„’Ausland’ muss knallen - dramatisch oder bunt.“ Dieses Zitat stammt von Sonia Mikich, ARD-Auslandskorrespondentin und Redaktionsleiterin des Politmagazins „Monitor", die in ihrem Vortrag „Geistige Provinzialisierung“ eine Trivialisierung der Auslandsberichterstattung beklagt und an die Aufgabe des Auslandsjournalisten als Augenzeuge appelliert.
„Friedens-Journalismus ist friedens- und konfliktorientiert, d.h. er [u.a. Anm.] berichtet (...) bevor es zu Gewalt kommt.“
Der Friedensforscher Johann Galtung hat Kriterien für eine friedens- und gewaltorientierte Berichterstattung in Konflikten aufgestellt. Das Konzept Galtung’s offeriert eine Möglichkeit, wie der Journalist Konfliktverläufe positiv im Sinne einer vermeintlichen Lösung beeinflussen könnte.
Diese beiden Zitate werfen einen Blick auf Auslandsberichterstattung in Konflikten bzw. über Konflikte aus zwei unterschiedlichen Perspektiven.
Für den Journalisten ist es immer ein Balanceakt zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Er muss Faktoren wie Quoten- und Aktualitätsdruck seiner Heimatredaktion, das Zuschauerinteresse, die Möglichkeiten vor Ort, die sowohl persönlich als auch beruflich beeinflusste Definition seiner Berufsrolle u.v.m. miteinander in Einklang bringen. Eine besondere Bedeutung kommt dem Journalisten darüber hinaus in Kulturkonflikten zu, wo er in seiner Mittlerstellung zusätzlich als Übersetzer der Kulturen fungieren muss.
Medien in Kulturkonflikten - darauf wird die Autorin nachstehender Arbeit ihr Augenmerk richten: Der Auslandsjournalist in Kulturkonflikten ist kultureller Vermittler. Diese These gilt es zu überprüfen. Die zentralen Fragen dabei sind: Welchen Einflüssen ist der Korrespondent ausgesetzt? Welche Bedeutung als Sinn-Übersetzer kommt ihm innerhalb eines Kulturkonflikts zu? Kann er „kultureller Vermittler“ sein? Als Praxis-Beispiel wird sie die Salman-Rushdie-Affäre heranziehen.
Im 2. Kapitel werden zunächst einmal die verwendeten Begrifflichkeiten definiert. Kapitel 3 widmet sich den Funktionen des Auslandskorrespondenten. Das 4. Kapitel beschäftigt sich mit den Fragen: Welche Rolle spielen individuelle Ideologien sowie berufliche Rollenbilder? Im 5. Kapitel wird die Theorie an der deutschen Presse-Berichterstattung in der Salman Rushdie-Affäre untersucht. Das 6. Kapitel wird Möglichkeiten und Grenzen in der Auslandsberichterstattung herausarbeiten. Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen.
