Neoklassik vs. Polarisation


Hausarbeit (Hauptseminar), 1998

17 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung: Gegenstand und Überblick

2. (Neo)Klassik
2.1. Grundzüge des theoretischen Modells
2.2. Kritik des theoretischen Modells

3. Polarisation
3.1. Grundzüge der theoretischen Modelle
3.2. Kritik des theoretischen Modells

4. Empirischer Exkurs: Süderweiterung der EG

5. Zusammenfassung und Fazit

6. Materialanhang

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Gegenstand und Überblick

Gegenstand der Arbeit ist die Frage, ob Freihandel und ökonomische Integration zu einem Ausgleich oder zu einer Polarisie­rung bestehender Unterschiede zwischen Entwicklungsniveaus zweier Ökonomien führen.

Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst auf die beiden theoretischen Grundpositionen, das (neo)klassische Modell (2.) und das Polarisationsmodell (3.), sowie die jeweiligen fundamentalen Kritiken zu beiden Großmodellen eingegangen. Der empirische Exkurs zur asymmetrischen Integration in den Europäischen Gemeinschaften1 macht das theoretische Gerüst in bezug auf die Eingangsfragestellung anschaulich (4.). Zusammenfassung und Fazit beschließen die Arbeit (5.).

2. (Neo)Klassik

2.1. Grundzüge des theoretischen Modells

Der neoklassische Integrationsansatz knüpft an die klassi­schen liberalen Freihandelstheorien an und kommt zum Ergebnis eines Ausgleichs des Entwicklungsstandes auf höherem Niveau.2

In der Prämissensetzung geht die Neoklassik dabei vom vollkommenen Markt aus. Es gebe vollkommenen Wettbewerb auf den Güter- und Faktormärkten. Daneben existierten regional einheitliche Produktionsfunktionen mit konstanten Skalenerträgen.3 Eine uneingeschränkte Mobilität der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital wird ebenso unterstellt wie deren Wanderung in die Regionen mit der höchsten Faktorvergütung. Die Entlohnung der Produk­tionsfaktoren erfolge in Abhängigkeit vom jeweiligen Wertgrenz­produkt.4

Gemäß dem Gesetz der komparativen Kostenvorteile erfolge die Faktorallokation deshalb jeweils am kostenoptimalen Standort - unabhängig von nationalen oder anderen Grenzziehungen.5 Auf der Grundlage dieser Prämissen löse die räumliche Verdichtung ökonomischer Prozesse auf den Faktormärkten eine Kette diverser Anpassungsreaktionen aus.

Erstens: die angesprochene "Verdichtung ökonomischer Prozesse" induziert eine verstärkte Investitionstätigkeit in den Verdichtungsräumen. Der Faktor Kapital wird also im Verhältnis zu den Faktoren Arbeit und Boden reichlicher angeboten. Sein Wertgrenzprodukt sinkt, daraufhin verbilligt sich das Kapital. Zweitens: infolge dessen wandert das Kapital in weniger entwickelte Regionen ab, da es dort knapper vorhanden ist und dement­sprechend höher verzinst wird. Parallel hierzu wandert der Faktor Arbeit in entgegengesetzter Richtung, denn in den Verdichtungs­räumen ist er relativ knapper und wird dementsprechend höher entlohnt.6

Diese Wanderungen haben demnach die nachfolgend be­schriebenen Nivellierungswirkungen zur Folge:

- durch steigenden Kapitaleinsatz in den schwächer entwickel­ten Regionen ein sinkendes Grenzprodukt sowie eine sinkende Verzinsung des Kapitals bei umgekehrter Entwicklung in den stärker entwickelten Regionen;
- durch verringerten Arbeitskräfteeinsatz in den schwächer entwickelten Regionen eine Steigerung der Grenzproduktivität und der Entlohnung bei umgekehrter Entwicklung in den stärker entwickelten Regionen.

Diese Entwicklung führt im neoklassischen Modell letztendlich zur Nivellierung bestehender Entwicklungsdifferenzen.7

2.2. Kritik des theoretischen Modells

"Die Kritik an diesem neoklassischen Grundmodell hat vor allem dessen äußerst restriktive Prämissen im Visier."8 So ist zuallererst der "freie Markt" mit Sicherheit ein Idealbild, empirisch sind freie Märkte fast nirgendwo gegeben.

