Herrschaft und Königtum in der Ilias


Seminararbeit, 2002

14 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung
1.) Zur historischen Quellenlage der beiden Epen: ,Die Homerische Frage`
2.) Das Ziel meiner Hausarbeit

II. Hauptteil
1.) Macht und Gefährdung der Anführerstellung des Agamemnon
1.1) Warum ist Agamemnon der Oberbasileus?
1.2) Welche Position nimmt Agamemnon in Bezug auf die anderen Basilees ein und wie stehen sie zu ihm?
1.3) Welche Position hat Agamemnon in der Boule und warum nimmt Nestor eine Sonderstellung ein?
1.4) Welche politische Position und welche Privilegien hat Agamemnon?
1.5) Ist die Position eines Basileus erblich und welche Funktion hat die Nennung der Vorfahren für einen Basileus?
2.) Die Forschungsrichtungen
2.1) Die traditionelle Homerforschung
2.2) Die neuere Homerforschung

III. Schluss

IV. Literaturverzeichnis

V. Quellen

I. Einleitung

1.) Zur historischen Quellenlage der beiden Epen: ,Die Homerische Frage`

Beschäftigt man sich mit einem bestimmten Thema, dem der Herrschaftsformen, in den Epen, muss man als erstes fragen, inwieweit die homerischen Epen als historische Quelle verwendet werden können. Unter der ,Homerischen Frage` versteht man also im allgemeinen die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Verfasser, der Entstehung und der zeitlichen Einordnung der Werke. Dabei gibt es viele verschiedene Ansichten zu dieser Thematik. Einige Forscher sind der Auffassung, dass Homer der Dichter ist, der beide Epen als einheitliches Werk verfasst hat (unitarische Betrachtungsweise). Andere dagegen glauben, dass es zwei oder mehr Dichter gab und dass die Werke eine Sammlung von Einzelgedichten bzw. –liedern zu einem Gesamtwerk sind. Diese Forscher stützen ihre Ansicht auf die Beobachtung, dass in beiden Epen Unstimmigkeiten auftreten und sich sogar selbständige Einheiten aus dem Gesamtepos herauslösen lassen (z.B. Telemachie).

Weiterhin gehen einige Forscher davon aus, dass Sage und Dichtung den Stoff umgestaltet haben und dass die Epen daher als Quelle für Ereignisse unbrauchbar sind, aber als Quelle für die Zustände einer Zeit, von der keine anderen schriftlichen Quellen Zeugnis geben, wichtig sind. Diese Forschungsrichtung geht daher auch im großen und ganzen von der Zeit aus, in der die Epen verfasst wurden (8. Jh.). Andere datieren die Epen in das mykenische Zeitalter. Sie verweisen auf verschiedene mykenische Elemente ( Ortsnamen, Gegenstände, Bräuche, usw.) und archäologische Funde. Dabei sind mehreren Forschern aber auch Anachronismen aufgefallen, die nicht in den Kreis der mykenischen Zeit passen, sondern einer späteren Zeit angehören. Diese Forscher vertreten die Auffassung, dass sich bei Homer drei historische Ebenen überlagern: die mykenische Welt, an die der Dichter die Erinnerung bewahren wollte, die ,Dunklen Jahrhunderte` und die Zeit, in der er lebte.

Relativ einig sind sich die Forscher über die Zeit, in der die Epen entstanden sind. Sie werden ins 8. Jahrhundert datiert. Dabei nehmen die Forscher an, dass die Odyssee deutlich jünger ist als die Ilias und noch bis ins 7. Jahrhundert hineinreicht.

Die Beantwortung der Frage nach der Verwendung der homerischen Epen als historische Quelle ist also als durchaus positiv zu bewerten.

2.) Das Ziel meiner Hausarbeit

Das Ziel meiner Hausarbeit soll eine Erläuterung und Interpretation der Herrschaft und des Königtums in der Ilias anhand des Beispiels des Agamemnon sein. Dies werde ich unter dem folgenden Gesichtspunkt behandeln:

Macht und Gefährdung der Anführerstellung Agamemnons

Danach möchte ich auf die traditionelle und neure Homerforschung in diesem Zusammenhang eingehen und abschließend meine eigene Position zu dieser Thematik erläutern.

II. Hauptteil

1.) Macht und Gefährdung der Anführerstellung des Agamemnon

Der Großteil der Forschungsarbeiten über das homerische Königtum in der Ilias befasst sich in Wirklichkeit eigentlich mit dem Herrscher- bzw. Königtum des Agamemnon. Das mag zum einen daran liegen, dass es in diesem Fall ein einigermaßen ausreichendes und ausführliches Material zu geben scheint und zum anderen aber gerade das entstehende Bild sehr uneinheitlich und problematisch erscheint.

