Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland

Entwicklung der Fachdiskussion seit dem Anfang der 80er Jahre


Diploma Thesis, 1995

66 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gebühren: Definition und Abgrenzung
2.1 Definition des Begriffs >Gebühren<
2.2 Verwaltungsgebühren
2.3 Benutzungsgebühren

3. Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen
3.1 Die Kommune als Gebührennormgeber
3.2 Grundsätze der Gebührenbemessung

4. Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken

5. Die Entwicklung der Fachdiskussion seit Anfang der 80er Jahre
5.1 Die Einführung von Benutzungsgebühren und ihre Ursachen
5.2 Die wirtschaftlichen und bibliothekspolitischen Aspekte
5.2.1 Wirtschaftlichkeit von Benutzungsgebühren
5.2.2 Zusätzlicher Personal- und Verwaltungsaufwand
5.2.3 Benutzer- und Ausleihrückgänge
5.2.4 Mißbrauch von Benutzungsausweisen und Verfälschung von statistischen Daten
5.3 Der Gesamtvertrag zur Bibliothekstantieme und der Sammelrevers als Argumente für die Benutzungsgebührenfreiheit
5.4 Die kultur-, bildungs- und gesellschaftpolitischen Aspekte
5.4.1 Die öffentliche Bibliothek als kulturelle Einrichtung
5.4.2 Grundrecht auf freien Informationszugang
5.4.3 Chancengleichheit
5.4.4 Leseförderung durch öffentliche Bibliotheken
5.4.5 Unterstützung der Aus-, Fort- und Weiterbildung
5.5 Einfluß elektronischer Informationsdienste auf die Gebührenfrage

6. Ein aktuelles Beispiel: Einführung von Benutzungsgebühren in der Stadtbibliothek Viersen (Nordrhein-Westfalen)

7. Schlußbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhänge:

Anhang 1: Schlitzkasse (Abbildung)

Anhang 2: Benutzerrückgänge Stadtbibliothek Viersen, Zweigstellen Dülken und Süchteln (Diagramme)

Anhang 3: Ausleihrückgang Stadtbibliothek Viersen, Hauptstelle (Diagramm)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

Die vorliegende Arbeit kann sich wegen der begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit nur auf die wesentlichen Aspekte der Diskussion beschränken. Die rechtlichen Begriffe werden für ein besseres Verständnis der in der Diskussion immer wieder vorkommenden rechtlichen und gesellschaftspolitischen Aspekte in den ersten Kapiteln ausführlich erläutert.

Das Wort >Benutzungsgebühren< wird in dieser Arbeit häufig durch das Wort >Gebühren< ersetzt. Dies liegt in meiner Absicht begründet, Wortwiederholungen sparsam zu verwenden.

Desweiteren entschloß ich mich für die Kleinschreibung des Adjektivs >öffentlich< in der Institutsbezeichnung >öffentliche Bibliothek<. Die Großschreibung dieses Adjektivs drückt meiner Meinung nach nicht in genügendem Maße die Zuständigkeit der öffentlichen Bibliothek für alle Bürger aus. Durch sie kann eher der Eindruck erweckt werden, die öffentliche Bibliothek sei vornehmlich eine Behörde und erst dann eine Einrichtung für alle Bürger.

Schließlich möchte in mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeitern der Stadtbibliothek Viersen bedanken, ohne deren engagierte Unterstützung das Kapitel 6 nicht zustande gekommen wäre. Mein besonderer Dank gilt der Leiterin der Stadtbibliothek, Frau Edeltraud Spee, und Herrn Arno van Rijn.

1. Einleitung

Im Jahre 1982 wurde in einigen Kommunen der Bundesrepublik Deutschland die Einführung bzw. die Wiedereinführung von Benutzungsgebühren für öffentliche Bibliotheken erwogen. Dies hatte eine überwiegend in bibliothekarischen Fachzeitschriften stattfindende Diskussion über die Auswirkungen von Benutzungsgebühren zur Folge.

Die Ursache für die Diskussion war die fortschreitende Finanzmisere der Länder infolge der rückläufigen Einnahmen bei der Gewerbesteuer und beim Anteil der Gemeinden an der Einkommenssteuer sowie ein Richtungswechsel der Länder hinsichtlich ihrer Finanzzuweisungspolitik.1 Hinzu kam auf der Ausgabenseite eine starke Progression der Ausgaben für die sozialen Aufgabenbereiche.2 Die Städte waren gezwungen nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen. Zum Ende der achtziger Jahre flachte die Diskussion wieder ab. Die Rückgänge der Benutzer und der Entleihungen führte dazu, daß in vielen Kommunen entschieden wurde, die Benutzungsgebühren wieder abzuschaffen.

Doch daß die Thematik nicht an Aktualität und insbesondere an bildungs- und gesellschaftspolitischer Brisanz verloren hatte, bewies das Wiederaufleben der zum Teil kontrovers und auch polemisch geführten Diskussion zu Beginn der neunziger Jahre. Mittlerweile war die Einheit Deutschlands verwirklicht worden. Die frühere DDR stand wirtschaftlich vor dem Bankrott. Um die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen der neuen Bundesländer für eine Integration in die Gesamtbundesrepublik zu schaffen, mußten Bund, Länder und somit auch die Gemeinden gemeinsam finanzielle Anstrengungen in Milliardenhöhe unternehmen. Die ohnehin schon durch die Rezession und die hohe Arbeitslosigkeit als eine ihrer Konsequenzen stark verschuldeten Gemeinden hatten nun zusätzlich die Lasten der deutschen Einheit mitzutragen. Die kommunalen Haushaltskassen leerten sich zunehmend.