Inhaltverzeichnis
1. Medien In Kulturkonflikten
2. Begriffserläuterungen
2.1 Kulturkonflikt
2.2 Salman Rushdie-Affäre
3. Auslandsberichterstattung
3.1 Funktion des Auslandskorrespondenten
3.2 Informationsbeschaffung im Ausland
3.3 Thematisierung ausländischer Geschehen in den deutschen Medien
4. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
4.1 Individuelle Ideologien als Einflussgröße
4.2 Journalistische Rollenmodelle als Einflussgröße
4.3 Vermittlerstellung in transkultureller Kommunikation
4.4 Wirkungspotentiale der Auslandsberichterstattung
5. Beispiel: Salman Rushdie-Affäre
5.1 Thematisierung in der deutschen Presse
5.2 Entwicklung von Medien- und Vorstellungsbildern
5.3 Bedeutungsübersetzung kultureller Zeichen
5.4 Wirkungen der Berichterstattung
6. Diskussion
6.1 Vermittlungsleistung in der Salman Rushdie-Affäre
6.2 Möglichkeiten und Grenzen in der Auslandsberichterstattung
7. Der Journalist als Kultureller Vermittler?
8. Literaturverzeichnis
1. Medien In Kulturkonflikten
„’Ausland’ muss knallen - dramatisch oder bunt.“[1] Dieses Zitat stammt von Sonia Mikich, ARD-Auslandskorrespondentin und Redaktionsleiterin des Politmagazins „Monitor“[2], die in ihrem Vortrag „Geistige Provinzialisierung“ eine Trivialisierung der Auslandsberichterstattung beklagt und an die Aufgabe des Auslandsjournalisten als Augenzeuge appelliert.[3]
„Friedens-Journalismus ist friedens- und konfliktorientiert, d.h. er [u.a. Anm.] berichtet (...) bevor es zu Gewalt kommt.“[4] Der Friedensforscher Johann Galtung hat Kriterien für eine friedens- und gewaltorientierte Berichterstattung in Konflikten aufgestellt. Das Konzept Galtung’s offeriert eine Möglichkeit, wie der Journalist Konfliktverläufe positiv im Sinne einer vermeintlichen Lösung beeinflussen könnte.
Diese beiden Zitate werfen einen Blick auf Auslandsberichterstattung in Konflikten bzw. über Konflikte aus zwei unterschiedlichen Perspektiven.
Für den Journalisten ist es immer ein Balanceakt zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Er muss Faktoren wie Quoten- und Aktualitätsdruck seiner Heimatredaktion, das Zuschauerinteresse, die Möglichkeiten vor Ort, die sowohl persönlich als auch beruflich beeinflusste Definition seiner Berufsrolle u.v.m. miteinander in Einklang bringen. Eine besondere Bedeutung kommt dem Journalisten darüber hinaus in Kultur konflikten zu, wo er in seiner Mittlerstellung zusätzlich als Übersetzer der Kulturen fungieren muss.
Medien in Kulturkonflikten - darauf wird die Autorin nachstehender Arbeit ihr Augenmerk richten: Der Auslandsjournalist in Kulturkonflikten ist kultureller Vermittler. Diese These gilt es zu überprüfen. Die zentralen Fragen dabei sind: Welchen Einflüssen ist der Korrespondent ausgesetzt? Welche Bedeutung als Sinn-Übersetzer kommt ihm innerhalb eines Kulturkonflikts zu? Kann er „kultureller Vermittler“ sein? Als Praxis-Beispiel wird sie die Salman-Rushdie-Affäre heranziehen.
Im 2. Kapitel werden zunächst einmal die verwendeten Begrifflichkeiten defi-
niert (Kap. 2.1.) und die Salman Rushdie-Affäre kurz dargestellt (Kap. 2.2.). Kapitel 3 widmet sich der Auslandsberichterstattung: Welche Funktion hat der Auslandskorrespondent (Kap. 3.1.), wo sind seine Informationsquellen (Kap. 3.2.) und was wird letztlich in deutschen Medien überhaupt thematisiert (Kap. 3.3.)? Das 4. Kapitel beschäftigt sich mit weiteren Einflüssen auf die journalistische Arbeit: Welche Rolle spielen individuelle Ideologien (Kap. 4.1.) sowie berufliche Rollenbilder (Kap. 4.2.)? Hier wird auch die besondere Aufgabe der Sinn-Übersetzung in transkulturellen Kommunikationsprozessen herausgearbeitet (Kap. 4.3.) und Wirkungspotentiale erörtert (Kap. 4.4.). Im 5. Kapitel wird die bisherige Theorie beispielhaft an der deutschen Presse-Berichterstattung in der Salman Rushdie-Affäre untersucht: Welche Schwerpunkte lagen in der Thematisierung (Kap. 5.1.)? Welche Vorstellungsbilder wurden entwickelt (Kap. 5.2.) und was haben sie bewirkt (Kap. 5.4.)? Die Frage, ob die Journalisten hier als kulturelle Vermittler auftraten, wird geklärt (Kap. 5.3.). Das 6. Kapitel wird die Vermittlungsleistung der Medien in der Salman Rushdie-Affäre diskutieren (Kap. 6.1.) sowie Möglichkeiten und Grenzen in der Auslandsberichterstattung herausarbeiten (Kap. 6.2.).
Das letzte Kapitel 7 fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und sucht eine Antwort zu geben auf die Frage: Medien in Kulturkonflikten - Der Journalist als kultureller Vermittler?
2. Begriffserläuterungen
2.1. Kulturkonflikt
Kultur (lat. cultura = Landbau, Pflege des Körpers und des Geistes) ist eine allgemeine Bezeichnung für die Zivilisationsleistung der Völker. Er umfasst alle Denk- und Handelsweisen, die in einer Gemeinschaft von Menschen entstanden sind und verwirklicht werden.[5]
Konflikt bezeichnet hier eine wahrgenommene Unvereinbarkeit von Sichtweisen zwischen Interaktionspartnern, deren Kommunizieren aufeinander bezogen ist. Diese Unvereinbarkeit kann subjektiv auch nur von einer der Konfliktparteien wahrgenommen werden.
