Kommunikative Selbstreflexion als identitätsstiftende Poetisierung des Subjekts in Novalis’ "Heinrich von Ofterdingen"


Masterarbeit, 2007

87 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

1. Der Dichter als Prophet einer kollektiven Subjektwerdung
1.1 Philosophischer Einfluss und literaturwissenschaftliche Rezeption
1.1.1 Novalis und Magischer Idealismus
1.1.2 Novalis und Religiöser Irrationalismus
1.1.3 Novalis als dialektische Aufhebung Fichtes
1.1.4 Fichte und Novalis
1.1.5 Novalis und die Postmoderne
1.2 Gefühl und Reflexion bei Novalis
1.3 Ordo inversus – Novalis’ Reflexionsfigur

2. Natur und Bergbau als Spiegel der menschlichen Seele
2.1 Natur und Technik „bearbeiten“ die Seele
2.1.1 Die Darstellung des Bergbaus und der Natur
2.1.2 Das Motiv der weiblichen Natur
2.2 Bekannter Fremder: Der geheimnisvolle Bergmann

3. Poetische Subjekte im Zeichen der Ökonomie
3.1 Konfrontation von Poesie und Ökonomie
3.2. Natur als Tauschwert der Ökonomie
3.3. Kapitalistische Bereicherung und Schätze der Innerlichkeit
3.4 Bergbau und Dichtung im Spannungsfeld poetischer Subjektwerdung

4. Träume als poetische Initiation
4.1 Der Traum von der blauen Blume
4.2 Das Kennenlernen der Geliebten im zweiten Traum

5. Interaktive Kommunikation und Selbstreflexion
5.1 Kommunikatives Handeln als Reifeprozess der Seele
5.2 Die Konstruktion des poetischen Subjekts
5.3 Die Verortung des Subjekts in der Poesie

II. Schlussbetrachtung

III. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg wird bis heute in der Forschungsliteratur als der Dichter der (Früh-)Romantik angesehen. Viele seiner romantischen Theorien finden sich im Heinrich von Ofterdingen[1] wieder. Trotz der kurzen Entstehungszeit von weniger als einem Jahr bleibt der Roman mit dem frühen Tod von Novalis[2] am 25. März 1801 im Alter von nur 29 Jahren ein Fragment. Ganz bewusst als Gegenentwurf zu Goethes Wilhelm Meister angelegt, fand Novalis – wie von Hardenberg sich nach
einem Zweig seiner Vorfahren nannte – auf einer Reise in den Chroniken über „Heinrich von Afterdingen“ den passenden Stoff. Mit der Verlegung der Bildungsreise ins
Innere des Protagonisten wollte Novalis die Erkenntnis seines Helden durch eine kritische Poesie transzendental werden lassen.

Immer wieder finden sich im Ofterdingen Kommunikationssituationen, die dem Protagonisten auf seiner Bildungsreise des inneren Ichs den Weg zur poetischen Subjektwerdung ermöglichen. Begleitet von geistigen Mentoren durchläuft Heinrich eine innere Reflexion, die sich mit einer zunehmend gefestigten poetisierten Identität nach außen kehrt. Die so gewonnene innere Reife dient ihm dazu, den für ihn vorherbestimmten Weg zum vollendeten Dichter zu beschreiten. Doch wie hat Novalis diese kommunikative Selbstreflexion zu einer identitätsstiftenden Poetisierung des Subjekts in Novalis’ Heinrich von Ofterdingen ausgestaltet?

Die folgende Arbeit wird mit Fokus auf dem Primärtext die kommunikative Selbstreflexion zur identitätsstiftenden Poetisierung des Subjekts im Heinrich von Ofterdingen von Novalis untersuchen. Da sich über die Fortsetzung des Romans nur spekulative Aussagen treffen lassen, die aufgrund weniger Hinterlassenschaften Novalis’ maßgelblich auf Vermutungen Tiecks basieren, wird dieser Arbeit der überlieferte Text zugrunde gelegt. Es soll dabei gezeigt werden, wie die kommunikative Selbstreflexion des Protagonisten – mit Initiation von innen und außen – die mentale Reife auslöst, welche eine poetisierte Interaktion innerhalb des Geschehens als identitätsstiftende Selbstfindungsgrundlage
etabliert, um die Entwicklung Heinrichs zum Dichter zu ermöglichen. Dabei werden gezielt Textstellen herangezogen, die den kommunikativen Charakter verdeutlichen.
Unterstützende Aspekte wie die Betrachtung ökonomischer Zusammenhänge, die textimmanente Auseinandersetzung mit Natur und Technik, sowie die Betrachtung der Traumerfahrung des Protagonisten stellen zielorientierte Teilbereiche dar, die die Ausgestaltung einer kommunikativen Identität zur poetischen Subjektwerdung Heinrichs deutlich beeinflussen. Bei der Analyse werden daher die relevanten Einflüsse der theoretischen Schriften Novalis’ ebenso Eingang finden, wie Einflüsse zeitgenössischer Philosophen und Schriftsteller, die sich im Ofterdingen wiederfinden. Der Dichter im
Ofterdingen wird vermehrt als Prophet und Erlöser des goldenen Zeitalters gepriesen. Der Bergbau und die Bergwerke werden hingegen ambivalent als kapitalismuskritische und zugleich als naturharmonische Motive eingesetzt, in denen der Umgang mit der
Natur als Reflexion der menschlichen Seele zu verstehen ist. Denn die „… Natur selber hat [...] in sich Oberfläche und Tiefe, wie der Mensch.“[3]

Natur und Mensch nehmen mit der Dichtkunst auch immer wieder mythische Züge an. Novalis selbst trug zum „Mythos des Dichters“ bei, da er zur Stilisierung des Todes seiner Frau Sophie in Notizen und Schriften beigesteuert hat. In den Jahren nach seinem Tod war es dann vor allem sein enger Freund Ludwig Tieck, der ein Bild von Novalis entwarf, welches die realen mit den idealisierten Eigenschaften vermischte. Novalis galt fortan als ein Dichter, bei dem sich wirkliches Leben und poetisches Schaffen zu einer Einheit verschmolzen hatten. Mit seinem frühen Tod schien seine poetische und romantische Sehnsucht nach dem Transzendentalen damit umso glaubwürdiger bestätigt zu sein. Auch war ja mit dem Ofterdingen ein Dichterleben beschrieben worden, das dem von Natur aus berufenen Dichter die Liebe als Quell seiner Poesie bescheinigte. Diese ewige Liebe wurde nun auch Novalis als Quell seiner dichterischen Existenz zugeschrieben. Mit der blauen Blume aus Heinrichs Traum schuf er ein bis heute berühmtes Symbol, das zum Kennzeichen einer ganzen Epoche avancierte. Das Symbol verweist auf die „… Erscheinung der Transzendenz in der Immanenz und speziell auf die Dichtung als ihre der Gegenwart angemessene Form.“[4] In dieser Blume können, so die Ansicht von Hans Esselborn, durch ihre Schönheit „… die individuellen Wünsche aufbewahrt und mit der Wirklichkeit versöhnt …“[5] werden. Eine umfassende Analyse dieses Symbols, oder die detaillierte Analyse der philosophischen Einflüsse Hardenbergs werden aber nicht Gegenstand dieser Arbeit sein.

1. Der Dichter als Prophet einer kollektiven Subjektwerdung

Die Literatur im 18. Jahrhundert wurde durch die Einflüsse und Gedanken der Französischen Revolution stark geprägt. Die gesellschaftspolitischen und sozialen Einschnitte der Revolution veränderten das damalige Gesellschaftsbild radikal. Mit der schweren Erschütterung der alteuropäischen Ordnung wurde der Optimismus auf eine „Aussöhnung der Welt“ verdrängt. Diesen Teil der Weltgeschichte empfanden gerade die Frühromantiker als fortschreitende Zerstörung der gesellschaftlichen Werte. Der Glaube, dass der Mensch stets auf eine höhere Vollkommenheit zustrebt, wird mit der Utopie einer solchen Vollkommenheit in unerreichbare Ferne gerückt. Aus der Gesellschaft lösen sich die Subjekte in ihre individuellen Identitäten auf. Historische Prozesse sind damit nicht länger mehr nur eine Emanzipation des Subjekts, sondern werden als die
eigene Entfremdung empfunden. Ein Sinnverlust ist die Folge, dem sich die Frühromantiker radikal ausgeliefert sahen.

