Legitimität in modernen Demokratien

Eine vergleichende Untersuchung der normativen Demokratietheorien von Jürgen Habermas und Charles Taylor


Dossier / Travail, 2006

21 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die normativen Modelle der Demokratie von Taylor und Habermas
2.1. Das republikanische Demokratieverständnis Taylors’
2.2. Deliberative Demokratietheorie: Jürgen Habermas

3. Was ist Legitimität ?

4. Legitimität im Vergleich
4.1. Legitimität durch kollektive Identität
4.2. Legitimität durch diskursive Deliberation
4.3. Gemeinsamkeiten und Differenzen

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

Abstract/Zusammenfassung

1. Einleitung

Demokratie ist sowohl im Alltag als auch in der Wissenschaft nach wie vor ein vieldiskutiertes Thema. Die weltweite Demokratisierung schreitet immer weiter voran, im Jahr 2004 wurden laut Freedom House von insgesamt 192 Ländern schon 119 Demokratien gezählt und diese Zahl soll und wird noch steigen.

Anderseits stehen Demokratien jedoch vor Problemen, die die (politik-) wissen-schaftliche Diskussion beschäftigen. Gerade die modernen Massengesell-schaften sehen sich vor wachsende Probleme wie Politikverdrossenheit oder Partizipationsverluste gestellt.

Die Notwendigkeit, sich auf theoretischer Basis mit Demokratie zu beschäftigen, besteht also weiterhin. Im Hinblick auf die steigende Zahl von Demokratien stellt sich in der Politikwissenschaft in der Zeit nachmetaphysischen Denkens immer auch die Frage, wie sich diese demokratischen Systeme und Herrschaftsträger legitimieren und wodurch Legitimität überhaupt begründet werden kann.

Dieser Frage gingen auch Charles Taylor und Jürgen Habermas als moderne philosophische Autoren nach und entwickelten zwei normative Demokratietheorien.

Charles Taylor als führender Vertreter des Kommunitarismus, einer Theorierich-tung, die die Gemeinschaft betont und infolgedessen für eine Politik des Ge-meinwohls eintritt, erklärt Legitimität in seinem republikanischen Demokratiemo-dell vor allem mit gemeinsamer Identität durch geteilte Sprache oder Kultur.

Jürgen Habermas ist demgegenüber ein deliberativer Theoretiker mit liberal geprägtem Hintergrund, für ihn begründet sich Legitimität im demokratischen Verfahren des Diskurses.

Angesichts der andauernden und scheinbar unlösbaren Debatte zwischen Libe-ralismus und Kommunitarismus scheinen die beiden Theoretiker also zunächst sehr unterschiedlich, unvereinbar und jeweils in der Kritik des anderen.

Ziel dieser Arbeit wird jedoch sein, die Quellen von Legitimität, die die Autoren in ihren Modellen der Demokratie herausarbeiten, gegenüberzustellen und eben diese scheinbare Unvereinbarkeit und Gegensätzlichkeit aufzulösen. Entscheid-ende Gemeinsamkeiten beider Auffassungen sollen herausgestellt werden, die gerade im gewählten Vergleichsschwerpunkt der Legitimität unverkennbar sind. Im Folgenden werde ich die normativen Demokratiemodelle von Charles Taylor und Jürgen Habermas vor allem auf Grundlage der Legitimität untersuchen und einem Vergleich unterziehen. Zunächst werde ich jedoch beide Modelle kurz skizzieren und erläutern, was Legitimität grundsätzlich bedeutet, um dann auf Basis dieser Grundlagen zum Vergleich überzugehen und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten.

Dazu stütze ich mich im Wesentlichen auf zwei Aufsätze der Autoren: „Wieviel Gemeinschaft braucht die Demokratie?“ von Charles Taylor (2001) sowie „Drei normative Modelle der Demokratie“ von Jürgen Habermas (1996), da diese sich für einen Vergleich aufgrund ihres nahezu identischen Aufbaus und der ähnlichen Herangehensweise besonders gut eignen. Beide Autoren stellen zunächst zwei für sie „falsche“, defizitäre Modelle der Demokratie vor, um dann im Kontrast dazu ihr eigenes Modell der Demokratie herauszuarbeiten.

2. Die beiden normativen Modelle der Demokratie

Sowohl Charles Taylor als auch Jürgen Habermas legen eine normative Theorie der Demokratie vor. In den genannten Kerntexten gehen sie dabei ähnlich vor, indem sie zunächst je zwei Demokratietheorien vorstellen, die sie als defizitär empfinden, um das komplexe Wesen der Demokratie erklären zu können.