Kulturkonflikt wird definiert als ein Konflikt, der aufgrund unterschiedlicher
Kulturzugehörigkeit von Personen entsteht, wenn diese miteinander in Interaktion treten.[6]
2.2 Salman Rushdie-Affäre
Der Autor Salman Rushdie wurde 1947 in Bombay geboren und studierte in Cambridge Geschichte. Seine Bücher sind vielfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt worden.[7]
Kurz nach der Veröffentlichung seines Romans „Die satanischen Verse“ im Jahre 1988 verurteilte der iranische Staatsführer und geistliches Oberhaupt der Schiiten Ajatollah Khomeini Salman Rushdie 1989 mit einem islamischen Rechtsgutachten, genannt „fatwa“[8], wegen Lästerung der „heiligen Güter der Muslime“ zum Tode.[9] Er rief die Moslems aller Welt zur Vollstreckung auf und setzte dafür sogar Kopfgeld aus.[10] Auf politischer Ebene hielt sich ein Konflikt nicht lange, die westlichen Regierungen stellten ihre diplomatischen Beziehungen zum Iran schon bald wieder her. Doch auf kultureller Ebene entwickelte sich die Affäre schnell zu einer Wertefrage. So entstand ein weitreichender Kulturkonflikt zwischen dem westlichen Anspruch der Menschenrechte und dem islamischen Religionsempfinden. Salman Rushdie selbst sah im Islam und dem Westen „zwei kriegerische[n] Hälften der Welt“.[11]
1998 distanzierte sich die Regierung Teheran in einer offiziellen Erklärung von dem Todesurteil, fundamentalistische Kreise halten aber weiter daran fest.[12]
3. Auslandsberichterstattung
3.1 Funktion des Auslandskorrespondenten
Die globale Informationsvernetzung und das Tempo, in dem neue Nachrichten die Redaktionen weltweit erreichen, fordern vom Auslandkorrespondenten heute mehr als bloße Informationsvermittlung. Oft sind die Redaktionen durch direkte permanente Belieferung der Nachrichtenagenturen schon schneller informiert als der Korrespondent vor Ort. Und auch die Zuschauer erwarten von ihm nicht mehr nur die Schilderung der Ereignisse, die sie oftmals schon selbst als Tourist erlebt haben.[13]
Der Anspruch an den Auslandskorrespondenten enthält neben der informierenden auch eine interpretierende und politische Funktion: Auslandsberichterstattung soll dem Medienrezipienten einen Überblick über das Weltgeschehen bieten und zugleich bei der Orientierung der Ereignisse helfen. Ihre politische Funktion besteht in der Aufgabe der Völkerverständigung.
Doch das beinhaltet in der Praxis Probleme. Angefangen bei der Informationsfunktion. Ein Korrespondent ist oft für mehrere Länder zuständig. Die politischen und kulturellen Verschiedenheiten in all diesen Ländern sind viel zu groß, als dass sie von einem Korrespondenten oder Redaktionsteam angemessen aufgearbeitet werden könnten.[14] Des Weiteren ist Ausland oft nur Thema in Verbindung mit Konflikten[15], d.h. es gelingt im Sinne einer objektiven und umfassenden Informationsvermittlung nicht, die Länder des zu „betreuenden“ Berichtsgebietes wahrheitsgetreu von allen Seiten darzustellen.
Die Interpretationsfunktion wird beeinträchtigt durch Quotendruck, der oft journalistische Sensationsgier mit sich bringt. Zum Problem wird hier auch die Schnelligkeit des Informationstempos, in dem die Nachricht an die Redaktionen weitergeleitet werden muss, worunter die Gründlichkeit der Recherche leidet. Gerade in Kriegen und Konflikten ist journalistische Sorgfalt jedoch geboten, um nicht als Propagandamedium oder -verstärker zu fungieren. Auslandsberichterstattung leidet hier oft unter Eurozentrismus, d.h. die westliche Betrachtungsweise bei Interpretationen dominiert, und Ethnozentrismus, d.h. andere Ethnien werden nicht ernst genug genommen.