Auch im Jahr 1995 überlegen die Verantwortlichen in den Kommunalverwaltungen, wie die Haushalte durch Einsparungsmaßnahmen saniert werden können. Die Rede ist von Einsparungen insbesondere im sozialen und kulturellen Bereich. Doch während die sozialen Einrichtungen und Leistungen sowie die Grund- und Hauptschulen zu den kommunalen Selbstverwaltungspflichtaufgaben gehören, wird der kulturelle Bereich, zu dem neben den kommunalen Theatern und Museen auch die öffentlichen Bibliotheken gehören, immer noch zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben gerechnet.3 Dies hat zur Konsequenz, daß allenthalben Kommunalpolitiker nicht nur restriktive Maßnahmen im Kulturbereich erwägen, sondern sie auch trotz der geäußerten Bedenken von bibliothekarischer Seite realisieren.

Für zahlreiche öffentliche Bibliotheken bedeutet dies: Schließungen ihrer Zweigstellen, Kürzungen ihrer Erwerbungsetats, Personaleinsparungen und die Einführung bzw. Wiedereinführung von Benutzungsgebühren. Wie diese Arbeit an späterer Stelle aufzeigen wird, sind die Kommunen als Gebührennormgeber durchaus legitimiert, Benutzungsgebühren auch für die von ihnen unterhaltenen und verwalteten öffentlichen Bibliotheken zu erheben.

Die häufig vertretene Meinung der bibliothekarischen Seite, die Kämmerer sähen zumeist nur den durch die Gebührenerhebung erwarteten Einnahmegewinn, ist sicher zu kurzsichtig. Dabei wird folgendes übersehen: Auf der einen Seite die Unterhaltung von Theatern, Museen und öffentlichen Bibliotheken, von öffentlichen Einrichtungen also, die für das kulturelle Leben der Stadt von großer Bedeutung sind; auf der anderen Seite die Unterhaltung von Kindergärten und Schulen sowie die Zahlung von Hilfe zum Lebensunterhalt, von öffentlichen Einrichtungen und Leistungen mithin, deren Notwendigkeit außer Zweifel steht.

Auch in jüngster Zeit wird im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die Benutzungsgebühren wieder von vielen Bibliothekaren die Verabschiedung eines Bibliotheksgesetzes gefordert.4 Außer Maßgaben für den Ausbau eines Bibliotheksnetzes und für Bestandsmindestgrößen wären in einem solchen Gesetz wahrscheinlich auch einheitliche Regelungen für die Gebührenerhebung bestimmt. Doch abgesehen von dem badenwürttembergischen >Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens< in der Fassung vom 20. März 1980 mit Änderung vom 4. Juli 1983 ist derzeit kein Bibliotheksgesetz in Kraft. Hierin sind lediglich Förderungsgrundsätze des Landes BadenWürttemberg schriftlich fixiert, jedoch keine Gebührentatbestände.5

Die vorliegende Arbeit soll die Entwicklung der Fachdiskussion über die Erhebung von Benutzungsgebühren sowie die Auswirkungen auf die Benutzung aufzeigen. Die Beantwortung der Gebührenfrage ist von großer bildungs- und gesellschaftspolitischer Bedeutung. Denn keine andere öffentliche Einrichtung hat eine solche Breitenwirkung wie die öffentliche Bibliothek.6 Nach Art. 5 GG muß sie für jedermann zugänglich sein. Aus diesem

Grund werden die bildungs- und gesellschaftspolitischen Aspekte in der vorliegenden Arbeit eingehend behandelt.

Die öffentliche Bibliothek ist im Wandel begriffen. Von der Stätte der Lesekultur, in der das Lesen als eine Kunst betrachtet wurde, entwickelt sie sich immer mehr zu einer Informationsvermittlungsstelle. Die elektronische Datenverarbeitung macht auch vor den Toren der öffentlichen Bibliothek nicht Halt. Immer weniger ist die Rede von Büchern: Informationen stehen im Vordergrund. Für die Vermittlung von Informationen werden von Informationsmaklern mittlerweile hohe Preise verlangt. Das heißt aber, daß Informationen nicht mehr als allgemeine Güter gelten. Sie sind Waren, die käuflich erworben werden können. Zwar dominieren in den meisten öffentlichen Bibliotheken noch die Printmedien, und der Benutzer kann nach wie vor in konventionellen Katalogen und Bibliographien nachschlagen. Doch gehen auch öffentliche Bibliotheken vermehrt dazu über, ihren „Kunden“ Informationswaren anzubieten. Dies wiederum hat zur Folge, daß die Gebührenfrage eine andere Gewichtung erhält. Der Einfluß der elektronischen Datenverarbeitung auf das Angebot der öffentlichen Bibliothek hat unter anderem zur Folge, daß die Gebührenfrage auch von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet werden kann. Dieser Aspekt wird im Unterkapitel 5.5 erörtert.

2. Gebühren: Definition und Abgrenzung

Für die Entwicklung eines besseren Verständnisses des Gegenstandes dieser Arbeit, den Benutzungsgebühren, ist es erforderlich, zunächst einmal den Gebührenbegriff zu klären und anschließend eine Differenzierung der beiden Gebührenarten Verwaltungsgebühren und Benutzungsgebühren vorzunehmen. Diese Gebührenarten werden in öffentlichen Bibliotheken für die Inanspruchnahme ihrer Leistungen bzw. für die Benutzung ihrer Einrichtung erhoben.

