Alexander der Große – Seine Rezeption in der römischen Antike


Dossier / Travail, 2007

35 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Von der Republik bis Augustus
2.1) Erste Kontakte – Ein heißes Eisen!
2.2) Römische Feldherren und Politiker
2.2a) Scipio Africanus – Vergöttlichung des Karthago-Zerstörers
2.2b) Pompejus – erfolgreicher Feldherr im Osten, aber Staatsmann in alter Tradition
2.2c) Julius Caesar – „Verdammt, noch nichts geleistet!“
2.2d) Marc Anton – Potentat im Osten nach Alexanders Vorbild?
2.2e) Octavian – „Ich will einen König sehen, keine Toten!“
2.3) Zusammenfassung

3) Das erste Jahrhundert n.Chr. bis zu den Adoptivkaisern
3a) Caligula – der Caesarenwahn und Alexander: kaiserlicher Karneval
3b) Nero – Der Künstler und sein Lehrer
3c) Zusammenfassung

4) Das zweite Jahrhundert: Adoptivkaiser. Entspannung zwischen Kaiser und Senat – Entspannung zu Alexander?
4a) Trajan – „Ach wär´ ich doch so jung wie Alexander!“
4b) Marc Aurel – Übe Demut und bedenke, daß Du vergänglich bist!
4c) Zusammenfassung

5) Von den Severern bis zum Untergang des Imperiums
5a) Septimius Severus – Alexander im Spannungsfeld der Thronkämpfe
5b) Caracalla – „Alexander“ als Realpolitik?
5c) Alexander Severus – Liebling der Historiker in der Nachfolge Caracallas
5d) Julian Apostata – „Ich fürchte die Größe Alexanders“
5e) Zusammenfassung

6) Schlußbetrachtungen

Quellen- und Literaturliste

1) Einleitung

Immer wieder tauchen in der Weltgeschichte Persönlichkeiten auf, deren Wesen und Wirken Zeitgenossen und Nachwelt gleichermaßen fasziniert und beeinflußt. Kaiser Augustus gehört dazu, Karl der Große, in jüngerer Zeit Friedrich II. der Große von Preußen. Doch wohl kaum einer kann auf eine so lange und ungebrochene Tradition zurückblicken wie der Makedonenkönig Alexander III. der Große.

Sein fantastischer -und wohl auch unerwarteter- Siegeszug durch das Reich der Achaemeniden bis nach Indien, sein schon den Zeitgenossen undurchschaubar und widersprüchlich erscheinender Charakter und die Unsicherheit über seine eigentlichen und abschließenden Pläne, riefen bereits zu seinen Lebzeiten und kurz nach seinem frühen Tode panegyrische Lobpreisungen ebenso wie bittere Verleumdungen hervor.[1]

Den Nachfolgern in seinem rasch zerfallenden Reich diente er als Legitimation ihrer eigenen Herrschaft, als Objekt des Heroenkultes, als glorreiche Figur einer glorreichen Vergangenheit. Fast folgerichtig wurde dann auch von den Römern auf ihn zurückgegriffen, insbesondere nach der Unterwerfung der diadochischen Nachfolgereiche, deren letztes, das Ptolemaierreich 31. v.Chr mit dem Tode Kleopatras VII. in den Herrschaftsbereich des Römischen Imperiums eingegliedert wurden.

Wie aber sah nun diese Rezeption aus?

In dieser Arbeit soll der Versuch unternommen werden, der Wirkung Alexanders auf die römische Gesellschaft von der Republik bis zum Untergang des Imperium Romanum nachzugehen. Da dabei ein Zeitraum von ca. 600 Jahren abzudecken sein wird, kann im Rahmen dieser Arbeit freilich kein Anspruch auf flächendeckende Vollständigkeit erhoben werden.[2]

Um die Problematik der von Green aufgestellten Unterscheidung zwischen imitatio, aemulatio und comparatio[3] zu vermeiden, wird in dieser Arbeit ganz allgemein von Rezeption die Rede sein.