Um die politische Funktion idealtypisch zu realisieren, braucht es eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für den Korrespondenten, um z.B. finanziellen Spielraum zu haben, sich den Weg zu den wichtigen politischen Kreisen offen zu halten. Ohne das Erkennen des wirklichen Lebens des Landesvolkes und das Verständnis für die Wahrheit in der politischen Sprache kann ein Journalist nicht der Aufgabe einer Völkerverständigung nachkommen.[16]
3.2 Informationsbeschaffung im Ausland
Der Auslandskorrespondent darf auf seinen Reisen im Berichtsgebiet nie von Informationen abgeschnitten sein, wobei das Internet eine große Hilfe ist. In jedem Land sollte er einen Ansprechpartner haben, den er im Notfall zur Recherche beauftragen kann. Persönliche Beziehungen sind das A und O; ein gutes Informantennetz macht es einfach, an wichtige und qualitative Informationen zu kommen.
Grundlegende Informationsquelle im Ausland sind die einheimischen Medien. Ständige mediale Konsumierung und Selektion, was davon für die deutschen Rezipienten interessant sein könnte, setzt das Wissen um die politische Einordnung, wirtschaftliche Organisation und Interessen sowie die Kenntnis um den „Mann“ hinter der Information voraus. Auch einheimische Kollegen sind gut geeignet, die Politik des Landes zu interpretieren und um von ihrem Hintergrundwissen zu profitieren. Zudem können sie wichtige Kontakte herstellen.
Offizielle Kontakte, Adressen und Telefonnummern wie Regierungspresseamt und Außenministerium gehören weiterhin zum Informationsnetzwerk des Auslandskorrespondenten. Am Besten sollte er aber überall jemand persönlich kennen, was ihm diverse Eintritte und Möglichkeiten der Akkreditierung eines z.B. gefragten Interviewpartners erleichtern kann.
Bestseller, politische Literatur, Nachschlagewerke dienen der Informationsbeschaffung ebenso. Sie helfen einzuordnen, Prioritäten und Zusammenhänge zu erkennen.
Die Stimmung im Land gilt es zu erfassen, Begegnungen und Gespräche mit den Menschen im Land können dabei interessante Aufschlüsse liefern. Der Korrespondent muss sich Menschen völlig anderer Kulturkreise und sozialer Schichten nähern können. Er muss „sein Land“ verstehen, die Kultur vorurteilsfrei erfühlen, die Menschen ernst nehmen. Das was er so beobachtet gilt es dem deut-
schen Zuschauer, Leser, Hörer zu beschreiben und zu vermitteln.[17]
3.3 Thematisierung ausländischer Geschehen in den deutschen Medien
Eine Untersuchung von „Media Perspektiven“ (2002) ergab, dass es im Rahmen der Medialisierung von Auslandspolitik meist um Kriege, Konflikte und innere Unruhen
geht.[18] „4 K’s“ der Berichterstattung über das Ausland macht Sonia Mikich aus: Krieg, Katastrophe, Krise, Krankheit. Menschliche Themen, am ehesten mit Bezug zu Deutschen sind es, die Eingang in die Berichterstattung finden. Einher geht damit die Gefahr der Klischeebildung fremder Kulturen und Länder - ein Schwarz-Weiß-Denken, um Komplexität zu reduzieren. Medien müssen Ähnlichkeiten mehr hervorheben, um Rassismus vorzubeugen oder Vorurteile zu entkräften. So kann Auslandsberichterstattung seine politische Funktion positiv ausüben.[19] Denn was für Kriege zwischen Kulturen oder Religionen gehalten wird, ist oft etwas anderes. Zum Problem führen nicht die Kulturen, sondern ihre Ideologisierung.[20]
Die Thematisierung hängt auch von der Themenauswahl der konkurrierenden Medien ab. Der Auslandskorrespondent hat dann noch die Möglichkeit, deutsche Debatten um ausländische Perspektiven zu erweitern.[21] Journalisten sind hier in der Bedrouille, denn sie müssen das liefern, was die Redaktion von ihnen erwartet. Und diese Erwartung wird nicht zuletzt beeinflusst von Verkaufszahlen und Einschaltquoten.[22]
Thematisierung eines Auslandsgeschehens erfolgt, wenn mehr als individuelle Relevanz besteht, wofür auch Teilöffentlichkeiten ausreichen, und wenn zudem eine Soll-Ist-Diskrepanz vorhanden ist, d.h. wenn die Ereignisse Handlung und Veränderung erfordern. Das subjektive Relevanzempfinden eines Themas kann von der tatsächlichen, langfristig gesellschaftlichen Relevanz abweichen.[23]
Zudem richtet sich die Wahl der Themen in den Redaktionen nach zuschauerorien-
tierten Nachrichtenwerten wie z.B. Nähe[24] oder Ethnozentrismus. Oft findet sich eine Verknüpfung zwischen In- und Auslandsberichterstattung, wenn durch ausländisches Geschehen Anschlussdiskurse im Heimatland entstehen. Ein Beispiel: Muslime in Bradford, England (Inland) verbrennen Bücher von Salman Rushdie (Ausland). Auslandsberichterstattung besteht also nur zu einem Teil aus Berichten über auswärtiges Geschehen und ist meist eine Mischform.[25]
4. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
4.1 Individuelle Ideologien als Einflussgröße
Die individuelle politische Sozialisation vollzieht sich in der Ausbildung von Werthaltungen und Ideologien, die in einer Phase vor dem Berufseintritt erfolgt.
