Spätestens seit Thomas Hobbes wissen wir: der Mensch ist egoistisch, rational und verfolgt
nur sein eigenes Interesse (vgl. Hobbes 1986). Diese Beschreibung von natürlichen
Eigenschaften entwickelt sich in einer von materiellen Werten bestimmten kapitalistischen
Gesellschaft zu einer postmodernen Lehre, die als Grundlage verschiedenster Theorien dient.
Doch werden diese Eigenschaften oft missbraucht – mitunter auch von Hobbes selbst –, um
deren negative, also desintegrierende Folgen auf die Folie moderner Gesellschaften zu
projizieren.
Dass die Verfolgung des Eigeninteresses aber auch nicht intendierte positive Folgen haben
kann, erklärt uns beispielsweise Adam Smith, wenn er anführt, dass die Mehrung des eigenen
Wohlstands automatisch und gelenkt von einer unsichtbaren Hand zu einem „Wohlstand aller
Nationen“ führt (vgl. Smith 1999). Dieser Theorie zu Grunde liegt das Streben nach
materiellen Gütern.
Wie sich eigeninteressierte Individuen in eine Gesellschaft integrieren steht auch im
Mittelpunkt dieser Arbeit, wobei konkret folgender Frage nachgegangen wird: Wie
funktioniert die Integration rationaler Individuen durch wohltätiges Engagement? Denn
eigentlich sollte man doch annehmen, dass die Theorie vom rationalen Egoisten
ehrenamtlichen Engagements diametral gegenübersteht. Es soll der Versuch unternommen
werden, auf Grundlage eines gegebenen Selbstinteresses zu erklären, wie das Streben nach
sozialem Kapital in dergestalt handlungsleitend wirkt, dass freiwillige und gemeinnützige
Aktivitäten unternommen werden, um diese Ziele zu erreichen. Die Konzeption des sozialen
Kapitals steht hier analog zu anderen Kapitalkonzepten und wird dazu genutzt, den
Ressourcencharakter sozialer Beziehungen für das Individuum zu beschreiben und den daraus
entstehenden Nutzen bei der Zielerreichung zu verfolgen. Durch diese Ausrichtung des
Konzepts sozialen Kapitals können freiwillig Tätige als Träger und Nutznießer der
Kapitalform betrachtet werden. Freiwillige gelten also dann nicht mehr nur als
unerschöpfliches Arsenal, welches für die Gesellschaft oder bestimmte Teile von dieser
wohlbringend Gutes tut, sondern vielmehr auch als eigenständige Individuen, die mit ihrer
Tätigkeit egoistische Zielsetzungen, Motive und Absichten verbinden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. ÖKONOMISCHES HANDELN
- 2.1 METHODOLOGISCHER INDIVIDUALISMUS
- 2.2 ÖKONOMISCHES HANDELN IN EINEM SYSTEM
- 3. EHRENAMTLICHE TÄTIGKEIT ALS AUSTAUSCHMECHANISMUS
- 4. NUTZENMAXIMIERUNG DURCH EHRENAMTLICHE TÄTIGKEIT
- 5. INTEGRATION RATIONALER INDIVIDUEN AUF DER MAKROEBENE
- 6. SCHLUSS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Integration rationaler Individuen durch ehrenamtliches Engagement. Sie befasst sich mit der scheinbaren Diskrepanz zwischen dem Prinzip des Homo Oeconomicus, der sein Eigeninteresse verfolgt, und der Motivation für freiwilliges Engagement in gemeinnützigen Institutionen. Das Ziel ist es, die Integration egoistischer Akteure durch wohltätiges Engagement zu erklären und aufzuzeigen, wie das Streben nach sozialem Kapital die Handlungsmotive für ehrenamtliche Aktivitäten beeinflussen kann.
- Das ökonomische Handlungsmodell des Homo Oeconomicus und seine Relevanz für die Erklärung von sozialem Engagement.
- Ehrenamtliche Tätigkeit als Austauschmechanismus und ihre Rolle im ökonomischen Handlungsmodell.
- Der Nutzencharakter von wohltätiger Arbeit im Kontext der Konzeption von sozialem Kapital.
- Die Integration rationaler Individuen durch ehrenamtliches Engagement auf der Makroebene.
- Die Auflösung des scheinbaren Gegensatzes zwischen egoistischem Streben und altruistischem Handeln im Kontext von gemeinnütziger Arbeit.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und erläutert die Forschungsfrage. Kapitel 2 widmet sich dem ökonomischen Handeln und dem Paradigma des Homo Oeconomicus. Kapitel 3 definiert ehrenamtliche Tätigkeit als Austauschmechanismus und beleuchtet ihren Warencharakter. Kapitel 4 untersucht die Nutzenmaximierung durch ehrenamtliche Tätigkeit im Kontext der Konzeption von sozialem Kapital. Kapitel 5 beleuchtet die Integration rationaler Individuen durch ehrenamtliches Engagement auf der Makroebene.
Schlüsselwörter
Homo Oeconomicus, soziales Kapital, ehrenamtliches Engagement, rationales Handeln, Integration, Austauschmechanismus, Nutzenmaximierung, Mikro-Makro-Modell, soziales Kapital.
- Citar trabajo
- Marcus Guhlan (Autor), 2007, Der Homo Oeconomicus und soziale Integration durch ehrenamtliches Engagement - ein Gegensatz?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85578