Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich mit den Text-Bild-Beziehungen in Werbekom-munikaten beschäftigen. Ausgehend von den grundlegenden Funktionen des Bildes und der Sprache soll deren Vereinbarkeit in Gesamtkommunikaten geklärt werden. Bezugnehmend auf die Frage, was eine Verdichtung bzw. eine Mehrdeutigkeit überhaupt ausmacht, werden ihre jeweiligen semantischen Funktionen aufgezeigt und ihr Vorkommen im Rahmen von Gaedes „Visualisierungs-Methoden“ erörtert.
Genauer untersucht werden – neben einem umfangreichen Bildkorpus, der sich hauptsächlich aus Werbeeinschaltungen in Fernsehprogrammzeitschriften der letzten zehn Jahre (TV Spielfilm, Tele) sowie Werbungen in aktuellen Wochenzeitungen und Produktkatalogen zusammensetzt – drei Hauptkommunikate: Analysebild 1 [Camel], Analysebild 2 [Molinari] und Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe]. Die Analyse erfolgt anhand des semiotischen Minimalprogramms „picture-relation-type“, kurz PRT, der sich am Dreiebenenmodell von Bechstein (Syntax, Semantik, Pragmatik) orientiert.
Den Hauptteil der Arbeit macht die Semantik der Bild-Text-Beziehung aus, die auch die Visualisierungsmethoden nach Gaede sowie deren Submethoden und visuelle Muster umfasst. Auch die Formen semantischer Verdichtungen und Mehrdeutigkeiten werden im Hauptteil beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorbemerkung
2 Einleitung
2.1 Was ist semantische Verdichtung?
2.2 Was ist Mehrdeutigkeit?
3 Grundlagen der Text-Bild-Kommunikation
3.1 Die Funktion der Sprache in der Text-Bild-Kommunikation
3.2 Die Funktion des Bildes in der Werbung
4 Text-Bild-Beziehungen in Werbekommunikaten
4.1 Die Syntax der Bild-Text-Beziehung
4.2 Syntax-Semantik der Bild-Text-Beziehung
4.2.1 Formale Kriterien von Bildern
4.2.1.1 Werbetechnische Aspekte des Bildes
4.2.1.2 Semiotische Aspekte des Bildes
4.2.2 Das Verhältnis von Bild- und Textinformation
4.2.2.1 Grundmodelle
4.2.2.2 Begriffssysteme
4.3 Die Semantik der Bild-Text-Beziehung
4.3.1 Die globale Semantik des Bildes
4.3.2 Die detaillierte Semantik des Bildes – Visualisierungsmethoden nach Gaede
4.3.2.1 Ähnlichkeit (Visuelle Analogie)
4.3.2.2 Beweis (Visuelle Argumentation)
4.3.2.3 Gedankenverknüpfung (Visuelle Assoziation)
4.3.2.4 Teil-für-Ganzes (Visuelle Synekdoche)
4.3.2.5 Grund-Folge (Visuelle Kausal- oder Instrumental-Relation)
4.3.2.6 Wiederholung (Visuelle Repetition)
4.3.2.7 Steigerung (Visuelle Gradation)
4.3.2.8 Hinzufügung (Visuelle Addition)
4.3.2.9 Bedeutungsbestimmung (Visuelle Determination)
4.3.2.10 Verkoppelung (Visuelle Konnexion)
4.3.2.11 Verfremdung (Visuelle Norm-Abweichung)
4.3.2.12 Symbolisierung bzw. Visuelle Symbolisierung
4.3.3 Formen semantischer Verdichtung
4.3.4 Formen semantischer Mehrdeutigkeit
4.4 Die Pragmatik der Bild-Text-Beziehung
4.5 Der Verbalisierbarkeitswert und die Belegungsdichte des Bildes
5 Resümee
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 [Stiegl]
Abbildung 2 [formoline L112]
Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere]
Abbildung 4 [?]
Abbildung 5 [Wiener Städtische]
Abbildung 6 [Stolz auf Holz]
Abbildung 7 [Renault Clio]
Abbildung 8 [Süddeutsche Zeitung]
Abbildung 9 [Southern Comfort]
Abbildung 10 [Lassa Reifen]
Abbildung 11 [ATV]
Abbildung 12 [Gibson]
Abbildung 13 [Levis]
Abbildung 14 [Viala]
Abbildung 15 [Meridol]
Abbildung 16 [Progress]
Abbildung 17 [Veltins]
Abbildung 18 [Benson & Hedges]
Abbildung 19 [freedom bathing]
Abbildung 20 [Silva]
Abbildung 21 [Scholl]
Abbildung 22 [Celine]
Abbildung 23 [Hornbach]
Abbildung 24 [Max Bahr]
Abbildung 25 [Fujitsu Siemens]
Abbildung 26 [Camel Boots]
Abbildung 27 [Hugo Boss]
Abbildung 28 [Ericsson]
Abbildung 29 [Deutsche Krankenversicherung]
Abbildung 30 [Bio-Schlank-Kapseln]
Abbildung 31 [Benita]
Abbildung 32 [Renault]
Abbildung 33 [Memphis]
Abbildung 34 [Saab]
Abbildung 35 [?]
Abbildung 36 [?]
Abbildung 37 [Dove]
Abbildung 38 [Zucker]
Abbildung 39 [Nivea]
Abbildung 40 [Figurella]
Abbildung 41 [Unipress]
Abbildung 42 [Gewußt wie]
Abbildung 43 [Krombacher]
Abbildung 44 [Burgit]
Abbildung 45 [Merkur-Markt]
Abbildung 46 [Wetterkanal]
Abbildung 47 [Mazda]
Abbildung 48 [Ulm]
Abbildung 49 [George Bush]
Abbildung 50 [PreussenElektra]
Abbildung 51 [Scream]
Abbildung 52 [Adel]
Abbildung 53 [Digital ProLine]
Abbildung 54 [Salamander]
Abbildung 55 [BA-CA]
Abbildung 56 [Gibson]
Abbildung 57 [Hilde Zach]
Abbildung 58 [Zeit]
Abbildung 59 [Georges Lefebvre: Napoleon]
Abbildung 60 [Grand Hotel]
Abbildung 61 [Nilpferd]
Abbildung 62 [Blaupunkt]
Abbildung 63 [MTV in Touch]
Abbildung 64 [VW Golf]
Abbildung 65 [Knorr]
Abbildung 66 [Super RTL]
Abbildung 67 [N24]
Abbildung 68 [Mercedes]
Abbildung 69 [Ceremin]
Abbildung 70 [Bilderlesebuch]
Abbildung 71 [Uli Stein]
Abbildung 72 [AOK First Beauty]
Abbildung 73 [Riesen]
Abbildung 74 [Samy Molcho: Körpersprache]
Abbildung 75 [Fußball]
Abbildung 76 [Allianz]
Abbildung 77 [Megacard]
Abbildung 78 [Alfa 156]
Abbildung 79 [Sierra Tequila]
Abbildung 80 [Garnier]
Abbildung 81 [Bacardi]
Abbildung 82 [Canon]
Abbildung 83 [Chemische Industrie]
Abbildung 84 [Preussen Elektra 2]
Abbildung 85 [WMF]
Abbildung 86 [SKL]
Abbildung 87 [Premiere]
Abbildung 88 [Straub Beer]
Abbildung 89 [Kurier]
Abbildung 90 [Napoléon Bonaparte]
Abbildung 91 [Absolut Vodka]
Abbildung 92 [Marilyn Monroe]
Abbildung 93 [Hennessy]
Abbildung 94 [Müllermilch]
Abbildung 95 [Woolworth]
Abbildung 96 [Kenzo]
Abbildung 97 [BA-CA]
Abbildung 98 [Dürnkrut]
Abbildung 99 [Darbo]
Abbildung 100 [Wiener Stadtwerke]
Abbildung 101 [Intersport]
Abbildung 102 [Shrek]
Abbildung 103 [Levis501]
Abbildung 104 [Schweppes]
Abbildung 105 [Fußball]
Abbildung 106 [Staatsanwälte]
Abbildung 107 [Friseur Hofer]
Abbildung 108 [Cosmos]
Abbildung 109 [ja! Natürlich.]
Abbildung 110 [Kröten]
Abbildung 111 [Stein Reich]
Abbildung 112 [Renault Twingo]
Abbildung 113 [Renault Scenic]
1 Vorbemerkung
Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich mit den Text-Bild-Beziehungen in Werbekom-munikaten beschäftigen. Ausgehend von den grundlegenden Funktionen des Bildes und der Sprache soll deren Vereinbarkeit in Gesamtkommunikaten geklärt werden. Bezugnehmend auf die Frage, was eine Verdichtung bzw. eine Mehrdeutigkeit überhaupt ausmacht, werden ihre jeweiligen semantischen Funktionen aufgezeigt (4.3.3, 4.3.4) und ihr Vorkommen im Rahmen von Gaedes „Visualisierungs-Methoden“[1] erörtert.
