Integrationskurs für MigrantInnen - Integrationsmaßnahme oder Sprachkurs?


Vordiplomarbeit, 2007

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definition von Migration
2.1 Ursachen von Migration
2.2 „Zuwanderung“ in die BRD seit 1950
2.3 Der Lange Weg zum Zuwanderungsgesetz

3 Integration
3.1 Definitionen von Integration
3.2 Definitionen von Integrationsmaßnahmen
3.3 Bedeutung der Sprache bei der Integration
3.4 Vorraussetzungen für erfolgreiche Integration

4 Der Integrationskurs
4.1 Gesetzlicher Rahmen
4.1.1 Teilnahmeberechtigung und Teilnahmeverpflichtung
4.1.2 Aufgaben und Ziele
4.1.3 Aufbau und Inhalte
4.2 Methoden

5 Evaluation des Integrationskurses

6 Fazit

7 Quellennachweis

8 Anhang

Unser Problem ist die Integration

(Dr. Wolfgang Schäuble, 2006)

1 Einleitung

Zum 1. Januar 2005 trat das hart umkämpfte Zuwanderungsgesetz (Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern) in Kraft. Mit diesem Gesetz erhielten die Zugewanderten erstmals die Möglichkeit, bzw. die Verpflichtung zu einem gesetzlich geregelten Integrationskurs (§ 43 Aufenthaltsgesetz). Der Name dieses Kurses suggeriert stark, dass dort Integration stattfindet, oder zumindest Integration gelehrt und unterstützt wird. Also entweder ein Kurs, der integriert oder aufzeigt, was Integration ist und wie sie vonstatten geht. Hier stellt sich allerdings sogleich die Frage, inwieweit in einem Klassenzimmer, in dem sich, mit Ausnahme der Lehrkraft, nur Menschen mit Migrationshintergrund befinden, Integration eigentlich stattfinden kann.

Zur Beantwortung der hieraus resultierenden Frage, ob die Teilnahme an einem Integrationskurs tatsächlich zur Integration führt oder ob es sich nur um einen Sprachkurs mit einem irreführenden Namen handelt, wird zuerst ein Blick auf die Ereignisse, die zur Entstehung dieses Gesetzes beigetragen haben geworfen; nach Ausführungen zu Sprache und Integration und deren Formen, werden Aufbau und Ziele des Integrationskurses vorgestellt, um dann die Wirksamkeit des Kurses zu untersuchen und mögliche Verbesserungsvorschläge anzubieten.

Anmerkung: wie schon im Titel dieser Arbeit, so habe ich auch im Text häufig die neue Schreibweise mit einem großen I verwendet, z.B. MigrantInnen. Hierauf wurde aber bisweilen, zugunsten der Lesbarkeit, verzichtet; gemeint sind aber immer männliche und weibliche Formen.

2 Definition von Migration

„Migration ist eine allgemeine Sammelbezeichnung für den Umstand, dass Personen für einen längeren Zeitraum einen früheren Wohnort verlassen haben und in der Gegenwart in einem anderen Land als ihrem Herkunftsland leben. Diese Verwendung des Begriffs »Migranten« schließt deutlich die Wohnortveränderung innerhalb eines Staates aus und bezieht sich auf den internationalen Charakter von Migration“ (Hamburger 2001, S. 1212).

Diese Definition schließt auch jene MigrantInnen ein, welche nach einer, oder auch mehreren Generationen in ihr ursprüngliches Heimatland zurückkehren. Hier sei besonders auf Spätaussiedler hingewiesen, welche nach dem Zuwanderungsgesetz ebenfalls einen Anspruch zur Förderung ihrer Integration haben.

2.1 Ursachen von Migration

Nach Hamburger (2001, S. 1213) werden in Deutschland hauptsächlich drei Gruppen von Migranten wahr genommen: Arbeitsmigranten, Aussiedler und Flüchtlinge. Da Handlungsmotive von Migranten stark mit den Ursachen ihrer Migration verknüpft sind (a.a.O., S. 1212), ist es wichtig diese zu verstehen, u. a. um die Bemühungen und auch die Fähigkeiten zur Integration richtig einschätzen zu können. Auch ist der Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs für diese drei Gruppen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt. (s. Kapitel 4.1. f).

Arbeitsmigranten ziehen in ein fremdes Land, entweder aus der Aussichtslosigkeit einer Verbesserung ihrer Situation in ihrem Herkunftsland heraus, verbunden mit der Hoffnung, die entbehrten Existenzgrundlagen in einem anderen Land bekommen zu können, aber auch, wenn nicht aus wirtschaftlicher Not, dann aus der Hoffnung heraus, sich entweder sozial, wirtschaftlich oder beruflich zu verbessern (a.a.O., S. 1212 f).