So versucht auch Novalis, der sich mit seinem Bildungsroman Heinrich von Ofterdingen an einer idealisierten Vergangenheit orientiert, eine Annäherung an das Ziel der
idealen Zukunft zu schaffen. Die Triade der vollendeten Vergangenheit, der entfremdeten Gegenwart und der idealen Zukunft prägen also auch seine Gedankenwelt.
Die „ideale Vorzeit“ wird dabei von Novalis in gleich mehreren Epochen angesiedelt, was ihm die Ausgestaltung eines utopischen Ideals in metaphorischer Weise ermöglicht.

Mit der kriegerischen Zerstörung der Gegenwart wurden Ideal und Realität des „Goldenen Zeitalters“[6] gespalten. Hans-Joachim Mähl sieht in fünf großen Traditionen den Ursprung des hardenberg’schen Goldenen Zeitalters:

1. Im auf Hesiod zurückgehenden Mythos der antiken Griechen, der vom ersten bis zum fünften Zeitalter berichtet, in dem die Menschen ohne Leid und Not in einer arkadischen Natur lebten.
2. Die jüdisch-apokalyptische Erwartung eines tausendjährigen Reiches und die Hoffnung, dass mit der Parusie Christi das verloren Paradies auf höherer Ebene wieder hergestellt werden könnte.
3. Die frührömische Idee eines ewigen, friedlichen Weltreiches, welche in der staufischen Kaiserprophetie neu belebt wurde.
4. Die vergilsche Wunderlandschaft der Hirten- und Schäferdichtung.
5. Die antike Vorstellung eines utopischen Staates, der immer wieder in Romanen ausgestaltet wurde.

Das goldene Zeitalter war in den Augen der Frühromantiker mit der Französischen Revolution gespalten und zerstört worden. Die Götter hatten die Erde verlassen; die Welten waren entzweit. Heinrichs Vater sagt daher: „In dem Alter der Welt, wo wir leben, findet der unmittelbare Verkehr mit dem Himmel nicht mehr statt.“ (S. 13, V. 4f.) Mit dieser Trennung herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Diesseits und Jenseits. Mit dem stetigen Streben nach einer erneuten Vereinigung dieser Splitter der „Weltenseele“ kann nur in einer idealisierten Zukunft die Einheit der Welt mit ihren Subjekten wieder hergestellt werden.

Es ist nun am Dichter, seine Erkenntnisse dieser entfremdeten Subjekte zu nutzen, um durch beständige und klare Kommunikation über das Leben – vor allem durch Poesie – wieder in ein goldenes Zeitalter zurückzuführen. Der Protagonist des Ofterdingen soll durch innere Selbstreflexion und kommunikativer Interaktion mit seiner Umwelt und Gesellschaft auf seinen poetischen Reifeprozess zum vollendeten Dichters herangeführt werden. Gerade in der kommunikativen Vermittlung innerhalb der kollektivierten Subjekte im Zeichen einer poetischen Selbstreflexion legt Novalis in Heinrichs innerer
Reife erst die Möglichkeit an, das goldene Zeitalter für alle wieder herzustellen. Ebenso werden die verlorengegangenen alten Werte durch eine höhere Erkenntnisstufe[7] ergänzt.

Im goldenen Zeitalter steht alles mit allem in einem kommunikativen Allzusammenhang, der in harmonischem Austausch stattfindet.[8] Nur ein Dichter vermag es, die diversifizierten Subjekte nicht noch weiter auszudifferenzieren, sondern sie – in Form des poetischen Kommunikators – wieder als Einheit in die kollektive Mannigfaltigkeit zu integrieren. So spricht der junge Heinrich schon früh im Roman:

„’Aber’, sagte Heinrich, ‚sollte nicht jene höhere Kunde ebenfalls geschickt machen, recht unparteiisch den Zügel menschlicher Angelegenheiten zu führen? Sollte nicht jene kindliche unbefangene Einfalt sicherer den richtigen Weg durch das Labyrinth der hiesigen Begebenheiten treffen, als die durch Rücksicht auf eigenen Vorteil irrgeleitete und gehemmte, von der unerschöpflichen Zahl neuer Zufälle und Verwicklungen geblendete Klugheit?’“ (S. 24, V. 21ff.)

Zwar ist das goldene Zeitalter vorüber, könnte aber durch Rückbesinnung auf den Idealzustand der Vergangenheit wieder hergestellt werden. So sind gerade die Dichter dazu von „Natur“ aus berufen, diesen idealen Urzustand ins Gedächtnis der Gesellschaft wachzurufen[9], denn „… in alten Zeiten muss die ganze Natur lebendiger und sinnvoller gewesen sein, als heutzutage.“ (S. 28. V. 6f.) Die Ausbildung zum Dichter vollzieht sich jedoch nicht durch die bloße Einwirkung externer Faktoren oder Erfahrungen. Heinrich sieht zwei Wege, um zur „… Wissenschaft der menschlichen Geschichte …“ (S. 24, V. 30) zu gelangen: „Der eine, mühsam und unabsehlich, mit unzähligen Krümmungen, der Weg der Erfahrung; der andere, fast ein Sprung nur, der Weg der inneren Betrachtung.“ (S. 24, V. 31ff.)

Er sieht in jedem Element der Gegenwart ein verborgenes Zeichen der mythischen idealen Vergangenheit und versucht die Phänomene seiner Epoche in Einklang mit dem „großen Ganzen“ einzuordnen. Der heranreifende Dichter erklimmt damit die Stufen der Erkenntnis von innen heraus. Denn der Zugang zur Erkenntnis des Lebens führt für Heinrich über die Dichtkunst: „Es ist mir, als würde ich manches besser verstehen, was jetzt nur dunkle Ahndung in mir ist.“ (S. 25, V. 24f.) So kann er Zusammenhänge zwischen Vergangenheit und Zukunft herstellen und die Splitter und Bruchstücke der Weltgeschichte wieder zu einer geordneten Einheit verbinden. Mit der berühmten Metapher im fünften Kapitel bezeichnet Novalis diesen zentralen Gedanken als „Tapetentür“:

„Die Worte des Alten hatten eine versteckte Tapetentür in ihm geöffnet. […] Nun übersah er auf einmal alle seine Verhältnisse mit der weiten Welt um ihn her; fühlte was er durch sie geworden und was sie ihm werden würde, und begriff alle die seltsamen Vorstellungen und Anregungen, die er schon oft in ihrem Anschauen gespürt hatte.“ (S. 76, V. 4f.; V. 16ff.)

So wird bereits zu Beginn des Heinrich von Ofterdingen die Gabe und transzendentale Fähigkeit des jungen Heinrichs mit der Dichtkunst eng verwoben. Während seiner Ausführungen gegenüber den Kaufleuten im zweiten Kapitel, wird sein Talent als sprachgewandten Denker auch von den Nebenfiguren erkannt:

„Es dünkt uns, ihr habt Anlage zum Dichter. Ihr sprecht so geläufig von den Erscheinungen Eures Gemüts, und es fehlt Euch nicht an gewählten Ausdrücken und passenden Vergleichungen. Auch neigt ihr Euch zum Wunderbaren, als dem Elemente der Dichter.““ (S. 25, V. 14ff.)

Diese Gabe macht den Dichter auch transzendent: Er lebt als medialer Vermittler zwischen antikem Mythos und utopischer Zukunft auch nach seinem Tod in der Poesie weiter. Es ist schließlich gerade der Fortbestand der ewigen Liebe eines Dichters, der seine Worte unsterblich machen soll. Das Leben des Poeten wird mit der Poesie überliefert. So sagt Klingsohr: „Liebe und Treue werden euer Leben zur ewigen Poesie machen.“ (S. 113, V. 29f.)

Mit den Worten des Dichters wird eine innere Welt initiiert, die alle Grenzen des analytischen Verstandes bricht und die Faszination für das Wunderbare heraufbeschwört. Die Kaufleute umschreiben die Macht des in der Tradition des peota magnus stehenden Dichters mit der Erfüllung des „… inwendigen Heiligtums.“ (S. 27, V. 7) So weiß ein Dichter die „… geheimen Kräfte in uns nach Belieben zu erregen, und gibt uns durch Worte eine unbekannte herrliche Welt zu vernehmen.“ (S. 27, V. 9ff.) Mit dem verheißungsvollen Wort weckt der Dichter also die Hoffnung auf die Utopie des goldenen Zeitalters in den entfremdeten und individualisierten Subjekten:

„Wie aus tiefen Höhlen steigen alte und künftige Zeiten, unzählige Menschen, wunderbare Gegenden, und die seltsamsten Begebenheiten in uns herauf, und entreißen uns der bekannten Gegenwart. Man hört fremde Worte und weiß doch, was sie bedeuten sollen. Eine magische Gewalt üben die Sprüche des Dichters aus; auch die gewöhnlichen Worte kommen in reizenden Klängen vor, und berauschen die festgebannten Zuhörer.“ (S. 27, V. 11ff.)