Diese zurückgewiesenen Ansätze sind bei Taylor ein liberaler Ansatz, den er „ökonomische Theorie“ (Taylor 2001: 13) nennt, sowie eine Theorie des Gemein-willens, die auf eine starke Mobilisierung sozialer Bewegungen unter den Bürgern in Folge eines geteilten Gemeinwillens, zielt.

Habermas lehnt ebenso die ökonomische Auffassung von Demokratie ab und kritisiert darüber hinaus das republikanische Demokratieverständnis, das Vertreter des Kommunitarismus und somit auch Taylor verfolgen.

Aus der Kritik und eigenen Impulsen entwickeln die Autoren dann jeweils ein neues Modell der Demokratie: ein republikanisches Modell von Charles Taylor sowie das prozeduralistische Modell einer deliberativen Demokratie von Jürgen Habermas. Diese beiden Ansätze werden im Folgenden kurz vorgestellt.

2.1. Das republikanische Demokratieverständnis Taylors’

Als einer der führenden Kommunitarismusvertreter hat Charles Taylor ein Demokratieverständnis, in dem die demokratische Gemeinschaft (Community), eine zentrale Rolle spielt.

Auf dieser Basis entwickelt er eine republikanische Demokratietheorie, in der die Demokratie als ein „gesellschaftlich –kollektive[s] gemeinsame[s Gut]“ (Rosa 2001: 66) verstanden wird, das es zu pflegen gilt.

Die zentralen Schlüsselbegriffe der Theorie sind Partizipation sowie Identifika-tion, die sich gegenseitig bedingen: Damit Demokratie funktionieren kann, ist für ihn ein notwendiges Maß staatsbürgerlicher Identifikation mit dem Gemeinwesen essentiell, da „jede freie (d.h. nichtdespotische) Regierungsform einer starken Identifikation von seiten ihrer Bürger bedarf“ (Taylor 2001: 15).

Die Bürger leben und handeln gemäß „eine[r] Art Wir – Denken“ (Rosa 2001: 82), sie fragen, was gut für die Gemeinschaft ist statt primär nach individuellen Eigeninteressen. An Stelle eines atomistischen und egozentrischen Verhaltens, wie Taylor es am Liberalismus kritisiert, tritt gemeinwohlorientiertes Handeln.

Wichtiger, einheitsstiftender Pol für diese Identifikation sind die Gesetze als „Inbegriff der zentralen Institutionen und Verfahren des politischen Systems“ (Taylor 2001: 19).

Durch die starke Identifikation mit dem Gemeinwesen ergibt sich ein Zugehörig-keitssinn, der das „aktive Engagement für die [...] Institutionen“(Breuer 2000:130) überhaupt erst ermöglicht. Identifikation ist also Voraussetzung für die Partizipa-tion, die für Taylor wiederum Voraussetzung der Demokratie ist. Das Bewusst-sein, am „gemeinsamen Vorhaben der Selbstregierung beteiligt zu sein“ (Taylor 2001: 23), sei für jede Demokratie notwendig, sie lebe von direkter Partizipation.

Unter direkter, aktiver Partizipation versteht Taylor mehr als das regelmäßige Wählen von Repräsentanten, also etwa auch aktive Mitgestaltung der Politik durch Mitarbeit in Bewegungen oder aktive Einflussnahme auf politische Prozesse (vgl. ebd.: 23f). Dies scheint ihm in dezentralisierten Einheiten besonders gut möglich (vgl. ebd.: 25).

[...]

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Legitimität in modernen Demokratien
Sous-titre
Eine vergleichende Untersuchung der normativen Demokratietheorien von Jürgen Habermas und Charles Taylor
Université
Ernst Moritz Arndt University of Greifswald  (Institut für Politikwissenschaft)
Cours
Moderne politische Theorien des 20. Jahrhunderts
Note
1,3
Auteur
Année
2006
Pages
21
N° de catalogue
V85562
ISBN (ebook)
9783638015677
ISBN (Livre)
9783638918381
Taille d'un fichier
462 KB
Langue
allemand
Mots clés
Legitimität, Demokratien, Moderne, Theorien, Jahrhunderts
Citation du texte
Ines Kruspel (Auteur), 2006, Legitimität in modernen Demokratien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85562

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Titre: Legitimität in modernen Demokratien



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