Gary S. Becker - Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1992


Seminar Paper, 2004

18 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Der Mensch und Ökonom Gary S. Becker
2.1 Lebenslauf
2.2 Forschungsschwerpunkte und Veröffentlichungen

3. Der ökonomische Ansatz

4. Verbrechen und Strafe

5. Die Ökonomie der Familie

6. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einführung

Für die Anerkennung neuer Ideen muss man kämpfen, selbst wenn sie den Themenbereich einer Disziplin erweitern.“[1]

Dank dieser Lebenseinstellung, ließ sich Gary Stanley Becker schon frühzeitig, nicht seines akademischen Weges beirren.

Im Jahr 1992 würdigte die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften Beckers Verdienste um die Ausdehnung der mikroökonomischen Theorie auf einen weiten Bereich menschlichen Verhaltens und menschlicher Zusammenarbeit, auch außerhalb von Märkten, mit dem Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften.[2]

Der Nobelpreis wird jährlich, seit Dezember 1901, in Erinnerung an Alfred Nobel von der Nobelstiftung an Personen oder Institutionen verschiedenster Bereiche vergeben. Die Auszeichnung für die Wirtschaftswissenschaften wurde 1969 von der Schwedischen Reichsbank gestiftet und anlässlich ihres 300 jährigen Bestehens erstmalig verliehen.[3]

Zunächst stelle ich Gary S. Becker anhand seines Lebenslaufes vor. Anschließend werde ich kurz auf die Forschungsschwerpunkte, inklusive seiner Veröffentlichungen eingehen. Hauptaugenmerk liegt darauf, sein Wirken durch die ausführliche Darstellung von zwei seiner vier Forschungsschwerpunkte näher zu beschreiben. Abschließend folgt eine kritische Betrachtung der wirtschaftlichen Beiträge sowie des Lebens des Gary S. Beckers.

2. Der Mensch und Ökonom Gary S. Becker

2.1 Lebenslauf

Gary Stanley Becker wurde am 2. Dezember 1930 in Pottsville, Pennsylvania, geboren. Seine Eltern, beide aus Einwandererfamilien stammend, verließen schon früh die Schule, um Geld zu verdienen. Dieser Zustand veranlasste die Familie Becker nach Jahren mit ihren zwei Töchtern und beiden Söhnen nach Brooklyn zu ziehen, da sich dem Vater dort die Möglichkeit bot, sich als Partner an einer Firma zu beteiligen. Hier ging der junge Becker zur Grundschule und später auch zur High School.

Die Intelligenz der Eltern ließ trotz ihrer fehlenden Bildung häufige politische Diskussionen im Kreis der Familie zu.[4] Die daraus gewonnenen Denkanstöße führten unter anderem dazu, dass er seine Prioritäten änderte und anstelle eines Sportkurses sich der Mathematik widmete. Somit konnte Becker durch geistige Aktivitäten seine guten schulischen Leistungen fördern. Der allmähliche Verlust der Sehkraft des Vaters führte dazu, dass Becker ihm ständig Wirtschafts- und Börsenberichte vorlesen musste, dieser Zustand weckte wahrscheinlich sein Interesse an der Ökonomie.

Ausschlaggebend dafür, dass er zum Ende seiner High School Zeit hin etwas Nützliches für die Gesellschaft leisten wollte, war schließlich seine wachsende Wissbegierde für Politik und soziale Veränderung.[5] Mit 17 Jahren entschied er sich für ein wirtschafts-wissenschaftliches Studium an die Princeton Universität nach New York zu gehen. Um möglichst schnell finanzielle Unabhängigkeit zu erlangen, nahm er bereitwillig den großen geistigen Aufwand, vieles leisten zu müssen, hin. Die Kombination eines zufällig belegten mikroökonomischen Kurses und dem Interesse an der Mathematik, ließ seine Neugierde an der Volkswirtschaft nur relativ kurz andauern. Seiner Meinung nach wurden in der Mikroökonomie zu diesem Zeitpunkt keine gesellschaftlich wichtigen Probleme behandelt.[6]

Um wissenschaftlich forschen zu können, benötigte er ein Doktorat der Wirtschafts-wissenschaften. Mit dem Wechsel zur Fakultät nach Chicago, Illinois, beabsichtigte er diesen Titel zu erlangen.