2) Von der Republik bis Augustus

Die erste Alexander-Rezeption auf italischem Boden beginnt offenbar bereits zu Alexanders Lebzeiten. In Süditalien finden sich apulische Vasen mit Darstellungen Alexanders, in denen er hoch zu Pferde den im Streitwagen fliehenden Dareios verfolgt.[4] Die Darstellung folgt noch dem alten Schema griechischer Kriegerdarstellungen mit Vollbart und korinthischem Helm, die Bekleidung Dareios´ ist Phantasiegebilde, die Darstellung des persischen Wagengespannes stimmt nicht. Aus diesen Umständen und dem Stil der Vasen wird geschlossen, daß folglich die ersten bildlichen Zeugnisse sehr zeitnah nach der Meldung von Alexanders Siegen bei Issos oder Gaugamela entstanden sein müssen, noch bevor die Künstler mit den orientalischen Ausstattungs-Details bekannt wurden und sich die später für Alexander übliche Ikonographie[5] durchsetzte.

Bezeichnenderweise stammen diese Darstellungen aus dem damals noch griechisch beherrschten Süden der Halbinsel. Wann aber setzte die erste Alexander-Rezeption im römischen Bereich ein?

2.1) Erste Kontakte – Ein heißes Eisen!

Zwei unsichere Anekdoten verlegen die ersten Kontakte zwischen Alexander und den Römern bereits in die Lebenszeit Alexanders. Einmal berichtet Strabo[6] von einer Beschwerde Alexanders an die Römer, sie förderten das Seeräuberunwesen, das ihm zu schaffen mache. Die zweite -und wichtigere- Geschichte berichtet von einer römischen Gesandtschaft an Alexander nach Babylon[7] im Jahre 323 v.Chr. Historizität und Zweck dieser Gesandtschaft sind heute noch so umstritten wie in der Antike und werden sich wohl niemals abschließend klären lassen. Wichtiger wird diese Begegnung jedoch noch in einem späteren Kontext.[8]

Den ersten indirekten Kontakt mit Alexander bekommen die Römer durch Pyrrhos, der in der Nachfolge Alexanders in Italien einfällt.[9] In seiner 280 v.Chr angeblichen gehaltenen Rede gegen Friedensverhandlungen mit Pyrrhos führt App. Claudius Caecus an, die Römer hätten Alexander nicht gefürchtet, um wieviel weniger sollten sie nun Pyrrhos fürchten, der nur der Gefolgsmann eines Gefolgsmannes von Alexander sei.[10]

Erstmals in der schriftlichen Überlieferung wirklich namentlich für uns greifbar[11] wird Alexander um 200 v.Chr. in Plautus´ Most. 775ff:

Vom großen Alexander sagt man, ebenso
von Agathokles, beide hätten in der Welt
Die allergrößten Taten ausgeführt.

Hier taucht Alexander auch zum ersten Mal mit dem Titel „magnus“ auf.[12] Die Selbstverständlichkeit, mit der Plautus Alexander hier anführt, wird als Zeichen gedeutet, daß dieser zu Plautus´ Zeit bereits zum Allgemeingut in Rom gehört haben muß, der Beginn seiner Rezeption also auf jeden Fall früher anzusetzen sei.[13]

Mit dem Ausgreifen der Römer nach Osten, in das alte Herrschaftsgebiet Alexanders, werden die Römer dann endgültig mit der dortigen Alexander-Rezeption konfrontiert.[14] Nach seinem Sieg 146 v.Chr. brachte Metellus Makedonicus das berühmte Alexander-Granikos-Denkmal des Lysipp nach Rom und stellt es bei der Porta Octavia auf.[15]

Die Ausdehnung nach Osten machte die Römer nicht nur mit Alexander (besser) bekannt, sie hatte auch Auswirkung auf das Alexanderbild selbst. Zwischen Griechenland und Rom begann eine literarische „Schlammschlacht“ zwischen der alten, unterworfenen griechischen Kultur und dem jungen, aufstrebenden, „unkultivierten“ Imperium.[16] In deren Folge wurde Alexander in Griechenland mehr und mehr zum Nationalhelden stilisiert, zu einer „Stütze des griechischen Selbstbewußtseins, in der Hoffnungslosigkeit der politischen Lage gleichsam eine ideologische Rückzugsstellung und damit eine leibhaftige Gegeninstanz gegen den römischen Sieg."[17] Diese Auseinandersetzung zog sich bis ins Prinzipat hinein und spiegelte sich noch im Alexander-Exkurs des Livius über die Gesandtschaft der Römer zu Alexander ebenso wider wie bei Arrian.[18] Ganz allgemein steht die Frage nach dem Erfolg eventueller Westpläne Alexanders in dieser Ost-West-Auseinandersetzung.[19] Während von griechischer Seite argumentiert wird, Alexander hätte Rom erobert, hätte er nur mehr Zeit gehabt, wird von römischer Seite entgegengehalten, Alexander wäre an den Römern gescheitert.

