Die Integrationspolitik der Adenauer-CDU


Dossier / Travail de Séminaire, 2007

20 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhalt

Einleitung

1. Zur Fragestellung

2. Die Gründerkreise
2.1 Gründungen im katholischen Raum
2.2 Gründungen im protestantischen Raum

3. Integrationspolitik der CDU
3.1 Ausgleich der konfessionellen Gegensätze
3.2 Ausgleich der Schwierigkeiten in den protestantischen Gründungen
3.3 Einbindung kleinerer Parteien

4. Die Integrationsleistung der CDU

Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die CDU ist eine Partei, die aus der heutigen politischen Landschaft nicht mehr wegzudenken ist. Mit etwa 800.000 Mitgliedern ist sie eine der stärksten Fraktionen unseres Landes und ihre Geschichte weist bis auf die Anfänge der Bundesrepublik zurück. Die bewegte Entwicklung der Partei ist nicht zuletzt durch einen Mann geprägt worden: Konrad Adenauer. Er war der Politiker, der der CDU ihr Profil verliehen hat und dem sie in hohem Maße ihren frühen Erfolg zu verdanken hat. Dabei wies er nicht nur große Führungskompetenzen auf, sondern auch vor allem sein politisches Taktieren verdient Beachtung. Dabei sticht ein Element seiner Politik besonders hervor: Die Integrationsleistung, die ihm im Laufe der Jahre in immer größerem Maße und verblüffenden Ausmaß gelang. „Wie sind Arbeiter und Akademiker, Handwerker und Angestellte, Kaufleute und Beamte, Protestanten und Katholiken, Strenggläubige und Freigläubige, ehemalige Frontsoldaten und KZ´ler, wir sind Männer und Frauen, Alt und Jung“[1] lautete einer der ersten Aufrufe der CDU und beschreibt damit die erstaunliche Einbindungsleistung der Partei. Ausgehend von der nahezu übermächtigen, alle Fäden in seiner Hand behaltenden Person Adenauers verfolgte die CDU dabei einen Kurs, der ihr letztendlich die Flexibilität gab, auch unterschiedlichste Entwicklungen zu überdauern. Dabei gelang es dem ersten Bundeskanzler wie keinem anderen „das für die Christliche Demokratie typische Streben nach sozialem Ausgleich“[2] mit den Interessen seiner Partei zu verbinden, was nichts anderes bedeutet, als dass Adenauer trotz alledem auf subtile Art und Weise die Geschicke in der Politik zu lenken verstand. In meiner Seminararbeit möchte ich dieses Phänomen einmal näher betrachten. Dabei werde ich eine nähere Spezifikation meiner Fragestellung im nachfolgenden Kapitel vornehmen, hier soll nun einzig noch aufgeführt werden, welche Punkte nicht berücksichtigt werden konnten. Leider konnte nicht näher auf die Person Adenauers eingegangen werden sowie auf seinen persönlichen Anteil an den Entwicklungen. Ich gehe von einem Ansatz aus, der den Bundesparteivorsitzenden als undemokratischen Vorsitzenden seiner Partei ansieht, der über die alle wesentlichen Fragen selbst entschieden hat. Darüber hinaus konnte die Verflechtung begünstigender Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft nicht berücksichtigt werden. Eine solche war beispielsweise die Tatsache, dass die ersten freien Wahlen 1946 in der amerikanischen und nicht in der britischen Besatzungszone stattfanden. Aufgrund des hohen Anteils katholischer Wähler konnte sich die CDU somit klar als Siegerin etablieren und die eher protestantisch gestützten Parteien weit hinter sich lassen – ein „Erfolgsnimbus“, auf den man sich bei nachfolgenden Wahlen gerne berief.[3] Zudem ist zu erwähnen, dass, was in meinen Ausführungen als zwangsläufige Erfolgsgeschichte einer klugen Politik dazustehen scheint, sich keineswegs ohne Rückschläge entwickelte: Die Wählereinbußen der beginnenden 50er Jahre sprechen dabei eine deutliche Sprache.

