Das Parental Alienation Syndrom als besonders schwerwiegende Folge von Trennung und Scheidung


Dossier / Travail, 2007

22 Pages, Note: 1,3


Extrait


Gliederung:

1. Einführung

2. Theoretische Vorüberlegungen
2.1 Was ist eine Ehe?
2.2 Die Thematik Scheidung / Trennung
2.3 Die Problematik des Begriffs Kindeswohl
2.4 Der Aspekt der Kindeswohlgefährdung

3. Das kindliche Scheidungserleben

4. Die psychische Entwicklung nach der Scheidung

5. Das Parental Alienation Syndrom (PAS)
5.1 Definition
5.2 Entstehung des Parental Alienation Syndroms
5.3 Verhaltensweisen der Kinder
5.4 Folgen der Manipulation für die Persönlichkeitsentwicklung des betroffenen Kindes
5.5 Unterschiede zwischen PAS- Fällen und „normalen“ Scheidungsfamilien
5.6 PAS und Kindschaftsrecht

6. Präventions- und Interventionsmöglichkeiten
6.1 Trennungs- und Scheidungsmediation
6.2. Intervention auf richterliche Anordnung durch den Einsatz eines Verfahrenspflegers
6.3 Kindergruppenarbeit
6.4 Scheidungsberatung für Kinder und Eltern

7. Schlusswort

8. Literatur:

1. Einführung

Der Wunsch nach einer intakten Partnerschaft ist für viele Männer und Frauen nach wie vor von großer Bedeutung. Dennoch ist es sehr schwierig, diesem Wunsch nach einer lebenslangen Beziehung nachzukommen. Die seit den 1960er Jahren in den westlichen Industrieländern und damit auch in Deutschland kontinuierlich ansteigenden Scheidungszahlen bestätigen dies. Die Bedeutung der Ehe als Lebensgemeinschaft hat sich im Laufe der Zeit durch gesellschaftlichen Wandel stark verändert. Fast jeder Mensch hat in irgendeiner Weise bereits Erfahrungen mit Ehescheidung machen müssen. Dies kann in Form der eigenen gescheiterten Ehe oder auch das Miterleben der elterlichen Ehescheidung sein. Gehört man nicht zu dieser Gruppe, gibt es in den meisten Fällen im Verwandten- oder Freundeskreis jemanden, der die Situation der Trennung und Scheidung kennen gelernt hat. Diese Alltäglichkeit von Scheidung in unserer Gesellschaft demonstriert, dass sie inzwischen ein legitimer Weg zur Auflösung einer gescheiterten Paarbeziehung geworden ist und Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten davon betroffen sind. Nicht zu vergessen ist aber, dass aus einer gescheiterten Paarbeziehung oft auch Kinder hervorgehen, die dann mit der Trennung der Eltern weiter leben müssen. Im Idealfall geht die Trennung der Eltern ohne große Probleme vonstatten und trotz ihrer Diskrepanzen und der gescheiterten Liebe, sind sie in der Lage treu sorgende Eltern zu sein, denen das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt. Aber wie gesagt ist dies der Idealfall und leider ist es auch eine Seltenheit. Was ist aber nun, wenn Eltern in ihrem Zorn und ihrer Trauer das Wohl ihrer Kinder aus den Augen verlieren oder sie sogar als Machtinstrument benutzen um den Partner zu verletzen? In dieser Arbeit werde ich mich einer ganz besonders schwerwiegenden Folge von Trennung und Scheidung widmen, dem Parental Alienation Syndrom.

2. Theoretische Vorüberlegungen

2.1 Was ist eine Ehe?

Im rechtlichen Sinn, (BGB (§1353 (1)) heißt es: „Die Ehe wird auf Dauer geschlossen.

Die Ehegatten sind einander zu ehelicher Lebensgemeinschaft verpflichtet.“

Hierbei wird von folgenden verankerten Bausteinen im Eheverständnis ausgegangen:

(1) Die Ehe besteht zwischen einem Mann und einer Frau.

(Monogamie- und Heterosexualitätsprinzip)

(2) Die Ehe kommt durch den erklärten Ehewillen von Mann und Frau zustande.

(Konsensprinzip)

(3) Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen.

(Lebenszeitprinzip)

Die Ehe ist also eine lebenslange Verbindung zwischen zwei Partnern, die durch das Gesetz geschlossen und auch nur durch dieses wieder gelöst werden kann.

