William Lamormaini - Gläubiger jesuitischer Beichtvater oder politischer Berater?


Seminararbeit, 2007

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. William Lamormaini und Ferdinand II.

3. Das persönliche Verhältnis zwischen Kaiser und Beichtvater

4. William Lamormainis Einfluss auf die Politik Ferdinands II.
4.1 Die Aussenpolitik mit Spanien und Frankreich
4.2 Das Restitutionsedikt
4.3 Der Feldherr Wallenstein

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Als Ignatius von Loyola 1540 die Societas Jesu[1] gründete und gleichzeitig ihr erster Ordensgeneral wurde, begann ein gänzlich neuer katholischer Orden zu existieren. Berühmt ist der Orden aufgrund seiner Exerzitien, den geistlichen Übungen.[2] Ignatius von Loyola hatte diese selbst eingeführt und diese auch anderen zu erschließen geholfen.[3] Der jesuitische Problemlösungsansatz geht immer von einer real vorliegenden Situation aus, die dann auch durch aktives Eingreifen zu lösen ist. Weiterhin ist der Jesuitenorden für die Rekatholisierung Europas und für seinen großen Einsatz im Bildungswesen bekannt.[4] Des Weiteren wurde die Ausführung der Beichte durch die Jesuiten elementar verändert. Zum Ersten stand nicht mehr das bloße Aufzählen der Sünden im Vordergrund, sondern die Preisgabe des Gesamtseelenzustandes.[5] Der Beichtvater wurde zu einer Art Psychologen. Zweitens war der Beichtwillige in der Lage sich seinen Beichtvater selbst auszusuchen.[6] Die dritte Änderung der Beichtpraxis betraf die Lebensumstände des jeweils Beichtenden. Der Beichtvater hatte in seinen Ratschlägen die Lebensumstände des Beichtenden zu berücksichtigen.[7] Diese Erleichterungen waren nun für die hohe Zahl der jesuitischen Beichtväter in den europäischen Königs- und Fürstenhäusern verantwortlich.[8]

Diese Arbeit beschäftigt sich denn auch mit einem bedeutsamen Beichtvater. Es ist dies der Jesuitenpater William Lamormaini, der während des Dreißigjährigen Krieges Beichtvater von Kaiser Ferdinand II.[9] war. Es soll der Einfluss von Lamormaini auf den habsburgischen Kaiser Ferdinand II. beleuchtet werden. War der Jesuit ein einfacher, tief im Glauben verhafteter, Beichtvater oder wirkte er mit politischem Kalkül auf seinen Herrscher ein? Dies soll anhand der Untersuchung einzelner zu Ferdinand II. in Relation stehenden Themenfeldern aufgeschlüsselt werden.

Allgemein ist die Regierungszeit von Ferdinand II. durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt. Der Dreißigjährige Krieg dauerte von 1618 bis 1648. Nach seinem örtlich begrenzten Beginn in Böhmen entwickelte er sich zu einem Krieg, in welchem fast alle Völker Europas verwickelt waren. Die Streitfragen dieses Krieges waren zum einen in den religiösen Gegensätzen zwischen Katholiken und Protestanten und zum anderen in den offenen Fragen der Reichsverfassung zu finden.[10] Beendet wurde der Dreißigjährige Krieg mit dem Westfälischen Frieden von 1648. Mit diesem gingen eine neue Art von Religionsfrieden für das Reich und tiefgreifende Veränderungen der Verfassungsverhältnisse einher.[11]

Es handelt sich um ein Thema mit religiöser Akzentuierung, wodurch es gerade dem heutigen Leser oftmals Mühe bereiten wird, sich in den Gemütszustand der damals handelnden Akteure hineinzuversetzen. Dies ist auch der Grund warum bei der Anfertigung dieser Arbeit weitgehend auf Quellen verzichtet wurde, da diese oft den religiösen Eifer der Zeit wiederspiegeln.