1. Zur Fragestellung

Die CDU verdankt ihr (Über-)Leben in den ersten Jahrzehnten vor allem ihrer flexiblen Integrationspolitik. Integration, das bedeutet an dieser Stelle die Zusammenfügung mehrerer Elemente zu einem Ganzen, und die Tatsache, dass diese Einzelelemente oft von erstaunlicher Heterogenität waren, hebt nur den Verdienst Adenauerscher Politik in rechtes Licht. Doch hier ist nicht nur zu fragen, wie diese Politik der Synthesen im Einzelnen aussah und welche Ereignisse sie auslösten, sondern darüber hinaus, wie sie die CDU verändert und geprägt haben. Diese Seminararbeit möchte sich also mit dem historischen Prozess der Parteiwerdung der CDU in der Ära Adenauer befassen und dies unter zwei Fragestellungen: Wie sah die Integrationspolitik der CDU aus, das heißt, welche Prozesse haben zu welchem Handeln Adenauers geführt? Und: Wie hat dies die CDU als Partei beeinflusst und geprägt? Dabei möchte ich zunächst mit den Anfangsjahren und im Besonderen mit den Gründerkreisen beginnen, denn in der Betrachtung dieser wird deutlich, wie die CDU einmal „gedacht war“, auf welchen ideologischem Fundament sie zunächst fußte. Da hier deutlich lokal unterschieden werden muss, wie auch H. G. Wieck in seiner differenzierten Darstellung herausarbeitet[4], möchte ich diesen Abschnitt möglichst bundesumfassend gestaltend, kann jedoch nicht näher auf einzelne Strömungen in den Vorläuferkreisen eingehen. Daran anschließend werde ich in einer chronologischen Darstellung die Geschehnisse aufzeigen, die die CDU immer wieder zur flexiblen Einbindung kleinerer Parteien und parteiähnlichen Gruppen gezwungen haben und nachfolgend die Auswirkungen auf den Kurs der Partei zu beschreiben versuchen. Hierbei möchte ich eine möglichst regional differenzierte Darstellung anführen, insofern mir Quellen zugänglich sind.

2. Die Gründerkreise

Ausgehend von der sehr übersichtlich strukturierten Darstellung Frank Böschs in Gründungen des katholischen und protestantischen Raums werde ich H. G. Wieck folgend auch auf die einzelnen Gründerkreise näher eingehen.