Für Rom besaß der Kontakt mit Alexander und dem Osten jedoch noch eine weitere Komponente. Konsevative Politiker und Kritiker einer „Ostexpansion“ malten das Bild des dekadenten Ostens und des unbeherrschten, ungezügelten und vom Osten verdorbenen Makedonenkönigs aus und konnten dabei bereits auf die negative Alexander-Beurteilung (und die noch ältere negative Orient-Topik) der griechischen Stoa zurückgreifen. Sie fürchteten um die römische Moral, die althergebrachten Traditionen, ganz allgemein um den Bestand des Staatswesens.[20] Hierzu gehörte auch die Furcht vor den Auswirkungen eines „Vorbildes Alexander“ für ehrgeizige römische Feldherren. Diese Diskussion zieht sich bis in die Zeit des Prinzipates. Doch zunächst blieb das „Problem“ Alexander eher eine theoretische Auseinandersetzung. Akut wurde es erst in der Krisenzeit der späten Republik.

2.2) Römische Feldherren und Politiker

2.2a) Scipio Africanus – Vergöttlichung des Karthago-Zerstörers

Direkte Bezüge des Karthago-Bezwingers zu Alexander lassen sich nicht greifen. Sie wären auch ein Anachronismus zum Selbstverständnis der Republik dieser Zeit gewesen.[21] Jedoch wird der Mythos seiner Zeugung[22] häufig als Anklänge an die Alexander umgebenden Mythen und somit als indirekte Alexander-Imitation angesehen.[23] Jedoch wurde diese Angleichung wohl nicht von Scipio selbst betrieben, sondern von außen auf ihn projiziert.[24]

Tatsächlich und unmißverständlich greifbar wird die Alexander-Imitation jedoch erst in der Zeit der großen und abschließenden Krise der Republik im ersten Jhdt. v.Chr. als mit Pompejus und Caesar einzelne große Persönlichkeiten sich nicht länger damit begnügten, nur „Gleiche unter Gleichen“ zu sein, sondern mehr und mehr das Regelwerk der Republik auszuhebeln begannen. Für sie stellte Alexander offenbar ein Vorbild soldatischer Tugend und Feldherrenkunst dar, einen großen Eroberer, dem es nachzueifern, ja, den es wenn möglich zu übertreffen galt.[25] Die Beurteilung der Alexander-Rezeption der großen Persönlichkeiten in der untergehenden Republik ist nicht problemfrei, da die meisten Quellen nicht zeitgenössisch sind und es schwer fällt, das tatsächliche Selbstverständnis der Handelnden noch von postumen Verzerrungen zu trennen.[26]

2.2b) Pompejus – erfolgreicher Feldherr im Osten, aber Staatsmann in alter Tradition

Der Erste, der die Alexander-Angleichung offen betrieb, war Pompejus, und bei keinem anderen vor oder nach ihm fiel sie so deutlich aus:

For even his boyish loveliness had a gentle dignity about it, and in the prime and flower of his youthful beauty there was at once manifest the majesty and kingliness of his nature. His hair was inclined to lift itself slightly from his forehead, and this, with a graceful contour of face about the eyes, produced a resemblance, more talked about than actually apparent, to the portait statues of King Alexander. Wherefore, since many also applied the name to him in his earlier years, Pompey did not decline it, so that presently some called him Alexander in derision. Hence, too, Lucius Philippus, a man of consular rank, when pleading in his behalf, said that he was doing nothing strange, being Philip, he loved Alexander.

Plut. Pomp. 2, 1f[27]

Daß diese Inszenierung mehr war als eine nachträgliche Verfärbung Plutarchs, legt Sallust hist. fragm. 88 nahe, das zeitgenössisch ist. Doch nicht nur in seinen Bildnissen versuchte Pompejus an Alexander anzuknüpfen. Daß er bereits in jungen Jahren in Afrika den Beinamen „magnus“ annahm,[28] wird ebenfalls als Anlehnung an Alexander betrachtet. Im Osten trat er als Städtegründer (ktisths) auf[29] und besonders während seines dritten Triumphzuges im Jahre 61. v.Chr. inszenierte er sich als Weltherrscher (kosmokrator) in Alexanders Nachfolge.[30] Er trug dabei die von Mithradates erbeutete Chlamys Alexanders.[31] Die Amazonenepisode[32] muß wohl als Erfindung angesehen werden. Selbst Cicero, der „Wächter der republikanischen Verfassung“, sah keine Probleme darin, den Vergleich zwischen Pompejus und Alexander aufzumachen.[33] Der Gefährlichkeit dieser Rezeption wurde er erst viel später im Zusammenhang mit Caesar gewahr.[34]

[...]


