Die Individualität und Lebenserfahrungen eines Autors in seinem Werk - Thomas Mann: Mario und der Zauberer


Term Paper, 2007

16 Pages, Grade: 2,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Präzisierung der Fragestellung
1.2 Forschungslage

2. Erlebnisse einer Reise – die „autobiographische Folie“ des Werkes?

3. Inszeniert sich der Autor selbst im Werk?
3.1 Die Homophilie
3.2 Nationalsozialistische Bezüge im Werk
3.2.1 Die Szene am Strand
3.1.2 Das Schauspiel des Zauberers

4. Schlussbetrachtung

5. Bibliographie
5.1 Primärliteratur
5.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

1.1 Präzisierung der Fragestellung

In dieser Belegarbeit soll vorrangig Manns Werk Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis hinsichtlich autobiographischer Bezüge untersucht werden. Es soll geklärt werden, ob und inwieweit Mann die Erfahrungen im Text verarbeitet hat. In diesem Zusammenhang sind die Erlebnisse und die Individualität des Autors differenziert zu betrachten.

1.2 Forschungslage

In der Forschung gibt es zahlreiche Interpretationsansätze hinsichtlich des Werkes Mario und der Zauberer. Aufgrund differenzierter Interpretationsrahmen lassen sich oft Handlungszusammenhänge darstellen, die je nach Zielverfolgung eine individuelle Sichtweise darlegen[1]. In der Gesamtbetrachtung sind jedoch zwei Linien konstitutiv für die Interpretation des Textes. Zum einen sind das die historisch-politischen Zusammenhänge, die Mann bereits im ersten Teil der Erzählung, im Sinne eines nationalen Volkes, darstellt. Aufbauend darauf gipfeln die geschichtlichen Bezüge im zweiten Teil des Textes, dem Schauspiel des Zauberers Cipollas. Zum anderen werden Hinweise auf die homoerotischen Neigungen, welche Mann in vielen Büchern thematisiert, versucht herauszuarbeiten[2]. Für die Klärung der Hauptaufgabe der Belegarbeit gilt es diese politisch-historischen sowie persönlichen Darstellungen erneut zu hinterfragen. Des Weiteren muss der Blickwinkel auf die autobiographischen Bezüge erweitert werden, um letztendlich eine nachvollziehbare und gerechtfertigte Entscheidung darüber zu geben, ob Thomas Mann Erfahrungen seines Lebens und seine eigene Persönlichkeit im Werk inszeniert.

Das Leben Thomas Manns ist uns heute weit erschlossen. Aufgrund der sich fortschreitend entwickelnden Technisierung im 20. Jahrhundert existieren zahlreiche Bild- und Tondokumente[3]. Aber auch schriftliche Aufzeichnungen sind vorzufinden. Einer der größten Schriftsteller seiner Zeit hinterlässt jedoch eine der wertvollsten Quellen überhaupt, seine Tagebücher. Durch diese eröffnen sich Einblicke in das ‚Innere’ Thomas Manns, welche uns sonst verschlossen geblieben wären. Mit dem breiten Wissen über das Leben des Autors wird deutlich, dass persönliche Erfahrungen und Erlebnisse oft die Grundlage seiner Texte bilden. Auch sind, aufgrund der ausführlichen Kenntnisse über den Schriftsteller, die Intentionen seiner Texte sehr gut nachvollziehbar. Im Folgenden soll die Lebensgeschichte Thomas Manns als Grundlage für die Bearbeitung des Hauptaspektes der Belegarbeit dienen, die Untersuchung des Werkes Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis nach autobiographischen Bezügen.

2. Erlebnisse einer Reise – die „autobiographische Folie“ des Werkes?

Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis - Ist es ein Werk, welches von autobiographischen Bezügen des Autors Thomas Mann geprägt ist?[4]

Im Jahre 1926, vom 31. August bis 13. September, verbringt Thomas Mann gemeinsam mit seiner Gattin Katia Mann und seinen beiden jüngsten Kindern Elisabeth[5] und Michael[6] einen Genesungsurlaub „[...] in Forte dei Marmi bei Viareggio, einem eleganten Seebad am Tyrrhenischen Meer in der Provinz Lucca“[7]. Die Erlebnisse, welche er in diesem Urlaub erfährt, bilden die Grundlage für die Erzählung Mario und der Zauberer, welche er im August des darauf folgenden Jahres während eines Erholungsaufenthaltes im Ostseebad Rauschen beginnt niederzuschreiben[8].

„Da ich mich [...] auf beschäftigungslose >Erholung< durchaus nicht verstehe und eher Nachteil als Nutzen davon erfahre, beschloß ich meine Vormittage mit einer leichten Ausführung einer Anekdote zu füllen, deren Idee auf eine frühere Ferienreise, einen Aufenthalt in Forte dei Marmi bei Viareggio und dort empfangene Eindrücke zurückging [...]“[9].

Um das Meer und den Strand nicht zu versäumen, wendet er sich von seinem Schreibtisch ab und sucht sich einen Platz in der Natur, um sich dort künstlerisch zu entfalten. Er beschließt eine kleine Arbeit zu beginnen, die sich sozusagen aus der Luft greifen lässt[10].

„Ich ließ mich bereden, meine Schreiberei an den Strand zu verlegen. Ich rückte den Sitzkorb nah an den Saum des Wassers, das voll von Badenden war, und so, auf den Knien kritzelnd, den offenen Horizont vor Augen, der immerfort von Wandelnden überschnitten wurde, mitten unter genießenden Menschen, besucht von nackten Kindern, die nach meinen Bleistiften griffen, ließ ich es geschehen [...]“[11].

