Die Branche privater Militär- und Sicherheitsdienstleister (PMS) boomt: geschätzte 100 Milliarden US-Dollar setzten Blackwater, DynCorp und Co 2003 um, bis 2010 wird sich diese Summe voraussichtlich verdoppelt haben. Allein im Irak sind zur Zeit mehr als 60 verschiedene Firmen mit insgesamt rund 20.000 Angestellten, sogenannten Contractors (zu deutsch: Vertragspartnern; der Begriff „Söldner“ wird von den Firmen tunlichst vermieden), direkt vor Ort im Einsatz. Vielfach sind sie für Nachschub und Logistik zuständig, als bewaffnete Eskorten bewachen sie aber auch Personen oder schieben Wachdienst an Gebäuden und nehmen oft sogar originär militärische Aufgaben wahr. Es scheint, als würden immer mehr Staaten in immer größerem Maße dazu übergehen, ehemals militärische Aufgaben mittels Outsourcing an private Firmen abzugeben.
Grundsätzlich nichts Ungewöhnliches: Tatsächlich hat der Staat im Laufe seiner Geschichte immer wieder neue Aufgaben übernommen und andere wieder abgegeben. Entsprechend sei der Staat, konstatierte Max Weber, auch nicht über seinen Zweck zu definieren. Maßgebliches Definitionsmerkmal sei das ihm eigene Mittel: die physische Gewaltsamkeit. Einzig der Staat ist legitimiert, durch seine Organe, die Polizei und die Armee, Gewalt auszuüben, um so Recht und Ordnung bzw. die innere und äußere Sicherheit zu gewährleisten. Kennzeichnend für die Entwicklung des modernen Staates ist daher die Monopolisierung der Gewalt, die wiederum eng mit der Etablierung stehender Heere verbunden ist.
Mit dem zunehmenden Einsatz von PMS scheint sich diese Entwicklung umzukehren. Anders als eine Armee werden private Sicherheitsfirmen nur bei Bedarf und meist zeitlich begrenzt in den Dienst des Staates gestellt, erfüllen dabei allerdings ganz oder teilweise Funktionen, die eigentlich dem staatseigenen Sicherheitsapparat(en) zufielen. Und, wichtiger noch, sie bedienen sich dazu dem vom Staat monopolisierten Mittel: der physischen Gewaltsamkeit. Die „Privatisierung von Sicherheit“ (Kofi Annan) tangiert den Staat an seiner Wurzel: dem Gewaltmonopol.
Stellen private Militärdienstleister aber deshalb eine Bedrohung für das staatliche Gewaltmonopol und somit letztlich für den Staat selber dar?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das staatliche Gewaltmonopol: Entstehung und Bedeutung
- Staat und Gewaltmonopol als Phänomen der Neuzeit
- Gewaltmonopol und Staat historisch
- Die Theorie des Gewaltmonopols
- Grenzen der Übertragbarkeit: Die Kompetenz-Kompetenz
- Moderne Militärdienstleister
- PMS - Annäherung und Versuch einer Systematisierung
- Unterscheidung zwischen „Contractor“ und Söldner
- Unterscheidung PMS und staatliches Militär
- Der Aufstieg der modernen Kriegs-AG
- Beispiele für PMS und ihren Einsatz: Executive Outcome und MPRI
- PMS Gefahr oder Chance?
- Vorteile durch den Einsatz von PMS
- Nachteil: Abhängigkeit und der Verlust von Know-How
- Interessenkonflikte: Das Problem der Kontrolle von PMS im Einsatz
- Die Möglichkeit des Vertragsbruchs
- Strong States, Weak States und die bloße Existenz von PMS als Risikofaktor
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Frage, ob private Militärdienstleister (PMS) eine Bedrohung für das staatliche Gewaltmonopol darstellen. Die Analyse gliedert sich in zwei Schritte: Zuerst wird die staatstheoretische Bedeutung des Gewaltmonopols erörtert, anschliessend der Aufstieg und die Charakteristika der PMS beleuchtet. Die Arbeit analysiert die Herausforderungen, die sich aus der Privatisierung von Gewalt ergeben.
- Staatstheoretische Bedeutung des Gewaltmonopols
- Aufstieg und Charakteristika privater Militärdienstleister
- Herausforderungen durch die Privatisierung von Gewalt
- Analyse der Vorteile und Nachteile des Einsatzes von PMS
- Bewertung des Risikopotenzials von PMS für den Staat
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beginnt mit einem drastischen Beispiel: dem Mord an vier US-Amerikanern im Irak, die für die Firma Blackwater arbeiteten. Dies veranschaulicht die wachsende Rolle privater Militärdienstleister (PMS) und stellt die zentrale Forschungsfrage der Arbeit: Stellt der Einsatz von PMS eine Bedrohung für das staatliche Gewaltmonopol dar? Die Arbeit skizziert den Forschungsansatz, der die staatstheoretische Bedeutung des Gewaltmonopols mit dem Aufstieg der PMS verbindet.
Das staatliche Gewaltmonopol: Entstehung und Bedeutung: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung und die staatstheoretische Bedeutung des Gewaltmonopols. Es wird der Zusammenhang zwischen Staat und Gewaltmonopol, insbesondere im Kontext der Neuzeit, erläutert. Die Theorie des Gewaltmonopols wird vorgestellt und die Grenzen seiner Übertragbarkeit, besonders im Hinblick auf die Kompetenz-Kompetenz, diskutiert. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Gewaltmonopols als essentiellem Merkmal moderner Staatlichkeit.