Damit gelingt es dem Dichter, die zersplitterten Subjekte an eine gemeinschaftliche Zukunft der kollektivistischen Gesellschaft zu erinnern, die eine harmonische und idealisierte Welt in Aussicht stellen und in der alle ihren Platz im Ganzen haben. Der Dichter agiert damit als Prophet einer utopischen Zukunft der kollektiven Subjektwerdung im Sinne einer transzendentalen Poesie. Mit seinen religiös anmutenden Verheißungen
einer besseren Welt trägt er daher nicht selten auch messianische Züge und argumentiert mit dem Göttlichen. Gerade seine deutliche Hinwendung hin auf das Innere bzw. die Fokussierung auf die Seele als zentralen Schlüssel zur Erlösung, verbindet ihn mit der Religion. Das propagierte Heiligtum findet sich nur im Inneren des Menschen: „Es ist alles innerlich, und wie jene Künstler die äußeren Sinne mit angenehmen Empfindungen erfüllen, so erfüllt der Dichter das inwendige Heiligtum des Gemüts mit neuen, wunderbaren und gefälligen Gedanken.“ (S. 27, V. 5ff.)

Wenn nun aber das Paradies nur durch Hinwendung auf das Innerste und Tiefste der Seele zu erwecken ist, so muss die Aufgabe des Dichters umso mehr lauten, die Betrachtung und Auseinandersetzung mit der eigenen Seele bzw. die Reflexion des eigenen Subjekts kommunikativ und interaktiv voranzutreiben. Er muss die Subjekte von der Oberfläche der Realität hinein in die Tiefen des Innersten führen, um das verborgene Geheimnis des profanen Lebens mit poetischem Glanz zu erleuchten und zu erforschen. Nur so kann die Ergründung der eigenen Identität vollzogen werden.

Mit Blick auf diese Erlösungshoffnung nimmt Novalis den Leser im Ofterdingen mit auf die Reise ins Innerste des Protagonisten, um dort die eschatologische Vollendung Heinrichs im Dichtertum zu zeigen. Das reflektierte Beobachten dieser Poetisierung des heinrich’schen Subjekts soll dabei auch als kommunikative Initiation auf den Rezipienten wirken. Statt aufgeklärter und klarer Erleuchtung stellt Novalis die Erkenntnis aber in eine romantische Dämmerung mit dem zarten Schleier des Zwielichtes:

„Das Leben und die Welt ist mir klarer und anschaulicher durch sie geworden. Es dünkte mich, sie müssten befreundet mit den scharfen Geistern des Lichtes sein, die alle Naturen durchdringen und sondern, und einen eigentümlichen, zartgefärbten Schleier über jede verbreiten.“ (S. 85, V. 4-9)

Der Zustand zwischen Tag und Nacht bildet die Schwelle zwischen der aufgeklärten Vernunft des Tages und der mystischen, erotischen aber auch gefährlichen Liebe der Nacht.

Es sind dabei gerade die Dichter als Vermittler beider Bereiche, durch die Klarheit in die Geschichte der Menschheit gebracht werden soll. So wird in der Einleitung des Märchens vom orphischen Sänger Arion berichtet, dass Dichter „… zugleich Wahrsager und Priester, Gesetzgeber und Ärzte gewesen sein …“ sollen und „… selbst die höheren Wesen durch ihre zauberische Kunst herabgezogen worden sind, und sie in den Geheimnissen der Zukunft unterrichtet, das Ebenmaß und die natürliche Einrichtung aller Dinge, auch die innern Tugenden und Heilkräfte der Zahlen, Gewächse und aller Kreaturen, ihnen offenbart …“ (S. 28, V. 26ff.) würden. Wenn nun also Heinrich sich durch seine innere Reflexion – sei es durch Gespräche, Märchen oder Bücher – zum Dichter ausbildet und zu erlösen versucht, was er ursprünglich „von Natur“ aus bereits ist, dann erlöst er damit auch alle anderen.

Es verwundert nicht, dass der Graf von Hohenzollern im Inneren seiner Höhle den historischen Geschichtsschreibern vorwirft, dass diese das „… Wissenswürdigste vergessen …“(S. 84, V. 18) hätten. Eben gerade das, „… was erst die Geschichte zur
Geschichte macht, und die mancherlei Zufälle zu einem angenehmen und lehrreichen Ganzen verbindet.“ (S. 84, V. 18ff.) Geschichtsschreiber seinen eben keine Poeten.[10] Der Poet wird dem Geschichtsschreiber hier übergeordnet. Denn „… es ist mehr Wahrheit in ihren Märchen, als in gelehrten Chroniken.“ (S. 84, V. 28f.) Die wenigen sozialen und historischen Hinweise im Text zeigen dabei ganz deutlich, dass Novalis keinen „historischen Roman“ im Sinn hatte. Er schuf mit seinen romantischen und detaillierten Beschreibungen der Charaktere aber einen Roman, der eine Utopie als höchstes Ziel verfolgt, auf dessen Grundlage das Streben nach diesem Ziel die kommunikative Selbstreflexion als identitätsstiftende Poetisierung des Subjekts vollzogen werden muss. Mit Heinrich als Protagonisten wird daher ein reflexives Ich in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt, das als mimetische Vorlage zur Rekonstruktion der fortschreitenden Bildungsgeschichte dient. Mit der poetischen Sprache des Subjekts gelingt Novalis damit die Darstellung einer Utopie, die weder die Ort- noch Darstellungsprobleme des Absoluten[11] trägt. Sein stilistisches Prinzip ist dabei so genial wie simpel: Gerade die bedeutungsvollen und intellektuellen Anschauungen werden mit einfachem und unspektakulärem Sprachgebrauch vermittelt. Kurze Sätze und eine klare Verständlichkeit scheinen dabei oberstes Gebot gewesen zu sein.

Im Umkehrschluss erhalten scheinbare Nebensächlichkeiten eine überzogene Aufwertung, die dem Geschehen eine geheimnisvolle und unergründliche Note verleihen. In den schlichten Ausführungen einzelner Charaktere werden komplizierte philosophische Ansichten des Ichs, der Natur, der Geschichte, der Liebe und der Poesie auf kommunikative und unterhaltsame Weise transportiert und veranschaulicht. Umständliche oder wissenschaftliche Formulierungen, mit denen von Hardenberg durch sein bürgerliches Lebens durchaus bestens vertraut war, werden bewusst vermieden. Gerade in seiner
effektiven Sprachmischung gelingt dem Roman damit eine raffinierte und strukturiert kalkulierte Symbiose aus Märchen, Träumen, Monologen, Gesprächen, Gedichten und Liedern. So wird eine emotionale und gefühlte Erlebniswelt im Roman gebildet, die dem inneren Bewusstseinsstroms des hardenberg’schen „Gemüths“[12] entspricht.

Novalis zeichnet dabei immer wieder Charaktere in seinem Bildungsroman, die sich kritisch mit der Tradition historischer und philosophischer Grundgedanken auseinandersetzen. Um den Einflüssen auf das Werk Novalis’ nachzugehen, lohnt an dieser Stelle die kurze Betrachtung der literaturwissenschaftlichen und philosophischen Rezeption.

1.1 Philosophischer Einfluss und literaturwissenschaftliche Rezeption

Novalis wurde von der philosophischen Tradition seiner Epoche besonders von Fichte beeinflusst. Zu seiner Schaffensperiode herrschte der Deutsche Idealismus[13] vor und spielte somit auch in den zahlreichen Interessensgebieten von Hardenbergs eine Rolle. Gerade die vielseitigen Überlegungen und Theorien von Novalis auch in sprachphilosophischen Fragestellungen oder ontologischen Formulierungen wurden in literaturwissenschaftlichen Schriften mit der Dekonstruktion in Verbindung gebracht.[14]

Schon in seinen „Fichte-Studien“[15] finden sich semiotische Analysen der transzendentalen Philosophie. Immer wieder untersucht von Hardenberg hierbei grammatische
Konstruktionen als denkendes oder grammatikalisches Medium und skizziert daraus seine Theorie des Zeichens.[16] Eine solche Vorgehensweise kann daher aus heutiger Sicht durchaus als Dekonstruktion benannt werden.[17] So zieht O’Brien daraus den Schluss: „In den ’Fichte-Studien’ wird die Philosophie der Sprache untergeordnet […]“[18].