Aussiedler (seit 1.1.1993 auch Spätaussiedler) sind nach Amtlicher Definition keine Ausländer, sondern »deutsche Staatsangehörige oder Volkszugehörige, die vor dem 8.5.1945 ihren Wohnsitz in den zur Zeit unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten, bzw. in Polen, der Sowjetunion gehabt haben und diese Länder nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen verlassen haben oder verlassen« (Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz)

Die letzte Gruppe, politisch verfolgte Flüchtlinge, können nach Art. 16 des GG Asyl beantragen. Diese Gruppe lässt sich noch wie folgt unterteilen:

Asylbewerber,

- bei denen eine Entscheidung über den Asylantrag noch aussteht
- mit einem positiven Entscheid, sogenannte „anerkannte Flüchtlinge“
- mit einem abgelehnten Antrag, welche aber nicht abgeschoben werden, da ihnen in ihrem Heimatland evtl. Folter oder Ermordung droht; sogenannte „De-facto-Flüchtlinge“

ebenso:

- Kontingentflüchtlinge, z.B. vietnamesische »boat people« und Juden aus Russland. Diese erhalten alle eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis
- Bürgerkriegsflüchtlinge; sie erhalten nach § 32a Ausländergesetz (AuslG ) vorübergehenden Schutz, bis sich die Lage in ihrem Land stabilisiert hat.

(vgl. Hamburger 2001, S. 1214)

Hierzu sollte noch angemerkt werden, dass sowohl das Kontingentflüchtlingsgesetz als auch das AuslG zum 1. Januar 2005 außer Kraft getreten sind. Humanitäre Aufnahmen können seit dem 1.1.2005 im Rahmen der Regelungen des 5. Abschnitts des AufenthG erfolgen.

2.2 „Zuwanderung“ in die BRD seit 1950

Die Migration nach Deutschland seit Mitte der 50er Jahre fand in 3 unterschiedlichen Phasen statt (vgl. Reißlandt 2005, Hamburger 2001, S. 1217f).

In der ersten Phase wurden mit verschiedenen Europäischen Mittelmeerländern Anwerberverträge geschlossen, um einen Arbeitskräftemangel in Bereichen der Industrie zu decken (Gastarbeiter). Diese waren im Einzelnen: Italien (1955), Spanien und Griechenland (1960), Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und Jugoslawien (1968). Bis 1973 wuchs der Bedarf an Arbeitskräften stetig, so dass zur Zeit des verhängten Anwerberstopps, ausgelöst durch die Ölkrise in jenem Jahr, sich 2,6 Millionen Ausländer in der BRD aufhielten. Die Ausländerpolitik jener Zeit zielte darauf ab, ausländische Arbeitskräfte ohne ihre Familienangehörigen anzuwerben. Integrationsmaßnahmen waren lediglich zur Orientierung am Arbeitsplatz ausgerichtet. Auch wenn die Politik sich der damit verbunden sozialen Probleme bewusst war, wurden sie als nicht bedeutsam erachtet, da man immer von einem Rotationsprinzip ausging, wonach ausländische Arbeitnehmer durch neue „ersetzt“ werden sollten.

Die zweite Phase, von 1973 bis Anfang der 80er Jahre, war, ausgelöst durch den verhängten Anwerberstopp, geprägt vom Familiennachzug der zuvor angeworbenen ausländischen Arbeitskräfte, der die einzige verbliebene Form der Zuwanderung darstellte. Die Ausländerpolitik der 80er Jahre war restriktiv ausgelegt und geprägt durch Bemühungen, Gastarbeiter zur Rückkehr in ihr Heimatland zu bewegen. Dazu wurde 1983 das Gesetz zur befristeten Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern erlassen.

Ab Mitte bzw. Ende der 80er Jahre begann die letzte Phase der Zuwanderung in die BRD, geprägt durch den Zuzug von Asylsuchenden und, nach dem Fall der Mauer, einem starken Anstieg von Aussiedlern, hauptsächlich aus der ehemaligen Sowjetunion.

„Kennzeichnend für die damalige Integrationspolitik war das offensiv vertretene Dementi der Einwanderungssituation durch die amtierende Bundesregierung, welches hieß: "Deutschland ist kein Einwanderungsland".“ (Reißlandt 2005).

Bemerkenswert ist, dass diese Meinung vertreten wurde, obwohl schon 1993 knapp 7 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik lebten, was einen Anteil von über 9% der Gesamtbevölkerung ausmachte. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Aus dieser Situation heraus haben sich 1994 60 Professoren und Professorinnen mit dem „Manifest der 60“, and die Öffentlichkeit gewandt. Sie wollten damit die Dringlichkeit eines Zuwanderungsgesetzes deutlich machen. Es dauerte trotzdem bis Februar 2000, als der damalige Bundeskanzler Schröder auf der Cebit-Messe in Hannover forderte, höchst qualifizierten ausländischen Computerspezialisten eine vorrübergehende Arbeitserlaubnis zu erteilen, bis Bewegung in die Diskussion über die Migrations- und Integrationspolitik kam(vgl. Reißlandt 2005, Hamburger 2001, S. 1217f).