2.2 Die Thematik Scheidung / Trennung

Eine Scheidung ist ein komplexer, ganzheitlicher Prozess, der auf sehr unterschiedlichen Ebenen und keineswegs immer zeitsynchron abläuft.

Eine Trennung beginnt mit der Ehekrise, ihr folgt die juristische Scheidung, eine Phase der Alleinerziehung und oft die Gründung einer Stieffamilie.[1]

Scheidung bedeutet die Auflösung eines Familienverbandes in rechtlicher, sozioökonomischer und psychosozialer Hinsicht. Vor allem die Psychologie zählt die Scheidung zu den kritischsten Ereignissen im Leben eines Menschen, denn es ergeben sich Folgen für alle Beteiligten. Für Kinder ist das Erleben eines solchen Trennungsprozesses noch weitaus dramatischer, als für die Erwachsenen. Es bedeutet für sie in erster Linie das Zusammenbrechen oder Sich - Auflösen eines bis dahin festen Systems, dessen integrativer Bestandteil sie waren. Nun besteht für alle Personen vor allem die Problematik der Neuordnung und Neuorientierung, so auch für die Kinder.

2.3 Die Problematik des Begriffs Kindeswohl

Der Begriff des Kindeswohls soll Kindern und Jugendlichen Schutz garantieren. Jedoch existiert keine eindeutige Definition des Begriffes „Kindeswohl“.

Die Rahmenbedingungen einer Definition werden durch das Gesetz gegeben, aber auch hier ist dies nicht eindeutig oder vollständig geschehen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier folgende Beispiele genannt: Im BGB wird das Kindeswohl als Bezugspunkt genannt in den Paragrafen 1666 (Abwendung von Gefahr); 1632 (Verbleiben des Kindes bei der Pflegeperson oder Herausgabe); 1697a (Vorgaben für Gerichtsentscheidungen); 1671 Abs.2 (Getrenntleben bei gemeinsamer elterlicher Sorge) und 1626 Abs.3 (Elterliche Sorge), hier heißt es: „Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. Gleiches gilt für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind Bindungen besitzt, wenn ihre Aufrecherhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.“

Das KJHG bezieht sich auf das Wohl eines Kindes in den Paragrafen 27 (Anspruch auf Hilfe zur Erziehung); 38 (Einschalten des Jugendamtes bei Ausübung der Personensorge); 42 (Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen) und 44 (Pflegeerlaubnis).

Der Begriff des Kindeswohls kann unter verschiedenen Aspekten betrachtet werden.

Unter juristischem Aspekt ist „Kindeswohl“, wie bereits erwähnt, ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung zum Inhalt richterlichen Entscheidens wird.

Unter kognitionspsychologischem Aspekt ist der Begriff Kindeswohl der typische Fall einer Invariantenbildung. Durch die Orientierung auf einen einzigen Bezugspunkt wird die Komplexität reduziert. Dadurch wird zwar die Entscheidung erleichtert, allerdings hängt diese auch lediglich davon ab, ob die gewählte Invariante tatsächlich den optimalen Erklärungswert besitzt.

Unter moralischem Aspekt ist der Bezug auf das Kindeswohl ein einziges Instrument der Rechtfertigung von Gesetzgebung und Rechtsanwendung, sowohl im Sinne begründeter Prinzipien als auch im Sinne der Motivveredelung.

Unter wissenschaftstheoretischem Aspekt ist zu sagen, dass der Begriff definitorisch ungenügend, wenn nicht sogar eine definitorische Katastrophe ist, was nicht zuletzt an den rechtlichen Grundlagen liegt. Diese aber wiederum sind damit zu begründen, dass weder in der Psychologie noch in anderen Disziplinen ein Konzept zum „Wohl“ existiert, da das „Kindeswohl“ kein empirisches Konstrukt darstellt. Empirisch erfassbar sind allenfalls „Wohlbefinden „ oder „Gesundheit“, nicht aber Kindeswohl, da dies ein alltagstheoretischer Begriff ist.[2]

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Begriff des Kindeswohls mehr oder weniger eine Worthülse darstellt, die der Interpretation und Bewertung der Betroffenen bedarf.