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Interpretationen über die Einflüsse des Schaffens von Novalis. Diese sind natürlich stark geprägt durch die Auseinandersetzung mit der fichte’schen Philosophie, doch lassen sie sich nach aktuellem Forschungsstand
keineswegs nur auf einen literaturwissenschaftlichen Ansatz reduzieren. Im Folgenden werden daher wichtige Strömungen aufgegriffen, die in literaturwissenschaftlichen
Untersuchungen Einfluss auf die Interpretation des Ofterdingen ausgeübt haben. Dabei finden sich zentrale Thesen, die in Variation und Ergänzung bis heute weiter verfolgt werden.

1.1.1 Novalis und Magischer Idealismus

Die Fichte-Rezeption von Novalis ist in den vergangenen 100 Jahren bereits mehrfach thematisch aufgegriffen worden. Dennoch sind viele dieser Auseinandersetzungen hoffnungslos veraltet und stellen oftmals lediglich eine Variation der Sophien-Legenden[19] dar. In diesen Schriften wird die vermeintliche Abkehr von Ficht“ als eine Hinwendung zur Gefühlspoesie verstanden.

Die mit Tiecks Biographie begonnene Verstrickung von Biographismus und Irrationalismus wird vor allem in Herbert Uerlings Forschungsbericht[20] dokumentiert. Angefangen hat dies mit der epochalen Darstellung Rudolf Hayms „Die romantische Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes“ aus dem Jahr 1870. Darin wird Novalis zum magischen Idealist erklärt, der Fichtes Subjektivismus ins irrationale Extrem[21] erweitere und mit einem obskuren Mystizismus verbinde. Eine solche Auffassung wird in den folgenden 80 Jahren in der Forschung immer wieder und gerne aufgegriffen.[22]

Friedrich Strack vertritt in seiner Habilitationsschrift „Im Schatten der Neugier“ (1982) die These, dass sich insbesondere bei Novalis die hybride neuzeitliche Neugier durchsetzte. Nach Strack wird bereits bei Fichte die moralisch -praktische Vernunft Kants ungewollt in eine technisch -praktische übersetzt. Mit Novalis werde diese Theoretisierung dann ins Maßlose gesteigert und übertrieben. So verstehe Novalis die Begriffe der Autonomie, Moral und Freiheit keinesfalls mehr als sittliche Selbstbeschränkung, sondern vielmehr als Befreiung des Geistes zur hemmungslosen Produktion. Die Natur wird dem Geist unterworfen.[23]

Die Interpretation Stracks von Heinrichs Traum im 1. Kapitel ist dennoch sehr aufschlussreich für die Beziehung von Fichte und Novalis. Strack sieht hier die Philosophie Fichtes in ihrer vollkommensten Form dichterisch umgesetzt. Sicherlich interessant ist auch sein Verweis, dass Fichte in methodologischer Form das Konzept Novalis’ der Hin-und-Her-Direktion[24] begründet hat.[25]

Schließlich führt Florian Roder in „Menschwerdung des Menschen“ (1997) seine Interpretation vom Leben und Werk von Hardenbergs als eine magische Anthropologie auf, die auf dem Magischen Idealismus[26] basiert. Und auch Berbeli Wanning unterstellt
Novalis in „Statt Nicht-Ich – Du!“ (1997) eine gewisse Magie als Mittel der philosophischen Überwindung Fichtes im poetischen Schaffens Novalis’.

1.1.2 Novalis und Religiöser Irrationalismus

Ganz im Gegensatz zur magischen Übersteigerung entwickelt sich in der Forschung
ebenfalls die Idee der betonten Zurücknahme Fichtes in den Werken Novalis’. Das produktive Subjekt weicht dem Objekt. Nicht-Ich und Ich werden gleichgesetzt.[27]

Der erklärte Romantiker Novalis wende sich vom gottlos gewordenen absoluten Ich und der intellektuellen Philosophie ab, um sich voll der irrationalen Gefühlsmystik und religiösen Offenbarungsgläubigkeit zu widmen. Diese Ansicht vertritt die Schrift „Novalis als Philosoph“ von Egon Friedell zumindest um 1904.

Ihm folgen Autoren wie Lewis: Novalis oder Imle: Novalis. Im Jahre 1972 schließlich kommt mit dem Aufsatz „Intellektuelle, intellektuale und ästethische Anschauungen“ von John Neubauer die These auf, dass eine selbstlose Hingabe an übermenschliche Kräfte ganz mit dem Prinzip der autonomen Handlung verbunden seien, die sich nur mit romantischer Deutung und mythischer Schau Spinozas erklären ließen.[28] Statt sich an Fichte zu orientieren, sei Novalis eher mit den Ansätzen Spinozas „scientia intuitiva“ und „amor Dei intellectualis“ in Verbindung zu bringen. Es gehe ihm dabei gar nicht um ein autonomes Handeln, sondern vielmehr um Hingabe und mystische Schau.[29] Mit Michael Neumanns Habilitationsschrift „Unterwegs zu den Inseln des Scheins“ (1991) wird Novalis der Tausch des absoluten Ich als die absolute Sphäre Gott unterstellt. Er gehe dabei weit über den Vollzug der Reflexion hinaus und verstünde unter der Einheit des Vollzuges keineswegs mehr nur den Vollzug der Reflexion. Unter Zuhilfe­nahme
alter Deutungsansätze versucht Neumann, seine These weiter auszubauen und stellt die magischen Ansätze von Hardenbergs heraus. Gerade die orphische „… Entwertung des Irdischen …“[30] und die „… schwärmerische Radikalität …“[31] zeige seine „… todessüchtige Wende zur Transzendenz …“[32], die Novalis von der Aufklärung entfernt.

1.1.3 Novalis als dialektische Aufhebung Fichtes

Den Beginn der modernen Novalis-Forschung stellt eigentlich erst das umfangreiche Werk Theodor Haerings „Novalis als Philosoph“ (1954) dar. Hier wird klar und eindrucksvoll nachgewiesen, dass Novalis kein seraphischer Mystiker war, da ihm keineswegs philosophisch klare Begriffe zuwider waren. Ganz im Gegenteil: Es gelingt dem Hegel-Forscher Haering zu zeigen, wie Novalis in origineller, präziser und methodischer Weise sein philosophisches Gesamtsystem erarbeitet, welches eine dialektische Einheit von Philosophie, Empirie und Poesie darstellt.

Damit ist Haering der Erste, der Novalis in einer Reihe mit den deutschen Idealisten wie Kant und Fichte nennt.[33] Auch räumt er mit den fehlgeleiteten Interpretationen auf, die mit dem Begriff des „Magischen Idealismus“ lange Zeit mit der Novalis-Forschung verbunden waren. Haering versteht Novalis als Hegelianer, der nur die fichte’sche Methode nutzt, um daraus ein hegel’sches „… universales Prinzip …“[34] zu machen.

Der Gedanke, dass Novalis im Deutschen Idealismus eine Antizipation Hegels ist, wird in der Forschung von Hermann Schmitz in „Die entfremdete Subjektivität“ (1992)
weiter verfolgt. Auch hier wird Novalis als Überwinder der fichte’schen „Inkonsistenz“[35] bezeichnet, der das Ich als schwebende Einheit auffasst. Zum Unendlichen schließlich gelange Novalis dann mit der hegelschen „… anti-eschatologischen …“[36] Augenblicklichkeit.

1.1.4 Fichte und Novalis

Immer wieder haben einige Forscher Novalis als Fichteaner interpretiert, der die Transzendentalphilosophie weder magisch, noch mystisch-religiös, noch hegelianisch übersteigert. Manfred Frank vertritt dabei in seiner „Einführung in die frühromantische Ästhetik“ (1989) sogar die Ansicht, dass Novalis das absolute Ich überwindet. Gerade Frank hat mit seiner Interpretation der Lehren von Hardenbergs einen wichtigen Beitrag geleistet. So stellt er deutlich heraus, dass der Magische Idealismus keineswegs nur transzendente Schwärmerei sei, sondern diese auf der Begrenzung des Ichs beruhe, welches als reflexives Selbstbewusstsein immer schon aus dem präreflexiven Einheitsgrund (also dem absoluten Sein) herausgefallen sei.[37] Seiner Ansicht nach gehört damit „… die frühromantische Philosophie […] nicht in den Rahmen des deutschen Idealismus.“[38] Bernward Lohweide sieht dagegen in „Fichte und Novalis“ (2000) die Fakten Franks als verdreht an: Die communis opinio sei gerade die fundamentale Abkehr vom subjektivistischen Intellektualismus Fichtes.[39] Des Weiteren unterschlage Frank die grundlegende Differenz zwischen den philosophischen Konzepten Fichtes und Hegels.[40] Frank sieht beide Systeme als Ausdruck doppeldeutiger „… Allmachtsphantasien …“[41] eines spekulativen „… absoluten Idealismus …“[42] an.

