Der unterdrückte Sex und das Böse am Beispiel von "Dr. Jekyll und Mr. Hyde"


Trabajo Escrito, 2007

15 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Theorien Sigmund Freuds zur Sexualität
2. 1 Die psychologischen Folgen der unterdrückten Sexualität
2.2 Rolle der Freudschen Theorien für die Interpretation des Textes

3. Die Sexualität in „Dr Jekyll und Mr Hyde“
3.1 Die fehlende Rolle der Frau im Werk
3.2 Sexuelle Abnormen in der Erzählung

4. Das Böse – eine mögliche Konsequenz der unterdrückten Sexualität
4.1 Die Verschmelzung von Gut und Böse in einer Person
4.2 Das Böse in Henry Jekyll
4.3 Die Personifikation des Bösen als Edward Hyde

5. Zusammenfassung

6. Bibliographie

„Die moderne Menschheit hat zwei Arten von Moral: eine, die sie predigt, aber nicht anwendet, und eine andere, die sie anwendet, aber nicht predigt.“ – Betrand Russell

(www.zitate.de: 01.08.2007)www.zitate.de:

1. Einleitung

Das Viktorianische Zeitalter, wie die Periode der Regierung Königin Viktorias II. von 1837 bis 1901 in Großbritannien bezeichnet wird, kann sowohl als wirtschaftliche, als auch kulturell-gesellschaftliche Blütezeit Großbritanniens gesehen werden. Großbritannien erlebte während dieser Ära nicht nur seine wohl mächtigste Phase als Kolonialmacht und somit als Weltmacht, sondern gingen aus dieser Zeit einige kulturelle Meisterwerke hervor. Jedoch war diese Epoche auch sehr durch strenge gesellschaftliche Konventionen geprägt. Dem alltäglichen Leben wurde durch die Gesellschaft strenge moralische Vorstellungen auferlegt. „Victorian Britain is mainly remembered for two things: sexual prudishness and long novels.“ (Cohen 1996: 1). Vor allem mit der sexuelle Prüderie und deren möglichen Auswirkungen auf den Menschen werde ich mich in der vorliegenden Arbeit genauer auseinandersetzen. Anhand der Robert Louis Stevensons Erzählung „Dr Jekyll & Mr Hyde“ werde ich das Böse als Resultat der unterdrückten Sexualität durch die Gesellschaftsnormen darstellen.