2.1 Gründungen im katholischen Raum

Da in den katholischen Gebieten durch das Zentrum bereits ein hohes Maß an politischen Organisationsstrukturen vorhanden war, konnte hier schnell an die bestehendes Strukturen angeknüpft und ein neuer Corpus errichtet werden. Da zunächst entschieden werden musste, ob es eine Wiedergründung des Zentrums geben würde oder eine interkonfessionelle Partei auf christlicher Grundlage entstünde, fanden sich vorwiegend Katholiken zusammen, oftmals ehemalige Zentrumsmitglieder, Konservative, Gewerkschafter und Widerstandskämpfer des Dritten Reiches. Nicht nur die Gesinnung der oben genannten fanden somit maßgeblichen Niederschlag in den Programmen der Anfangsjahre, auch die Interessen der katholische Kirche, die einen großen Anteil zur Verwirklichung der Einzelparteigründungen beitrug, fanden sich in den Leitsätzen wider. Mithilfe ihres hohen moralischen Ansehens bei den Aliierten und ihrer Kontakte sowie Organisationsstrukturen aus wilhelminischer Zeit unterstützten sie die Politiker wesentlich. Indem sie ihnen Räumlichkeiten, Adressenlisten und technische Hilfsmittel zugänglich machten, Klöster und Gemeindesäle für Absprachen und Debatten öffneten sowie die unbeschränkte Reiseerlaubnis der katholischen Priester in den Dienst der neuen politischen Strömung stellten, trugen sie einen erheblichen Teil zur raschen Entwicklung der Zirkel bei. Ebenso nützlich war das dichte Netz kirchlicher Presse, die breite Bevölkerungsanzahl, die in den Gottesdiensten auch in Zeiten eines aliierten Versammlungsverbots erreicht wurde und die uns Wunder nehmende hohe Anzahl der Pfarrer, die als aktive Gründer und erste Mitglieder der neuen Partei gelten können.[5] In den Großstädten fand sich nicht nur zuerst der christlich-demokratische Gedanke, sondern zudem auch die Entscheidung zugunsten einer überkonfessionellen Partei. Man entschied sich hier gegen das Zentrum, wie der Präses Schulte, Leiter der Katholischen Arbeitervereine der Erzdiözese Paderborn ausführte, da „die Welt immer mehr der Durchdringung mit einem christlichen Geist [bedürfe]. In einem Volk, das so grundsätzlich denke wie das deutsche, könne nur eine christliche Partei die Grundsätze des Christentums zur Geltung bringen.“ Zudem, so führte er aus, vollziehe man doch nur eine Bestrebung, die das Zentrum schon immer verfolgt habe: Die Interkonfessionaliät. „Dabei müsse gegebenenfalls, auch wenn es ein Opfer bedeute, der Name >Deutsche Zentrumspartei< aufgegeben werden.“[6] Die Zirkel, die der alten „Zentrums-Hauptstadt“ am nächsten lagen, waren der Kölner, der Wuppertaler und der Düsseldorfer Kreis. In diesen, die sich am 2. September 1945 zur rheinischen Christlich-Demokratischen Partei zusammenschlossen und die man wohl schon früh als Einheit in ihren Glaubenssätzen und ihrer Mitgliederstruktur ansehen kann, einigte man sich schnell auf einen grundsätzlichen Rahmen, der die Politik der Abgeordneten fortan tragen sollte. Dieser war geprägt von der Anerkennung der göttlichen Omnipotenz über den Menschen und einer selbstverpflichtend anmutetenden Vorsicht beim Anstreben einer bundesweiten Macht.[7] Wie stark sich die einzelnen Leitsätze der Parteien jedoch unterschieden, zeigt der Vergleich der katholischen Kreise. So wurde im Rheinland-Pfälzischen Programm nach Bösch zwar der Begriff des Sozialismus vermieden, „wohl aber die Sozialisierung der Schlüsselindustrien, die paritätische Besetzung der Kammern oder die 40 Stunden-Woche“ verlangt.[8] Die in den einzelnen Regionen separat entstehenden Leitsätze bezeugen deutlich ihre unterschiedliche Schwerpunktsetzung. So sahen die Kölner Leitsätze oder das Ahlener Programm aus dem Jahre 1947 – beeinflusst durch die Positionierung in der britischen Besatzungszone – die Abkehr von einer kapitalistischen Sozial- und Wirtschaftsordnung im Zuge eines christlichen Sozialismus vor, die Düsseldorfer Leitsätze von 1949 sprachen sich dem entgegen jedoch für die soziale Marktwirtschaft aus (die ja auch später von Adenauer und Erhard übernommen und im Hamburger Programm festgeschrieben wurden).[9] Der Paderborner Zirkel bildete sich aus dem Zusammenschluss einer hohen Zahl von Arbeitervertretern unter dem Vorsitz des Präses Schulte, Leiter der Katholischen Arbeitervereine des Erzbistums, Pater Hirschmann und Pfarrer Hesse. Zudem arbeitete der Kreis eng mit dem Dompropst Simon zusammen, der sich schon früh für ein interkonfessionelles Konglomerat ausgesprochen hatte. Dieser stark von der katholischen Geistlichkeit geprägte Zirkel strebte eine möglichst umfassende Partei an, die sich in ihren Grundsätzen den Sozialdemokraten sehr nahe fühlten und ein politisches Bündnis mit diesen wünschten. „Diese Forderung nach Zusammenarbeit mit einem Teil der Sozialdemokraten wurde nach dem Kriege auch an anderen Orten als der Grundgedanke einer >Partei der Arbeit< entwickelt“ schreibt Wieck[10], woraufhin sich zusammen mit dem Zirkel Mönchen-Gladbachs unter Wilhelm Elfes der Wattenscheider Kreis bildete. Dieser umfasste nun drei Strömungen: Den Paderborner Kreis, der sich als >Partei der Arbeit< sah, die sich für eine Wiedergründung des Zentrums aussprechende Richtung und die ehemaligen Zentrumsangehörigen, die eine interkonfessionelle Partei auf sozialer oder demokratischer Grundlage anstrebten. Diese Interessen trafen sich schließlich auf der Basis einer interkonfessionellen christlich-demokratischen Partei unter dem Vorsitz von Anton Gilsing, die sich explizit für die Zusammenarbeit mit protestantischen Kreisen aussprach.[11] Obwohl, wie später noch zu sehen sein wird, nicht überall ein kooperatives Miteinander mit Protestanten positiv besetzt war, sind einige Strukturen zu erkennen, die im katholischen Raum den Gründungen gemeinsam waren. So ist die stark föderalistische Ausrichtung der katholischen Gründungsaufrufe zu unterstreichen, die nicht nur im Subsidiaritätsprinzip wurzelten, sondern auch in der „Sorge um die kulturpolitische Hoheit“[12] der eigenen Region. Weiterhin finden sich Gemeinsamkeiten in den wirtschafts- und sozialpolitischen Forderungen. So drückt sich, wie oben bereits aufgezeigt, zwar nicht in allen Zirkeln der Wunsch nach einem christlichen Sozialismus aus, vergleicht man die Programme jedoch mit den protestantischen Gründungen, so zeigt sich deutlich, wie stark die katholischen Regionen von einem sozialen Impetus geprägt waren.