Aus Franks Erläuterungen und Interpretationen zum Ordo inversus entwickelt schließlich Herbert Uerling in „Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis“ (1991) die brillante Kurzformel der hardenberg’schen Philosophie, die er als „… narrative Konstruktion immanenter Transzendenz …“[43] bezeichnet:

„Etwas Gesuchtes, Gewünschtes oder Vorauszusetzendes wird ’gesetzt’, ’als ob’ es gefunden, erreicht/erreichbar, wahr oder wirklich sei. […] Konstruiert wird nicht das transzendente Absolute, sondern Konstruktion ist die Bewegung, die aus dem unaufhebbaren ’Mangel an Sein’, aus der immer nur negativ möglichen Erkenntnis des Absoluten entsteht. […] Unternommen wird der Versuch einer sich selbst durchstreichenden Reflexion der Reflexion, die Darstellung der Wechselreaktion von Gedanke und Gefühl.“[44]

Und auch Uerling teilt mich Frank die Auffassung, dass „… Novalis mit der Fundierung des Selbstbewusstseins im transreflexiven Sein die Wissenschaftslehre verlasse …“[45] und heute niemand mehr behaupten könne, „… Hardenberg sei Fichteaner …“[46] gewesen. Dieser Argumentation kann im Hinblick auf Fichte allerdings nicht zugestimmt werden. Gerade die persönliche Bindung und Fortführung der fichte’schen Philosophie legt ein gegenteiliges agieren und denken von Hardenbergs offen.

1.1.5 Novalis und die Postmoderne

Mitte der 70er Jahre werden die Frühromantiker dann von der Postmoderne entdeckt. So wird Novalis als Prophet der Verabschiedung des „repressiven Dogmatismus und Terrorismus“ der Vernunft gepriesen. Statt System und Prinzip als Ganzes zu verstehen, widme Novalis sich anarchischen Leitbildern wie Fragment, Spiel, Tanz, Lust, Mythos, Natur oder Vielfalt. Neben den Analytikern wie Jacques Lacan und Jacques Derrida entwickelt sich in der Literaturwissenschaft eine konstruktive Diskursanalyse, die sich liebend gerne auf die frühromantischen Autoren beruft. Vor allem Jochen Hörisch hat in seiner Dissertation „Die Fröhliche Wissenschaft der Poesie“ (1976) an bestehende
Novalis-Deutungen angeknüpft und diese mit einem „dekonstruktiven“ Interpretationsansatz als „subversive Lektüre“ von Fichtes „… szientistischer Diskursform …“[47] bezeichnet.

So sieht Hörisch das Medium der Poesie als echte Selbstbezüglichkeit, die eine vom Identitätszwang befreite (Inter-)Subjektivität ermögliche. Die Poesie sei bei Novalis ein „… Medium der Darstellung und des Vollzugs einheitsstiftenden Selbstbewusstseins.“[48] 1987 erscheint die wohl bedeutendste Novalis-Interpretation des Neostrukturalismus von Winfried Menninghaus mit dem Titel „Unendliche Verdopplung“ (1987). Seine von Walter Benjamin übernommene Ansicht ist, die Reflexion sei keine nachträgliche Aufspaltung einer ehemaligen Einheit.[49] Die neostrukturalistische Dezentrierung des Subjekts beruft sich dabei gerne auf Benjamins Überzeugung, dass alles „selbst“ ist.

1.2 Gefühl und Reflexion bei Novalis

Die intensive Auseinandersetzung mit Fichtes Einsicht, dass sich ein Phänomen wie das Selbstbewusstsein nicht aus der Entgegensetzung der Reflexion erklären lässt, veranlasste Novalis zum Weiterdenken. Schon Fichte hatte erkannt, dass nur das Ich mit sich selbst in Erkenntnis treten kann, um sich selbst bewusst zu sein.[50] Dass ein Ich präreflexive Selbstvertrautheit als Vermögen einer „intellektuellen Anschauung“[51] überhaupt wahrnehmen kann, begründet Fichte damit, dass sich dieser Zustand nicht beweisen
oder bestimmen lässt, „… sondern vielmehr allem Bewusstsein zum Grunde liegt, und allein es möglich macht.“[52] Mit dieser Einsicht war Novalis keineswegs zufrieden. Denn seiner Ansicht nach wird die unmittelbare Erkenntnis durch die reflexive Bestimmung des Ichs gespalten in ein objektiviertes Wissen und einer zugrunde gelegten Ur-Vertrautheit, welches selbst aber gar nicht ins Bewusstsein rücken kann, da es von ihm selbst bedingt wird; quasi das eigentlich reflexiv entstandene „Resultat“ darstellt. Novalis stellt damit das fichte’schen Setzen von „a ist a“ als „… formal-semantische Tautologie …“[53] dar. Seiner Ansicht nach muss gerade das Identische verlassen werden, um es überhaupt darstellen zu können. Die Erkenntnis des Bewusstseins und dessen Bestimmung kann man deshalb seiner Meinung nach auch nicht ausdrücklich formulieren, da sie sich selbst bereits vorausgeht.

Novalis sieht bei Fichte das Dilemma im expliziten Wissen über einen Sachverhalt und die vorausgegangene Beurteilung desselben. Oder anders ausgedrückt: Das Urteil über eine Sache kann nur dann gefällt werden, wenn mit einer pre-referentiellen Einheit
unterschieden werden kann. Novalis nennt dies das „Seyn“ bzw. das „Nur Seyn“.[54] Es ist also lediglich unsere Erfahrung (oder Empfindung) die uns versichert, dass etwas tatsächlich existiert. Das Sein im Bewusstsein existiert als reine Intentionalität; also nur im „eingefrorenen“ Bild seiner selbst. Da es Bewusstsein nur auf eine „… gewisse Weise da sein lässt, überdauert das Sein den bestimmenden Zugriff als Bezogensein um jeden Preis.“[55] Und dies auch, weil es sich im Bild durch einen „… bewusstseinszugewandten Repräsentanten vertreten …“ lässt, „… der nicht es selbst ist.“[56] Novalis führt diesen Gedanken weiter: Man weiß nichts von einer Sache, wenn man nur weiß, dass sie ist. Dies stellt also noch lange keine Identität dar. Wer sich selbst als Ich bezeichnet, sagt dies mit relativer Opposition von sich selbst, die nicht mehr mit dem Charakteristikum von Sein beschrieben werden kann. Der Mensch kann auf seine „… wesentliche Unbedingtheit …“[57] genauso wenig verzichten, wie auf die Zuhilfenahme reflexiver Bestimmung. Denn der bloße „… Gedanke des einen ist ohne die Vorraussetzung das anderen nicht denkbar.“[58]

Bewusstsein ist sich selbst immer schon vorweg, da es früher das Resultat als die vorausgehende Bedingung kennt. Novalis versucht dies als ein Bewusstsein zu erklären, dass „… nicht Reflexion ist […], das sich keinem Gegenstand […] entgegensetzt, sondern ihm gleichsam innewohnt.“[59] Er bezeichnet diese – keinesfalls unbewusste Instanz da sie uns präreflexiv mit dem Sein in Verbindung bringt – als das Gefühl bzw. das Selbst gefühl. Gefühl ist damit jene Instanz, die uns die vorhandene Selbstgewissheit[60] gibt, welche eine reflexiv erzeugte Identität überhaupt erst ermöglicht. Und dies beschreibt Novalis im Ofterdingen mit der Reise Heinrichs. So erfährt Heinrich das Gefühl der Trennung erst aus der reflektierten Betrachtung seines momentanen inneren Zustandes. Denn erst hier nimmt er sich selbst als einen distanzierten Teil dessen war, was ihn am Ende der Reise erwartet:

„Unendlich ist die jugendliche Trauer bei dieser ersten Erfahrung der Vergänglichkeit der irdischen Dinge, die dem unerfahrenen Gemüt so notwendig, und unentbehrlich, so fest verwachsen mit dem eigentümlichsten Dasein und so unveränderlich, wie dieses, vorkommen müssen.“ (S. 20, V. 29ff.)