2.1 Definition des Begriffs >Gebühren<

Gebühren gehören zu den öffentlichen Abgaben, und sie sind „... gesetzlich geregelte Entgelte für eine besondere Inanspruchnahme der Verwaltung (z. B. Unterschriftsbeglaubigung).“7 Nach Auffassung von Hildebert Kirchner hat der Gebührenbegriff keinen eindeutig festgelegten Inhalt, weil er in der juristischen Terminologie, gewissermaßen als Sammelbegriff, für Entgelte, Vergütungen und auch für Gegenleistungen verwendet wird.8

Der Begriff >Gebühr< ist ebenso im privaten wie auch im öffentlichen Recht gebräuchlich. Nach dem Inhalt der beiden Rechtsformen sind Gebühren in pauschalierter Form zu zahlende Entgelte, deren Tatbestände und Höhe in Gebühren- bzw. Entgeltordnungen fixiert sind.9 Privatrechtlich betriebene Bibliotheken können selbst bestimmen, für welche Leistungen und in welcher Höhe Entgelte erhoben werden sollen.10 Dies gilt nicht für öffentlich-rechtlich betriebene Bibliotheken.11

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei nach dem öffentlichen Recht erhobenen Gebühren um öffentliche Abgaben oder, mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts ausgedrückt, um „... öffentlich rechtliche Geldleistungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden ...“12 Für öffentlich-rechtliche Gebühren ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich, weil sie kein Objekt einer vertraglichen Vereinbarung sind. Bei Vorhandensein eines für eine Gebührenerhebung relevanten Tatbestandes können vom Gebührenschuldner Gebühren gefordert werden.13 Die Gestaltung des Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 50, S. 226 Vgl. Kirchner, H.: Grundriß d. Bibliotheks- und Dokumentationsrechts, S. 71

Rechtsverhältnisses wird durch den Kollektivpartner bestimmt.14 Im Gegensatz dazu bedürfen nach dem privaten Recht verlangte Entgelte einen Vertragsabschluß. Die vertragschließenden Parteien sind gleichberechtigt.15 Die Zulassung zur Benutzung und die Benutzung selber können indes durchaus unterschiedlichen rechtlichen Regelungen unterliegen. Der Träger der öffentlich-rechtlich organisierten Bibliothek kann hier frei entscheiden.16 Um das Benutzungsverhältnis eindeutig zu gestalten, hat der Bibliotheksträger die Möglichkeit, eine Benutzungsordnung zu erlassen. Wird die Benutzungsordnung nach dem privaten Recht gestaltet, handelt es sich um die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Bei Anwendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9.12.1976 zu beachten. In der Praxis wird das AGB-Gesetz allerdings auch bei öffentlich-rechtlicher Gestaltung der Benutzungsordnung berücksichtigt, weil für verwaltungsrechtliche Angelegenheiten auch Regelungen nach dem bürgerlichen Recht gelten.17

2.2 Verwaltungsgebühren

Um den Unterschied zwischen Verwaltungs- und Benutzungsgebühren zu verdeutlichen, muß zwischen beiden Gebührenarten eine Abgrenzung vorgenommen werden. Nach dem Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalens sind Verwaltungsgebühren Geldleistungen, die als Gegenleistung für eine besondere Beanspruchung der Verwaltung erhoben werden.18 Gemeint sind damit insbesondere Leistungen in Form von Amtshandlungen. Verwaltungsgebühren werden vorrangig für Leistungen erhoben, die dem privaten Interesse des Bürgers dienen.19 Im Bibliotheksbetrieb fallen zahlreiche Amtshandlungen an, wie beispielsweise das Ausstellen eines Benutzungsausweises. Tatsächlich werden in diesem Bereich aber nur für wenige Amtshandlungen Gebühren verlangt.20

Von beträchtlicher Bedeutung sind für öffentliche Bibliotheken die Mahngebühren. In der Regel werden auch die Säumnisgebühren zu den Verwaltungsgebühren gerechnet. Beide Gebührenarten fallen nach Überschreiten der Leihfrist an. Die Säumnisgebühren fallen sofort nach der Überschreitung der Leihfrist an. Die Erhebung von Mahngebühren setzt hingegen einen schriftlichen Verwaltungsakt in Form eines Mahnanschreibens voraus. Nach Kirchners Auffassung müssen Säumnisgebühren zu den Benutzungsgebühren gerechnet werden, weil der Benutzer durch die Überschreitung der Leihfrist eine Sondernutzung des Bibliotheksgutes beansprucht.21 Ob im besonderen dieser Auffassung gefolgt werden kann, ist fraglich, denn auch bei Anfallen von Säumnisgebühren ist eine Feststellung des Gebührentatbestandes vonnöten. Es wird eben auch eine Amtshandlung vollzogen, auch wenn diese nicht wie bei den Mahngebühren mit einem schriftlichen Verwaltungsakt einhergeht. Nach dem Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalens sind Benutzungsgebühren zu erheben, „... wenn eine Einrichtung ... überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient ...“.22 Die Erhebung von Säumnisgebühren dient einzelnen Personen bzw. Personengruppen. Doch wird sie nicht für eine reguläre Benutzung erhoben. Sie besitzt einen eher lenkenden Charakter.

2.3 Benutzungsgebühren

Im Unterschied zu den Verwaltungsgebühren werden Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben.23 Als öffentliche Einrichtung versteht man die überwiegend an der Sache orientierten Dienstleistungsangebote der Gemeinden, die eine konstante Grundlage an Verwaltungsmitteln voraussetzen.24 Sie werden im öffentlichen Interesse betrieben und durch einen gemeindlichen Widmungsakt allen Gemeindeangehörigen zugänglich gemacht.25 Die öffentlichen Bibliotheken sind folglich öffentliche Einrichtungen. Denn auch sie werden von der Kommune im Interesse der Allgemeinheit unterhalten. Rechtliche Grundlage für die Erhebung von Benutzungsentgelten ist die Benutzungssatzung bzw. -ordnung. Die Kommune kann als Träger der öffentlichen Bibliothek entscheiden, ob sie das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich gestalten möchte.