Dabei bereiten solche widersprüchlichen Stellen Schwierigkeiten, wie z.B.:
„Denn ich meine, es wird ein Mann in Zorn geraten, der groß unter allen
Argeiern Gewalt hat, und es gehorchen ihm die Achaier.
Denn mächtiger ist ein König, wenn er zürnt einem geringeren Mann.“[1]
„Doch gehe ich selber und hole Briseis, die schönwangige,
In meine Hütte, dein Ehrgeschenk! Daß du es gut weißt,
Wieviel besser ich bin als du, und daß auch ein anderer sich hüte,
sich mir gleich zu dünken und gleichzustellen ins Angesicht!“[2]
Diese Stellen würden ja eindeutig für einen äußerst mächtigen König, der über allem und jedem steht, sprechen. Demgegenüber stehen aber auch Stellen, die diese Widersprüchlichkeit aufzeigen, die ich vorhin schon erwähnte. Stellen, an denen sich Agamemnon Kritik von den übrigen Basilees gefallen lassen muss:
„Doch dir gab nur eines von zweien der Sohn des krummgesonnenen Kronos:
Mit dem Herrscherstab gab er dir, geehrt zu werden von allen,
Kampfkraft aber gab er dir nicht, was die größte Stärke ist.“[3]
wo er nichts dagegen unternehmen kann, wenn Achilleus sich vom Kampf enfernt und den Atriden ungestraft beschimpft und der Feigheit bezichtigt:
„Wahrlich! einst wird nach Achilleus eine Sehnsucht kommen den Söhnen der Archaier“[4]
„Weinbeschwerter! mit den Augen eines Hundes und dem Herzen eines Hirsches!
Weder zum Kampf dich zu rüsten zugleich mit dem Volk
Noch auf eine Lauer zu gehen mit den Besten der Archaier
Hast du jemals gewagt im Mut: das scheint dir der Tod zu sein!“[5]
Diese beiden Zitate zeigen einen auf keinen Fall allmächtigen Herrscher. Diese Widersprüchlichkeiten gilt es nun zu durchleuchten. Daher schließt sich für mich die Frage an:

1.1) Warum ist Agamemnon der Oberbasileus?

Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten und Belege.
„Noch wolle du, Peleus-Sohn, gegen den König streiten
Gewaltsam, da niemals eine nur gleichartige Ehre zusteht
Dem stabführenden König, dem Zeus Prangen verliehen.
Denn bist du stark und eine Göttin gebar dich als Mutter,
So ist er mächtiger, weil er über mehr Volk gebietet.“[6]

„[...] niemals eine nur gleichartige Ehre [...]“ Zum einen ist Agamemnon der Oberbasileus, da er die höchste Time (Ehre, Achtung, Ansehen) hat. Tatsächlich besitzt jeder im Demos ein bestimmtes Maß an Time. Das Ausmaß an Time ist nicht durch die Geburt festgelegt und es ist steuer- und veränderbar. Time wird von den Göttern gegeben und kann durch besonderen Leistungen und Fähigkeiten (Aretai) erlangt und vergrößert werden. Der Erfolg im Kampf vermittelt und vergrößert Time. Aber auch Besonnenheit und Klugheit, wie die des Odysseus, können zu einer Vermehrung der Time beitragen. Agamemnon besitzt weiterhin auch Agathos. Agathos bezeichnet ganz einfache Regeln, die sich an den geltenden Normen und Verhaltensweisen orientieren und die so beherrscht und ausgeführt werden müssen, dass sie zum Erfolg führen. Hektor und Aias sollen ihren Zweikampf abbrechen, da der Tag zu Ende geht und es Agathos ist, der Nacht zu gehorchen.[7]

„[...] weil er über mehr Volk gebiete [...]“ Agamemnon hat auch die meisten Laoi (Krieger), die ihm folgen und die meisten Schiffe, was auch Indizien dafür sind, dass er der mächtigste, reichste und oberste der Basilees ist. Außerdem besitzt er das größte Herrschaftsgebiet, „Daß er über viele Inseln und ganz Argos gebiete“.[8]

„[...] Dem stabführenden König, dem Zeus Prangen verliehen. [...]“ Agamenon ist der stabführende König. Dieses Szepter hat die längste Tradition und kommt ursprünglich von Zeus.[9] Zeus hat das Szepter an den gegeben, der Basileus sein soll.[10] Mit dem Besitz des Szepters ergeben sich für den Basileus Verpflichtungen gegenüber seinen Laoi. Der Basileus ist dazu verpflichtet, in jeder Lage die günstigste Lösung für seine Laoi zu finden. Daher erklärt er sich schließlich auch bereit, Chryseis ihrem Vater zurückzugeben, da er den Laos retten und nicht verderben will.

„Doch auch so will ich sie zurückgeben, wenn dies das Bessere ist,

Will ich doch, daß das Volk heil sei, statt das es zugrunde gehe.“[11]

[...]


[1] Homer: Ilias. Neue Übertragung von Wolfgang Schadewaldt. Frankfurt am Main / Leipzig: 1975. S.9, I, 78-80.

[2] Ders.: S.11-12, I, 184-187.

[3] Ders.: S. 140, IX, 37-39.

[4] Ders.: S. 13, I, 225.

[5] Ders.: S. 13, I, 226-228.

[6] Ders.: S. 14, I, 277-281.

[7] Ders.: S. 118, VII, 282=293.

[8] Ders.: S. 26, II, 108.

[9] Ders.: S. 25-26, II, 100-108

[10] Ders.: S. 28, II, 205-206.

[11] Ders.: S. 10, I, 116-117.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Herrschaft und Königtum in der Ilias
Hochschule
Universität Münster
Note
1,4
Autor
Jahr
2002
Seiten
14
Katalognummer
V87023
ISBN (eBook)
9783638059299
Dateigröße
625 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrschaft, Königtum, Ilias
Arbeit zitieren
Katharina Meyer (Autor:in), 2002, Herrschaft und Königtum in der Ilias, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87023

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