Das Bewusstsein über sein eigenes Dasein, das Gefühl der eigenen Existenz vermischt sich hier mit der Vorstellung, sich von den irdischen Dingen zu trennen, um hinter den Äußerlichkeiten deren tieferen Sinn zu erkennen. Der noch unerfahrene Heinrich beginnt zu begreifen, dass seine Identität einen Bruch erleidet, indem er sich aus der vertrauten Umgebung löst. Denn er fühlt sich, als ob „… sein bisherige Welt von ihm gerissen und er wie auf eine fremdes Ufer gespült …“ (S. 20, V. 26f.) sei. Das Gefühl wird hier mit dem Bewusstsein an die eigene Identität gekoppelt. Da sich ein Gefühl aber nicht „selbst fühlen“ kann, ist es auf die Reflexion dessen angewiesen, was das Ich wahrnehmen kann.[61] Mit dem ausformulieren dieses Gefühls weicht – durch dessen Reflexion – die Grundlage des Gefühls allerdings dermaßen vom Ursprung ab, dass sich eine Diskrepanz zwischen diesen Interdependenzen bildet. Es scheint das Gefühl im
eigentlichen Kern damit zunächst verfehlt.

Als Mensch können wir unser ausdrückliches Wissen aber erst durch die selbstgefühlte reflektierte Betrachtung unsere Realität erlangen. Hier setzt Novalis jenen „… ruhigen, unbekannten Menschen …“ (S. 93, V. 20) ein, dessen „… empfindlicher Sinn …“ zunächst von „… nahen unbedeutenden Erscheinungen beschäftigt …“ wird, um dann „… die überraschendsten Entdeckungen in sich selbst über das Wesen und die Bedeutung derselben…“ (S. 94, V. 5ff.) zu machen: den Dichter. Denn es ist der Dichter, der das Wunder des Daseins in „sich selbst“ entdeckt. Und es ist Heinrich, der „… von Natur zum Dichter geboren …“ (S. 94, V. 31) ist. Seine Identität ist geprägt durch seine innerliche Kommunikation und Reflexion, die sich durch die Interpretation der äußerlichen Zustände in seinem Gemüt innerlich weiterbildet. Der so gereifte Dichter wird nicht nur zum Propheten einer besseren Zukunft, sondern zum Medium der poetischen Identitätssuche und damit zum identitätsstiftenden Subjekt:

„Wenn man ihn [den Dichter; Anm. d. Verf.] mit dem Helden vergleicht, so findet man, dass die Gesänge der Dichter nicht selten den Heldenmut in jugendlichen Herzen erweckt, Heldentaten aber wohl nie den Geist der Poesie in ein neues
Gemüt gerufen haben.“ (S. 94, 26ff.)

1.3 Ordo inversus – Novalis’ Reflexionsfigur

Novalis hat mit seinen „Fichte-Studien“ ein weiteres Fragment hinterlassen, dass teils kommentierend, teils kritisierend und teils paraphrasierend über die Philosophie Fichtes referiert. Die Form „… unterscheidet sich sprachlich [...] sehr stark von derjenigen der [späteren] Fragmente. Mit dem Fragment als Kunstform beschäftigt sich Novalis erst im Herbst 1797 auf Anregung Friedrich Schlegels.“[62] Nicht immer geht aus seinen Schriften eindeutig hervor, inwiefern Novalis seine eigenen Gedanken formuliert, oder an Fichte Kritik übt. Manfred Frank zählt die „Fichte-Studien“ von Novalis daher zu den „… schwierigsten Texten der deutschen Philosophie …“[63] – und gleichzeitig zu den wichtigsten. Frank sieht die Bedeutung dieses Fragmentes nicht in der Kritik an Fichte, sondern in der „Radikalisierung“ der Fichte’schen Idee der intellektuellen Anschauung.[64] Er sieht diese Radikalisierung in Novalis’ „ordo-inversus-Lehre“ und erkennt darin eine strenge Identität, die „… gleichsam aus dem Bewusstsein emigrieren und eine nicht nur präreflexive, sondern sogar bewusstseinstranszendente Position einnehmen …“ würde, was auch die Konsequenz sei, „… zu der [...] Friedrich von Hardenberg gelang[en] …“[65] würde.

Es kann durchaus festgestellt werden, dass die „Fichte-Studien“ ein wichtiges Kernstück der philosophischen Lehre Novalis’ darstellen. Die darin enthaltene Lehre des O rdo inversus[66] (verkehrtes Ordnungsprinzip) ist zentral. Denn Novalis widmet sich hier vor allem dem Problem der Ablösung der Einheit von Gefühl durch die Zwiegestalt der Reflexion. Denn Reflexion bedeutet Spiegelung. Und eine solche Spiegelung vergleicht Novalis mit dem Selbstbildnis eines Malers:

„Der erste Bezeichnende wir unvermerkt vor dem Spiegel der Reflexion sein eignes Bild gemahlt haben, und auch der Zug wird nicht vergessen seyn, dass das Bild in der Stellung gemahlt ist, dass es sich selbst mahlt.“ (110, Nr. 11)

Dies bedeutet, dass man sich niemals genauso sehen wird, wie es dem Original entspricht, da man nur sein (seitenverkehrtes) Spiegelbild betrachten kann. Diese falsche (da seitenverkehrte) Reflexion des eigenen Bildes kann damit nur in verzerrter Form auf das Original verweisen: „Das Bild ist immer nur das Verkehrte vom Seyn. Was rechts an der Person ist, ist links im Bilde“ (142, Nr. 63). Das „Gefühl“, das der Maler beim Selbstbildnis empfindet, erscheint für Novalis als die eigentliche Offenbarung der absoluten Einheit im Ich. Da aber das Bewusstsein nur das reflektierte Ich kennt, erscheint die Bewegung spiegelverkehrt. Unser Bewusstsein kann dabei nicht unterscheiden, dass es nur so „scheint“, als ob es durchs Sein in der eigenen Unbedingtheit und Absolutheit begründet ist, um „… reflexiv-theoretisch und moralisch-praktisch seine im Gefühl erfahrene Beschränktheit …“[67] zu überwinden. Doch das Unbeschränkte ist der Ursprung, nicht das Resultat. Es „erscheint“ uns aber dennoch gerade als Ergebnis des eigenen Bewusstseins. Bernward Loheide beschreibt dies als den „… Beginn des Versuchs, reflexiv vom Beschränkten zum Unbeschränktem zu gelangen …“, was aber „… in Wahrheit der Beginn der Beschränkung des Unbeschränkten…“[68] sei.

Novalis hat dies wie folgt formuliert: „Sobald das Absolute, wie ich das Ursprüngliche Idealreale oder realideale nennen will, als Accidens, oder halb erscheint, so muss es verkehrt erscheinen – das Unbeschränkte wird beschränkt et vice versa …“ (114, Nr. 17). Und weiter im Text schreibt Novalis:

„In diesem Felde ist Täuschung der […] Reflexion unvermeidlich – in der Darstellung – denn man will Nichtreflexion durch Reflexion darstellen und kommt eben dadurch nie zur Nichtreflexion hin – man beeifert sich zu demonstrieren, dass Schwarz Weiß sey.“ (122, Nr. 25)

Dies nennte Novalis schließlich den Ordo inversus, die Figur des reflexiven „Hysteron proteron“, die „… Täuschung der Wechselwirkung …“ (118, Nr. 20). Vor allem Manfred Frank hat in seiner „Einführung in die frühromantische Ästhetik“ (1989) darauf hingewiesen, dass Novalis mit dieser Reflexionsfigur gezielt auf die ursprüngliche
Bedeutung des Wortes Reflexion aufbaut.[69]

Die Richtigstellung der durch die doppelte Reflexion verkehrten Perspektive nehmen wir aber als bewusste Umkehrung wahr. Frank bezeichnet dies daher als den „… Akt des wissenden Nichtwissens …“[70] Damit weist er den Stand bzw. Status des Wissens als eine docta ignorantia[71] aus, die die Möglichkeit einer Transzendierung des Geistes trotz dem „bewussten Nichtwissen“ als inhärentes Missverhältnis des Wissensstandes ansieht.[72] Frank sieht darin die Bewahrung der anti-idealistischen, gegen-hegelianische Richtung der Inversions-Figur von Novalis. Er begründet dies wie folgt:

„Gegen ein Denken vom Typ des Hegelschen, das die Negation gleichsam auf eigene Füße stellt und keinen Begriff von Position zulässt als den durch selbstbezügliche Negation erreichten, grenzt sie entschieden dadurch sich ab, dass sie die Autonomie der Reflexion gerade in Frage stellt: diese vermag zwar durch Selbstnegation die falsche Stellung des Gedankens zu seiner Wahrheit umzuwenden, kann sich aber nicht als Urheber derselben anschauen.“[73]

Gegen Manfred Frank wurde aufgrund solcher Formulierungen der Vorwurf erhoben, dass er eine „Harmonisierung“ betrieben hätte. Vor allem Heinz-Joachim Drüghs hat mit seiner Dissertation „Anders Rede. Zur Struktur und historischen Systematik des Allegorischen“ (2000) versucht, die Umwendung des falschen Gedankens zu einer Wahrheit bei Frank als falsch zu belegen.[74] Mit seiner Kritik erreicht er zwar nicht die Widerlegung Franks, forciert aber dabei eine wesentliche Unklarheit dessen Interpretation und rückt diese in den Vordergrund: die Darstellungsproblematik dieser Denkfigur. Denn Franks Umschlagcharakter „.. impliziert ja eine epistemische Vorrangstellung der zweiten gegenüber der ersten Reflexion.“[75] Daraus schließt Andreas Barth, dass „… die Korrektur der inversen Vertauschstruktur im Selbstbewusstsein …“ nicht in der ersten Reflexion, sondern „… in der Tat erst durch die zweite Reflexion geleistet …“[76] wird. Novalis beschreibt dies mit den Worten: „Der Erstere lässt sich nur im Zweyten erkennen – der Zweyte durch den Ersten begründen.“ (217, Nr. 305)

[...]