Moderne Militärdienstleister: Dieses Kapitel bietet eine umfassende Einführung in die Welt der modernen privaten Militärdienstleister (PMS). Es werden verschiedene Arten von PMS systematisiert und die Unterschiede zwischen „Contractors“, Söldnern und staatlichem Militär herausgearbeitet. Der Aufstieg der PMS als Wirtschaftszweig wird analysiert, inklusive Beispiele wie Executive Outcome und MPRI, um die Funktionsweise und den Einfluss dieser Firmen zu illustrieren. Der Schwerpunkt liegt auf der Charakterisierung der PMS und ihrer wachsenden Bedeutung im Kontext globaler Sicherheit.
PMS Gefahr oder Chance?: Dieses Kapitel analysiert die Vor- und Nachteile des Einsatzes von PMS. Es werden die potenziellen Vorteile, wie Effizienz und Kosteneffektivität, gegen die Risiken wie Abhängigkeit, Know-how-Verlust, Interessenkonflikte und die Möglichkeit von Vertragsbrüchen abgewogen. Die Rolle von PMS in „starken“ und „schwachen“ Staaten wird im Kontext der damit verbundenen Risiken beleuchtet. Das Kapitel diskutiert die Komplexität der Problematik und die verschiedenen Perspektiven auf den Einfluss der PMS auf staatliche Sicherheit und Souveränität.
Schlüsselwörter
Private Militärdienstleister (PMS), Gewaltmonopol, Staat, Sicherheit, Privatisierung, Outsourcing, Söldner, Contractor, Staatstheorie, Max Weber, Norbert Elias, Irak-Krieg, Interessenkonflikte, Risikofaktor, Strong States, Weak States.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Private Militärdienstleister (PMS) - Bedrohung oder Chance für das staatliche Gewaltmonopol?
Was ist der zentrale Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Frage, ob private Militärdienstleister (PMS) eine Bedrohung für das staatliche Gewaltmonopol darstellen. Sie analysiert die staatstheoretische Bedeutung des Gewaltmonopols und den Aufstieg sowie die Charakteristika von PMS, um die Herausforderungen der Privatisierung von Gewalt zu beleuchten.
Welche Aspekte des staatlichen Gewaltmonopols werden behandelt?
Die Arbeit erörtert die historische Entwicklung und die staatstheoretische Bedeutung des Gewaltmonopols, den Zusammenhang zwischen Staat und Gewaltmonopol im Kontext der Neuzeit, die Theorie des Gewaltmonopols selbst und die Grenzen seiner Übertragbarkeit, insbesondere im Hinblick auf die Kompetenz-Kompetenz. Der Fokus liegt auf der Darstellung des Gewaltmonopols als essentiellem Merkmal moderner Staatlichkeit.
Wie werden private Militärdienstleister (PMS) charakterisiert?
Die Arbeit bietet eine umfassende Einführung in die Welt der modernen PMS. Verschiedene Arten von PMS werden systematisiert, und die Unterschiede zwischen „Contractors“, Söldnern und staatlichem Militär werden herausgearbeitet. Der Aufstieg der PMS als Wirtschaftszweig wird analysiert, inklusive Beispielen wie Executive Outcome und MPRI, um die Funktionsweise und den Einfluss dieser Firmen zu illustrieren.
Welche Vor- und Nachteile des Einsatzes von PMS werden diskutiert?
Die Arbeit analysiert die potenziellen Vorteile des Einsatzes von PMS, wie Effizienz und Kosteneffektivität, und wägt diese gegen die Risiken wie Abhängigkeit, Know-how-Verlust, Interessenkonflikte und die Möglichkeit von Vertragsbrüchen ab. Die Rolle von PMS in „starken“ und „schwachen“ Staaten wird im Kontext der damit verbundenen Risiken beleuchtet.
Welche Risiken stellen PMS für den Staat dar?
Die Arbeit bewertet das Risikopotenzial von PMS für den Staat. Die Komplexität der Problematik und die verschiedenen Perspektiven auf den Einfluss der PMS auf staatliche Sicherheit und Souveränität werden diskutiert. Die bloße Existenz von PMS in "starken" und "schwachen" Staaten wird als Risikofaktor betrachtet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über das staatliche Gewaltmonopol, ein Kapitel über moderne Militärdienstleister, ein Kapitel über die Vor- und Nachteile von PMS und abschließend eine Zusammenfassung und ein Fazit. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Analyse des jeweiligen Themas.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral für das Verständnis der Arbeit?
Zentrale Schlüsselbegriffe sind Private Militärdienstleister (PMS), Gewaltmonopol, Staat, Sicherheit, Privatisierung, Outsourcing, Söldner, Contractor, Staatstheorie, Max Weber, Norbert Elias, Irak-Krieg, Interessenkonflikte, Risikofaktor, Strong States und Weak States.
Welche Forschungsfrage steht im Mittelpunkt der Arbeit?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Stellt der Einsatz von PMS eine Bedrohung für das staatliche Gewaltmonopol dar?
- Quote paper
- Felix Neubüser (Author), 2007, Private Militärdienstleister - Eine Bedrohung des staatlichen Gewaltmonopols?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86288