[1] Eine als „allgemeingültig“ anerkannte Alexander-Historie wurde jedoch nie geschrieben. Schon die Antike war sich dessen bewußt. Arrian verweist in der Einleitung seiner Anabasis darauf (Arr. Anab. 1, pro.; 1, 11, 2). Möglicherweise ist die Einsicht in die Unmöglichkeit einer „allgemeingültigen“ Alexander-Historiographie auch der Grund für Plutarchs etwas verlegen wirkende Entschuldigung, er schreibe nun einmal bios und nicht ‘istoria (Plut. Vita Alex. 1, 1f). Die unterschiedlichen Stränge der hellenistischen Beurteilung Alexanders setzen sich auch im Römischen fort und bilden die Grundlage für die unterschiedlichen Rezeptionen. Noch Jul. Caes. 324d läßt Alexander sich darüber beschweren, er habe nie einen würdigen Historiographen bekommen.

[2] Bis heute grundlegende Arbeiten zum Thema sind etwa: W. Hoffman, Das literarische Porträt Alexanders des Großen im griechischen und römischen Altertum, 1907 und A. Heuss, Alexander der Große und die politische Ideologie des Altertums, in: Antike und Abendland 4, (1954) 65-104. Die Schwäche der ersteren Arbeit besteht darin, daß des öfteren Gegebenheiten, die in Wirklichkeit sehr umstritten sind, als feststehende Tatsachen dargestellt werden. Als Zusammenstellung der Quellen zu Alexander in der römischen Literatur ist die Arbeit jedoch für einen ersten Anlauf unverzichtbar. D. Spencer, The Roman Alexander, 2002 bietet einige interessante neue Denkanstöße, schießt jedoch in manchen Punkten über das Ziel hinaus. Zudem schließt ihre Arbeit mit dem Ende des julisch-claudischen Kaiserhauses (von dem sie sogar noch Caligula unberücksichtigt läßt). Die meisten weiteren Arbeiten behandeln nur Teilaspekte des Themas oder nur bestimmte Zeitabschnitte.

[3] P. Green, Caesar and Alexander. Aemulatio, imitatio, "comparatio", in: AJAJ 3 (1978).

- [4] B. Poulsen, Alexander the Great in Italy during the Hellenistic period, in: J. Carlsen, B. & O. Due, B. Poulsen, Alexander the Great - Reality and myth, 1993, Reprint 1997, 161f; Fig. 1.

[5] Als Beispiel sei das bekannte Alexandermosaik in der Villa del Fauno in Pompeji angeführt, das vermutlich am Ende des zweiten Jahrhunderts entstand und wohl auf ein Alexander zeitnahes griechisches Gemälde zurückgeht.

[6] Strabo 5, 3, 5.

[7] Arr. Anab. 7, 15, 5; Plin. NH 3, 57. Plinius bezieht sich dabei auf Kleitarch, Arrian auf Aristus und Asclepiades.

[8] S. 4, Anm. 18.

[9] Zur Alexander-Rezeption des Pyrrhos: Plut. Pyrrh. 11, 2. Freilich besteht bei diesem Traumgesicht die Gefahr einer postumen römischen Legendenbildung. Der Kampf mit Pyrrhos habe bei den Römern erstmals zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Figur Alexanders geführt. „Ihr Alexander-Bild, wenn man für diese Zeit überhaupt von enem solchen sprechen kann, war bisher ganz abstrakt und blutleer gewesen; jetzt aber konnte es sich mit Leben und Anschauung füllen angesichts eines kaum weniger gewaltigen Herrschers, eines Makedonenkönigs, der als neuer Alexander auftrat“: O. Weippert, Alexander-Imitatio und römische Politik in republikanischer Zeit, 1972, 15.