Eine Grundlage für diese Arbeit bilden zwei Bücher von Robert Bireley[12], welche sich zum einen mit dem allgemeinen jesuitischen Einfluss im Dreißigjährigen Krieg und zum anderen mit der speziellen Beziehung zwischen Lamormaini und Ferdinand II. beschäftigen. Bireley betrachtete in seinem Gesamtwerk hauptsächlich den Einfluss des Religiösen zur Zeit des 16. und 17. Jahrhundert. Robert Bireley gehört dem Jesuitenorden an und lehrt an der Loyola Universität von Chicago. Weiterhin ist das Buch von Johann Franzl zu nennen, der das Leben von Ferdinand II. autobiographisch darstellt.[13]

2. William Lamormaini und Ferdinand II.

William Lamormaini wurde 1570 in Belgisch – Luxemburg in der Nähe des Ortes Dochamps geboren. Nach dem Besuch einer Jesuitenschule in Trier geriet er über mehrere Umwege nach Wien, wo er von 1592 bis 1596 seine theologischen Studien absolvierte.[14] Während einer Lehrtätigkeit in Graz lernte er den Prinzen Ferdinand kennen und stand seitdem in ständigen Kontakt zu diesem potentiellen Thronfolger. 1622 beriet Lamormaini Ferdinand sogar in Heiratsangelegenheiten.[15] 1624 wurde Lamormaini von Kaiser Ferdinand II., der seit 1619 als Kaiser amtierte, zu seinem Beichtvater auserkoren.[16] Lamormaini starb im Jahr des Westfälischen Friedens.[17]

Ferdinand wurde am 09. Juli 1578 in Graz geboren und seine Kindheit stand ganz im Zeichen einer katholischen Erziehung. Aufgrund der in Graz existenten Gefahr zu eng mit protestantischem Gedankengut in Kontakt zu geraten, wurde Ferdinand als Zwölfjähriger auf eine Jesuitenschule nach Ingolstadt geschickt.[18] Kurz nach seiner Rückkehr nach Graz im Jahr 1595 nahm er sich seinen ersten jesuitischen Beichtvater[19]. Diese Tradition behielt er bis zu seinem Tod bei. Ferdinand II. starb am 15. Februar 1637 einen friedlichen Tod, seine sterblichen Überreste wurden in seine Heimatstadt Graz beigesetzt.[20]

3. Das persönliche Verhältnis zwischen Kaiser und Beichtvater

Zunächst widerwillig nahm Lamormaini das Amt als imperialer Beichtvater an. Diesen Posten hatte Lamormaini bis zum Tod des Kaisers inne. Gleich nach Amtsantritt entwickelte sich zwischen Lamormaini und Muzio Vitelleschi[21] ein intensiver Austausch. Dieser empfahl ihm spezielle, von seinem Amtsvorgänger Claudio Acquavia[22] hierfür extra ausgearbeitete Anweisungen.[23] Dass die Jesuiten bereits Ende des 16. Jahrhunderts eine Art Guideline für ihre bei hochrangigen Herrschern positionierten Beichtväter entwickelten, lässt darauf schließen, dass ihnen die Sensibilität einer solchen Aufgabe früh bewusst war. Lamormaini hatte sich zum Antritt seines Postens drei Ziele gesetzt: Sein erstes Ziel war sein Leben so stark wie möglich in die Dienste Gottes zu stellen, da seine Leistung als kaiserlicher Beichtvater auch von der Güte des eigenen religiösen Lebens abhing.[24] Zweitens wollte er Ferdinand II. ein Leben auf höchstchristlichem Niveau ermöglichen.[25] Und drittens wollte er die vollständige Rekatholisierung in Österreich, dem Königreich Böhmen, Ungarn und im Heiligen Römischen Reich erreichen.[26] Der habsburgische Kaiser Ferdinand II. gelobte hierzu öffentlich sich stets mit Freude für das Wohl der Religion einzusetzen. Des Weiteren ermunterte Ferdinand II. seinen Beichtvater ihn aufzufordern die Sache des Glaubens voranzutreiben, wann immer Lamormaini die Chance dazu sehe.[27] Lamormaini war dann auch sehr frei in der Ausübung seines Amtes, er entwickelte eine politische Korrespondenz[28], wie es ihm wohl bei keinem anderen damaligen Herrscher möglich gewesen wäre. Zusammenfassend ist zu sagen, dass das persönliche Verhältnis zwischen Beichtvater und Kaiser bei Bireley zwar nicht unbedingt harmonisch, jedoch auch nicht als durch seelische Zwänge belastet, geschildert wird. Die generelle Charakterisierung von Franzl zeichnet aber ein anderes Bild vom Jesuitenpater: Er beschreibt ihn als einen „[…] strenge[n], fanatische[n] Jesuit[en] […]“[29]. Weiterhin sei er ein scharfer Vertreter des politischen Katholizismus gewesen. Der Beichtvater hätte über den Kaiser eine Art geistige Herrschaft ausgeübt, sich stets in die Politik eingemischt und weiterhin dem Kaiser bei Nichterfüllung von in christliche Worte gekleideten Anweisungen mit Höllenstrafen gedroht.[30] An anderer Stelle wiederum sagt der Autor, dass Lamormaini kein Politiker war und auch keiner sein wollte.[31] „Ihm ging es um die Verbreitung der katholischen Religion und noch mehr um das Wohl der Gesellschaft Jesu.“[32] Warum Franzl hier relativ konträre Bilder von Lamormaini skizziert war nicht erschließbar und bleibt einer näheren Untersuchung vorenthalten.