Genauer untersucht werden – neben einem umfangreichen Bildkorpus, der sich hauptsächlich aus Werbeeinschaltungen in Fernsehprogrammzeitschriften der letzten zehn Jahre (TV Spielfilm, Tele) sowie Werbungen in aktuellen Wochenzeitungen und Produktkatalogen zusammensetzt – drei Hauptkommunikate: Analysebild 1 [Camel], Analysebild 2 [Molinari] und Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe]. Die Analyse erfolgt anhand des semiotischen Minimalprogramms „picture-relation-type“[2], kurz PRT, der sich am Dreiebenenmodell von Bechstein[3] (Syntax, Semantik, Pragmatik) orientiert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Analysebild 1 [Camel]
Innerhalb der Syntax-Kategorie der Bild-Text-Beziehung wird die Position des Bildes in Bezug auf den Text geklärt. Den formalen Kriterien von Bildern (4.2.1) und dem Verhältnis von Bild- und Textinformation (4.2.2) widmet sich eine Zwischenkategorie, die Syntax und Semantik gleichermaßen betrifft.
Den Hauptteil der Arbeit macht die Semantik der Bild-Text-Beziehung aus, die auch die Visualisierungsmethoden nach Gaede sowie deren Submethoden und visuelle Muster umfasst. Auch die Formen semantischer Verdichtungen und Mehrdeutigkeiten werden im Hauptteil beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Analysebild 2 [Molinari]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe]
In Kapitel 4.4 widme ich mich noch den Kommunikationsfunktionen[4] nach Gaede und deren Bearbeitung durch Stöckl. Der „Verbalisierbarkeitswert“[5] des Bildes bildet den Abschluss der PRT-Analyse.
Im Resümee werden die Ergebnisse meiner Untersuchungen noch einmal kurz zusammengefasst und auf den Punkt gebracht.
2 Einleitung
2.1 Was ist semantische Verdichtung?
Unter Verdichtung versteht man die Verstärkung, Betonung oder assoziative Intensivierung einer aktuellen Bedeutung.[6] Dies geschieht „durch die graphischen und typografischen Verfahren, durch Wort- und Morphemwiederholungen, durch die Remotivation von Phraseologismen oder Personifizierung von Produkten“[7]. Während bei der Mehrdeutigkeit zwei konkurrierende Bedeutungen wirksam werden, liegt bei der Verdichtung eine „semantische Konzentration“[8] vor.[9] Um eine Verdichtung zu erkennen bzw. zu verstehen, ist nicht immer ein Vorwissen bzw. der Ko-Text oder Kontext von Nöten. Verdichtungen haben die Funktion, „dem Rezipienten bei der Wahrnehmung und dem Verstehen […] [eines Textes, eines Bildes bzw. einer Text-Bild-Verknüpfung] zu helfen“[10]. Der semantische Gehalt der Äußerung bzw. des Bildes wird hierzu einfach in anderer Form wiederholt und dadurch verstärkt.[11]
So wird innerhalb einer Werbeeinschaltung zum Beispiel der Text bzw. die Headline durch ein Bild verdeutlicht, seine Bedeutungen verdichtet, verstärkt. In Abbildung 1 [Stiegl] verstärkt der stufenartig abgebildete Schaum des Bieres die Bedeutung der Produktbezeichnung Stiegl.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 [Stiegl]
Eine Verdichtung kann auf verschiedenen Ebenen geschehen: semantisch-lexikalisch, semantisch-thematisch, semantisch-grafisch sowie semantisch-medial.[12] Im Laufe dieser Arbeit möchte ich mich in erster Linie den semantisch-grafischen Verdichtungen widmen, da diese im Sinne der übergeordneten Themenstellung der Text-Bild-Verknüpfung am nahsten am Thema bleiben.
Die Bedeutung eines Lexems kann in Beziehung zur Schreib- bzw. Gestaltungsweise stehen. Dieser „Schriftausdruck“[13], der meist als Wechsel der Schriftform innerhalb einer Äußerung vollzogen wird, soll die Aufmerksamkeit des Rezipienten erwecken und auf bestimmte Lexeme lenken.[14] Von semantisch-grafischer Verdichtung spricht man, wenn die Inhaltsseite eines Lexems und seine grafisch realisierte Ausdrucksseite zusammenfallen und somit in Beziehung zueinander stehen.[15]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 [formoline L112]
Abbildung 2 [formoline L112] veranschaulicht eine solche grafisch-semantische Verdichtung. Das Wort „Abnehmen“, das inhaltlich ja für die Reduktion von Gewicht und somit auch Körperumfang steht, ist nicht nur größer als der restliche Teil der Headline abgedruckt, sondern auch mit einer engeren Spationierung. Die Buchstaben stehen enger zusammen und wirken so schlanker. Geworben wird für eine Tablette zur Gewichtsreduktion.
Weitere Beispiele für semantisch-grafische Verdichtung finden sich unter 4.3.3.
2.2 Was ist Mehrdeutigkeit?
Mehrdeutigkeit bzw. Ambiguität bezeichnet im Allgemeinen die Zwei- oder Vieldeutigkeit eines Lexems, Syntagmas oder Satzes[16], schließt aber auch die Vieldeutigkeit von Bildern mit ein. Da Bilder generell als intentional offen und somit als polysemantisch bzw. polyvalent angesehen werden[17], ermöglichen sie dem Rezipienten verschiedene Interpretationsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer Bedeutung und Intention. Eine eindeutige bzw. gezielt zweideutige Bedeutung erhalten visuelle Texte nur im Verbund mit einem verbalen Text und innerhalb eines in einer bestimmten Kommunikationssituation angesiedelten Gesamtkommunikats.
Im sprachlichen Bereich kann die Mehrdeutigkeit Bereiche wie Syntaktik, Semantik und Pragmatik gleichermaßen umfassen.[18] Eine syntaktische Mehrdeutigkeit ist vorliegend, wenn bei einem Satz mehr als eine syntaktische Interpretation möglich ist.[19] Liest man zum Beispiel in der Zeitung Christl Stürmer begeistert, so wäre dieser Satz ohne kontextuellen Hinweis im Bodytext oder durch ein entsprechendes Bild nicht auflösbar. Verschiedene Interpretationen wären möglich: a) Christl Stürmer war von jemandem begeistert oder b) Christl Stürmer begeistert jemanden.
Semantische Mehrdeutigkeiten können den Mehrwert haben, dass „über nur einen Ausdruck/ein Lexem mehrere Prädikationen wirksam werden bzw. Prädikation und Referenz gleichzeitig formuliert sind“[20]. Diese Form der Sprachökonomie ist jedoch äußerst selten.[21] Häufiger sind Beispiele, in denen ein Wort bzw. ein ganzer Satz oder beides mehrdeutig verwendet werden. Der Satz Sie sind unter uns in Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere] ist ohne ein erläuterndes Bild, den Kontext bzw. den dazugehörigen Ko-Text nicht eindeutig verständlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere]
Sie sind unter uns könnte verstanden werden als: a) Sie (wer auch immer) wohnen z.B. in der Wohnung ein Stockwerk unter uns. b) Sie (wer auch immer, aber offensichtlich gesellschaftlich nicht Integrierte) befinden sich innerhalb unserer (uns àGemeinschaftsgefühl!) „Gemeinschaft“. Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] nutzt die Mehrdeutigkeit von Wörtern bzw. Sätzen. Die Sätze perfekte verbindung, wir bewegen die stadt und service auf der ganzen linie bieten dem Rezipienten jeweils mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Diese Sätze lassen die Wortbedeutung mit dem Kontext der Werbung verschmelzen. Verbindung, bewegen und Linie sind durchwegs Wörter, die sowohl in ihrer ursprünglichen Bedeutung als auch in der vorliegenden Sinn ergeben. Auch Sprachspiele innerhalb einer Werbeeinschaltung arbeiten so absichtlich mit Mehrdeutigkeit.
Das Wörtlichnehmen eines Phraseologismus fällt ebenfalls in die Kategorie der Mehrdeutigkeiten.[22] Abbildung 4 [?] verbildlicht den Ausspruch Sie können baden gehen. Die Bedeutung dieser Redewendung im Sinne von Pech haben, Misserfolg haben, wird im Falle dieser Werbung im wörtlichen anstatt im übertragenen Sinne gebraucht, ein Schwimmbecken ist abgebildet. Nur die Form des Schwimmbeckens (Auto) und das „Einfahrt verboten“-Schild neben dem Text geben Hinweise auf die Intention dieser Werbung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 [?]