3. Das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen

Die Gemeinden sollen insbesondere nach Artikel 28 Abs. 2 GG ihre Angelegenheiten selbst verwalten und im Interesse aller ihrer Einwohner selbständig gestalten. Dementsprechend sind sie auch für ihre örtlichen Angelegenheiten selbstverantwortlich. Darüber hinaus garantiert dieser Artikel auch den institutionellen Bestand der Gemeinden. Seiner Rechtsnatur nach gehört er nicht zu den Grundrechten, denn Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung sind durchaus möglich. Der Staat (Bund oder Land) kann die Gemeinden verpflichten, bestimmte öffentliche Aufgaben zu erfüllen, und darüber hinaus, wie diese Aufgaben ausgeführt werden müssen.28 Nach den Art. 84 Abs. 2 und 85 GG Abs. 2 kann der Bund auf die Behördenorganisation der Länder Einfluß nehmen und dazu allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Für die Aufgabenverpflichtung der Gemeinden durch die Länder sei exemplarisch der Art. 78 Abs. 3 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung genannt. Im Wortlaut: „Das Land kann die Gemeinden und Gemeindeverbände durch gesetzliche Vorschriften zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden.“ Jedoch sind Eingriffe in den Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zulässig. Die wesentlichen Aufgaben müssen den Gemeinden überlassen bleiben.29 So verfügen die Gemeinden über verschiedene Hoheitsrechte: z. B. Rechtsetzungshoheit (Satzungsrecht) und Finanzhoheit.30

Die Gemeinden sind verpflichtet, die für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Bewohner notwendigen öffentlichen Einrichtungen zu schaffen.31 Die Gemeindeeinwohner sind berechtigt, die Gemeindeeinrichtungen zu benutzen, ebenso sind sie durch ihre Zugehörigkeit zur Gemeinde verpflichtet sind, die dadurch entstehenden Lasten zu tragen.32

3.1 Die Kommune als Gebührennormgeber

Die Grundsätze für die gemeindliche Gebührenerhebung sind in den Gemeindeordnungen und Kommunalabgabengesetzen der Länder zu finden. So steht im § 76 Abs. 1 der Gemeindeordnung NRW, daß die Gemeinde Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften erhebt.33 Den Kommunen als Träger der öffentlichen Bibliotheken ist es überlassen, für die Benutzung und für die angebotenen Leistungen Gebühren zu verlangen. Sie können aber auch auf eine Gebührenerhebung verzichten. Im § 4 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes NRW heißt es: „Die Gemeinden und Gemeindeverbände können Gebühren erheben.“34 Weiter heißt es in § 6 Abs. 1: „Benutzungsgebühren sind zu erheben, wenn eine Einrichtung ... überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient ... Im übrigen können Gebühren erhoben werden.“35 Infolgedessen ist die Erhebung von Benutzungsgebühren vorgeschrieben, wenn sie hauptsächlich dem Vorteil von einzelnen Personen oder Personengruppen, infolgedessen nicht der Allgemeinheit, dienen.36 Wenn die Einrichtung also der allgemeinen Benutzung dient, bleibt es der Kommune überlassen, ob sie für die Benutzung und die angebotenen Leistungen Gebühren erheben will oder auf sie verzichtet. Die öffentlichen Bibliotheken gehören wie die kommunalen Theater, Museen, Kindergärten usw. zu den der Allgemeinheit dienenden öffentlichen Einrichtungen.

3.2 Grundsätze der Gebührenbemessung

Die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen darf keine durch unerschwingliche Gebühren gezeitigte abschreckende Wirkung auf den Bürger haben. Aus diesem Grund haben die Länder zur Wahrung der Prinzipien für die Gebührenerhebung gesetzliche Bestimmungen erlassen. Benutzungsgebühren dürfen demzufolge nicht so hoch angesetzt werden, daß nur wohlhabendere Bürger in der Lage wären, sie zu entrichten. Dieser Satz weist auf das auch für Gebühren geltende Gleichheits- und Gerechtigkeitsgebot, auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie auf das Sozialstaatsprinzip hin.

Nach den Kommunalabgabengesetzen gilt gleicherweise das Kostendeckungsprinzip. Es besagt, daß die Gebühreneinnahmen die voraussichtlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung nicht überschreiten dürfen. Das Gebührenaufkommen soll die Kosten der Einrichtung lediglich decken.37

Auch ist die Gebührenhöhe nach der tatsächlichen Benutzung der Einrichtung zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Jedoch ist es nicht immer möglich, die Gebührenhöhe nach der tatsächlichen Benutzung der Einrichtung zu ermitteln.38 In den Fällen nämlich, in denen ein Benutzer eine öffentliche Bibliothek entweder überdurchschnittlich stark oder nur wenig benutzt, ist die Bemessung der Gebührenhöhe unmöglich, ungerecht oder unwirtschaftlich. Das Kommunalabgabengesetz räumt deswegen auch eine Bemessung des Gebührenaufkommens nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab ein.39 Für öffentliche Bibliotheken dürfte eine Bemessung nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab auch realistischer sein, weil zum einen die Benutzungsgebühren die Kosten nur zu einem sehr geringen Teil decken40, und zum anderen die tatsächliche Nutzung der Einrichtung - trotz des heute üblichen Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung - nur in sehr eingeschränktem Maß feststellbar ist.41