2. Die Theorien Sigmund Freuds zur Sexualität

2. 1 Die psychologischen Folgen der unterdrückten Sexualität

Vergleichbare gesellschaftliche Normen wie im Viktorianismus tauchten auch im Wien des 19. Jahrhunderts auf. Dort lebte zu dieser Zeit der berühmte Nervenarzt und Psychoanalytiker Sigmund Freud (1856 – 1939). Dieser war jedoch ein scharfer Kritiker der biederen moralischen Vorschriften, vor allem im Bezug auf die Auslebung der Sexualität und beschrieb in zahlreichen Aufsätze und Untersuchungen die psychischen Erkrankungserscheinung auf Grund von sexueller Unterdrückung. Freud geht davon aus, dass unterdrückte Sexualität Neurosen im Menschen hervorruft und „[...], dass diese neurotischen Symptome sexuelle Ersatzbefriedigungen sind [...]. (Freud 2000: 294). So gesehen gibt es also –stark vereinfacht gesehen - zwei Möglichkeiten für den Menschen: entweder ein sexuell erfülltes Leben zu führen oder auf Grund der unterdrückten Sexualität Neurosen zu entwickeln, die sich in unterschiedlichtster Art und Weise äußern können. Freud unterteilt die Krankheitszustände in zwei Gruppen: „[...] die eigentlichen Neurosen und die Psychoneurosen.“ (Freud 2007: 115). Laut Freud werden erste durch „gewisse schädliche Einflüsse des Sexuallebens erzeugt [...]“ (Freud 2007: 115). „Man darf also den sexuellen Faktor für den wesentlichen in der Verursachung der eigentlichen Neurosen erklären.“ (Freud 2007: 116). Auch die Psychoneurosen „[...] entspringen den Sexualbedürfnissen unbefriedigter Menschen und stellen für sie eine Art von Ersatzbefriedigung dar.“ (Freud 2007: 116). Aus psychoanalytischer Sicht steht somit fest, dass Neurosen und somit geistige Erkrankungen durch nicht ausgelebte Sexualität entstehen. Trotz der „natürlichen Sexualmoral [...] unter deren Herrschaft ein Menschentum sich andauernd bei Gesundheit und Lebenstüchtigkeit zu erhalten vermag [...]“ (Freud 2007: 111) existiert laut Freud – im Gegensatz zur natürlichen - auch eine kulturelle Sexualmoral, die die natürliche Auslebung der Sexualität zu Gunsten „[...] intensiver und produktiver Kulturarbeit [...]“ (Freud 2007: 111) unterdrückt. Diese Unterdrückung jedoch generiert für die Kulturarbeit notwendige Kräfte, welche allerdings aus den„[...] sogenannte[n] perverse[n] Anteile[n] der Sexualerregung gewonnen“ (Freud 2007: 118) werden. Zu den sogenannten „Perversen“ zählt Freud – unter anderem – die Homosexuellen, die Fetischisten, die Sadisten und die Masochisten (Freud 2000: 291 – 294).

2.2 Rolle der Freudschen Theorien für die Interpretation des Textes

Die Freudschen Theorien sind notwendig für die Analyse der Figur des Dr Jekyll in Stevensons Erzählung. Da in dieser keine offensichtlichen und eindeutigen Aussagen bezüglich der Sexualität gemacht werden, ist es erforderlich die Figur mit dem Hintergrundwissen über die Psychoanalyse zu interpretieren. Auf den ersten Blick mag es sogar scheinen als spiele Sexualität gar keine Rolle im Leben der Figuren. Doch bei genauerer Betrachtung entdeckt man, dass dies nur der „kulturellen Sexualität“ entspricht, welche eben mit dem gesellschaftlichen, prüden Leben vereinbar ist. Dennoch ist die „natürliche Sexualität“ in keinem Menschen verschwunden, sondern wie im Fall Jekylls nur unterdrückt. Hier ist bereits ein Fall an dem man die Freudschen Theorien in die Interpretation miteinbeziehen muss. Wie oben bereits erwähnt, gibt es für den Menschen zwei Möglichkeiten: entweder die Auslebung der Sexualität oder die Entwicklung von Neurosen. Genau in diesem Dilemma befindet sich Jekyll. Ihm bleibt es verwehrt seiner Sexualität freien Lauf zu lassen, da er sonst sein Ansehen in der Gesellschaft und dadurch seinen Beruf, seine Freunde und seinen derzeitigen Lebensstandard verlieren würde. Es ist also für Jekyll undenkbar, sich den moralischen Vorschriften der Gesellschaft zu entziehen. Folglich ist Jekyll entsprechend Freud dazu prädestiniert Neurosen zu entwickeln. Diese wiederum äußern sich in der Flucht in die Person des Mr Hyde, durch die Jekyll – ungeachtet der gesellschaftlichen Konventionen – seinen Trieben nachgeben und diese –in welcher Form auch immer – ausleben kann. Es ist ganz eindeutig Mr Hyde, der die Neurose des angesehenen Arztes darstellt. Hyde scheint im extremen Gegensatz zu Jekyll zu leben und lebt somit unvereinbar mit den gesellschaftlichen Regeln. Auf den ersten Blick stellt sich Hyde als „Antifigur“ des Viktorianismus dar, sozusagen als warnendes Negativbeispiel. Doch bei genauerer Betrachtung wird man entdecken, dass Hyde für Jekyll eine Art Ventil seiner Triebe ist und somit sogar einen Ausgleich für Jekyll darstellt, der ihm ermöglicht seinen Status in der Gesellschaft zu erhalten.