[10] Plut. Pyrrh, 19, 1ff; Cic. Cato 16. Cicero führt zwar an, er habe die Rede noch selbst vorliegen, jedoch wird in der Forschung an ihrer Echtheit gezweifelt. Die Rede wird i.d.R. als Konstrukt aus der viel späteren Auseinandersetzung um die geistige Vormacht zwischen Rom und Griechenland verortet. S. dazu etwa Weippert, a.O., 10f. Bedenkt man freilich, welche Schwierigkeiten die Römer hatten, Pyrrhos abzuwehren, dann wäre sie in dieser Diskussion allerdings eher kontraroduktiv gewesen: wenn die Römer Pyrrhos schon kaum hatten besiegen können, wäre es ihnen bei dem höher eingeschätzten Alexander rein der Argumentationslogik folgend nämlich garnicht gelungen. Poulsen, a.O., 163 hält es für möglich, daß es im Rahmen von Alexanders Eroberungen zumindest zu Diskussionen über Vorsichtsmaßnahmen für eine eventuellen Invasion Italiens gekommen sein könnte.

[11] Spencer, a.O., 12-18 bringt bereits die Erschaffung des Troja-Mythos mit Alexander-Rezeption in Verbindung, desgleichen die Rezeption des Hannibal-Zuges über die Alpen und die „Gefolgschaftstreue“ der Soldaten zu ihren Feldherren, beginnend mit Marius. Diese Interpretation geht wohl etwas zu weit.

[12] Der Beinahme „der Große“ (magnus oder megas) findet in der römischen Rezeption durchaus auch in späteren Zeiten nicht so selbstverständlich Verwendung, als man das nach unserer modernen Selbstverständlichkeit, Alexander als „den Großen“ zu benennen, vielleicht erwarten würde. Mindestens ebenso häufig, wenn nicht häufiger, wird Alexander einfach nur als „von Makedonien“ oder „Sohn Philipps“ tituliert. Spencer, a.O., 2ff regt daher an, sich von dem uns geläufigen „Alexander der Große“ freizumachen, da die Selbstverständlichkeit, mit der wir selbst diese Titulierung verwenden, uns nur zu leicht den Blick auf die tatsächliche römische Wahrnehmung Alexanders verstelle. Der Beinahme ‘o megas tauche nach D. Michel, Alexander als Vorbild für Pompejus, Caesar und Marcus Antonius - Archäologische Untersuchungen, Col. Latomus 94, 1967, 35 in den primären Alexander-Quellen nie auf. Wobei sich die Frage stellt, woher sie das angesichts der fragmentarischen Überlieferungslage wissen will. Weippert, a.O., 19 geht sogar davon aus, daß Alexander den Beinamen magnus nicht von den Griechen bekam, sondern von den Römern.

[13] Poulsen, a.O., 164; desgl. Weippert, a.O., 20f. Der ebenfalls genannte Agathokles sei den Römern jedoch wesentlich vertrauter gewesen.

[14] Nach N. Hannestad, Imitatio Alexandri in Roman Art, in: J. Carlsen, B. & O. Due, B. Poulsen, Alexander the Great - Reality and myth, 1993, Reprint 1997, 61 prägte Flamininus nach dem Sieg über Philipp V. 197 v. Chr. Münzen im attischen Fuß nach dem Vorbild der Alexandermünzen des Lysimachos. Dabei habe es sich allerdings eher um Medaillone als Münzen gehandelt, sodaß sie in Rom keinen Anstoß erregen konnten. Ohnehin scheint es mir eher wahrscheinlich, daß Flamininus lediglich auf den gewohnten Münzfuß zurückgriff, ohne dabei wirklich an Alexander zu denken. In der ersten Hälfte des ersten Jhdts v.Chr prägte ein Quastor Aesillas im Osten Münzen mit dem Bildnis Alexanders, allerdings ohne Herrscherinsignien, da Makedonien inzwischen römsch war. Die Münzen gehörten wohl in den Kontext des Mithradatischen Krieges und waren wahrscheinlich zur Auszahlung thrakischer Söldner bestimmt: K. Dahmen, The Legend of Alexander the Great on Greek and Roman Coins, 2007, 18ff.

[15] Vell. Paterc. 1, 11, 3f; Plin. NH 34, 64.

- [16] W. Hoffman, Das literarische Porträt Alexanders des Großen im griechischen und römischen Altertum, 1907, 34f.