Persönliche Prädispositionen des Auslandskorrespondenten werden sich auf seine Berichterstattung auswirken und die Thematisierung oder Nicht-Thematisierung sowie Kommentierungen beeinflussen. Nach einer Studie von Ruth C. Flegel und Steven H. Chaffee in „Journalism Quarterly“ (1971) werden Medienberichte mehr von persönlichen Einstellungen des Journalisten als von Seiten der Herausgeber oder Zeitungsleser beeinflusst.
Stereotype können Einfluss auf die Berichterstattung nehmen. In der deutschen Auslandsberichterstattung finden sich häufig Annahmen einer festen Typologie des orientalistischen Individuums oder der Kultur, die den Kern von Rassismen bilden kann.[26]
4.2 Journalistische Rollenmodelle als Einflussgröße
Die berufliche Sozialisation des Auslandsjournalisten ist von drei Faktoren stark geprägt: Erstens von der Routine der Nachrichtenselektion und -verarbeitung, die innerhalb der Redaktionen erlernt wird und die nur durch die Frage, was man glaubt, was die anderen wohl berichtenswert empfinden, individuellen Spielraum erhält. Ansonsten unterliegt sie klaren, festgelegten Arbeitsabläufen. Zweitens durch formulierte berufliche Rollenmodelle und drittens durch Professionalitätsnormen, die politische sowie berufliche Einflüsse durch medienethische Grenzen versuchen einzudämmen.
Hier sei näher auf die journalistischen Ideal-Rollenmodelle eingegangen. Berufsrollenbilder können Einfluss auf die Auslandsberichterstattung haben, weil sie im Grunde die gesellschaftliche Wirkung und Bedeutung der Auslandsberichterstattung widerspiegeln. Will der Journalist seine individuellen Ideologien an den Rezipienten vermitteln und gesellschaftlich relevant machen, wird er sich eines solchen Berufsrollenverständnisses bedienen.
Die Berufsrolle „neutraler Informant“ geht von einer objektivierbaren und existierenden Realität aus, die lediglich wiedergegeben werden müsste. Der konstruktive Charakter der Realität bleibt unbeachtet. Jedoch kann diese Rolle eine Maxime an die Subjektivität des Journalisten sein, der sich dadurch einer gewissen Selbstkontrolle unterzieht. Gleichzeitig kann das aber auch dazu führen, zu einem Sprechorgan für Politiker und Vertreter im öffentlichen Leben zu werden, deren Ansichten man unkommentiert verbreitet.
Der „Mitgestalter in der Außenpolitik“ hat hingegen schon eine aktive Mitwirkungsrolle, tritt aber im westlichen demokratischen Journalismus hinter dem Neutralitätsanspruch in den Hintergrund.
[...]
[1] Mikich, Sonia: Geistige Provinzialisierung. Eine Zustandsbeschreibung. In: Claudia Cipitelli/ Axel Schwanebeck (Hrsg.): Nur Krisen, Kriege, Katastrophen? Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen. Dokumentation der 21. Tutzinger Medientage. S. 117-127. München : Verlag Reinhard Fischer, 2003. S. 119 [im Folgenden zitiert als: Mikich, S.: Geistige Provinzialisierung.].
[2] http://www.wdr.de/tv/monitor.mikich.phtml (Zugriff 13.04.2006).
[3] Ebd. S. 117-127.
