Propaganda via Auslandsrundfunk - Die Radioreden „Deutsche Hörer“ von Thomas Mann aus dem britischen Exil (1940-1945)


Seminararbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. EINFÜHRUNG

2. THOMAS MANN: DER WEG ZUM BBC – KOMMENTATOR
2.1. Kein politisches Engagement bis
2.2. Beginn der Karriere als politischer Publizist
2.3. Umdenkprozess nach dem 1.Weltkrieg
2.4. Warnung vor heraufziehendem Nationalsozialismus
2.5. „Botschafter eines anderen, besseren Deutschlands im Exil“
2.6. Politisches Wirksamwerden in den USA
2.7. Entstehung der Rundfunkreden „Deutsche Hörer“

3. RUNDFUNK ALS MITTEL PSYCHOLOGISCHER KRIEGSFÜHRUNG
3.1. Definition von Auslandsrundfunk und Entwicklung
3.2. Funktion und Intention
3.3. Grenzen der Wirkung

4. DIE BBC IM BRITISCHEN PROPAGANDAAPPARAT
4.1. Organisationsstruktur
4.2. Staatlicher Einfluss
4.3. Der deutsche Dienst und seine Programmstruktur
4.4. Grundsätze und Strategie
4.5. Monitoring Service
4.6. Empfangssituation in Deutschland und Einsatz von Störsendern
4.7. Thomas Mann als Exilant beim BBC

5. ZUSAMMENFASSUNG

6. SCHLUSSBEWERTUNG

7. LITERATURVERZEICHNIS

1. EINFÜHRUNG

Am 20.Januar 2004 hielten 5 Kommilitoninnen/ -en, darunter die Verfasserin dieser Arbeit, ein Referat in o.g. Proseminar über die Radioreden „Deutsche Hörer!“ von Thomas Mann. Erörtert wurden dabei die Aspekte des Weges Thomas Mann zum BBC-Kommentator, Thomas Mann zur Judenfrage und zur Zukunft Deutschlands, Form und Stilistik der Radioreden, Rezeption und Wirkung in Deutschland.

Dem Thema der Rundfunkarbeit deutscher Emigranten im Exil, darunter auch den Radioreden von Thomas Mann wird in der Forschungsliteratur weitgehend wenig und wenn, dann meist oberflächliche Beachtung beigemessen. [1] In der für das Referat zugrunde gelegten Literatur von Heike Weidenhaupt wird der Schwerpunkt der Betrachtung auf journalistisch-publizistische Aspekte gelegt. [2]

Über den Rahmen der Thematik des Referats hinausgehend beschäftigt sich die nachstehende Hausarbeit mit den Radioreden unter dem Gesichtspunkt des Mediums Rundfunk als Propagandamittel. Eingangs bietet sie im 2.Kapitel eine Einbettung in die politische Ausgangssituation Thomas Manns´, indem sie anhand wichtiger Stationen sein politisches Engagement in der Entwicklung, die zu den Radioreden, dem eindringlichsten Produkt seines politisch-publizistischen Schaffens, führte, liefert. Das 3.Kapitel beleuchtet die spezielle Rolle des Auslandsrundfunks in der Kriegsführung des 2. