Die Bearbeitung des vorliegenden Interviews erfolgt im Zusammenhang des Themas Familie.
Die Familie ist als ein in sich sehr stabiles soziales Gebilde zu betrachten. Seine Mitglieder definieren sich nicht (vornehmlich) über gleiche Interessen und Sympathie als zusammengehörig, wie in anderen, externen Beziehungen, sondern über ihre Verwandtschaft miteinander. Dadurch sind sie aneinander gebunden ihr Leben lang. Die Familie wirkt für einen Mensch stark identitätsstiftend, und sie ist die Folie, auf der er andere Menschen und Beziehungen zu ihnen betrachtet.
Zugleich ist die Familie aber auch ein sehr dynamisches System, dass auf die Ablösung der Kinder vom Elternhaus hinausläuft. Diese Ablösung, wodurch sich die gemeinsame Lebenspraxis der (Kern-) Familie auflöst, ist dabei nicht lediglich ein Nebeneffekt, sondern konstitutiv und notwendig für das Prinzip "Familie". Mit der Ablösung von der Herkunftsfamilie beginnt eine zweite Phase, nämlich die, in der das Individuum selbst eine Familie gründet. Dort ist seine ehemalige Rolle nunmehr vertauscht gegen die des Elternteils. Ohne die Auflösung der Herkunftsfamilie wäre das Gründen einer neuen Familie nicht möglich. So kann man sich über Generationen hinweg einen Prozess des ewigen Gründens und Auflösens vorstellen, durch den einzig und allein der Fortbestand der Menschheit gesichert ist.
Wenn auch das Grundprinzip das ewig gleiche ist, so gibt es doch in der Praxis etliche Formen und Riten, wie der Übergang von der einen in die andere Familie vollzogen wird. Unter kultur-anthropologischem Aspekt wunderbar nachzulesen in den Untersuchungen von Claude Lévi-Strauss. Ebenso verändern sich aber auch innerhalb einer Gesellschaft die Formen des Wechsels. Zu diesem Thema sei die Befragung verschiedener Paare im heutigen Frankreich von Jean-Claude Kaufmann empfohlen.
Bisherige Formen können abgelöst werden oder es kommen neue Möglichkeiten hinzu. In der Regel wird das Arsenal von verfügbaren Praxen auf diese Weise komplexer. Das heißt, dem Individuum stehen mehr Möglichkeiten zur Verfügung. Eine Möglichkeit, das Leben in einer WG als Zwischenstadium zwischen Herkufts- und Gründungsfamilie, soll im Zentrum der vorliegen Arbeit stehen.
Inhaltsverzeichnis
- Objektiv-hermeneutische Textinterpretation einer Interviewsequenz zum Thema WG-Leben
- Familie als stabiles und dynamisches System
- Die Ablösung von der Herkunftsfamilie
- Formen und Riten des Übergangs von der Herkunfts- in die Gründungsfamilie
- WG-Leben als Moratorium zwischen Herkunfts- und Gründungsfamilie
- Interview und Textinterpretation
- Textauszug
- ,,Ich hab' auch“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert eine Interviewsequenz zum Thema WG-Leben im Kontext der familiären Entwicklung und der Ablösung vom Elternhaus. Sie untersucht die Rolle der WG als eine temporäre Form des Zusammenlebens zwischen Herkunfts- und Gründungsfamilie.
- Familie als dynamisches System
- Ablösung von der Herkunftsfamilie
- WG als Übergangsphase
- Objektiv-hermeneutische Textinterpretation
- Wortstellung und Bedeutung des Wortes ,,auch“
Zusammenfassung der Kapitel
- Der Text beginnt mit einer Einführung in das Thema Familie als ein stabiles und dynamisches System. Er beleuchtet die Ablösung von der Herkunftsfamilie als eine konstitutive Phase in der Entwicklung des Individuums.
- Weiterhin werden unterschiedliche Formen und Riten des Übergangs von der Herkunfts- in die Gründungsfamilie betrachtet. Der Text argumentiert, dass die WG als eine Zwischenform zwischen diesen beiden Familienformen dienen kann.
- Die Analyse eines Interviews mit Bewohnern einer WG steht im Zentrum der Arbeit. Die Interviewsequenz wird einer objektiv-hermeneutischen Textinterpretation unterzogen, um die Bedeutung des WG-Lebens im Kontext der Familiendynamik zu verstehen.
- Der Text beleuchtet die Bedeutung des Wortes ,,auch“ im Interviewauszug und analysiert seine Rolle in der Konstruktion von Bedeutung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die folgenden Schlüsselwörter und Themen: Familie, Ablösung, Herkunftsfamilie, Gründungsfamilie, WG-Leben, Moratorium, Objektiv-hermeneutische Textinterpretation, Interviewanalyse, Wortstellung, Bedeutung, ,,auch“.
- Quote paper
- Anne Burkhardt (Author), 2002, Objektiv-hermeneutische Textinterpretation einer Interviewsequenz zum Thema WG-Leben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8670