Auch das Nutzenprinzip wird meistens unter Berücksichtigung des Wirklichkeitsmaßstabs angewandt. Nach Kirchner orientiert sich die Belastungshöhe des Benutzers an dem bei der Inanspruchnahme entstehenden Vorteil oder Nutzen.42 Dabei muß allerdings berücksichtigt sein, daß zwischen der öffentlichen Leistung und der Gebühr nach dem Gebot des Äquivalenzprinzips ein angemessenes Verhältnis bestehen muß. Hier liegt der in dem Art. 20 GG ableitbare Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zugrunde, nach dem ein ungleiches Verhältnis ausgeschlossen sein soll.43 Nach Art. 3 GG (Gleichheitsgrundsatz) muß die Belastung gerecht auf die Benutzer verteilt sein. Mithin darf die Gebührenbegrenzung bei einzelnen Benutzern nicht zu einer Erhöhung der Gebührensätze anderer Benutzer führen.44

Der Gebührenverzicht aus sozialen Gründen steht auch nach Auffassung Kirchners im Widerspruch zum Kostendeckungsgebot sowie zur Gebührengerechtigkeit.45 Doch der Staat ist nach dem Sozialstaatsprinzip auch verpflichtet, soziale Gegensätze auszugleichen. Hinsichtlich der Erhebung von Benutzungsgebühren bedeutet dies, daß Gebührenermäßigungen bzw. Gebührenverzicht für sozial benachteiligte Bürger gewährleistet werden sollen.46 Demzufolge soll das Sozialstaatsprinzip sozial- und einkommensschwachen Bürgern den Zugang zur öffentlichen Leistung, also auch zur Leistung der öffentlichen Bibliothek, eröffnen.

Rogosch, J: Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten. Frankfurt a. M., 1985, S. 154

4. Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken

Das folgende Kapitel beschränkt sich im wesentlichen auf die Darstellung der Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken. Doch sei an dieser Stelle erwähnt, daß außer den Benutzungsgebühren auch Gebühren für die Vorbestellung bereits entliehener Medien und für die Anforderung von Medien über den regionalen und überregionalen Leihverkehr erhoben werden. Für die Überschreitung der Leihfrist muß der Benutzer zudem - meistens für jedes einzelne Medium - Säumnis- bzw. Mahngebühren entrichten.

Für die Benutzung einer öffentlichen Bibliothek können öffentlich-rechtliche bzw. privatrechtliche Entgelte erhoben werden. Der Deutsche Bibliotheksverband erklärte im Jahre 1981 in seiner Argumentationsschrift >Zur Frage der Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken<: „Unter Benutzungsgebühren sind hier Gebühren für das Entleihen von Büchern, Zeitschriften und anderen Medien zu verstehen. Gebühren für spezielle Dienste wie Vorbestellungen, Kopien, besondere Leistungen im Leihverkehr u. a. sowie Säumnisgebühren sind hier nicht gemeint.“47

Meist ist die Benutzungsgebühr für einen längeren Zeitraum zu zahlen, in der Regel für ein Jahr. Es handelt sich dann um eine Zeitgebühr. Statt einer Zeitgebühr wird selbst heute noch in einigen öffentlichen Bibliotheken eine Gebühr für jedes einzelne Medium (Bandgebühr) erhoben. Die Bandgebühr ist eine Variante der Benutzungsgebühr. Üblich ist heute indes die Erhebung einer Zeitgebühr. Die Gebühren können hier für verschiedene Zeiträume (Jahr, Halbjahr, Vierteljahr, Monat) erhoben werden. Viele Bibliotheken bieten aber auch die Benutzungskarte für einen Tag an. Mit dieser Tageskarte kommt die Bibliothek den Benutzern entgegen, die ein bestimmtes, möglicherweise nur hier zu entleihendes Werk benötigen, ansonsten aber diese Bibliothek nicht benutzen.

Die Zeitgebühr wird bevorzugt erhoben, da der personelle Aufwand wesentlich geringer ist als bei der Mediengebühr. Auch die Zeitgebühr hat einen Nachteil. So ist ihre Entrichtung für einen festgelegten Zeitraum für denjenigen Benutzer nachteilig, der die Bibliothek nur weniger häufig benutzt. Er zahlt für seine geringe Nutzung der Einrichtung einen relativ hohen Preis.

Hier ist die Mediengebühr gerechter. Der Benutzer zahlt für die von ihm entliehenen Medien pro Einheit meist nur einen geringen Preis. Doch für den Vielleser ist die Bandgebühr Zur Frage der Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken . -1981, S. 4

möglicherweise abschreckend, weil unter Umständen eine ziemlich hohe Summe anfallen kann. Diese Form der Gebührenerhebung kommt demnach den Benutzern entgegen, die nur selten ein Medium entleihen, denn ihnen wird lediglich das einzelne Medium für die Entleihung in Rechnung gestellt. Nachteilig wirkt sich die Bandgebühr auf den Ablauf der Ausleihverbuchung aus, da selbst mit Hilfe der EDV-Verbuchung bei gleichzeitiger Gebühreneinnahmetätigkeit der reibungslose und von daher schnelle Verbuchungsvorgang kaum gewährleistet werden kann. So ist auch in einer 1994 im BuB abgedruckten Schrift des Deutschen Bibliotheksverbandes zum Thema nachzulesen: „Benutzungsgebühren pro Medieneinheit haben einen hohen Personalaufwand zur Folge, so daß sie ernsthaft kaum in Erwägung gezogen werden können. Allein schon die Ausleihverbuchung ist vor allem in öffentlichen Bibliotheken zu einem Massenproblem geworden, das nur noch durch automatisierte Verfahren bewältigt werden kann. Das Kassieren von Einzelgebühren hebt die Vorzüge dieser Verbuchungsverfahren teilweise wieder auf.“48

Die meisten öffentlichen Bibliotheken verlangen für die Nutzung ihrer Bestände innerhalb des Bibliotheksgebäudes keine Gebühren. Will der Benutzer auch Medien ausleihen, muß er in einigen öffentlichen Bibliotheken eine Zulassungsgebühr entrichten. Sie wird nicht für die allgemeine Inanspruchnahme der Bibliothek erhoben, sondern sie ist für die bei der Antragstellung auf Zulassung zur Bibliothek in Anspruch genommene Amtshandlung zu zahlen. Sie ist eine einmalig zu zahlende Verwaltungsgebühr. In der Regel wird auf die Erhebung von zusätzlichen Benutzungsgebühren verzichtet.

