wirtschaftsgeschehen führe zwangsläufig zu nicht kontrollierbaren Wirkungsverzögerungen. Aufgrund dieser Verzögerungen könne die Geldpolitik selbst der Konjunktur entgegen wirken und damit die Wirtschaftsstabilität gefährden. Daher schlug Friedman vor, der Geldpolitik feste Regeln vorzuschreiben, indem die Zentralbank sich für eine starre Geldmengenausweitung verpflichten sollte (Illing, 2000: 1604f.).

Da die Prognose über die Kaufkraftstabilität einer Währung in einem direkten Zusammenhang mit ihrer Inflationsrate steht, stellt die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik des Emissionslandes einen wichtigen Indikator für die internationalen Verwender dar. Einer stabilitätsorientierten Geldpolitik steht die Option der Regierung auf Wiederwahl gegenüber. Das Phänomen, das in der wissenschaftlichen Diskussion als Zeitinkonsistenzproblem einer diskretionären Geldpolitik bekannt ist, gewann in den vergangenen Jahrzehnten beachtenswert an Bedeutung. Darunter wird der Anreiz verstanden, bei dem die Regierung von der ursprünglich angekündigten Geldpolitik abweicht. Kündigt die Zentralbank eine strikte Verfolgung der Geldstabilität als Hauptziel an, und die privaten Wirtschaftssubjekte richten ihre Inflationserwartungen daran aus, so ist die Regierung der Versuchung ausgesetzt zur inflationären Politik zurückzukehren(Illing, 2000: 1605).

In diesem Kontext erscheint es sinnvoll, die Geldpolitik aus der allgemeinen Wirtschaftspolitik auszugliedern und ihr durch bestimmte Regeln einen Rahmen aufzulegen.

3.6 Unabhängigkeit der Zentralbank

Von einer unabhängigen Zentralbank kann dann gesprochen werden, wenn sie ihre geldpolitischen Entscheidungen frei von Beschränkungen sowie ohne Einfluss durch die Regierung, anderer Institutionen und Interessengruppen treffen kann. Grundsätzlich kann zwischen politischer und ökonomischer Unabhängigkeit der Zentralbank unterschieden werden. Mit der politischen Unabhängigkeit sind die formale Verantwortlichkeit, die Zielsetzung, das Vorgehen bei der Ernennung der Zentralbankführung und die Beziehung zur Regierung gemeint. Unter ökonomischer Unabhängigkeit ist die Entscheidungsfreiheit im Bezug auf geldpolitische Maßnahmen zu verstehen. Strube (2001: 48) nutzt die Arbeit von Bofinger/Reischle/Schächter (1996), um die Merkmale der Unabhängigkeit der Zentralbank übersichtlich zusammenzufassen (Tabelle 2).

Dabei gilt es abzuwägen, inwieweit dieser Rahmen die Flexibilität der Geldpolitik beeinträchtigen kann. Als denkbarer Gegensatz zur Regelbindung kann hier die Reputationslösung einbezogen werden. Das passiert dann, wenn die Zentralbank den Kosten einer Überraschungsinflation grundsätzlich eine bedeutende Rolle zuteilt. Die Bedingungen für dieses Konzept sind die Einberufung eines konservativen Notenbankpräsidenten, welcher die langfristigen Reputationsverluste aus einer überraschend expansiven Geldpolitik berücksichtigt und eine leistungsorientierte Entlohnung der Zentralbanker, die an die Geldwertstabilität gekoppelt ist (Gischer/Herz/Menkhoff; 2005: 291ff.).

Tabelle 2: Kriterien der Unabhängigkeit der Zentralbank

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Eine ausführliche Erklärung zur Kaufkraftparitätentheorie bietet beispielsweise Willms (1995: 112- 116).

2 Ausgangslage: Ankündigung einer restriktiven Geldpolitik → Erwartung von steigenden Leitzinsen → realer Wert der Kassenhaltung steigt, da die erwartete Inflation sinkt → erhöhtes Konsum. Tatsächlich: expansive Geldpolitik → sinkende Leitzinsen → Geldmengenausweitung → steigende Inflationsrate (zumindest mittelfristig) → Wert der realen Kassenhaltung sinkt und zwar unter das Gleichgewichtsniveau → Nachfrage nach Geld steigt, um das gewünschte Niveau der realen Kassenhaltung wieder zu erreichen.

Final del extracto de 55 páginas

Detalles

Título
Die zukünftige Rolle des russischen Rubels im internationalen Kapitalverkehr
Universidad
Nürtingen University
Calificación
2,5
Autor
Año
2007
Páginas
55
No. de catálogo
V85407
ISBN (Ebook)
9783638900317
ISBN (Libro)
9783638905756
Tamaño de fichero
711 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Rolle, Rubels, Kapitalverkehr
Citar trabajo
Dimitrij Bilkow (Autor), 2007, Die zukünftige Rolle des russischen Rubels im internationalen Kapitalverkehr, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85407

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