2.3 Der Lange Weg zum Zuwanderungsgesetz

Es sollte allerdings noch weitere 5 Jahre dauern, bis das Zuwanderungsgesetz in Kraft trat. Nachdem die unabhängige Kommission „Zuwanderung“ unter dem Vorsitz von Rita Süssmuth im Juli 2001 ihren Bericht vorgelegt hatte, mit dem Konsens aller Experten, dass Deutschland gesteuerte Zuwanderung braucht, legte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) im August des selben Jahres einen ersten Entwurf vor. Mehrfach scheiterte das Gesetz am Widerstand der Opposition; sogar mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, welches dann auch im Dezember 2002 urteilte, dass das Zustandekommen des Gesetzes aufgrund eines Verfahrensfehlers verfassungswidrig sei. Erst 2 Jahre später wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlich und trat schließlich zum 1. Januar 2005 in Kraft.

„Der Bericht der Unabhängigen Kommission "Zuwanderung" und der Entwurf des Zuwanderungsgesetzes brachten Deutschland an die Wende von einer eher reaktiven zu einer aktiven und planvollen Gestaltung von Migration und Integration als zentralen Aufgaben der Wirtschafts-, Gesellschafts- und Kulturpolitik. Das war ein wichtiger Schritt auf dem Weg von einem informellen zu einem formellen modernen Einwanderungsland“ (Reißlandt 2005). Erstmals in der Geschichte der BRD wurde die Zuwanderung gesteuert und erhielten die Zuwanderer einen gesetzlichen Anspruch auf Integration.

„Anders sieht es mit der Übernahme der Vorschläge zur Integration aus. Die Integration der Migranten und Migrantinnen wird im Gesetz als entscheidende Zukunftsfrage gesehen. Zu lange hat die offizielle Rotationspolitik Integration vernachlässigt.“ (Süssmuth 2006, S. 107) Im Abschnitt 5.1 gesetzliche Rahmenbedingung (des Integrationskurses) wird auf die gesetzlichen Regelungen genauer eingegangen.

3 Integration

Nachdem im letzten Kapitel verdeutlicht wurde, dass Integration ein bedeutender Teil der deutschen Politik geworden ist, soll in diesem jetzt ein genauer Blick auf die einzelnen Aspekte von Integration geworfen werden.

3.1 Definitionen von Integration

Um beurteilen zu können, ob und in wieweit der Integrationskurs etwas mit Integration zu tun hat, um dann daran seinen Erfolg zu messen, muss als erstes eine Einheitliche Definition von Integration gefunden werden. Dies gestaltet sich aber schwierig, denn eine allgemeingültige Definition gibt es nicht, und die allgemeine Auffassung der Experten, dass Integration als Gegenbegriff zur Desintegration, zur Ab- und Ausgrenzung, steht und dass es um individuelle und gesellschaftliche Teilhabe und Zugehörigkeit geht (vgl. Süssmuth 2006, S. 138), finde ich immer noch zu vage.

Die Landesregierung (Schleswig-Holstein, d. Verf.) versteht unter Inte­gration weit mehr als ein freundliches Nebeneinander von Menschen. Sie strebt als Ziel der Integration vielmehr eine Kul­tur des Respekts und des gleichberechtig­ten Miteinanders an. Integration heißt aber auch, dass für alle hier Lebenden die im Grundgesetz festgelegten Rechte und Pflichten die verbindende Grundlage sind, auf deren Basis Verschiedenheit akzeptiert werden kann. Eine Kultur des Respekts bedingt, dass Unterschiede wahrgenom­men und ausgehalten werden müssen. - Integration bedeutet daher keineswegs das Verschwinden von eigener Herkunft und Identität. Es handelt sich um einen zeitlich unbegrenzten gesamtgesellschaftlichen Lernprozess. (Innenministerium des Landes Schleswig Holstein 2000, S. 3)

Die Stadt Braunschweig (2007) äußert sich (und positioniert sich dadurch) auf ihrer Internetpräsenz folgendermaßen zur Frage der Integration:

Im Unterschied zum Alltagsverständnis, wo Integration oft mit Spracherwerb oder kultureller Anpassung gleichgesetzt wird (Assimilation, d. Verf.), wird in der Wissenschaft gelungene Integration an verschiedenen Faktoren festgemacht. Prof. Dr. Friedrich Heckmann, Universität Bamberg, unterscheidet folgende vier Dimensionen von Integration:

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Integrationskurs für MigrantInnen - Integrationsmaßnahme oder Sprachkurs?
Hochschule
Fachhochschule Kiel
Veranstaltung
Interkulturelle Kompetenzen in der sozialen Arbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V86741
ISBN (eBook)
9783638011921
ISBN (Buch)
9783638916158
Dateigröße
433 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Integrationskurs, MigrantInnen, Integrationsmaßnahme, Sprachkurs, Interkulturelle, Kompetenzen, Arbeit
Arbeit zitieren
Kai Langeberg (Autor:in), 2007, Integrationskurs für MigrantInnen - Integrationsmaßnahme oder Sprachkurs?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86741

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