Beckers Begeisterung für die Volkswirtschaft fand eine neue Entfachung in einer mikroökonomischen Veranstaltung des anerkannten, hochrangigen Wirtschaftswissen­schaftlers und späteren Nobelpreisträgers Milton Friedman. Becker begeisterte die Auffassung, dass die ökonomische Theorie als ein leistungsfähiges Instrument anzusehen ist, mit dem man die reale Welt analysieren könne.[7] Dieser Kurs und der über Jahre bestehende Kontakt zu Friedman, hatte tiefgreifende Wirkung auf die späteren Forschungsrichtungen Beckers. Neben dieser „intellektuellen Leitfigur“ beeinflussten ihn zu dieser Zeit viele weitere innovativ forschende und erstklassige Ökonomen, wie zum Beispiel der Agrar- und Volkswirtschaftler Theodore W. Schultz.

Seine geistig anregendste Zeit hatte Becker als er nach dem dritten Jahr seines Promotionsstudiums Assistenzprofessor wurde. Das Forschen auf verschiedensten Gebieten wurde durch das geringe Pensum an Lehrverpflichtungen gefördert.

Doch um sich langfristig weiter zu entwickeln, intellektuell unabhängiger zu werden und sein Selbstvertrauen zu stärken, fasste Becker im Herbst 1957 den Entschluss, in Verbindung mit einem Ruf an das National Bureau of Economics Research (NBER), zur Columbia Fakultät nach New York zu wechseln. An diesen beiden Institutionen verbrachte er insgesamt 12 Jahre seines Lebens und lehrte ab 1960 als Professor die Wirtschaftswissenschaften. Seine intensiven Forschungen auf Gebieten, unter anderen denen des Humankapitals und der Zeitallokation verbrauchten ihn geistig und er suchte erneut nach anregenden Impulsen. Auch die Studentenunruhen von 1968, sowie ihre Folgen, bestärkten ihn in seinem Entschluss 1970 als Ordinarius der Wirtschaftswissenschaften nach Chicago zurückzukehren.

Dort beeinflusste, ermutigte und unterstützte ihn sein guter Freund und späterer Laureat des Nobelpreises, George J. Stigler über Jahre hinweg. Sein erheblicher Anteil an Beckers intellektueller Entwicklung und das gesteigerte Interesse an der Ökonomie, ließen Becker hauptsächlich an seinen Forschungen über die Familie arbeiten.

Seine Arbeiten und Forschungen über das ökonomische Instrumentarium zur Analyse des menschlichen Verhaltens, die sich über den Bereich der Wirtschaft hinaus entwickelten, wurden auch durch die Anerkennung der John Bates Clark Medaille im Jahr 1967 beeinflusst. Die Auszeichnung seiner Arbeit durch die American Economic Association bestärkte ihn weiter in seinen Ansätzen zu forschen, da diese Medaille an junge amerikanische Ökonomen verliehen wurde, deren Arbeit für wichtig empfunden wurde. 1987 übernahm er das Amt des Präsidenten der American Economic Association.[8]

Zehn Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Gary Becker 1980 zum zweiten Mal. Nicht nur seine beiden Töchter aus erster Ehe und die beiden neu dazu gewonnenen Stiefsöhne, sondern vor allem seine neue Gattin Guity Nashat bereicherte das Leben des mittlerweile 50 Jährigen durch persönliche und auch fachliche Übereinstimmung.[9]

Den Beweis einer möglichen Zusammenarbeit unterschiedlicher Wissenschaften gibt er 1983, als er neben der Professur der Wirtschaftswissenschaften auch die der Soziologie innehat.