[...]


[1] Gesellschaft Jesu, vgl. Artikel „Jesuiten“ in: Wörterbuch des Christentums. Gütersloh 1988. S. 546-547, hier S. 546.

[2] Diese Übungen zielen auf eine konkrete Erfassung und Wahl dessen, was Gott vom Einzelnen oder von einer Gemeinschaft will, vgl. Artikel „Jesuiten“, S. 546.

[3] Ebenda.

[4] Ebenda.

[5] Manfred Barthel: Die Jesuiten. Düsseldorf 1982. S. 98.

[6] Ebenda, S. 98-99.

[7] Was zur Folge hatte, dass Ludwig XV. dereinst ein harter Fastentag auferlegt wurde, an dem sein Menü statt acht nur fünf Gänge haben sollte, vgl. Barthel 1982, S. 99.

[8] Barthel 1982, S. 99.

[9] Ferdinand II., 1578 – 1637, Kaiser von 1619 bis 1637, vgl. Helmut Neuhaus: Reformation, Gegenreformation, Dreißigjähriger Krieg 1493-1648, in: Deutschland - Ploetz. hrsg. v. Werner Conze. Freiburg/Würzburg 1986. S. 88-118, hier S. 112-113.

[10] Neuhaus 1986, S. 112-113.

[11] Ebenda, S. 116.

[12] Robert Bireley: The Jesuits and the Thirty Years War. Cambridge 2003.

Robert Bireley: Religion and Politics in the Age of Counterreformation. North Carolina 1981.

[13] Johann Franzl: Ferdinand II. Graz 1978.

[14] Bireley 1981, S. 8.

[15] Ebenda, S. 9.

[16] Nach Schilderung Lamormainis nahm er Ferdinand die Beichte zum ersten Mal am 2.Februar 1624, einem Marienfeiertag, ab, vgl. Bireley 1981, S. 3.

[17] Bireley 1981, S. 230.

[18] Franzl 1978, S. 12-14.

[19] Es war dies der aufgeschlossene und weltliche Bartholomäus Viller, der der jungen Herrscher vor allem die Art des Regierens näher zu bringen versuchte, vgl. Franzl 1978, S. 39.

[20] Franzl 1978, S. 357.

[21] Ordensgeneral der Jesuiten von 1615 bis 1645, vgl. Barthel 1982, S. 382.

[22] Ordensgeneral der Jesuiten von 1581 bis 1615, vgl. Barthel 1982, S. 382.

[23] „Für Beichtväter von Prinzen“ übersetzt nach Bireley 1981, S. 11.

[24] Bireley 2003, S. 83.

[25] Ebenda.

[26] Bireley 2003, S. 83.

[27] Ebenda, S. 84.

[28] 1632 wurde Lamormaini von Vitelleschi ermahnt in seinem Arbeitszimmer die politische Korrespondenz abzudecken, da sich andere Jesuiten über die zunehmenden politischen Verstrickungen des Paters beschwert hatten, vgl. Robert Bireley: Maximilian von Bayern, Adam Contzen S. J. und die Gegenreformation in Deutschland 1624-1635. Göttingen 1975. S. 177.

[29] Franzl 1978, S. 289.

[30] Ebenda.

[31] Ebenda.

[32] Ebenda.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
William Lamormaini - Gläubiger jesuitischer Beichtvater oder politischer Berater?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Geschichte )
Veranstaltung
Der Dreißigjährige Krieg
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V85755
ISBN (eBook)
9783638008327
ISBN (Buch)
9783640481811
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
William, Lamormaini, Gläubiger, Beichtvater, Berater
Arbeit zitieren
Michael Gamperl (Autor:in), 2007, William Lamormaini - Gläubiger jesuitischer Beichtvater oder politischer Berater?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85755

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