Weitere Beispiele für semantische Mehrdeutigkeiten finden sich im Abschnitt 4.3.4. Mehrdeutigkeiten können im Gegensatz zu Verdichtungen als „semantische Expansion“[23] gesehen werden.
Die pragmatische Mehrdeutigkeit betrifft die Wirkungsfunktion einer Äußerung, die ansonsten semantisch und syntaktisch eindeutig wäre.[24] Diese Äußerungen sind verschiedenen Sprechakten zuordenbar.[25] Laut der Sprechakttheorie, aus der sich die Pragmatik entwickelt hat[26], kann man mit sprachlichen Äußerungen nicht nur Tatsachen oder Sachverhalte beschreiben, sondern auch kommunikative Handlungen vollziehen.[27] Betritt jemand zum Beispiel den Raum und meint „Es ist heiß hier.“, so könnte dies eine Aufforderung an einen anderen sein, das Fenster zu öffnen. Auf die kommunikativen Funktionen der Wirkungsdimension Text-Bild werde ich im Abschnitt 4.4 noch zurückkommen.
Auch eine formale Mehrdeutigkeit ist möglich. So sind durch den Austausch eines Wortes oder durch eine Veränderung der Schreibweise verschiedene Möglichkeiten gegeben, Mehrdeutigkeit zu schaffen.[28]
Sowohl Bilder als auch lexikalische Zeichen lassen sich oft ohne einen kontextuellen Hinweis nicht auflösen. Im Regelfall wird mit einer Äußerung im Ko-Text oder durch Kontext bzw. durch die Kombination eines Bildes mit einer entsprechenden Überschrift eine bestimmte Bedeutung aktiviert.[29] De Beaugrande/ Dressler unterscheiden zwischen intendierten und nicht-intendierten Mehrdeutigkeiten.[30] Intendierte Mehrdeutigkeit bezeichnen sie als „Polyvalenz“[31], welche auch als „vage Ausdrucksweise“[32] bekannt ist. Funktion dieser intendierten Mehrdeutigkeit sowohl im sprachlichen als auch im visuellen Bereich ist es, „den Rezipienten zu verwirren, ihn neugierig [und aufmerksam] zu machen und dadurch länger am Text [bzw. am Bild] zu halten“[33]. Vor allem in Werbeeinschaltungen ist es oft der Fall, dass Mehrdeutigkeiten nicht sofort aufgelöst, sondern bewusst zur Interessensgewinnung genutzt werden. Überschriften und Titel in Werbungen nutzen Mehrdeutigkeiten als ökonomische Form, um den Konsumenten an der Anzeige, der Kombination aus Bild und Text, zu halten. Auch Überschriften in Tageszeitungen behelfen sich der Mehrdeutigkeit in Syntax oder Semantik, um den Leser auf einen bestimmten Artikel aufmerksam zu machen. Wird die Mehrdeutigkeit nicht durch den Titelkomplex oder die Bild-Headline-Kombination aufgelöst, so ist der Konsument in gewisser Weise nahezu dazu gezwungen, den Ko-Text zu lesen, um die unklare Bedeutung auflösen zu können.
Das Verwenden von Mehrdeutigkeiten birgt allerdings auch Risiken. So kann eine mehrdeutige Abweichung auch falsch, nicht gänzlich oder sogar überhaupt nicht verstanden werden.[34] Bei gebräuchlichen Lexemen wird dies wohl seltener der Fall sein, bei ungewöhnlichen oder unbekannten Lexemen ist dies jedoch möglich. In diesem Sinne werden Mehrdeutigkeiten einer Werbeeinschaltung fast immer durch den Ko-Text (implizit) oder durch den Kontext (explizit) erklärt.[35] Diese Ausführungen sind meist in der Headline oder im Bodytext enthalten.
3 Grundlagen der Text-Bild-Kommunikation
3.1 Die Funktion der Sprache in der Text-Bild-Kommunikation
Die Sprache hat bei der Text-Bild-Kommunikation folgende Aufgabe: die Festlegung des Kontextes und somit die Festlegung des Sinnes.[36] Ihre Funktion besteht darin, die visuelle Wahrnehmung sprachlich zu beeinflussen.[37] Dies kann auf kommentierender, selegierender oder strukturierender Ebene geschehen.[38]
Der „kommentierende Aspekt der Sprache“[39] versteht den Text als Mittel dazu, das Bild zu erläutern. Der Text beschreibt also den Kontext, in welchem das Bild zu verstehen ist, da dieser nicht aus dem Bild selbst hervorgeht.[40] Durch die textliche Information wird die Bildnachricht verständlich.[41]
Dies wird auch in Abbildung 5 [Wiener Städtische] deutlich. Das Bild des durch eine Menschenmenge geformten Lächelns lässt keinen Schluss auf den Kontext zu, die Headline Erfolg ist für uns das Lächeln von 11 Millionen sorgenfreien Kunden. kommentiert das Bild und setzt es in einen Kontext. Die Bedeutung des Bildes im Rahmen dieser Werbung wird für den Konsumenten durch die Sprache deutlich gemacht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 [Wiener Städtische]
Auch Abbildung 6 [Stolz auf Holz] bedient sich der Sprache – Holz hat für Abfall nichts übrig. –, um das Bild, das ein Holzmännchen vor offenen Abfalleimern darstellt, für den Betrachter verständlich zu machen.[42] Der kommentierende Aspekt der Sprache lässt also eine bestimmte Deutung des Bildes zu bzw. verleiht diesem Bedeutung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6 [Stolz auf Holz]
Der „selegierende Aspekt“[43] der Sprache geht davon aus, dass ein Bild grundsätzlich etwas Offenes und Vieldeutiges ist, die Bildwahrnehmung demnach ebenfalls offen und willkürlich geschieht.[44] Einzig durch einen gewissen habitualisierten Blickverlauf vom linken oberen zum rechten unteren Rand oder durch die Verwendung starker Reize (z.B. Blickfang) ist es möglich, die Bildwahrnehmung ohne Text etwas zu beeinflussen.[45] Durch einen gerichteten Text ist es jedoch möglich, die Bildwahrnehmung eines Betrachters gezielt zu steuern.[46] Sein Interesse kann durch die Sprache auf einen bestimmten Ausschnitt oder Aspekt des Bildes gelenkt werden.[47]
In Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere] führt der gezielte Einsatz des Textes dazu, eine bestimmte Person, die allerdings auch durch ihr Äußeres hervorsticht, bewusster wahrzunehmen. Der Satz Sie [die Außerirdischen] sind unter uns. verweist eindeutig auf den abgebildeten Klingonen, der Wissensrahmen des Konsumenten wird aktiviert, um den Kontext zwischen dem Bild und dem Text herstellen zu können.[48] Das Logo, der Hinweis auf den Sender Sci Fi sowie das Aufmerksammachen auf die Serie Star Trek im Bodytext steuern die Bildwahrnehmung des Betrachters und führen ihn zu der Person des Klingonen hin.
Auch Abbildung 7 [Renault Clio], bei dem die Wahrnehmung des Betrachters wohl zuerst auf den attraktiven Mann auf der Motorhaube eines Autos fallen würde, nutzt den Text, um die Wahrnehmung und die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu steuern. Die zahlreichen Anspielungen im Text – Ausgestattet wie der Garten Eden. Und auch der Preis ist kein Sündenfall. –, die sowohl auf das Auto als auch auf den Mann zutreffen könnten, sind wohl ein klassisches Beispiel für die Mehrdeutigkeit einer Werbung. Diese Werbung spielt mit den Assoziationen des Betrachters und klärt die tatsächliche Bedeutung dieses Inserats erst mit dem letzten Satz auf: Clio Paradise.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 [Renault Clio]
Mit dem selegierenden Aspekt der Sprache kann also auf einen bestimmten Ausschnitt des Gesamtkommunikates verwiesen werden.