Auch während dieser erholenden Reise an der Ostsee, sammelt Mann Eindrücke, die er später in seinem Werk einbezieht.

Bereits der Handlungsort in Mario und der Zauberer verweist auf die Reise der Familie Mann im Sommer 1926. Reiseziel der Familie im Text ist gleichsam das der Familie Mann, das sonnige Italien. Der Erzähler beschreibt detailliert die topographische Lage der Stadt Torre die Venere, welche Ähnlichkeit zum Ferienort Forte dei Marmi aufweist.

„Torre liegt etwa fünfzehn Kilometer von Portoclemente, einer der beliebtesten Sommerfrischen am Tyrrhenischen Meer, städtisch-elegant und monatelang überfüllt [...] [und] ist als Fremdenort ein Ableger des benachbarten Großbades [...]“[12].

Im Werk gibt es einen männlichen Erzähler. Aus der kontinuierlichen Nutzung der Wir-Form[13] schließt sich, dass er sich in Begleitung einer weiteren Person befindet. Mit der Äußerung, wie zum Beispiel „unsere Kleinen“[14] – diese Aussage bezieht sich auf die Kinder – wird dem Leser die Annahme vermittelt, dass es sich bei der unbekannten Person um die Frau des Erzählers handelt, was im weiteren Verlauf der Erzählung bestätigt wird[15]. Anzahl und Geschlecht der Sprösslinge werden zunächst nicht erwähnt. Erst im Laufe des Textes ist von „unseren beiden“[16], dem „Jüngsten“[17] und dem „Töchterchen“[18] die Rede. Die Familie besteht also aus Mutter, Vater und zwei Kindern, die, nach Aussagen des Erzählers, im Alter von maximal acht Jahren sind[19]. Bezieht man diese Familienkonstellation auf die Manns, so stellt man fest, dass auch das Ehepaar Mann mit den beiden jüngsten Kindern Elisabeth und Michael den Urlaub verbringt. Grund dieser Ferien ist „[e]ine den Kindern, den beiden Kleinen, die unterdessen recht schwer den Keuchhusten gehabt hatten, geschuldete Erholungsreise [...]“[20], so Thomas Mann in einem Brief an Hugo von Hofmannsthal. Demgemäß ist die Krankheit der Kinder der Manns, der Keuchhusten, die Ursache für die Fahrt in den Süden. Der Autor bringt auch diese persönliche Erfahrung in seinen Text ein. So sind die Kinder der Familie im Mario gerade von dieser Erkrankung genesen, wie der Erzähler berichtet[21]. Mit der Darstellung der Krankheit leitet Thomas Mann eine Reihe negativer Erlebnisse während des Aufenthaltes in Italien ein. Auch diese scheinen Erinnerungen der Reise nach Forte dei Marmi zu sein, wie durch folgenden Auszug eines Briefes von Thomas Mann an Hugo von Hofmannsthal anzunehmen ist:

[...]


[1] Vgl. WEINGARTEN, Rüdiger: Ein literarisches Modell interkultureller Kommunikation: Mario und der Zauberer. In: Zielsprache Deutsch. eine internationale Zeitschrift für Deutsch als Fremdsprache/ Deutsch als Zweitsprache. 3/ 1994. S. 150.

[2] Vgl. HÖLTER, Achim: Sicher der Zauberer – aber was ist mit Mario? In: Wirkendes Wort. Deutsche Sprache und Literatur in Forschung und Lehre. 2/ 2004. S. 249 ff.

[3] Vgl. http://www.thomasmann.de/thomasmann/in_ton_und_bild/hoerproben_tondokumente/.

[4] HAMACHER, Bernd: Erläuterungen und Dokumente. Thomas Mann. Mario und der Zauberer. Stuttgart: Reclam. 2006. S. 37.

[5] geboren 1918.

[6] geboren 1919.

[7] HAMACHER, Bernd. S. 37.

[8] Vgl. KILLY, Walther: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Gütersloh/ München: Bertelsmann. 1988 ff. S. 81.

[9] HAMACHER, Bernd. S. 40.

[10] Vgl., Ebd. S. 44.

[11] Ebd. S. 40.

[12] MANN, Thomas: Tonio Kröger. Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis. Berlin: S. Fischer Verlag. 1930. S. 74.

[13] Vgl., Ebd. S. 74 ff.

[14] Ebd. S. 77.

[15] Vgl. Ebd. S.110.

[16] MANN, Thomas. S. 82.

[17] Ebd. S. 77.

[18] Ebd. S. 83.

[19] Vgl. Ebd. S. 83.

[20] HAMACHER, Bernd. S. 37.

[21] Vgl. MANN, Thomas. S. 77.

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Details

Title
Die Individualität und Lebenserfahrungen eines Autors in seinem Werk - Thomas Mann: Mario und der Zauberer
College
Dresden Technical University
Grade
2,0
Author
Year
2007
Pages
16
Catalog Number
V86762
ISBN (eBook)
9783638059091
ISBN (Book)
9783638949859
File size
534 KB
Language
German
Keywords
Individualität, Lebenserfahrungen, Autors, Werk, Thomas, Mann, Mario, Zauberer
Quote paper
Franziska Sobania (Author), 2007, Die Individualität und Lebenserfahrungen eines Autors in seinem Werk - Thomas Mann: Mario und der Zauberer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86762

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