[4] Galtung, Johan: low road - high road. In: track two, Vierteljahresschrift des Centre for conflict resolution and the media peace centre. Rondebosch, Republik Südafrika : 1998.
[5] Burkhart, Walter (Hrsg.): Großes Universal Lexikon. Schweinfurt : Schweinfurter Tagblattdruckerei, 1982. S. 1181.
[6] http://perso.uni-lueneburg.de/index.php?id=144 (Zugriff 07.04.2006).
[7] Rushdie, Salman: Die satanischen Verse. Übersetzt aus dem Englischen. München : Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur, 1997 [Titel der Originalausgabe: „The satanic Verses“. London, 1988.].
[8] http://www.chiark.greenend.org.uk/~owend/interests/islam/fatwa.html (Zugriff 30.04.2006).
[9] Hafez, Kai: Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 2: Das Nahost- und Islambild in der deutschen überregionalen Presse. Baden-Baden : Nomos Verlagsgesellschaft, 2002. S. 240-241 [im Folgenden zitiert als: Hafez, K.: Das Nahost- und Islambild.].
[10] http://de.wikipedia.org./wiki/Salman_Rushdie (Zugriff 13.04.2006).
[11] Hafez, K.: Das Nahost- und Islambild. S. 240-241.
[12] http://de.wikipedia.org./wiki/Salman_Rushdie (Zugriff 13.04.2006).
[13] Wagner, Martin: Auslandskorrespondent/in für Presse, Radio, Fernsehen und Nachrichtenagenturen. München : Paul List Verlag, 2001. S. 13, 14 [im Folgenden zitiert als Wagner, M.: Auslandskorrespondent/in.].
[14] Schwanebeck, Axel: Die Welt im Wohnzimmer. In: Claudia Cipitelli/ Axel Schwanebeck (Hrsg.): Nur Krisen, Kriege, Katastrophen? Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen. Dokumentation der 21. Tutzinger Medientage. S. 13-30. München : Verlag Reinhard Fischer, 2003. S. 14-16 [im Folgenden zitiert als: Schwanebeck, A.: Die Welt im Wohnzimmer.].
[15] Mikich, S.: Geistige Provinzialisierung. S. 118.
[16] Schwanebeck, A.: Die Welt im Wohnzimmer. S. 17-28.
[17] Wagner, M.: Auslandskorrespondent/in. S. 70-113.
[18] Cipitelli, Claudia: Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen. Ein Überblick. In: Claudia Cipitelli/ Axel Schwanebeck (Hrsg.): Nur Krisen, Kriege, Katastrophen? Auslandsberichterstattung im deutschen Fernsehen. Dokumentation der 21. Tutzinger Medientage. S. 9-12. München : Verlag Reinhard Fischer, 2003 [im Folgenden zitiert als: Cipitelli, C.: Auslandsberichterstattung.] S. 10.
[19] Mikich, S.: Geistige Provinzialisierung. S. 118-125.
[20] Hafez, Kai: Religionskriege in Reinform gibt es nicht. In: Friedrich-Ebert-Stiftung: Medien im Konflikt - Mittäter oder Mediatoren? Internationale Konferenz. S. 75-80. Berlin, 11. Mai 2000. [im Folgenden zitiert als: Hafez, K.: Religionskriege.]S. 76-79.
[21] Wagner, M.: Auslandskorrespondent/in. S. 176.
[22] Zint, Martin: Zur Rolle von Medien in Konflikten. In: Friedrich-Ebert-Stiftung: Medien im Konflikt - Mittäter oder Mediatoren? Internationale Konferenz. S. 25-30. Berlin, 11. Mai 2000. [im Folgenden zitiert als: Zint, M.: Zur Rolle von Medien in Konflikten.] S. 25, 26.
[23] Hafez, Kai: Die politische Dimension der Auslandsberichterstattung. Band 1: Theoretische Grundlagen. Baden-Baden : Nomos Verlagsgesellschaft, 2002. S. 110, 111 [im Folgenden zitiert als: Hafez, K.: Theoretische Grundlagen.].
[24] Wagner, M.: Auslandskorrespondent / in. S. 177.
[25] Hafez, K.: Theoretische Grundlagen. S. 175, 176, 185.
[26] Hafez, K.: Theoretische Grundlagen. S. 73-77.
- Arbeit zitieren
- Bachelor of Arts Silvia Stillert (Autor:in), 2006, Medien in Kulturkonflikten - Der Journalist als kultureller Vermittler?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87213
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