Ein weiterer Gesichtspunkt der Sprache in der Text-Bild-Kommunikation ist der „strukturierende Aspekt“[49]. Es wird davon ausgegangen, dass die Wahrnehmung ein aktiver Prozess ist, die versucht, die Umwelt und ihre Reize wahrzunehmen und zu interpretieren.[50] Dies geschieht nach dem Versuch-Irrtums-Prinzip: „Jede Wahrnehmung ist praktisch nur eine Hypothese, die sich bewähren muß.“[51] Dieser These unterliegt auch das Figur-Grund-Problem[52], bei welchem entweder die Figur oder der Hintergrund als Bild wahrgenommen kann, nie jedoch beides gleichzeitig. Eine Hypothese gilt als „richtige“ Wahrnehmung, solange sie sich bewährt.[53] Wenn die Wahrnehmung also ein aktiver, dynamischer Prozess ist, so kann sie auch bewusst gesteuert werden.[54] Der Wahrnehmungsprozess kann durch Sprache beeinflusst werden, man kann den Betrachter, den Wahrnehmenden, durch Sprache also dazu auffordern, „wie er etwas wahrnehmen, strukturieren und in Beziehung setzen soll“[55]. Die Benennung eines Gegenstandes beeinflusst somit dessen Wahrnehmung.[56] Aber auch durch die Oberflächenstruktur eines Satzes lässt sich die Wahrnehmung strukturieren und beeinflussen.[57] Für die Werbung ist der strukturierende Aspekt der Sprache von größter Bedeutung, da der Text einzelne Teile des Wahrnehmungsgegenstandes beeinflussen kann.[58] Dass z.B. die Benennung die Wahrnehmung eines Gegenstandes beeinflussen kann, wird in Abbildung 8 [Süddeutsche Zeitung] ersichtlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8 [Süddeutsche Zeitung]
Die vorgeschlagenen Benennungen in der Headline dieser Werbeeinschaltung – Terrorist? Nobelpreisträger? Picknickdecke? – lassen den Rezipienten das Tuch des abgebildeten Mannes unterschiedlich wahrnehmen. Auch hier wird der Wissensrahmen des Betrachters aktiviert, ist eine Anspielung außerhalb des Text-Bild-Verhältnisses vorhanden.[59] Die Wahrnehmung bzw. die Assoziation des Konsumenten wird durch die Sprache gesteuert. Der strukturierende Aspekt der Sprache ist also für das Setzen des Aufmerksamkeitsfokus verantwortlich.[60]
Die Funktion der Sprache allgemein lässt sich im Sinne des Bild-Text-Verhältnisses also auf eine „Begrenzungs- und Steuerungsfunktion“[61] festlegen.
Der Headline einer Werbeeinschaltung kommt eine besondere Bedeutung zu. Da die Überschrift in der Regel der erste Text neben dem Bild ist, der betrachtet wird, erzeugen Bild und Headline eine Art „Schnellinformation“ für den Konsumenten.[62] Der Bodytext führt diese Kurzinformation meist weiter aus.[63] Gaede versteht die Überschrift als verbalen Text schlechthin.[64] Seiner Meinung nach ist sie der „Ausgangs- bzw. Bezugspunkt für die Visualisierungsmethoden“[65], welche in Abschnitt 4.3.2 näher ausgeführt werden. Bild und Überschrift müssen sich ergänzen, nicht einander wiederholen.[66] Ihre Aufgabe ist es, Spannung aufzubauen.[67] Dies ist oft durch das Zusammenführen scheinbar zusammenhangloser Komponenten zu einem überzeugenden Ganzen möglich.[68]
Dieses Zusammenführen scheinbar zusammenhangloser Komponenten ist in gewisser Weise auch bei Abbildung 8 [Süddeutsche Zeitung], wenn man die Überschrift Picknickdecke? und das Bild zusammen betrachtet, der Fall. Bei Abbildung 9 [Southern Comfort] wird dieser neue Zusammenhang allerdings noch um einiges deutlicher dargestellt. Der junge Mann mit Stachelhalsband, Tätowierungen und auffälliger Kleidung, der mit einem Schmunzeln einen Babystrampelanzug betrachtet, sowie die Headline mild but wild schaffen einen Zusammenhang zwischen zwei sonst unvereinbar scheinenden Dingen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9 [Southern Comfort]
Auch Abbildung 10 [Lassa Reifen] verbindet zwei scheinbar völlig unabhängige Komponenten. Der Rezipient wird anfangs durch die Überschrift Jugendfrei ab 18!, gepaart mit dem Bild des jungen, oberkörperfreien Mannes als Blickfang, in die Irre geführt. Das Einbeziehen des Wissensrahmens des Konsumenten (Autofahren darf man erst ab 18.) und im „Notfall“ auch des Bodytexts lässt schließlich doch den Zusammenhang zwischen ab 18 und dem abgebildetem Produkt (Reifen) zu.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10 [Lassa Reifen]
3.2 Die Funktion des Bildes in der Werbung
Da das Bild andere Eigenschaften als die Sprache hat, kommen ihm auch andere Funktionen zu. Vor allem in der Werbung zählt man auf die persuasive Intention des Bildes im Rahmen des Gesamtkommunikats.[69]
Eine genaue Zuordnung der Bildfunktionen nach Römer[70] und Bürli-Storz[71] zu den Funktionen nach Zielke[72] scheint mir nicht gänzlich möglich. Trotzdem habe ich – anhand einiger Beispiele – versucht, die beiden Thesen von den Hauptfunktionen des Bildes einander anzunähern.
Das Bild fungiert unter anderem als „Blickfang“[73], als „Aufmerksamkeitserreger“[74], da Visuelles in erster Linie eine höhere Memorabilität und Attraktivität sowie einen höheren Reizwert als Sprache aufweist.[75] Bilder werden noch vor dem Text wahrgenommen und auch inhaltlich schneller als Texte erfasst. Bilder sind somit auch leichter im Gedächtnis reproduzierbar als Texte. Zielke spricht vom „Catch-Visual“[76], wonach der Blickfang nicht das Produkt an sich, sondern die Bildumgebung, in das es eingebettet ist, darstellt.[77] Durch die Bildumgebung kommt es in dem meisten Fällen auch zur „Schaffung einer Atmosphäre, die das Produkt aufwertet“[78]. Janich beschränkt das „Catch-Visual“ auf ein „Detail der Produktumgebung“[79], auf das eine oder andere auffällige Bildelement, das die Aufmerksamkeit des Betrachtes auf sich zieht und somit den Konnotationscharakter eines Produktes bestimmt.[80] In Abbildung 7 [Renault Clio] kommt dem muskulösen Mann auf der Motorhaube des Autos die Funktion des „Blickfangs“, des „Catch-Visuals“ zu. Auch Abbildung 10 [Lassa Reifen] zieht den Blick des Rezipienten durch einen oberkörperfreien Mechaniker auf sich. Der zweite Blick gilt schließlich dem unübersehbaren Produkt in seiner Hand sowie im Hintergrund: Reifen. Janich betont, dass viele Produkte ohne einen Blickfang bzw. eine ansprechende Produktumgebung wohl kaum anziehend im Mittelpunkt stehen und somit zum Kauf anregen würden.[81] Während in Abbildung 7 [Renault Clio] das Produkt (Auto) auch ohne den halbnackten Mann wirken würde, wären die Aufmerksamkeit und das Interesse für das Produkt in Abbildung 10 [Lassa Reifen] ohne den jungen Mann verschwindend gering. Gewisse Produkte, die nicht zwangsläufig das Interesse der Konsumenten auf sich ziehen, bedürfen deshalb besonders guter Werbestrategien. Auch Abbildung 11 [ATV] orientiert sich an diesem Prinzip. Der – zur Zeit dieser Werbeeinschaltung – neu gegründete Sender ATV versucht, sich ein interessantes und beliebtes Image zu schaffen. Der im Bild enthaltene Blickfang, das Bild des Gerippes eines scheinbar vor dem Fressnapf verhungerten Hundes, soll dem Rezipienten vermitteln, wie fesselnd, spannend und interessant dieser Sender ist, sodass man sogar sein Haustier daneben vergessen könnte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11 [ATV]
Der Blickfang steuert nicht nur den Blick des Rezipienten, sondern auch die Interpretation der Werbeaussage.[82] Die Bildumgebung bzw. die auffälligen Bildelemente einer Werbeeinschaltung verhelfen einem Produkt zu bestimmten Konnotationen und Assoziationen, die in Hinkunft mit diesem Produkt in Verbindung gebracht werden.[83] Durch eine geschickte Werbung wird also ein Produkt leichter merk- und reproduzierbar. Sollte bei einer Werbeeinschaltung das Produkt jedoch zu sehr in den Hintergrund gerückt sein, so kann es passieren, dass Konsumenten sich zwar an die Werbung erinnern, damit aber kein Produkt mehr verbinden können. In diesem Falle wäre die Werbestrategie und somit die Assoziation mit dem Produkt fehlgeschlagen. Auch Analysebild 1 [Camel] und Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] enthalten einen Blickfang. Während es sich bei Analysebild 1 [Camel] in erster Linie um eine Produktwerbung handelt, das Kamel allerdings der Imagekampagne der Zigarettenmarke dient, ist Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] eine „vollblütige“ Imagewerbung. Das Comic-Kamel aus Analysebild 1 [Camel], welches aus den Blättern eines Baumes mit einem Apfel im Mund hervorblickt, kann eindeutig als Blickfang gesehen werden. Und auch das Strichmännchen-Pärchen von Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] sticht ins Auge. Das beworbene Produkt dort ist an sich wohl kaum attraktiv für einen Konsumenten, auch die Gestaltung des Folders ist recht farblos. Das Bild, das über eine große Fläche die Signalfarbe Rot enthält, wird daher gezielt als Blickfang genutzt. Zudem erinnert die Form des Bildes an die Hinweisschilder in Bussen, was wiederum zum Erkennungswert beiträgt. Zu weiteren Elementen dieser Werbeeinschaltung siehe unten.