[17] Heuss, a.O., 78

[18] Liv. 9, 16, 19-19, 17; Arr. 7, 15, 5f. Livius lehnt den Vorgang ab, Arrian ist zumindest skeptisch. Livius Exkurs stellt einen Kontrast zu seinem ansonsten eher positiven Alexanderbild dar (Liv. 8, 3, 6f; 35, 14, 7) und ist somit wohl eine Reaktion auf einen römerfeindlichen Angriff, der Alexander zu ihren Ungunsten verherrlichte: Weippert, a.O., 229ff; 235. Die Frage nach der möglichen Eroberung Roms wurde wohl zum rhetorischen Stilmittel bis hin zum Alexanderroman: Hoffman, a.O., 38. Für Spencer, a.O., 42-45 ist der Livius-Exkurs eine Anspielung darauf, was Dekadenz aus einem einzelnen Menschen machen kann und damit durchaus auch ein Warnsignal an Augustus, aber ebenso ein innenpolitisches „Abklopfen“, wie weit man in einer Monarchie mit Kritik gehen darf: ist Kritik erlaubt, ist der Herrscher ein guter Herrscher.

[19] In diese Tradition gehört auch die Unterredung zwischen Scipio und Hannibal, in der Hannibal Alexander den größten Feldherren nennt, Scipio aber indirekt mindestens ebenso hoch veranschlagt: Liv. 35, 14, 5-12. Besonders ausgeprägt beurteilt den Livius-Exkurs Spencer, a.O., 45-53 mit Hinblick auf die schwierige Ausgangslage römischer Politiker unter dem Zwang der Kollegialität und Annuität: „Roman imperial dreams could segue neatly from an abhorrance of monarchy to a demonstration of how the most famous warrior king of them all was outdone by a collective popular effort. [ ] The greatness engendered by sole command is also, therefore, its limitation; no one else can approach Alexander´s qualities, competition ceases, and the nation is diminished. The end of this version of the story is that Alexander´s greatness cannot offer anything more than transient power, with the moral that playing the "greatness" card ultimately leads to self-destruction, even on a national level. [ ] Alexander is great, but his solitary splendour proves for Livy how much greater still is Rome, with a multiplicity of potential Alexanders.“

[20] N. Hannestad, Imitatio Alexandri in Roman Art, in: J. Carlsen, B. & O. Due, B. Poulsen, Alexander the Great - Reality and myth, 1993, Reprint 1997, 61;

[21] Heuss, a.O., 80; Spencer, a.O., 185 sieht jedoch bereits Alexander-Rezeption in dem Beinamen „Africanus“, ebenso bei Metellus „Macedonicus“. Die Beinamen seien Ausdruck des Sieges der Römer über das Alexanderreich. Sie übersieht dabei offenbar geflissentlich, daß diese Siegesbeinamen (wie z.B. „Creticus“) nur das besiegte Gebiet kennzeichnen, ohne den Gedanken an irgendwelche Rezeptionen.

[22] Liv. 26, 19, 7; Gell. 6, 1; Polyb. 10, 2, 5-13. Livius bezeichnet die Schlangengeschichte als „nachgeplappertes“ Volksgeschwätz, Polybios, der zum Umkreis der Scipionen gehörte, die angeblichen göttlichen Fügungen als neidisches Gerede. Weippert, a.O., 43 geht davon aus, daß der Mythos von der Schlangenzeugung griechischen Ursprungs ist, also eine Angleichung an Alexander nahelege.

[23] So etwa Heuss, a.O., 80; Frank, a.O., 11, Anm. 44 weist jedoch darauf hin, daß solche Zeugungsmythen häufig für herausragende Personen erfunden werden.

[24] Sofern sie nicht sogar völlig ahistorisch und nachträgliche Erfindung ist. Polybios´ gereizter Ton könnte immerhin darauf hinweisen, daß den Scipionen die Geschichten garnicht so recht waren, während Livius vermeldet, Scipio selbst habe zumindest nichts dagegen unternommen,.

[25] "Für die nach Macht strebenden Einzelpersönlichkeiten des entstehenden römischen Weltreiches drängt sich das Vorbild des "Welteneroberers" von selbst auf": Michel, a.O., 11.

[26] Dies gilt freilich nicht nur für die Zeit der Republik, sondern ebenso auch für die Kaiserzeit.

