Am Beispiel des Phänomens der religiösen Konversion lässt sich verdeutlichen, wie durch eine identitätsstabilisierende und damit einhergehende kulturzentristische Perspektive, Fremdheitskonstruktionen erzeugt werden. Die religiöse Konversion, die als ein Prozess verstanden wird, durch die eine Person eine neue religiöse Identität annimmt, verdeutlicht die Entstehung eines Fremdheitstypus, weil er die jeweilige Begrenztheit der früheren kulturellen und zivilisatorischen Muster salient werden lässt. Mit der Bezugnahme auf den Prozess der Konversion kann in der hier vorgelegten Analyse somit nicht die Form von Fremdheit herangezogen wer-den, die irgendwie „von außen“ hereinkommt oder „objektiv“ in Erscheinung tritt. Die kulturzentristische Konstruktion des Fremden wird eklatant, wenn Fremdheit sozusagen unmittelbar und mitten aus dem Schoß des Vertrauten und Altbekannten hervorbricht.
Durch den hier beispielhaft skizzierten Religionswechsel zu einer religiösen Minderheit, wie die der Zeugen Jehovas, lässt sich zeigen, wie Menschen die kategoriale Wahrnehmung, entlang einer konfessionellen Grenze, nutzen, um über den Prozess der sozialen Vorurteile und Stereotypenbildungen, Konvertiten mit Fremdheitszuschreibungen zu stigmatisieren. Damit stellt sich auch die Frage, ob unter dem Vorzeichen ambivalent wahrgenommener Interaktionssituationen, wie sie durch die Konversion hervorgerufen werden können, die auch immer implizit eine In-Frage-Stellung bisheriger religiös-kultureller Wertorientierungen andeuten, interkulturelle Verständigung in einer voranschreitenden Modernisierung potentiell möglich ist?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Situation der Zeugen Jehovas in Deutschland
- Forschungsbeispiele aus der Region Südostbayern
- Methodenreflexion, Transkription, Darstellung und Arbeitsthesen
- Forschungsbeispiele aus der Region Südostbayern
- Die Risikogesellschaft und der Modernisierungsprozess
- Definition und Kritik des Individualisierungsbegriffs
- Die fabrizierte Unsicherheit
- Freisetzung fester Gewissheiten und normativer Grundsätze
- Zwänge, Bindungen, Kontrollen
- Psychische, soziale und materielle Ressourcen
- Schutz vor Identitäts- und Sinnkrisen
- Das gesicherte Identitätsgehäuse der kulturellen Identität
- Kultur, Kulturzentrismus und Fremdenfeindlichkeit
- Kulturstandards, Werte und kulturelle Vielfalt
- Kultur repräsentieren oder die Konstruktion von Kultur
- Bedingungen einer kulturellen Identität: Wissensbestände und kulturelle Muster. Fallbeispiele aus der Region Südostbayern
- Die „alltägliche Lebenswelt\" von Alfred Schütz
- Theoretische Grundlegungen kulturzentristischen Verhaltens oder wie generiert sich Fremdenfeindlichkeit
- Zur Funktion der Fremdheitskonstruktion
- Ursachen und Folgen von Fremdenfeindlichkeit
- Das Konzept des sozialen Vorurteils und der Stereotypisierung
- Systematisierung und Strukturierung der Umwelt
- Die Reizklassifikationstheorie und das Minimale Gruppen-Paradigma
- Systematisierung und Strukturierung der Umwelt
- Die Theorie der sozialen Identität (SIT)
- Die Ordnung der sozialen Umwelt
- Das Bedürfnis nach einem Platz im sozialen System
- Der instrumentelle Charakter des sozialen Vergleichs
- Streben nach einer positiven Identität
- Das Konzept des sozialen Vorurteils und der Stereotypisierung
- Der Versuch eines Resümees aus systemtheoretischer Perspektive und eine erweiterte Sichtweise
- Der Terror des „,Fremden“ als erweiterte Perspektive
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Entstehung von Fremdheit im Kontext kultureller Differenzen. Sie analysiert, wie kulturelle Orientierungs- und Wertesysteme eine ethnozentrische Wahrnehmung des Fremden präferieren. Der Fokus liegt dabei auf religiösen Gruppierungen, insbesondere der Konversion zu einer religiösen Minderheit, als Beispiel für einen kulturellen Wandel. Die Arbeit untersucht, wie Fremdenfeindlichkeit im Kontext der Stereotypenbildung und des sozialen Vorurteils entsteht und wie diese Prozesse im Rahmen der Risikogesellschaft verstärkt werden.