Verglichen mit der Funktion der Sprache entspricht der visuelle Blickfang im Gesamtkommunikat wohl am ehesten dem strukturierenden Aspekt der Sprache. Wie der Text die Aufmerksamkeit des Rezipienten steuern kann, so ist dies auch die Aufgabe des „Catch-Visuals“. Dass die sprachlichen Funktionen aufgrund der verschiedenen Eigenschaften von Bildern bzw. Sprache natürlich nicht vollständig auf die Funktionen des Bildes umgelegt werden können, steht außer Frage. Dies soll allerdings ein kleiner Versuch sein, gewisse Parallelen der Funktionen zu entdecken.
Neben der Funktion des Blickfangs kann das Bild auch als „Ergänzung der Anpreisung“[84], als „Key-Visual“[85] oder „Informationsbild“[86] fungieren. Der – im Vergleich zur Sprache –analoge und hochfrequente Charakter eines Bildes beschleunigt die Beschaffung von Informationen über ein Produkt.[87] Beim „Key-Visual“ handelt es sich um die „eigentliche Produktabbildung“[88], das „Schlüsselbild“[89]. Die Funktion des Informationsbildes wird in Abbildung 12 [Gibson], Abbildung 13 [Levis] sowie Abbildung 14 [Viala] deutlich.
Sowohl Abbildung 12 [Gibson] als auch Analysebild 2 [Molinari] platzieren das beworbene Produkt gezielt am rechten unteren Rand, wo der Blickverlauf des Rezipienten endet und darum das Produktbild am besten in Erinnerung bleibt. Gibson bewirbt neben der Zigarettenmarke auch das Image des Rauchens an sich. Ohrensausen. Stimme im Arsch. Cool! soll dem Rezipienten vermitteln, dass es immer noch „in“ ist zu rauchen. Auch die Produktunterschrift Smoke it or leave it. drückt eine deutliche Befürwortung des Rauchens aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 12 [Gibson]
Abbildung 13 [Levis] zeigt das eigentliche Produkt in Großaufnahme und auch Abbildung 14 [Viala] setzt auf die Präsentation des Produkts in Großaufnahme, allerdings in Verbindung mit „geschmackvollen“ Komponenten (Nudeln).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13 [Levis]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14 [Viala]
Dem „Key-Visual“ kommt im Vergleich mit den Funktionen der Sprache eine kommentierende Funktion zu. Während bei den Sprachfunktionen der Text das Bild kommentiert und erklärt, wird bei den Bildfunktionen der Text durch ein Bild erklärt. Der Rezipient wird in beiden Fällen über ein Produkt informiert.
Janich ordnet dem Informationscharakter eines Bildes nicht nur das „Key-Visual“ zu, sondern bindet auch ergänzende „Focus-Visuals“ ein.[90]
Die „Focus-Visuals“[91] sind einzeln stehende, kleinere Elemente des Gesamtbildes.[92] Als solche werden sie zusammengefasst und greifen so eine bestimmte Eigenschaft bzw. ein wichtiges Element des Bildes heraus.[93] Die „Focus-Visuals“ sollen „dem Rezipienten die assoziative Verbindung zwischen verfremdeten Produktabbildungen und der vertrauten Realität […] erleichtern“[94] und sprachlich Beschriebenes visuell veranschaulichen[95] – und dadurch die Glaubwürdigkeit festigen[96].
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Abbildung 15 [Meridol]
Wie in Abbildung 15 [Meridol] ersichtlich wird ein Element der beworbenen Produkte noch einmal extra herausgenommen. Bei der Abbildung des Zahnbürstenkopfes mit seinen mikrofeinen, sanften Borstenenden handelt es sich im Rahmen dieser Produktwerbung um ein „Focus-Visual“, das den Konsumenten durch die Hervorhebung dieses Details von der Qualität des Produktes überzeugen soll. Auch der Kasten rechts unten weist noch einmal auf wissenschaftliche Tests, welche die Vorteile genau dieses Systems beweisen, hin.
Abbildung 16 [Progress] beinhaltet ebenfalls „Focus-Visuals“. Sie können maßgeblich zur „ Schaffung einer Atmosphäre, die das Produkt aufwertet“[97], beitragen. Die zusätzliche Abbildung des besonderen HEPA-Filters für saubere Luft sowie die Nahaufnahme des Kleinsaugzubehör-Stauraums weisen zusätzlich zum Text auf die Besonderheiten dieses Staubsaugers hin. Der Konsument kann dadurch eine assoziative Verbindung zwischen dem abgebildetem Produkt und seiner Realität herstellen. (Stellt sich nur die Frage, ob sich ein Konsument tatsächlich derart für das Innenleben seines Staubsaugers interessiert…) Die „Focus-Visuals“ gelten somit als optische Wiederholungen von bereits Gesagtem oder Gezeigtem.
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Abbildung 16 [Progress]
Der Funktion der „Focus-Visuals“ entspricht wohl am ehesten der selegierende Aspekt der Sprache, da beide einen bestimmten Teilaspekt, ein Element, hervorheben.
Eine weitere Funktion des Bildes in der Werbung ist die „Schaffung von Zweideutigkeit“[98]. Dass Bilder grundsätzlich diese Funktion haben, da Bilder generell polyvalent, also intentional offen sind, wurde bereits in 2.2 ausführlich beschrieben.
Kroeber-Riel[99] weist Werbebildern drei Funktionen zu, die sowohl von Römer und Bürli-Storz als auch von Zielke innerhalb bei der Beschreibung ihrer Bildfunktionen erfasst werden. Werbebilder sollen demnach Aktivierung erzeugen, Informationen vermitteln und Emotionen auslösen.[100] Die Aktivierung geschieht durch das „Catch-Visual“, den Blickfang, der die Aufmerksamkeit des Konsumenten erregt.[101] Informationen werden durch das „Key-Visual“, die Produktabbildung und Ergänzung der Anpreisung, oder durch zusätzliche „Focus-Visuals“ vermittelt.[102] Emotionen können hingegen von der Bildumgebung oder verschiedenen Motivkombinationen ausgelöst werden.[103]
In der heutigen Sprachforschung[104] ist man weitgehend der Auffassung, dass Bilder ohne Text und ohne eine bestimmte, gezielt eingesetzte Verknüpfungsbeziehung in der Werbung nicht bestehen können.[105] Laut der „Autonomiehypothese“[106] scheint eine von der Sprache unabhängige Bildsemiotik nur eingeschränkt zu existieren.[107] Weiters stellt sich die Frage, „ob Bilder nur im Zusammenhang mit verbalen Texten eine wirklich schlüssige Signifikation erlangen können“[108]. In der Sprachwissenschaft spricht man diesbezüglich von der „Dependenzhypothese“[109]. Bild und Text sind laut dieser abhängig voneinander, nur unter besonderen Bedingungen könnte ein Bild in der Werbung ohne verbalen Kommentar kommunikativ verwendet werden.[110] Mir sind einige Werbekampagnen bekannt, die anfangs ausschließlich mit Bildern warben und erst nach häufiger Einschaltung oder Ausstrahlung dieser einen erklärenden Text hinzufügten. Diese Art der Werbestrategie ist natürlich auch in die andere Richtung möglich, dass erst der Text erscheint und dann nur noch Bilder. Allerdings birgt diese Strategie auch einige Nachteile. Sollte diese Art der Werbung allerdings nicht über einen längeren Zeitraum verfolgt werden oder bereits derart etabliert sein, dass sie im Gedächtnis bleibt, so wäre diese Strategie äußerst zeitgebunden. Abbildung 4 [?], das Bild von einem Pool in Auto-Form mit der Unterschrift Sie können baden gehen., ist ein Beispiel für eine heute wohl kaum mehr jemandem bekannte Werbung. Wer hier nun geworben hat, bleibt dem Rezipienten unklar. Im Gegensatz dazu kann die Image-Strategie von Milka betrachtet werden. Über Jahre betrieben kann auch heute noch nahezu jeder Konsument die lila Kuh mit der Marke Milka verbinden. Da solche Erfolge in der Geschichte der Werbung wohl nur recht vereinzelt vorkommen, schließe ich mich – zumindest im Rahmen einer dauerhaften Lösung in der Werbung – der Dependenzhypothese an.