3. Die Sexualität in „Dr Jekyll und Mr Hyde“

3.1 Die fehlende Rolle der Frau im Werk

Von welcher Art diese Triebe sind wird allerdings im Werk an keiner Stelle explizit erwähnt. Folglich basieren ausnahmslos alle Aussagen, die über die Art von Trieben oder Sexualität getroffen werden auf Interpretationen und Vermutungen und keinen handfesten Belegen. Allerdings liefert Stevenson durch ein häufig zweideutig gewähltes Vokabular und andere Anspielungen Grund zur Annahme, dass das Werk eine sehr feine und subtile aber dennoch scharfe Gesellschaftskritik, die den damaligen Umgang mit der Sexualität inkludiert, enthält. Auffällig in der Erzählung ist wohl die Dominanz der männlichen Figuren, beziehungsweise das fast komplette Fehlen weiblicher Rollen. Die wenigen Frauenfiguren, die dennoch auftauchen sind allerdings auch nur kleine Nebenrollen. Zum Beispiel wäre da „a girl of maybe eight or ten“ (Stevenson: 7) und „A maid servant“ (Stevenson: 20); Mr Uttersons Hausmädchen. Bemerkenswert hierbei ist, dass beide Frauen als brav und unschuldig gelten. Das Kind, das allein auf Grund seines Alters zart und schwach wirkt, repräsentiert stellvertretend die Rolle der weiblichen Personen. Des weiteren sind die Charakteristika des Dienstmädchens ebenfalls von tugendhafter Natur. Der Viktorianischen Gesellschaft entsprechend wirkt das Mädchen brav, bescheiden und romantisch:

„[She] had gone upstairs to bed about eleven. Although a fog rolled over the city in the small hours, the early part of the night was cloudless, and the lane, which the maid’s window overlooked, was brilliantly lit by the full moon. It seems she was romantically given, for she sat down upon her box, which stood immediately under the window and fell into a dreaming of musing.“ (Stevenson: 20)