[27] Die allgemein akzeptierte Interpretation der Frisur des Pompejus als Alexander-anastolh-Angleichung wird allerdings von P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, 1987, 20f, Abb. 5ff angezweifelt. Die Haartracht sei durchaus typisch für diese Zeit.

[28] Plut. Pomp. 13, 4f; Plin. NH 7, 96.

[29] Michel, a.O., 48.

[30] Dio 37, 21, 2; Plut. Pomp. 45, 5f; Plin. HN 7, 95-98; Diod. 40, 4; App. 12 (116f). Zur Bewertung des Triumphzuges: H. Bellen, Das Weltreich Alexanders des Großen als Tropaion im Triumphzug des Cn. Pompeius Magnus (61 v. Chr.), in: W. Wirth, J. Heinrichs, Zu Alexander dem Großen - Festschrift G. Wirth zum 60. Geburtstag am 9.12.86, II, 1988, 865-884; Michel, a.O., 40f. Besonders herausgestrichen wird im Triumphzug ein unbedeutender Sieg über die Iberer im Kaukasus, den nicht einmal Alexander errungen hatte (allerdings nur, weil er in Eile war und sie deshalb in Ruhe ließ): Plut. Pomp. 34, 5.

[31] App. 12 (117). Mithradates hatte sich zuvor selbst bewußt in der Nachfolge Alexanders inszeniert Davon leitet S. Frank, Imitatio Alexandri und Alexanderverehrung im Julisch-Claudischen Kaiserhaus, 2004, 3 ab, man könne hier deshalb des Pompejus´ Alexander-Nachahmung sogar als Kampf gegen einen Usurpator um die legitime Nachfolgeschaft Alexanders betrachten.

[32] Plut. Pomp. 35, 3f ; App. 12 (103). Plutarch berichtet nur von gefundenen „Amazonenwaffen“ auf dem Schlachtfeld, Appian auch von verwundeten Frauen unter den Gefangenen. Vielleicht sollte man hierbei auch an eine Rezeption von Marius´ Kimbernkrieg denken.

[33] Cic. de imp. Cn. Pomp 41. Später benutzte er den Alexander-Vergleich auch für Octavian: Cic. Phil. 5, 17, 48. Allerdings ist Alexander nur ein Exemplum unter mehreren für Männer, die es im jungen Alter weit gebracht haben.

[34] Cic. ad Att. 13, 28, 2f. Er kritisiert dabei wohl, daß vielversprechende junge Römer durch Kyros- und Alexanderbilder zum „Größenwahn“ verleitet und verdorben werden: U. Ortmann, Cicero und Alexander, in: W. Wirth, J. Heinrichs, Zu Alexander dem Großen - Festschrift G. Wirth zum 60. Geburtstag am 9.12.86, II, 1988, 817ff. Allgemein ist Alexander für Cicero nur ein Exemplum in der tagespolitischen Auseinandersetzung: die Römer sollen den Vorfahren nacheifern und nicht irgendwelchen Persern oder Griechen. Des weiteren dient ihm Alexander als bestenfalls neurales, zumeist aber negatives Exemplum für Tugend-Exkurse: Cic. Tusc. 4, 79; 5, 92; de off. 2, 53; de leg. 2, 40f. Cic. ad fam. 2, 10, 3f und ad Att.5, 20 „scheinen eine gewisse Hochachtung Ciceros vor Alexanders militärischen Leistunen zu imlizieren.“ Jedenfalls scheint Cicero stolz darauf zu sein, an derselben Stelle zum imperator ausgerufen worden zu sein, an der auch Alexander gesiegt hatte: Ortmann, a.O., 851. Allerdings wird aus den Briefen auch deutlich, daß Cicerpo schleunigst nach Rom zurück möchte; der Job als Feldherr ist ihm zu anstrengend.

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Résumé des informations

Titre
Alexander der Große – Seine Rezeption in der römischen Antike
Université
University of Frankfurt (Main)
Cours
Alexander der Große
Note
1,7
Auteur
Année
2007
Pages
35
N° de catalogue
V86490
ISBN (ebook)
9783638018227
Taille d'un fichier
496 KB
Langue
allemand
Mots clés
Alexander, Große, Seine, Rezeption, Antike, Alexander, Große
Citation du texte
Florian Gils (Auteur), 2007, Alexander der Große – Seine Rezeption in der römischen Antike, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86490

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