4 Text-Bild-Beziehungen in Werbekommunikaten
Die folgende Beschreibung der Bild-Text-Beziehungen in Werbekommunikaten orientiert sich am PRT, dem „picture-relation-type“, und seinen Kategorien. Der PRT will die „Art und Weise der [Einbettungen und] Verknüpfung zwischen verbalen und visuellen Konstituenten eines bimedialen Werbetextes zu einer kommunikativen Einheit erhellen.“[111] Die Beobachtungen sollen sowohl auf sprachlicher als auch auf visueller Ebene anhand der Ebenen Syntax, Semantik und Pragmatik erfolgen.
4.1 Die Syntax der Bild-Text-Beziehung
Um visuelle Zeichen den sprachlichen Gliederungsebenen annähern zu können, hat Bechstein im Sinne der Strukturierungsebenen der Sprache (Phonem, Morphem, Satz und Text) eine Art „Grammatik des Bildes“[112] entwickelt.[113] Die Parallelisierung von sprachlichen und visuellen Zeichen scheint jedoch unzulänglich, da – wie bereits in 3.2 beschrieben wurde – die Umkodierung von einem hochfrequenten System (Bild) in ein niederfrequentes System (Sprache) zu einem Informationsverlust führt.[114] Moles[115] stellte Bechsteins Modell ein aus der Gestaltpsychologie entwickeltes, „rein semiotisches Prinzip der Superzeichenbildung“[116] gegenüber, welches dem Modell Bechsteins ähnelt.
Zu beachten ist im Zuge der folgenden Analysen Folgendes: Wie Syntax und Semantik in der Sprache eng miteinander verbunden sind, ist auch die Bildsemantik mit der Bildsyntax gekoppelt und nicht getrennt zu beschreiben.[117]
Um sich mit der Syntax der Text-Bild-Beziehung beschäftigen zu können, muss zuerst die Position des Bildes in Bezug auf den Text geklärt werden. Relevant ist hierbei, ob ein Bild innerhalb eines Gesamtkommunikats als „preceeding“[118] bzw. vorgeordnet oder „following“[119] bzw. nachgeordnet definiert werden kann. Während in Analysebild 1 [Camel] das Bild in Bezug auf den Text diesem eindeutig nachgeordnet ist, weist Abbildung 4 [?] eine vorgeordnete Position des Bildes auf. Auch in Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] ist das Bild auf der Titelseite dem Text vorgeordnet. Im Rahmen der bisher angeführten Beispiele halten sich vor- und nachgeordnete Bilder die Waage. In einigen Fällen scheint mir eine derartige Einteilung allerdings schwierig, da Bilder oftmals von Text umrahmt oder der Text in das Bild eingeflochten wurde. Eine Tendenz in Richtung nach- oder vorgeordnete Position des Bildes in Bezug auf den Text scheint jedoch nicht vorzuliegen.
Neben der „Problematik der Sequenz“[120] ist auch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von „visual emphasis“[121], der „Hervorhebung einzelner Komponenten des Gesamtkommunikats oder des Bildes durch ihre räumliche Positionierung“[122], zu klären. Die Positionierung von Bildern entlang der Diagonale eines Kommunikats[123] (von links oben nach rechts unten), was dem habitualisierten Blickverlaufs der Rezipienten entgegenkommt, gilt als strategische Maßnahme. Besonders persuasive Werbekommunikate legen auf eine ansprechende Positionierung des Produktes bzw. des Blickfangs im Rahmen des Gesamtkommunikats größten Wert. Das semiotisch fundierte „visual emphasis“ ist daher eine bedeutende Kategorie innerhalb des PRT.
Das positive räumliche Positionieren des Produktes bzw. eines Blickfangs entlang der besagten Diagonale kann in nahezu allen bisher eingeführten Abbildungen nachgewiesen werden. Zumeist befindet sich das Produkt im „optischen Zentrum“[124] (Abbildungen 1, 4, 5, 7, 8, 10, 13, 14, 16) des Gesamtkommunikates bzw. am rechten unteren Rand (Abbildungen 3, 5, 6, 9, 10, 12), wobei der Großteil aller im rechten unteren Rand platzierten Bilder Logos der Firma bzw. Produktabbildungen sind. Interessant ist auch Abbildung 10 [Lassa Reifen], in der das beworbene Produkt direkt an der Diagonale platziert ist, der Blickfang jedoch knapp links daneben zu finden ist. Abbildung 15 [Meridol] präsentiert ein Teilelement des beworbenen Produkts entlang der Diagonalen. Die Position links oben scheint in manchen Fällen dem Beginn der Überschrift vorbehalten zu sein (Abbildungen 1, 7, 8, 14), nur einmal wurde ein Produkt an dieser Stelle platziert (Abbildung 2).
Auch Abbildung 17 [Veltins] zeigt die Positionierung des Produktes entlang der Diagonalen des Werbekommunikats. Die Bierflasche befindet sich ca. im optischen Zentrum des Gesamtbildes, „visual emphasis“ ist hier somit vorhanden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17 [Veltins]
Analysebild 1 [Camel] und Analysebild 2 [Molinari] entsprechen ebenfalls den Kriterien der „visual emphasis“. Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] hingegen positioniert das Bild zwar vor dem Text, allerdings nicht an der Diagonale. Dies erklärt sich wohl auch dadurch, dass es sich bei Analysebild 1 [Camel] und Analysebild 2 [Molinari] um Werbeeinschaltungen handelt, Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] aber zur Verteilung an Kunden und somit als Imagewerbung bestimmt war, nicht aber als direkte Produktwerbung betrieben wurde.
Da beim Großteil der angeführten Beispiele von Werbeeinschaltungen die Hervorhebung der Produkte bzw. ihrer Elemente durch ihre räumliche Positionierung mehr oder weniger stark vorliegt, scheint die Tendenz zu „visual emphasis“ in Werbekommunikaten somit bewiesen.
4.2 Syntax-Semantik der Bild-Text-Beziehung
4.2.1 Formale Kriterien von Bildern
4.2.1.1 Werbetechnische Aspekte des Bildes
Bilder können auch anhand „der generellen Form der visuellen Zeichen“[125] kategorisiert werden. Wolfgang Brandt[126] beschreibt vier Typisierungskategorien, mit Hilfe derer Bilder hinsichtlich ihrer Abbildungsform besser beschrieben werden können.[127] Stöckl weist darauf hin, dass die folgenden Merkmalsoppositionen von Bechstein – unter Berücksichtigung der „Bestimmung der Bezugsart des visuellen Kodes (Foto) zur abgebildeten Realität“[128] nach Antonoff[129] – begründet wurden.[130] Brandt erwähnt er in seinen Studien nicht. Geht man von der zeitlichen Abfolge der Theorien aus – Brandt schlug sein Analysemodell 1973 vor[131], Bechsteins „globale Charakterisierung des visuellen Kodes“[132] wurde 1987 veröffentlicht[133] –, so liegt die Annahme nahe, dass die folgenden Typisierungskategorien tatsächlich von Brandt vorgeschlagen wurden.
Die erste dieser Kategorien behandelt die Frage, ob ein Bild „dynamisch oder statisch“[134] ist. Da Werbeeinschaltungen in Magazinen, Zeitschriften und Zeitungen generell keine Filmsequenzen enthalten können, lässt sich hier noch differenzieren, ob das stehende Bild, meist ein Foto oder eine Zeichnung, aufgrund seiner Darstellung „einen dynamischen Eindruck“[135] macht oder nicht.
Die zweite Kategorie widmet sich der farblichen Gestaltung eines Bildes. Ist das Bild „bunt oder schwarz-weiß“[136], „chromatisch/achromatisch“[137] ?
Auch die Frage, ob ein Bild „formreal oder formabstrakt“[138] ist, darf nicht außer Acht gelassen werden. Die reale oder abstrakte Wiedergabe der Realität bzw. von Sachverhalten wird in der dritten Kategorie behandelt. Brandt unterscheidet hier fotografische Abbildungen als real und Zeichnungen als abstrakt.[139] Wie Janich würde ich diese Einteilung aufheben bzw. abschwächen[140] und somit nicht nur nach Foto und Zeichnung, sondern auch nach der Form des Abgebildeten unterscheiden.