Diese Stelle beschreibt eine Frau, wie sie laut der Viktorianischen Gesellschaft sein sollte; sie ist abends zu Hause und treibt sich nicht auf den Straßen herum; sie ist mit sich und der Welt im Reinen und durch so einfache Dinge, wie den Blick auf den vollen Mond in ein vollkommenes Glücksgefühl zu versetzen. Sie wirkt in keiner Weise unzufrieden mit sich oder ihrem Beruf, in welchem sie ebenfalls die perfekte Rolle der Frau darstellt, als folgsames und tüchtiges Dienstmädchen, das sich um das Haus und dessen Herrn kümmert, aber wie es sich ziemte sich als Frau nicht in Belange außerhalb des Haushalts einmischt. Im Viktorianismus gehörte die „[...] private sphere to the woman and the public sphere of business, commerce and politics to the man [...]“ (www.bbc.co.uk: 2007). Als weitere weibliche Figur betrachtet man das kleine Mädchen, dass sich nachts allein auf der Straße herumtreibt, um „[...] the doctor, for whom she had been sent“ (Stevenson: 7) zu holen. Das sonst so unschuldig wirkende Mädchen hat nach viktorianischen Sitten eigentlich um diese Zeit nichts mehr – und schon gar nicht alleine – auf der Straße verloren. Nichtsdestotrotz, obwohl es eigentlich im Auftrag für eine gute Sache unterwegs war, wirkt es als ob das Zusammentreffen mit Mr Hyde: „the two ran into another naturally enough at the corner [...] for the man trampled calmly over the child’s body and left her screaming on the ground“ (Stevenson: 7) eine Art Strafe wäre für den Bruch der ungeschriebenen moralischen Gesetze. Wie oben bereits erwähnt sind Frauenrollen im Stück jedoch nicht wirklich von Bedeutung für den Verlauf der Handlung. Viel wichtiger sind die Männer, die auch das gesellschaftliche Leben bestimmen. Stevenson verweist explizit darauf, dass „[...] Mr Utterson came home to his bachelor house“ (11) und stellt somit ausdrücklich klar, dass Utterson nicht verheiratet ist und auch in keiner sonstigen sexuellen Beziehung mit einer Frau leben kann, da dies in seiner gesellschaftlichen Position undenkbar gewesen wäre. Auch bei den anderen beiden Figuren, Enfield und Jekyll, findet sich keinerlei Hinweis auf eine vorhandene Liebesbeziehung zu einer Frau, ganz im Gegenteil, das Thema wird in der Geschichte so auffällig ignoriert als wollte Stevenson damit auf subtile Weise etwas mitteilen. Es könnte sein, dass er dadurch betonen wollte, dass das Leben der Herren vollkommen ohne Sexualität stattfindet und sie dennoch nichts missen, da ihr Leben durch die Gesellschaft und ihrer Beruf vollkommen ausgefüllt ist. Hier wirkt es wieder auf den ersten Blick als plädiere Stevenson ganz und gar im Sinne der moralischen Werte der Viktorianischen Gesellschaft für vollkommene Erfüllung im Leben ohne die geringste Existenz von Sexualität. Bezieht man jedoch die Freudschen Analysen mit ein, wird sehr schnell klar, dass dies nur oberflächlich stimmen kann. Durch das Fehlen jeglichen sexuellen Kontakts - deutlich gemacht durch das Fehlen weiblicher Rollen – müssen laut Freud auf lange Sicht Krankheitssymptome auftauchen. Die nicht vorhandene Sexualität ist somit eine unterdrückte Sexualität, da die Männer ihre natürliche Sexualität auf Grund von gesellschaftlichen Normen nicht ausleben können. Laut Freud ist – wie oben bereits erwähnt – die unterdrückte Sexualität der direkte und unausweichliche Weg in die Neurose. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit wäre, dass Stevenson darauf hinweisen wollte, dass einer der Beteiligten, am wahrscheinlichsten jedoch Dr Jekyll unter einer psychischen beziehungsweise geistigen Krankheit litt, da nämlich

„[...] ein Mann, der sich von Geisteskrankheiten bedroht sieht, oft Frauen meidet, als könnte der Kontakt mit dem Weiblichen die angeschlagene Psyche weiter schwächen. Die Angst vor dem Wahn äußert sich so in der Isolation von den Frauen und sogar in der Misogynie.“ (Straub: 396).

Daraus wäre wiederum abzuleiten, dass Jekyll sich bewusst von den Frauen abwendete. Er ist derjenige, in dessen Umfeld es gar keine weibliche Person gibt, da er sogar einen männlichen Butler hat und offensichtlich keine Haushälterin. Diese Mutmaßung würde gleichzeitig inkludieren, dass Jekyll sich vor einer Geisteskrankheit fürchtet, und sich somit durchaus bewusst ist, dass er entgegen seiner Behauptung „the moment I choose, I can be rid of Mr Hyde“ (Stevenson: 19) die Situation nicht wirklich unter Kontrolle hat und die Entscheidung zu Hyde zu werden gar nicht von ihm sondern von der Krankheit determiniert wird.

[...]

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Der unterdrückte Sex und das Böse am Beispiel von "Dr. Jekyll und Mr. Hyde"
Universidad
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg  (Institut für Anglistik)
Curso
Robert Louis Stevenson
Calificación
2,0
Autor
Año
2007
Páginas
15
No. de catálogo
V85756
ISBN (Ebook)
9783638015967
ISBN (Libro)
9783638918459
Tamaño de fichero
508 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Böse, Beispiel, Jekyll, Hyde, Robert, Louis, Stevenson
Citar trabajo
Verena Keller (Autor), 2007, Der unterdrückte Sex und das Böse am Beispiel von "Dr. Jekyll und Mr. Hyde", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85756

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