Häufig werden auch für die in öffentlichen Bibliotheken Einzug gehaltenen elektronischen Datenbanken, für die mit ihrer Hilfe durchgeführten Recherchen bzw. für deren direkte Benutzung, Gebühren erhoben. Dazu gehören zum Beispiel On-Line-Recherchen in internen und externen Datenbanken und CD-ROM-Recherchen.49 (Vgl. 5.5) Dt. Bibliotheksverband: Zur Frage der Benutzungsgebühren. - 1994, S. 990 Vgl. Beyersdorff, G. [u.a.]: Entgelte in Bibliotheken, S. 12

5. Die Entwicklung der Fachdiskussion seit Anfang der 80er Jahre

Offizielle Stellungnahmen zur geb ü hrenfreien Benutzung ö ffentlicher Bibliotheken: Die Gebührenfrage wird bereits in dem 1964 erschienenen Gutachten >Kommunale Öffentliche Bücherei< der KGSt erwähnt. So wird dort die These vertreten, daß wegen der damals in den einzelnen Ländern vorauszusehenden Tendenz, den Besuch aller Schulen ohne die Zahlung eines Entgeltes zu ermöglichen, im Grunde auch eine gebührenfreie Benutzung der öffentlichen Bücherei möglich sein müsse.50 Der fünf Jahre später publizierte Bibliotheksplan Ι des Deutschen Büchereiverbandes bietet dagegen nur eine inhaltliche Zusammenfassung des KGSt-Gutachtens. Im Wortlaut: „Die Dienste der öffentlichen Bibliotheken sollten gebührenfrei geleistet werden (Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung >Kommunale Öffentliche Bücherei< 1964, S. 68).“51

Das KGSt-Gutachten 1973 betont den gesellschaftspolitischen Stellenwert öffentlicher Bibliotheken. Es weist darauf hin, daß hohe Zuschüsse aus dem allgemeinen kommunalen Haushalt geleistet werden. Kostendeckende Gebühren könnten nicht erhoben werden. Die Gebührenerhebung sei wegen des erhöhten Verwaltungsaufwandes, der selbst durch den Einsatz der EDV nicht aufgefangen werden könne, unwirtschaftlich. „Es wird daher empfohlen, auf Anmelde- und Benutzungsgebühren zu verzichten, Versäumnisentgelte (Mahngelder) dagegen zu erheben und dieses Verfahren einheitlich und zügig durchzuführen.“52

Aber erst der 1973 von der Deutschen Bibliothekskonferenz herausgegebene Bibliotheksplan fordert eindeutig die unentgeltliche Benutzung der Bibliotheken mit der Begründung, daß „... geistige Kommunikation und volle Information im vitalen Interesse der Gesellschaft liegen ...“.53 Auch zwanzig Jahre später, mit dem Strukturpapier >Bibliotheken '93<, wird die Unentgeltlichkeit der allgemeinen Bibliotheksbenutzung gefordert. Leih- oder Jahresgebühren seien der Erfüllung des kulturellen Auftrags hinderlich und auch unter wissenschaftspolitischen Aspekten nicht zu befürworten. So sollen lediglich Gebühren für spezielle Dienstleistungen und für Leihfristüberschreitungen verlangt werden.54 Als ein „... Sofortprogramm zum Abbau der größten Defizite ...“ versteht der Deutsche

Bibliotheksverband seine 1989 veröffentlichte Denkschrift >Die öffentliche Bibliothek<. Hierin stellt der Verband fest, daß Ausleihgebühren die Inanspruchnahme der öffentlichen Bibliotheken negativ beeinflussen, weil infolge des Benutzungsrückgangs die von den Kommunen erwarteten Gewinne nicht erzielt werden können. Weiter heißt es: „Leihgebühren stellen auch den allgemeinen Zugang zu Information, Bildung und Kultur in Frage. Die Angebote der öffentlichen Bibliotheken würden in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten gerade den besonders Betroffenen nicht zur Verfügung stehen.“55

Berichte und Meldungen ü ber die Einf ü hrung/ Abschaffung von Benutzungsgeb ü hren:

Hauptsächlich die in den Fachorganen des DBI und im BuB veröffentlichten Meldungen von Einführungen bzw. Erhöhungen und Wiederabschaffungen von Benutzungsgebühren geben die Entwicklung seit 1982 wieder. So kann einer Mitteilung im DBI-Pressedienst vom Februar 1983 entnommen werden, daß in zahlreichen Bibliotheken Benutzungsgebühren eingeführt worden waren56, trotz einer zu jener Zeit aktuell vorliegenden Untersuchung aus Solingen, welche die Unwirtschaftlichkeit von Benutzungsgebühren nachgewiesen hatte.57 Nachdem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen viele Bibliotheken bereits Personalabbau, Öffnungszeitenverringerung und Schließungen ihrer Zweigstellen hinnehmen mußten, beklagten die betroffenen Bibliothekare nun zusätzlich die Einführung von Benutzungsgebühren und dem damit einhergehenden Attraktivitätsverlust ihrer Bibliotheken. Einer statistischen Übersicht Hollers zufolge waren von allen öffentlichen Bibliotheken die nordrhein-westfälischen am stärksten von Benutzungsgebühren betroffen. 1982 wurden im Saarland in 40 Prozent der öffentlichen Bibliotheken Benutzungsgebühren erhoben; in Schleswig-Holstein dagegen erhob nur 1 Prozent der Bibliotheken eine Benutzungsgebühr. Berlin war als einziges Land noch gebührenfrei. Hamburg erhob den höchsten Gebührensatz, nämlich von 4 DM pro Monat bis zu 30 DM im Jahr.58