2.2 Forschungsschwerpunkte und Veröffentlichungen

Schon in jungen Jahren publizierte Becker zusammen mit herausragenden Ökonomen zahlreiche Artikel, beruhend auf seinen Forschungen bezüglich der Nutzung ökonomischer Methoden zur Analyse gesellschaftlicher Erscheinungs- und Verhaltensformen.

1957 entstand aus seiner Dissertation das Buch „The Economics of Discrimination“. Dieses Werk nutzte systematisch die ökonomische Theorie, um Wirkungen von Vorurteilen auf die Beschäftigung, das Einkommen und die Berufe von Minderheiten zu untersuchen. Es fand über Jahre hinweg keinerlei Beachtung und Wirkung, da er damit den traditionellen Ökonomen in seiner Sichtweise einen Schritt voraus war.

Sein erstes Forschungsprojekt für das NBER endete 1964, nach einer siebenjährigen Schaffensperiode. Ergebnis dieser Arbeit ist sein Buch „Human Capital: A Theoretical and Empirical Analysis, with Special Reference to Education“, das in sehr vielen Ländern durch praktische Anwendungen nachvollzogen wurde. Der Titel wurde von Becker bedacht gewählt, da er sich der Kritik und des Missverständnisses der Ökonomen sicher war, die ihm seit den Anfängen seiner Arbeit Skepsis entgegen gebracht hatten.

Ausgleichend konnte er sich immer der Rückendeckung und Unterstützung seiner Kollegen aus Chicago und New York sicher sein, da Ökonomen wie Milton Friedman, George Stigler, Jacob Mincer und andere von seinen Ansätzen bis hin zu seinen Forschungen überzeugt waren. Er wurde von ihnen als origineller Denker angesehen, weil er in seinen Theorien den ökonomischen Ansatz konsequent aus dem engeren traditionellen Anwendungsbereich der Volkswirtschaft hinausführt.

In den 60er und 70er Jahren veröffentlichte Becker diverse Artikel über Zeitallokationen, Verbrechen und Strafe, über die Ökonomik der Kriminalität, irrationales Verhalten sowie über das gesamte Spektrum familiärer Entscheidungen. 1981 entstand aus einigen Überarbeitungen seiner Aufsätze „A Treatise on the Family“, welches sich mit der Heirat und Scheidung, Investitionen der Eltern in ihre Kinder, Altruismus gegenüber anderen Familienmitgliedern und der langfristigen Veränderung im Familienverhalten beschäftigt.[10] Die Arbeiten hieran erforderten höchste intellektuelle Konzentration über lange Zeit hinweg und brachten ihn in einen Zustand geistiger Erschöpfung, den er erst Jahre später überwunden hatte.[11] Da sich dieses Werk trotz zahlreicher Kritiken gut verkaufte, erschien zehn Jahre später eine stark überarbeitete und mit Aufsätzen aus den achtziger Jahren erweiterte Ausgabe.

1985 lernte Becker wie man mit einer geringen Anzahl an Wörtern und ohne die Benutzung von Fachjargon für eine breite Leserschaft schreibt. Obwohl er bis dahin nur Fachbücher und Artikel für Fachzeitschriften schrieb, nahm er die Herausforderung an, für das Business Week Magazin eine monatliche Kolumne zu verfassen. Seine Kommentare führten oftmals sogar zu politischen Diskussionen sowie ausgedehnten Schriftwechseln zwischen Becker und den Lesern des Magazins.[12]

3. Der ökonomische Ansatz

Beckers Auffassung des ökonomischen Ansatzes unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von denen traditioneller Ökonomen. Er macht deutlich, dass menschliches Verhalten unter verschiedensten Umständen und Situationsbedingungen nicht nur etwas mit dem individuellen Selbstinteresse und monetären Gewinnen zu tun hat, sondern ebenso mit der Bestimmung durch vielfältige Werte und Präferenzen, die darüber hinaus gehen.