[1] Im Folgenden werden unter Angabe von Paginierung und Vers alle Textpassagen aus dem Primärtext nach dieser Ausgabe zitiert: Frühwald, Wolfgang (Hrsg.): Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Ein Roman. Reclam 8939. Stuttgart 1987.

[2] Novalis = lat. für „der Neuland Bestellende“.

[3] Bollnow, Otto Friedrich: Unruhe und Geborgenheit im Weltbild der Dichter. Stuttgart 1953, S. 188.

[4] Vgl. Hans Esselborn: Novalis-Rezeption in der deutschen Moderne. In: Uerlings, Herbert (Hrsg.): „Blütenstaub“. Rezeption und Wirkung des Werkes von Novalis. Tübingen 2000, S. 291.

[5] Vgl. ebd. S. 291.

[6] Novalis verwendet diesen Begriff erstmals um 1790 in seinen Schriften. Immer wieder durchzieht dieser Begriff seine Werke. Das berühmte Motiv des „Goldenen Zeitalters“ mit seinen fünf großen Traditionslinien hat vor allem Hans-Joachim Mähl mit seiner Forschungsarbeit „Über die Idee des Goldenen Zeitalters“ (1965) aufgezeigt. Mähl zeigt dabei, dass bei Novalis vor allem das Ineinander der mythisch-zeitlosen Erfahrung einer „höheren Welt“ seine geschichtsphilosophische Zukunftserwartung geprägt haben.

[7] Es soll nicht der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden, sondern das ursprüngliche Ideal soll – ergänzt durch die höhere Bewusstseinstufe – die Vollkommenheit der Menschheit für die Gegenwart erreichen.

[8] Vgl. hierzu auch Hans-Joachim Mähl: Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis. Studien zur Wesensbestimmung der frühromantischen Utopie und zu ihren ideengeschichtlichen Voraussetzungen. Heidelberg 1965 (Probleme der Dichtung 7), S. 255-423.

[9] Neben dem Dichter schreibt Novalis diese Fähigkeit auch dem Kind zu, da es in seiner frühen Menschphase noch nicht zerfallen ist. Ebenso ist der Liebende dazu befähigt, da dieser mit der Vereinigung mit seiner Geliebten die vorzeitliche Kluft der menschlichen Trennung überwindet.

[10] Hier verweist Novalis auf den römischen Dichters Horaz (65-8 v. Chr.), der einen lehrreichen und angenehmen Stil der Historiker immer auch als Dichtung fordert – Historiker müssen auch poetisch sein.

[11] Das „Absolute“ ist hier in Anlehnung an Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ (1781) zu verstehen. Nach Kant versucht die Vernunft nach immer höherer Erkenntnis zu streben und damit am Ende das“ Unbedingte“ oder „Absolute“ zu erkennen. Wenn aber dies ihr Ziel ist, so verlässt die Vernunft den Weg der fundierten Erkenntnis und wird reine Spekulation. Hier bringt die Vernunft nach Kant auch die drei transzendentalen Ideen Unsterblichkeit (Seele), Freiheit (Kosmos) und Unendlichkeit (Gott) hervor. Das Absolute kann also in dieser Teilung nicht als etwas Einheitliches dargestellt werden.

[12] Der Begriff „Gemüt“ wird in Kapitel 2 dieser Arbeit eingehender betrachtet.

[13] Ausgehend von Kants „Kritik der reinen Vernunft“ (1781) wurde im Deutschem Idealismus in Bezug auf das Erkenntnisvermögen zwischen Vernunft und Verstand unterschieden. Dem „Verstand“ wurde ein diskursives und auf die sinnlichen Erscheinungen bezogenes Vermögen zugeschrieben. „Vernunft“ wurde hingegen als das sich auf die Totalität des Denkbaren und Erkennbaren bezogene Erkenntnisvermögen verstanden, welches häufig synonym mit dem Begriff des „Absoluten“ bezeichnet wurde.

[14] Vgl. O’Brien, Wm. Arcanter: Blütenstaub: Dekonstruktion der Symbolik. In: Uerling, Herbert: Blütenstaub. Rezeption und Wirkung des Werkes von Novalis. Tübingen 2000, S.127.

[15] Vgl. hierzu Novalis (Friedrich von Hardenberg): Schriften. Die Werke Friedrichs von Hardenbergs. Hrsg. von Paul Kluckhohn und Richard Samuel, in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Mähl, Heinz Ritter und Gerhard Schulz. 3. Aufl. Bd. 2: Das philosophische Werk I. Stuttgart 1965. 3., erw. und verb. Auflage 1981.

[16] Eine sehr interessante Arbeit in Verbindung mit theologischen Aspekten hat hierzu Andreas Kubik verfasst. Siehe hierzu Kubik, Andreas: Die Symboltheorie bei Novalis. Eine ideengeschichtliche Studie in ästhetischer und theologischer Absicht. Tübingen 2006.

[17] Bis heute herrscht in der wissenschaftlichen Analyse der hardenbergschen Schriften aber ein Grundproblem vor: Es scheint sinnlos, die Dichtung Hardenbergs zu dekonstruieren, wenn doch seine Theorie schon die Grundlagen der Dekonstruktion beinhaltet.

[18] O’Brien, Wm. Arcanter: Blütenstaub. S.128.

[19] Vgl. hierzu Kap. 5.2 dieser Arbeit.

[20] Vgl. hierzu Herbert Uerling: Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis. Werk und Forschung. Tübingen 1991.

[21] Gerade Wilhelm Dilthey schreibt in seinem Aufsatz „Novalis“ (1865), von Hardenberg habe durch seine anthropologische Realpsychologie das Systems Schopenhauers bereits vorweggenommen. Siehe hierzu: Dilthey, Wilhelm: Novalis. In: Ders. (Hrsg.) Das Erlebnis der Dichtung. Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin- Göttingen 1970.

[22] Unter anderem von Delacroix: Novalis; Havenstein: Anschauungen; Hartmann: Philosophie; Carlsson: Fragmente und Kuhn: Synthesis. Die vollständige Literaturangabe wird im Literaturverzeichnis aufgeführt.

[23] Vgl. Friedrick Strack: Im Schatten der Neugier. Christliche Tradition und kritische Philosophie im Werk Friedrichs von Hardenberg. Tübingen 1982. S. 177.

[24] Damit meint Strack das von Novalis bezeichnete „Hin und Her“ zwischen der Diktion Gefühl und Reflexion bzw. Reflexion und Gefühl, was den stetigen Wechsel zwischen Ich und Nicht - Ich indiziert.

[25] Vgl. Friedrich Strack: Im Schatten der Neugier. S. 52-76.

[26] Hier wird davon ausgegangen, der Mensch sei das Spiegelbild des Universums und daher sei auch im Innern des Menschen eine Unendlichkeit angelegt, die er zur Harmonie mit dem Ganzen nach außen kehren müsste. Bei Novalis soll dies durch die Poesie geschehen.

[27] Häufig werden die Übersteigerung Fichtes oder dessen Zurücknahme auch als periodische Schaffensabschnitte Novalis’ verbunden. So wird etwa der frühe Novalis als ausgeprägter Subjektivist eingestuft, wobei hingegen im späteren Schaffen eine Anerkennung der gleichberechtigten Natur stattfinde, den Fichte in Novalis mit einem Schelling überwinde. Vgl. hierzu auch Silvio Vietta: Frühromantik und Aufklärung. In: Ders. (Hrsg.): Die literarische Frühromantik. Göttingen 1983, S. 50f.

[28] Vgl. John Neubauer: Intellektuelle, intellektuale und ästhetische Anschauung. Zur Entstehung der romantischen Kunstauffassung. In: Deutsche Vierteljahrschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 46, Stuttgart 1972, S. 295.