- Analyse der Entstehung von Fremdheit im Kontext kultureller Differenzen
- Bedeutung von kulturellen Orientierungs- und Wertesystemen für die Wahrnehmung des Fremden
- Fremdenfeindlichkeit im Kontext der Stereotypenbildung und des sozialen Vorurteils
- Der Einfluss der Risikogesellschaft auf die Entstehung von Fremdheit
- Religiöse Konversion als Beispiel für einen kulturellen Wandel
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt die Forschungsfrage und den Fokus der Arbeit vor. Sie beleuchtet die Problematik der Fremdheitskonstruktion und die Bedeutung kultureller Werte und Orientierungssysteme. Die Arbeit konzentriert sich auf die Konversion zu einer religiösen Minderheit, im Speziellen den Zeugen Jehovas, als Beispiel für einen kulturellen Wandel, der Fremdheitszuschreibungen begünstigt.
- Die Situation der Zeugen Jehovas in Deutschland: Dieses Kapitel beleuchtet die gesellschaftliche Situation der Zeugen Jehovas in Deutschland. Es werden Forschungsbeispiele aus der Region Südostbayern vorgestellt und die Methodik der Analyse erläutert.
- Die Risikogesellschaft und der Modernisierungsprozess: Dieses Kapitel befasst sich mit der Individualisierungsthese von Ulrich Beck und ihren Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. Es werden die Konzepte der „fabrizierten Unsicherheit“ und der „Freisetzung fester Gewissheiten“ erläutert und die Rolle des Modernisierungsprozesses bei der Entstehung von Fremdheitskonstruktionen diskutiert.
- Kultur, Kulturzentrismus und Fremdenfeindlichkeit: Dieses Kapitel behandelt den Begriff des Kulturzentrismus und seine Rolle bei der Entstehung von Fremdenfeindlichkeit. Es beleuchtet die Bedeutung kultureller Standards, Werte und die Konstruktion von Kultur im Kontext von Fremdheitszuschreibungen.
- Bedingungen einer kulturellen Identität: Dieses Kapitel untersucht die „alltägliche Lebenswelt“ von Alfred Schütz und ihre Bedeutung für das Verständnis kultureller Identität. Es werden Fallbeispiele aus der Region Südostbayern präsentiert, die die Bedingungen für die Entwicklung einer kulturellen Identität verdeutlichen.
- Theoretische Grundlegungen kulturzentristischen Verhaltens: Dieses Kapitel befasst sich mit den theoretischen Grundlagen des kulturzentristischen Verhaltens und der Entstehung von Fremdenfeindlichkeit. Es werden das Konzept des sozialen Vorurteils und der Stereotypisierung sowie die Theorie der sozialen Identität (SIT) vorgestellt und analysiert. Die Rolle des sozialen Vergleichs und das Streben nach einer positiven Identität werden im Detail betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Fremdheit, Kulturzentrismus, Fremdenfeindlichkeit, Konversion, soziale Vorurteile, Stereotypenbildung, Risikogesellschaft, Individualisierung, Modernisierung, Kulturstandards, Identität und soziale Identität.
- Quote paper
- Magister Artium Rene Limberger (Author), 2007, Durch die kulturelle Brille gesehen - Eine sozialwissenschaftliche Reflexion zur Entstehung eines Fremdheitstypus oder Folgen einer Konversion zu einer religiösen Minderheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85731