Darüber hinaus kann vielfach die Annahme konstanter Skalenerträge als unzulässige Vereinfachung angesehen werden, da in vielen Wirtschaftssektoren steigende Skalenerträge die Regel sind. Verändert man die Prämissensetzung dahingehend, daß statt von konstanten von steigenden Skalenerträgen ausgegangen werden kann, so kann in höher entwickelten Regionen verstärkter Kapital­einsatz zu Produktionskostenvorteilen führen - dies würde bestehende Gefälle eher vertiefen, zumindest jedoch festigen, als sie auszugleichen.9

Ferner vernachlässigt das neoklassische Theoriemodell die externen Effekte, die unter dem Begriff der Agglomerationsvorteile zusammengefaßt werden.10 Busch nennt hier "differenzierte Dienstleistungs-, Reparatur- und Forschungseinrichtungen, reichhaltige öffentliche Infrastrukturleistungen, [und] ein gut ausgebautes und differenziertes Bildungssystem für höher qualifi­zierte Arbeitskräfte".11

Auch die Annahme der uneingeschränkten Faktormobilität der Arbeit ist derart monokausal sicher nicht haltbar, hier spielen neben realen Umzugskosten auch diverse psychische Hemmnisse eine wichtige Rolle.

3. Polarisation

3.1. Grundzüge der theoretischen Modelle

Anknüpfend an die im vorigen Kapitel genannte Kritik sind diverse polarisationstheoretische Modelle entwickelt worden, die im Kern darauf hinauslaufen, daß die zu Anfang formulierte Frage nach Vertiefung oder Nivellierung von regionalen Entwicklungsunter­schieden durch ökonomische Integration zugunsten der Vertiefung zu beantworten sei. Polarisationstheoretische Ansätze "sind Modelle zirkulärer Verursachung"12, sind Kreislaufmodelle. Im folgenden werden zwei davon dargestellt. Sie unterscheiden sich nicht so sehr im materiellen Ergebnis der Polarisation, sondern vielmehr auf dem gedanklichen Weg dorthin.

[...]


1 am Beispiel der Süderweiterung um Griechenland (1981), Portugal und Spanien (beide 1986)

2 vgl.: Bellers, Jürgen, Integration. in: Woyke, Wichard (Hg.), Handwörterbuch Internationale Politik, Leske+Budrich, Opladen 61995, S. 152

3 Konstante Skalenerträge bedeuten gleiche Durchschnittskosten bei steigenden Produktvo­lumina; steigende Skalenerträge bedeuten sinkende Durchschnittskosten bei steigenden Produktvolumina. Vgl. Busch, Klaus, Umbruch in Europa. Die ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekte des einheitlichen Binnenmarktes. bund-Verlag, Köln 21992, S. 132.

4 vgl. ebd., S. 132f

5 vgl. Bellers, Jürgen (Anm. 2), S. 152

6 vgl. Busch, Klaus (Anm. 3), S.133. Die "Wanderung des Faktors Kapital wird dadurch verstärkt, daß der immobile Faktor Boden hier relativ reichlicher zur Verfügung steht und damit billiger ist." (ebd.)

7 vgl. ebd., S. 133

8 ebd., S. 133

9 vgl. ebd., S. 134

10 Die Agglomerationsnachteile werden übrigens ebenso vernachlässigt - doch diese sind ob ihrer argumentativen Wirkung in der Kritik des neoklassischen Modells hier nicht weiter von Belang.

11 Busch, Klaus (Anm. 3), S. 134

12 Buttler, Friedrich/ Gerlach, Knut/ Liepmann, Peter, Grundlagen der Regionalökonomie. rororo, Reinbek bei Hamburg 1977, S. 80. Der Begriff der "zirkulären Verursachung" ist auf Gunnar Myrdal zurückzuführen.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Neoklassik vs. Polarisation
Hochschule
Universität Leipzig  (Fak. f. Sozialwissenschaften und Philosopihe - Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar Internationale Ökonomie
Note
2,7
Autor
Jahr
1998
Seiten
17
Katalognummer
V8562
ISBN (eBook)
9783638155007
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Polarisation Neoklassik Ökonomie Politik
Arbeit zitieren
Malte Priesmeyer (Autor:in), 1998, Neoklassik vs. Polarisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8562

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