[29] Eine solche philosophische Verbindung wird von Stockinger in „Die hermetisch-esoterische Tradition“ (2004, S. 200, Anmerkung Nr. 72) mit klaren und überzeugenden Argumenten widerlegt.

[30] Neumann, Michael: Unterwegs zu den Inseln des Scheins. t. Kunstbegriff und literarische Form in der Romantik von Novalis bis Nietzsche. Habilitationsschrift. Frankfurt a.M. 1991. S. 102.

[31] Ebd. S. 102.

[32] Ebd. S. 102.

[33] Zuvor war Novalis eher als “ Schüler“ verstanden und behandelt worden.

[34] Vgl. Theodor Haering: Novalis als Philosoph. Stuttgart 1954, S. 24

[35] Fichte setzt das Ich nicht von vornherein als lockere Einheit von Endlichkeit und Unendlichkeit, Leiden und Tun an. Er kommt zum Unendlichen durch sukzessive und zirkulierende Progression.

[36] Vgl. hierzu Hermann Schmitz: Die entfremdete Subjektivität. Von Fichte zu Hegel. Bonn, u.a. 1992, S. 234ff.

[37] Frank, Manfred: Einführung in die frühromantische Ästhetik. Frankfurt a.M. 1989, S.222.

[38] Vgl. hierzu Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. S. 222 und S. 259.

[39] Loheide, Bernward: Fichte und Novalis. Transzendentalphilosophisches Denken im romantisierenden Diskurs. Amsterdam 2000, S. 171.

[40] Vgl. ebd. S. 171.

[41] Vgl. Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. S. 233.

[42] Vgl. Manfred Frank: Unendliche Annäherung. Die Anfänge der philosophischen Frühromantik. Frankfurt a.M. 1997. S. 23 und 65. Darin ebenso S. 43, 100 und 531.

[43] Uerling, Herbert: Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis. Werk und Forschung. Stuttgart 1991, S. 230.

[44] Ebd. S. 230.

[45] Vgl. Bernward Loheide: Fichte und Novalis. S. 174.

[46] Uerling, Herbert: Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis. S. 136.

[47] Hörisch, Jochen: Die Fröhliche Wissenschaft der Poesie. Der Universalitätsanspruch von Dichtung in der frühromantischen Poetologie. Frankfurt a. M. 1976, S. 7.

[48] Vgl. ebd. S. 80.

[49] Siehe hierzu Winfried Menninghaus: Unendliche Verdopplung. Die frühromantische Grundlegung der Kunsttheorie im Begriff absoluter Selbstreflexion. Frankfurt a. M. 1987.

[50] Vgl. Dieter Henrich: Fichtes ursprüngliche Einsicht. In: Subjektivität und Metaphysik. Festschrift für Wolfgang Cramer. Frankfurt a. M. 1966, S. 450.

[51] Die Wichtigkeit der intellektuellen Anschauung in den „Fichte-Studien“ von Novalis lässt sich nicht klar bestimmen, denn Novalis variiert mit verschiedenen Bestimmungen. Manfred Frank identifiziert die intellektuelle Anschauung zunächst mit der „ersten, auf das Gefühl gerichteten Reflexion“ (S. 253). Darin „… haben wir das Gefühl, uns aufs Absolute als auf ein Verfehltes zu richten.“ Doch nur wenige Seiten später wird diese Anschauung dann als „Produkt“ der „… ersten Reflexion aufs Gefühl …“ (S. 258) bezeichnet. Er nennt sie dann sogar „… das vereinigte Dritte …“ (S. 256) von Gefühl und Reflexion. Siehe hierzu: Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. S. 253 ff.

[52] Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre als Handschrift für seine Zuhörer (1794). Einleitung und Register v. W. G. Jacobs (Hrsg.) In: Philosophische Bibliothek. Bd. 246. Hamburg 1970, S. 11.

[53] Vgl. Andreas Barth: Inverse Verkehrung der Reflexion. Ironische Textverfahren bei Friedrich Schlegel und Novalis. Heidelberg 2001, S. 235.

[54] Novalis (Friedrich von Hardenberg): Schriften. Die Werke Friedrichs von Hardenbergs. Hrsg. Von Paul Kluckhohn und Richard Samuel, in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Mähl, Heinz Ritter und Gerhard Schulz. Stuttgart 1977 ff. Hier Abschnitt 10, Nr. 3.

[55] Vgl. Andreas Barth: Inverse Verkehrung der Reflexion. S. 236.

[56] Vgl. Manfred Frank: Philosophische Grundlagen der Frühromantik. In: Athenäum 4, 1994, S. 78.

[57] Vgl. Andreas Barth: Inverse Verkehrung der Reflexion. S. 238.

[58] Vgl. ebd. S.238.

[59] Vgl. Manfred Frank/Gerhard Kurz: Ordo inversus. Zu einer Reflexionsfigur bei Novalis, Hölderlin, Kleist und Kafka. In: Geist und Zeichen. Festschrift für Arthur Henkel. Heidelberg 1977, S 76.

[60] Mit Selbstgewissheit wird der Zustand des „Sichhabens“ umschrieben.

[61] Vgl. Andreas Barth: Inverse Verkehrung der Reflexion. S.242.

[62] Vgl. dazu Hans-Joachim Mähls „Einleitung“ zu den „Fichte-Studien“. In: Novalis (Friedrich von Hardenberg): Schriften. Hier Nr.2, 31ff.

[63] Frank, Manfred: Einführung in die frühromantische Ästhetik. S. 248.

[64] Vgl. hierzu Manfred Frank: „Intellektuale Anschauung“. Drei Stellungnahmen zu einem Deutungsversuch von Selbstbewusstsein: Kant, Fichte, Hölderlin/Novalis. In: Ernst Behler und Jochen Hörisch (Hrsg.): Die Aktualität der Frühromantik. Paderborn 1987. S. 96-126. Hier S. 96.

[65] Ebd. S. 119.

[66] Die Zitate aus diesem Werk stammen aus dem wesentlichen Abschnitt für den ordo inversus 114-118, Nr. 17-19. In: Novalis (Friedrich von Hardenberg): Schriften. Sie werden zitiert nach Abschnitt und Nummer.

[67] Vgl. Bernward Loheide: Fichte und Novalis. S. 202

[68] Vgl. ebd. S. 203

[69] Vgl. Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. S. 253

[70] Frank, Manfred/Kurz, Gerhard: Ordo Inversus. S. 78.

[71] Vgl. Manfred Frank: Einführung in die frühromantische Ästhetik. S. 255.

[72] Vgl. Nikolaus von Cues: Von der wissenden Unwissenheit. In: Blumberg, Hans (Hrsg.): Die Kunst der Vermutung. Bremen 1957, S. 99. Von Cues sieht den Status des Wissens als traditionelle cusanische Gestalt an, die ihre Möglichkeit abhängig macht von der Transzendierung in seiner Endlichkeit gefassten Geistes, der abhängig vom defizitären Charakter des Missverhältnisses des bewussten Nichtwissens ist. Er nennt dies den Coniectura. Nach Nicolaus Cusanus ist alles Wissen vom Wesen Gottes nur Konjektur (coniectura), also reine Mutmaßung und aus Anzeichen interpretierte Erkenntnis.

[73] Frank, Manfred/Kurz, Gerhard: Ordo Inversus. S. 79.

[74] Vgl. Drügh, Heinz: Anders-Rede. Zur Struktur und historischen Semantik des Allegorischen. Freiburg 2000.

[75] Andreas Barth: Inverse Verkehrung der Reflexion. S. 252.

[76] Ebd. S. 252.

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Kommunikative Selbstreflexion als identitätsstiftende Poetisierung des Subjekts in Novalis’ "Heinrich von Ofterdingen"
Hochschule
Universität Mannheim  (Lehrstuhl für Neuere deutsche Literatur und qualitative Medienanalyse )
Veranstaltung
Abschlussarbeit Master of Arts
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
87
Katalognummer
V85763
ISBN (eBook)
9783638900652
ISBN (Buch)
9783638905930
Dateigröße
881 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Master-Abschlussarbeit wurde von beiden Gutachtern mit einer 1,0 bewertet.
Schlagworte
Kommunikative, Selbstreflexion, Poetisierung, Subjekts, Novalis’, Heinrich, Ofterdingen, Abschlussarbeit, Master, Arts
Arbeit zitieren
Master of Arts Alexander Monagas (Autor:in), 2007, Kommunikative Selbstreflexion als identitätsstiftende Poetisierung des Subjekts in Novalis’ "Heinrich von Ofterdingen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85763

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