2.4 Der Aspekt der Kindeswohlgefährdung

Unter Kindeswohlgefährdung ist alles Unterlassen oder Handeln einer unmittelbaren Bezugsperson, in der Regel des Sorgerechtsberechtigten, zu verstehen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erheblichen physischen oder psychischen Beeinträchtigung eines Kindes führt.[3] Kindeswohlgefährdungen resultieren in der Regel aus vielfältigen Unterlassungen oder Handlungen. In Anlehnung an Münder u.a. (2000) lassen sich folgende Formen unterscheiden: Vernachlässigung, Misshandlung, sexueller Missbrauch, Erwachsenenkonflikte um das Kind und Autonomiekonflikte.[4]

Gesetzlich ist dieser Tatbestand unter §1666 (1;2) BGB zu finden. Da heißt es: „Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht, wenn die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.“

Da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem Parental Alienation Syndrom liegt, möchte ich an dieser Stelle eine Definition der amerikanischen Dachorganisation „Children Protection Services“ und des „Children`s Right Council“ zitieren:

„Unter emotionaler Kindesmisshandlung sind Muster von psychologisch destruktivem Verhalten zu verstehen, denen Kinder ausgesetzt werden…Dazu gehört unter anderem der systematische Prozess der Elternentfremdung, durch welche Eltern oder Betreuungspersonen emotionale Verstörung beim Kind auslösen.“

3. Das kindliche Scheidungserleben

Den meisten Kindern wird die unwiderrufliche Endgültigkeit der Trennung erst bewusst, wenn ein Elternteil auszieht und die Kinder die Nachricht erhalten, dass die Eltern „sich scheiden lassen“. In der Trennungsvorphase bleibt immer noch ein Stück Hoffnung erhalten. Die streitenden Eltern sind real noch vorhanden, nur die bedrückende Situation kann existenzielle Erwartungsängste auslösen. Kinder sind sehr sensibel für die Stimmungsschwankungen ihrer Eltern. Sie merken daher sehr genau, wenn ein Elternteil unglücklich ist oder traurig. Nicht selten übernehmen diese Kinder dann die Rolle eines Ehetherapeuten und versuchen die Eltern oder einen Elternteil zu trösten und Maßnahmen zu ergreifen, welche eine Wiederversöhnung der Eltern herbeiführt. Diese Anstrengungen beginnen jedoch in den meisten Fällen lange Zeit vor der eigentlichen Scheidung. Oft treten sogenannte Scheidungssymptome oder Verhaltensauffälligkeiten lange vor der Trennung auf und haben die Funktion die Eltern in der Sorge um das Kind wieder zusammenzuführen und sie damit von ihren eigenen Problemen abzulenken. Der erfahrungsgemäß nicht abzuwendende Auszug des Vaters oder der Mutter markiert den Moment begrabener Hoffnungen, auch wenn Wunschvorstellungen weiter wirken. Erst hier wird den Kindern, sofern sie nicht belogen werden, die Endgültigkeit der Situation bewusst. Dieser Umstand macht die Trennung zum Verlust und dieses Erlebnis des Verlustes grenzt die Trennung durch Scheidung von anderen, den Kindern bereits bekannten Formen der Trennung ab. Was die Scheidung auf der Erlebnisseite von allen anderen Trennungen, wie zum Beispiel Urlaub oder beruflich bedingte Auslandsreisen eines Elternteils abgrenzt, ist die Unwiderruflichkeit der Trennung und damit der gewohnten Beziehungsverhältnisse.[5] Aber auch dieser Zeitpunkt kann nicht als einmalig traumatisierendes Ereignis betrachtet werden. Bereits in der Trennungsvorphase können sich durch das Verhalten der Eltern verschiedene Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Ich werde mich im Folgenden jedoch nur auf das Geschehen nach der Trennung beziehen, weil sich dort die Belastungen ändern und die Folgen beziehungsweise die Auswirkungen verschärft zu sehen sind.

[...]


[1] Vgl.: Dettenborn: Familienrechtspsychologie. S.151

[2] Vgl.: Dettenborn: Familienrechtspsychologie. S.45ff

[3] Vgl.: Dettenborn: Familienrechtspsychologie. S.220

[4] Vgl.: Dettenborn: Familienrechtspsychologie. S.220

[5] Vgl. Figdor: Kinder aus geschiedenen Ehen: Zwischen Träume und Hoffnung. S27ff

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Das Parental Alienation Syndrom als besonders schwerwiegende Folge von Trennung und Scheidung
Université
University of Erfurt
Note
1,3
Auteur
Année
2007
Pages
22
N° de catalogue
V85495
ISBN (ebook)
9783638009003
Taille d'un fichier
469 KB
Langue
allemand
Mots clés
Parental, Alienation, Syndrom, Folge, Trennung, Scheidung
Citation du texte
Milena Höppner (Auteur), 2007, Das Parental Alienation Syndrom als besonders schwerwiegende Folge von Trennung und Scheidung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85495

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