Der Deutsche Bibliotheksverband informierte 1982 darüber, daß in Augsburg die Wiedereinführ-ung von Benutzungsgebühren verhindert werden konnte. Gerade aus Augsburg hatte die Einführung und Wiederabschaffung von Benutzungsgebühren zu enormen Die öffentliche Bibliothek, S. 34 Vgl. Gebührenflut, Leserebbe, S. 2

Die erwähnte Untersuchung ist in der Mitteilung nicht durch nähere Angaben gekennzeichnet. Dem Inhalt läßt sich jedoch entnehmen, daß es sich um den vom Hauptamt der Stadt Solingen ermittelten

„Personalbedarf für die Erhebung von Benutzungsentgelten durch die Stadtbücherei Solingen“ (veröffentlicht im Amtsblatt >Die Stadt< Nr. 28 v. 16.7.1982) handeln muß. Auch in: Mitteilungen des Dt. Städtetages 37 (1982) S. 472 - 473 unter d. Titel „Benutzungsgebühren in Öffentlichen Bibliotheken unwirtschaftlich“.

Veränderungen der Benutzer- und Ausleihzahlen geführt.59

Im Jahr 1982 führte die Stadt Köln Lesegebühren ein. Albrecht Dirschke berichtete 1984 von der Übernahme des Kölner Gebührenmodells durch die Stadtbibliothek Leverkusen zum 1. Januar 1983: 10 DM Benutzungsgebühr jährlich. Da die Ausleihrückgänge 13 Prozent und die Benutzerrückgänge 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ausmachten und infolgedessen die Einnahmen nicht in der erwarteten Höhe in die Stadtkasse flossen, beschloß der dortige Stadtrat die Wiederabschaffung der Gebühren zum 1.1.1985.60 Henner Grube meldete 1983, daß auch für einige Kommunen in Rheinland-Pfalz die dortige Finanzmisere zum Anlaß genommen wurde, Lesegebühren in öffentlichen Bibliotheken einzuführen. Wurde diese Gebührenart bereits erhoben, nahmen die Kommunen trotz der Empfehlungen des Deutschen Städtetages und der KGSt die Gelegenheit wahr, diese zu erhöhen.61

In der öffentlichen Bibliothek der sauerländischen Stadt Hemer hatte die zum 1. Juli 1982 eingeführte Ausleihgebühr zu einem Benutzerrückgang um 60 Prozent und zu einem Ausleihrückgang von 40 Prozent geführt. Daher beschloß der Rat der Stadt die Aufhebung der Gebühr zum 1. Januar 1986.62 In Bonn wurden für die Stadtbücherei ebenfalls 1983 Benutzungsgebühren eingeführt. Jugendliche brauchten ab Mitte desselben Jahres nichts mehr für die Benutzung zu zahlen. 1986 sollten die Gebühren für alle Benutzergruppen wieder abgeschafft werden.63 So meldete dann auch die >Bonner Rundschau< am 18.12.1985 die Abschaffung der Benutzungsgebühren zum 1.1.1986. Mit Einführung der Gebühren hatten Erwachsene 15 DM und Minderjährige 10 DM bezahlen müssen. Schüler, Auszubildende, Studenten, Wehr- und Zivildienstleistende waren schon seit Mitte 1983 von der Gebührenpflicht befreit. Wie die >Bonner Rundschau< weiter berichtete, war die Wiederabschaffung der Gebühren eine Folge der zurückgehenden Benutzerzahlen und des Mißbrauchs der ermäßigten bzw. kostenlosen Ausweise.64

Die >Goslarsche Zeitung< meldete am 18.2.1986, daß in Bad Harzburg Kulturausschuß und Stadtdirektor dafür gestimmt hatten, die Benutzungsgebühren wieder abzuschaffen. Der Kulturausschuß beschäftigte sich auf Antrag der SPD mit der Gebührenfrage. Wiederholt forderten die Sozialdemokraten die Abschaffung der Benutzungsgebühren, weil sie nicht die erwarteten Einnahmen einbrächten und darüber hinaus die Benutzer abschreckten.

[...]


1 Vgl. Finanzausschuß des DST, S. 558 Stadtpolitik bei knappen Kassen, S. 65

2 Vgl. Finanzausschuß des DST, S. 558

3 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Gemeindeordnung-Kommentar, § 8 Handbuch zur kommunalen Selbstverwaltung, S. 152 f.

4 Vgl. Regionale Bibliothekskonferenz Niederrhein : Bericht der Arbeitsgruppe „Gebühren“, Punkt 4

5 Vgl. Baden-Württemberg: Gesetz zur Förderung der Weiterbildung und des Bibliothekswesens

6 Vgl. Bibliotheken '93 : Strukturen, Aufgaben, Positionen, S. 3

8 Rechtswörterbuch / hrsg. v. Carl Creifelds, S. 4

7 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheks- und Dokumentationsrecht, S. 159 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 139

8 Vgl. Kirchner, H.: Grundriß d. Bibliotheks- und Dokumentationsrechts, S. 70 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 139

9 Vgl. ebd., S. 52 Vgl. ebd., S. 52 Vgl. ebd., S. 53 Vgl. ebd., S. 53

10 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 4 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheks- u. Dokumentationsrecht, S. 159

11 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 140

12 Vgl. Handbuch zur kommunalen Selbstverwaltung, S. 31 Vgl. Buhren, G.: Allgemeines Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen, S. 30 Vgl. Handbuch zur kommunalen Selbstverwaltung, S. 45 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Gemeindeordnung-Text, § 8 Abs. 1 Vgl. ebd., § 8 Abs. 2