Seiner Meinung nach werden die Gegenstands- und Geltungsbereiche der Ökonomie nur wenig informativ und zu allgemein definiert.[13] Daher kommt er zu dem Entschluss, „[…] dass die besondere Stärke des ökonomischen Ansatzes darin liegt, dass er eine breite Skala menschlichen Verhaltens integrativ erfassen kann.“[14] Auf das praktische Leben bezogen, unterstellt er Individuen ein in die Zukunft gerichtetes nutzenmaximales Verhalten, um die Folgen ihres Handelns vorausschauend zu erkennen. Betrachtet werden also die Nutzen- bzw. Wohlfahrtsfunktionen von Haushalten, Unternehmen oder anderen Organisationen, die in ihren Handlungen durch beispielsweise das Einkommen, die Zeit oder andere begrenzte Ressourcen beeinflusst werden. Um Vorhersagen über Reaktionen auf verschiedenste Veränderungen dieser Funktionen machen zu können, sind grundlegende Annahmen nötig: Zum einen das oben bereits erwähnte rationale und nutzenmaximale Verhalten, also die vollständige Befriedigung der Bedürfnisse. Zum anderen wird von einem Marktgleichgewicht ausgegangen. Dieses unterstellt, dass die Handlungen der Teilnehmer auf diesen Märkten effizient in Einklang gebracht werden. Als stabile Grundlage der Annahmen sind feste und nicht sprunghafte Präferenzen zu nennen. Diese Präferenzstabilität und die anderen genannten Annahmen bilden den Kern der Ökonomie aus Sicht Beckers.[15]

Nach Jahren der Forschung, dem Erarbeiten von Ansätzen sowie anhand guter Analysen anderer Ökonomen, ist Becker zu dem Entschluss gelangt, dass der ökonomische Ansatz auf jedes menschliche Verhalten anwendbar ist. Er betont jedoch auch, dass die Anwendung wirtschaftlicher Analyseinstrumente nicht für alle Arten des Verhaltens Einsichten und Erklärungen bietet.[16] Der komplexe Problemkreis der Familie beispielsweise bietet aufgrund seiner schwer zu behandelnden Verhaltensweisen durch die Anwendung des ökonomischen Ansatzes beachtliche Vereinfachung dieses Themenbereiches. Da das menschliche Verhalten durch verschiedenste Wissenschaften oder Bereiche mit ihren Gesetzen, Techniken, Methoden und Begriffen beeinflusst wird, bietet dieses Modell einen sehr umfassenden Bezugsrahmen.

[...]


[1] Becker 1996, S. 6

[2] Vgl. Kupfer 2001, S. 457

[3] Vgl. Encarta Enzyklopädie 2003 unter Nobelpreis

[4] Vgl. Becker 1996, S. 1

[5] Vgl. http://home.uchicago.edu/~gbecker/biography/biography.html

[6] Vgl. Recktenwald 1994, S. 201

[7] Vgl. http://nobelprize.org/economics/laureates/1992/becker-autobio.html

[8] Vgl. Becker 1996, S. 10 ff.

[9] Vgl. http://home.uchicago.edu/~gbecker/biography/biography_2.html

[10] Vgl. Recktenwald 1994, S. 201

[11] Vgl. Becker 1996, S. 12

[12] Vgl. http://nobelprize.org/economics/laureates/1992/becker-autobio.html

[13] Vgl. Becker 1982, S. 3

[14] Ebenda

[15] Vgl. Becker 1982, S. 4

[16] Vgl. Becker 1982, S. 8

Excerpt out of 18 pages

Details

Title
Gary S. Becker - Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1992
College
University of Osnabrück
Grade
1,7
Author
Year
2004
Pages
18
Catalog Number
V85637
ISBN (eBook)
9783638015844
ISBN (Book)
9783638918145
File size
632 KB
Language
German
Keywords
Gary, Becker, Nobelpreisträger, Wirtschaftswissenschaften, Jahr, BWL, 1992
Quote paper
Timo Lindt (Author), 2004, Gary S. Becker - Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1992, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85637

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