Die vierte Kategorie beschäftigt sich mit den Bildinhalten.[141] Wird etwas Wirkliches oder Fiktionales abgebildet, sind die Bildinhalte „wirklich oder fiktional“[142] ? Unter wirklich fallen alle real möglichen, also existenten Gegenstände und Sachverhalte, fiktional bzw. „unwirklich“[143] ist alles Nicht-Existente, Nicht-Realisierbare.[144]
Auch die Bestimmung „der Bezugsart des fotografierten Bildes [, des visuellen Kodes,] zur [abgebildeten,] fotografierten Realität“[145] sei als Kategorie noch erwähnt. Für meine Analyse werde ich diesen Punkt allerdings nicht bearbeiten.
Analysebild 1 [Camel] ließe sich als statisches, buntes, formabstraktes, fiktionales Bild beschreiben. Statisch, weil der Rezipient zwar annehmen kann, dass das Kamel mit dem Apfel im Maul auf ihn zukommen würde, es in der Gestaltung allerdings keine Anzeichen einer Bewegung aufweist. Formabstrakt, da ein Kamel zwar tatsächlich so aussehen könnte, es allerdings gezeichnet und zum Teil künstlerisch verfremdet ist („Schlafzimmerblick“, extrem langer Hals), sowie in einem Baum sitzt, der in einem Meer von Wolken steht. Und fiktional, da es in der Realität wohl kaum ein Kamel gibt, welches so auf einem Baum sitzen könnte. Analysebild 2 [Molinari] ist hingegen ein statisches, buntes, formreales und teils wirkliches teils fiktionales Bild. Obwohl dem Betrachter ein fahrendes Motorrad vermittelt werden soll, birgt die Darstellung desselben keine Anzeichen eines bewegten Bildes. Aus diesem Grunde muss diese Werbung als statisches Bild angesehen werden. Formreal ist diese Werbeeinschaltung, weil alle Gegenstände und Tiere realistisch abgebildet wurden. Da Fliegen allerdings weder in einer derartigen Größenrelation zum abgebildeten Motorrad vorkommen, noch die Möglichkeit besteht, dass diese tatsächlich mit einem Motorrad fahren könnten, muss ein Teil dieser Werbung als fiktional angesehen werden. Die Abbildung der Flasche Molinari samt Glas ist wiederum wirklich. Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] enthält auf der Titelseite ein statisches, mehr oder weniger buntes, formabstraktes und fiktionales Bild. Da Strichmännchenpaare in der Realität nicht vorkommen und etwas von Zeichnerhand (oder dem Computer) Geschaffenes sind, erklärt sich die Kategorisierung als formabstrakt und fiktional. Die Bilder auf der Rückseite dieser Broschüre würden wiederum als statisch, bunt, formreal und wirklich gelten, da es sich dabei um Fotoausschnitte handelt.
4.2.1.2 Semiotische Aspekte des Bildes
Die „Einteilung der Illustrationen nach ihrem Zeichengehalt“[146] bietet drei Möglichkeiten. Ein Bild kann laut Peirces[147] „Objektbezug des Zeichens“[148] „ikonisch, indexikalisch oder symbolisch“[149] sein, in manchen Fällen aber auch eine Kombination aus Ikon, Index und/oder Symbol darstellen.[150] Die Typen von Zeichen ergeben sich aus der Art ihres Bezugs auf den durch sie bezeichneten Gegenstand.
Von einem „Index (oder Symptom)“[151] spricht man, wenn das indexikalische Zeichen Rückschlüsse auf einen Grund oder eine Ursache zulässt.[152] Das indexikalische Zeichen steht also in einem „Folge-Verhältnis zum Bezeichneten oder Gemeinten“[153]. Abbildung 18 [Benson & Hedges] zeigt Rauchschwaden, die aus den Zelten aufsteigen. Unser Erfahrungswissen führt uns zu der Annahme, dass sich in dem Zelt ein Feuer bzw. im Sinne dieser Zigarettenwerbung ein Raucher befinden muss, wodurch der Rauch erst entstehen kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18 [Benson & Hedges]
Um ein „Ikon“[154] handelt es sich, wenn man im Abgebildeten das Bezeichnete oder Gemeinte wiederentdecken kann.[155] Die Beziehung des Ikons zum bezeichneten Gegenstand beruht demnach auf Ähnlichkeit[156], auf dem „Abbildverhältnis“[157]. Analysebild 2 [Molinari] bildet zum Beispiel eine Flasche ab, welche der Rezipient so auch im Regal eines Supermarktes vorfinden würde. Auch das Strichmännchenpaar von Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] kann als Ikon angesehen werden. Bei diesem Bild handelt es sich um ein Piktogramm.
Die Bedeutung eines „Symbols“[158] ergibt sich nicht aus seiner eigenen Bedeutung heraus, sondern aus einer Vereinbarung innerhalb der Gesellschaft.[159] Die „Kenntnis der Konvention“[160] ist maßgeblich dafür, ein Symbol richtig zu verstehen. Sowohl Abbildung 4 [?] als auch Abbildung 7 [Renault Clio] enthalten jeweils ein Symbol. Das „Einfahrt verboten“-Schild aus Abbildung 4 [?] gilt als „nicht-nachahmendes Verkehrszeichen“[161], dessen Bedeutung innerhalb einer Gesellschaft erst erlernt werden muss. Auch das Markenzeichen der Firma Renault in Abbildung 7 [Renault Clio] hat an sich keinen Bezug zur Firma Renault, wüsste man nicht, dass es sich dabei um das Firmenlogo handelt.
Ein Großteil der bisher eingeführten Beispiele – und auch der meisten Werbebilder an sich – verwendet eine „ikonische Basisstruktur“[162], da Ikons einen „hochfrequenten Informations- und Konnotationscharakter“[163] aufweisen und aus diesem Grunde besonders leicht und schnell dekodierbar sind.[164]
4.2.2 Das Verhältnis von Bild- und Textinformation
Dem Verhältnis von Bild- und Textinformation können verschiedene oppositionale Grundmodelle zugrunde liegen. Ausgehend von der Betrachtungsweise der Funktion des Textes, der „linguistic message“[165], in Bezug auf das Bild, die „iconic message“[166], ergeben sich unter anderem folgende Einteilungssysteme[167]: „Komplementarität“[168] versus „Dependenz“[169] nach Nöth[170] und „anchorage“[171] versus „relay“[172] nach Barthes[173]. Aufbauend auf diesen beiden Grundmodellen gelangt man zu verschiedenen Begriffssystemen. Im Anschluss soll jenes von Kalverkämper bzw. Geiger/Henn-Memmesheimer[174] näher ausgeführt und durch Beispiele veranschaulicht werden. Spillners[175] Begriffssystem wird ebenfalls – allerdings weniger ausführlich – angesprochen.
[...]
[1] Gaede (1992), S.27.
[2] Stöckl (1997), S.139.
[3] Vgl. Stöckl (1997), S.126.
[4] Vgl. Gaede (1992), S.235ff.
[5] Stöckl (1997), S.143.
[6] Vgl. Janich (2001), S.155.
[7] Janich (2001), S.155.
[8] Janich (2001), S.155.
[9] Vgl. Janich (2001), S.155.
[10] Dittgen (1989), S.73.
[11] Vgl. Dittgen (1989), S.73.
[12] Vgl. Dittgen /1989), S.72.
[13] Nettelhorst, zit. nach Dittgen (1989), S.73.
[14] Vgl. Dittgen (1989), S.73.
[15] Vgl. Dittgen (1989), S.73.
[16] Vgl. Dittgen (1989), S.87.
[17] Vgl. Spillner, Nöth, Barthes, Preisendanz, zit. nach Stöckl (1997), S.113.
[18] Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrdeutigkeit, Stand: 27.04.2006.
[19] Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrdeutigkeit, Stand: 27.04.2006.
[20] Dittgen (1989), S.87.
[21] Vgl. Dittgen (1989), S.87.
[22] Vgl. Janich (2001), S.149.
[23] Janich (2001), S.155.
[24] Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrdeutigkeit, Stand: 27.04.2006.
[25] Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Mehrdeutigkeit, Stand: 27.04.2006.
[26] Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.182.
[27] Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Sprechakttheorie, Stand: 27.04.2006.
[28] Vgl. Janich (2001), S.149.
[29] Vgl. Dittgen (1989), S.87.
[30] Vgl. Dittgen (1989), S.87.
[31] Dittgen (1989), S.87.
[32] von Polenz, zit. nach Dittgen (1989), S.87.
[33] Dittgen (1989), S.87.
[34] Vgl. Dittgen (1989), S.88.