[...]


[1] F. Bösch, Die Adenauer-CDU, Gründung, Aufstieg und Krise einer Erfolgspartei 1945-1969, Stuttgart u.a. 2001, S. 283 nach: Niedersächsische Rundschau vom 28.9. 1946.

[2] W. Becker, Christliche Demokratie in: W. Becker et al. (Hg.), Lexikon der christlichen Demokratie in Deutschland, Paderborn 2002, S. 9-25, hier S. 11.

[3] Vgl. Bösch, Adenauer-CDU, S. 77.

[4] H.G. Wieck, Die Entstehung der CDU und die Wiedergründung des Zentrums im Jahre 1945, Düsseldorf 1953, S. 46-152.

[5] Vgl. F. Bösch, Die Adenauer-CDU, Gründung, Aufstieg und Krise einer Erfolgspartei 1945-1969, S. 23. Bösch spricht hier für das Rheinland von achtzehn Prozent aller katholischen Geistlichen, die hier um etwa 1947 sogar eingetragenes Mitglied der CDU waren.

[6] Vgl. ebd. nach: Schulte, Zwei Parteien im christlichen Deutschland, verfasst am 8. April 1946, S. 129 ff, S. 107.

[7] Vgl. Wieck, Entstehung der CDU, S. 103.

[8] Vgl. Bösch, Adenauer-CDU, S. 30.

[9] H.O. Kleinmann, 1949-1969 in: W. Becker et al. (Hg.), Lexikon der christlichen Demokratie in Deutschland, Paderborn 2002, S. 65-73, hier S. 69.

[10] Wieck, Entstehung der CDU, S. 106.

[11] Vgl. ebd. S. 107.

[12] Bösch, Adenauer-CDU, S. 29.

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die Integrationspolitik der Adenauer-CDU
Université
University of Hannover
Cours
Die Geschichte der christlichen Demokratie in Deutschland
Note
2,0
Auteur
Année
2007
Pages
20
N° de catalogue
V86944
ISBN (ebook)
9783638027595
Taille d'un fichier
403 KB
Langue
allemand
Mots clés
Integrationspolitik, Adenauer-CDU, Geschichte, Demokratie, Deutschland
Citation du texte
Carolin Althaus (Auteur), 2007, Die Integrationspolitik der Adenauer-CDU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86944

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