13 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Gemeindeordnung-Text, §76 Abs. 1. Davor: § 63 Abs.1 Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 4 Ebd., § 6

14 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 143 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 6 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 144 Vgl. ebd., S. 144

15 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 6 Vgl. Öffentliche Bibliothek : Gutachten der KGSt, S. 32

16 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 147 Vgl. ebd., S. 146

17 Vgl. ebd., S. 145

18 Vgl. Grundgesetz-Kommentar, S. 179 f.

19 Vgl. Kirchner: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 147

20 Vgl. Kommunale öffentliche Bücherei, S. 68 Bibliotheksplan Ι, S. 14 Öffentliche Bibliothek : Gutachten der KGSt 1973, S. 32 Bibliotheksplan 1973, S. 10

21 Vgl. Bibliotheken '93, S. 8

22 Vgl. Holler, U.: Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken, S. 659

23 Vgl. Gefährdung der kommunalen öffentlichen Bibliotheken in Bayern im Zeichen von Sparaktionen, S. 74 f.

24 Vgl. Dirschke, A.: Leverkusen, Stadtbibliothek : Ende der Gebühren, S. 468 f. Vgl. Grube, H.: Leihgebühr : wirtschaftlich nutzlos, kulturpolitisch schädlich, S. 14 Vgl. BuB-Nachrichten: Hemer, S. 853

25 Vgl. BuB-Nachrichten: Bonn, S. 852 Vgl. Bonner Rundschau: Stadtbücherei: Ab Januar wieder ohne Gebühren, S. 7

26 Für ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis beschließt der kommunale Rat eine Satzung.27

27 Vgl. ebd., S. 141f. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 6 Ebd., § 4

28 Vgl. Bornhalm, W.; Gornas J.: Die finanziellen Effekte der Benutzungsgebühren für die kommunalen Haushalte, S. 1

29 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Gemeindeordnung-Kommentar , § 8, S. 2 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheks- und Dokumentationsrecht, S. 125

30 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 2 Abs. 1

31 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Gemeindeordnung-Text, § 8 Abs. 1

32 Vgl. ebd., § 8 Abs. 2

33 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Gemeindeordnung-Text, §76 Abs. 1. Davor: § 63 Abs.1

34 Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 4

35 Ebd., § 6

36 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 143

37 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 6 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 144

38 Vgl. ebd., S. 144

39 Vgl. Nordrhein-Westfalen: Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, § 6

40 Vgl. Öffentliche Bibliothek : Gutachten der KGSt, S. 32

41 Vgl. Kirchner, H.: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 147

42 Vgl. ebd., S. 146

43 Vgl. ebd., S. 145

44 Vgl. Grundgesetz-Kommentar, S. 179 f.

45 Vgl. Kirchner: Bibliotheksbenutzungsordnungen, S. 147

46 Rogosch, J: Verfassungsrechtliche Bindungen des Staates bei der Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten. Frankfurt a. M., 1985, S. 154

47 Zur Frage der Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken . -1981, S. 4

48 Dt. Bibliotheksverband: Zur Frage der Benutzungsgebühren. - 1994, S. 990

49 Vgl. Beyersdorff, G. [u.a.]: Entgelte in Bibliotheken, S. 12

50 Vgl. Kommunale öffentliche Bücherei, S. 68

51 Bibliotheksplan Ι, S. 14

52 Öffentliche Bibliothek : Gutachten der KGSt 1973, S. 32

53 Bibliotheksplan 1973, S. 10

54 Vgl. Bibliotheken '93, S. 8

55 Die öffentliche Bibliothek, S. 34

56 Vgl. Gebührenflut, Leserebbe, S. 2

57 Die erwähnte Untersuchung ist in der Mitteilung nicht durch nähere Angaben gekennzeichnet. Dem Inhalt läßt sich jedoch entnehmen, daß es sich um den vom Hauptamt der Stadt Solingen ermittelten „Personalbedarf für die Erhebung von Benutzungsentgelten durch die Stadtbücherei Solingen“ (veröffentlicht im Amtsblatt Die Stadt Nr. 28 v. 16.7.1982) handeln muß. Auch in: Mitteilungen des Dt. Städtetages 37 (1982) S. 472 - 473 unter d. Titel „Benutzungsgebühren in Öffentlichen Bibliotheken unwirtschaftlich“.

58 Vgl. Holler, U.: Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken, S. 659

59 Vgl. Gefährdung der kommunalen öffentlichen Bibliotheken in Bayern im Zeichen von Sparaktionen, S. 74 f.

60 Vgl. Dirschke, A.: Leverkusen, Stadtbibliothek : Ende der Gebühren, S. 468 f.

61 Vgl. Grube, H.: Leihgebühr : wirtschaftlich nutzlos, kulturpolitisch schädlich, S. 14

62 Vgl. BuB-Nachrichten: Hemer, S. 853

63 Vgl. BuB-Nachrichten: Bonn, S. 852

64 Vgl. Bonner Rundschau: Stadtbücherei: Ab Januar wieder ohne Gebühren, S. 7

Excerpt out of 66 pages

Details

Title
Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland
Subtitle
Entwicklung der Fachdiskussion seit dem Anfang der 80er Jahre
College
Cologne University of Applied Sciences  (Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen)
Grade
2,0
Author
Year
1995
Pages
66
Catalog Number
V85532
ISBN (eBook)
9783638900393
ISBN (Book)
9783638905787
File size
1765 KB
Language
German
Keywords
Benutzungsgebühren, Bibliotheken, Bundesrepublik, Deutschland
Quote paper
Dipl.-Bibl. Andreas Lücke (Author), 1995, Benutzungsgebühren in öffentlichen Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85532

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