[35] Vgl. Dittgen (1989), S.88.
[36] Vgl. Schierl (2001), S.240.
[37] Vgl. Schierl (2001), S.240.
[38] Vgl. Schierl (2001), S.240.
[39] Schierl (2001), S.240.
[40] Vgl. Schierl (2001), S.241.
[41] Vgl. Schierl (2001), S.241.
[42] Diese Werbeeinschaltung ist Teil der Werbereihe „Stolz auf Holz“, eine Initiative des Österreichischen Biomasse-Verbandes für Wärme aus Holz.
[43] Schierl (2001), S.241.
[44] Vgl. Schierl (2001), S.241.
[45] Vgl. Schierl (2001), S.241f.
[46] Vgl. Schierl (2001), S.242.
[47] Vgl. Schierl (2001), S.242.
[48] Der Wissensrahmen des Betrachters muss aktiviert werden, um eine Beziehung zwischen dem Satz Sie sind unter uns, einer typischen Aussage früherer Sciencefiction-Filme, und der abgebildeten „abnormalen“ Person herzustellen. Dass es sich bei dem abgebildete Wesen nicht um einen Menschen, sondern um einen Außerirdischen handelt, sollte im Weltwissen des Konsumenten gespeichert sein.
[49] Schierl (2001), S.242.
[50] Vgl. Schierl (2001), S.242.
[51] Schierl (2001), S.242.
[52] Vgl. Schierl (2001), S.243.
[53] Vgl. Schierl (2001), S.243.
[54] Vgl. Schierl (2001), S.243.
[55] Schierl (2001), S.243.
[56] Vgl. Schierl (2001), S.243.
[57] Vgl. Schierl (2001), S.246.
[58] Vgl. Schierl (2001), S.246.
[59] Diese Werbeeinschaltung wurde noch zu Lebzeiten Jassir Arafats (1929-2004) geschaltet. Der abgebildete Hinterkopf mit dem bekannten blau-weiß-karierten Kopftuch erinnert an die öffentlichen Auftritte des palästinensischen Politikers. Die Headline „Terrorist? Nobelpreisträger? Picknickdecke?“ verweist auf die damals aktuelle politische Debatte über Arafat, der 1994 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, von vielen allerdings als Terrorist gesehen wurde. Dass diese Werbeeinschaltung gerade von einer Tageszeitung stammt, unterstützt diese Vermutung. Das Wort „Picknickdecke“ soll diese brisante Anspielung wohl abschwächen und eine gewisse Interpretationsfreiheit wieder heraufbeschwören.
[60] Vgl. Schierl (2001), S.247.
[61] Schierl (2001), S.246.
[62] Vgl. Schierl (2001), S.250.
[63] Vgl. Schierl (2001), S.250.
[64] Vgl. Stöckl (1997), S.251.
[65] Stöckl (1997), S.251.
[66] Vgl. Schierl (2001), S.251.
[67] Vgl. Schierl (2001), S.251.
[68] Vgl. Schierl (2001), S.252f.
[69] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[70] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[71] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[72] Vgl. Janich (2001), S.62.
[73] Stöckl (1997) [nach Römer 1976 und Bürli-Storz 1980], S.114.
[74] Vgl. Schierl (2001), S.247.
[75] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[76] Zielke, zit. nach Janich (2001), S.59.
[77] Vgl. Janich (2001), S.62.
[78] Stöckl (1997) [nach Römer 1976 und Bürli-Storz 1980], S.114.
[79] Janich (2001), S.62.
[80] Vgl. Janich (2001), S.62.
[81] Vgl. Janich (2001), S.62.
[82] Vgl. Janich (2001), S.62.
[83] Vgl. Janich (2001), S.62.
[84] Stöckl (1997) [nach Römer 1976 und Bürli-Storz 1980], S.114.
[85] Zielke, zit. nach Janich (2001), S.58.
[86] Stöckl (1997), S.114.
[87] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[88] Janich (2001), S.62.
[89] Janich (2001), S.62.
[90] Vgl. Janich (2001), S.62.
[91] Zielke, zit. nach Janich (2001), S.62.
[92] Vgl. Janich (2001), S.62.
[93] Vgl. Janich (2001), S.62.
[94] Janich (2001), S.62.
[95] Vgl. Janich (2001), S.62.
[96] Vgl. Janich (2001), S.62.
[97] Stöckl (1997) [nach Römer 1976 und Bürli-Storz 1980], S.114.
[98] Stöckl (1997) [nach Römer 1976 und Bürli-Storz 1980], S.114.
[99] Vgl. Janich (2001), S.62.
[100] Vgl. Kroeber-Riel, zit. nach Janich (2001), S.62.
[101] Vgl. Janich (2001), S.62.
[102] Vgl. Janich (2001), S.62.
[103] Vgl. Janich (2001), S.62.
[104] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[105] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[106] Stöckl (1997), S.114.
[107] Vgl. Stöckl (1997), S.114.
[108] Stöckl (1997), S.114.
[109] Stöckl (1997), S.114.
[110] Vgl. Stöckl (1997), S.123.
[111] Stöckl (1997), S.139.
[112] Bechstein, zit. nach Stöckl (1997), S.126.
[113] Vgl. Stöckl (1997), S.126.
[114] Vgl. Bechstein, zit. nach Stöckl (1997), S.128.
[115] Vgl. Stöckl (1997), S.127.
[116] Vgl. Stöckl (1997), S.127.
[117] Vgl. Stöckl (1997), S.127.
[118] Stöckl (1997), S.140.
[119] Stöckl (1997), S.140.
[120] Stöckl (1997), S.254.
[121] Vestergaard, zit. nach Stöckl (1997), S.140.
[122] Stöckl (1997), S. 140.
[123] Vgl. Stöckl (1997), S.140.
[124] Stöckl (1997), S.140, S.254.
[125] Stöckl (1997), S.129.
[126] Vgl. Janich (2001), S.66.
[127] Vgl. Janich (2001), S.66.
[128] Stöckl (1997), S.141.
[129] Vgl. Stöckl (1997), S.141.
[130] Vgl. Stöckl (1997), S.129, S.141.
[131] Vgl. Janich (2001), S.66.
[132] Stöckl (1997), S.141.
[133] Vgl. Stöckl (1997), S.141.
[134] Brandt, zit. nach Janich (2001), S.66.
[135] Janich (2001), S.66.
[136] Brandt, zit. nach Janich (2001), S.66.
[137] Bechstein, zit. nach Stöckl (1997), S.129.
[138] Brandt, zit. nach Janich (2001), S.66.
[139] Vgl. Brandt, zit. nach Janich (2001), S.66.
[140] Vgl. Janich (2001), S.66.
[141] Vgl. Brandt, zit. nach Janich (2001), S.66.
[142] Brandt, zit. nach Janich (2001), S.66.
[143] Bechstein, zit. nach Stöckl (1997), S.129.
[144] Vgl. Stöckl (1997), S.129.
[145] Stöckl (1997), S.129.
[146] Stöckl (1997), S.141.
[147] Vgl. Stöckl (1997), S.263.
[148] Nöth, zit. nach Stöckl (1997), S.141.
[149] Stöckl (1997), S.141.
[150] Vgl. Stöckl (1997), S.141.
[151] Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.19.
[152] Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.19.
[153] Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.19.
[154] Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.19.
[155] Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.21.
[156] Vgl. Janich (2001), S.63.
[157] Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.19.
[158] Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.19.
[159] Vgl. Ortner (2001), S.5.
[160] Linke/Nussbaumer/Portmann (2001), S.22.
[161] Baurmann u.a., zit. nach Ortner (2004), S.10.
[162] Stöckl (1997), S.266.
[163] Stöckl (1997), S.266.
[164] Vgl. Stöckl (1997), S.266.
[165] Barthes, zit. nach Stöckl (1997), S.120.
[166] Barthes, zit. nach Stöckl (1997), S.120.
[167] Vgl. Stöckl (1997), S.120.
[168] Nöth, zit. nach Stöckl (1997), S.120.
[169] Nöth, zit. nach Stöckl (1997), S.120.
[170] Vgl. Stöckl (1997), S.120.
[171] Barthes, zit. nach Stöckl (1997), S.122.
[172] Barthes, zit. nach Stöckl (1997), S.122.
[173] Vgl. Stöckl (1997), S.120.
[174] Vgl. Janich (2001), S.180f.
[175] Vgl. Stöckl (1997), S.124f.
- Arbeit zitieren
- Claudia Braito (Autor:in), 2006, Text/Bild-Verknüpfung: Visualisierungsmethoden, Verdichtung und Mehrdeutigkeit in der Werbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85895
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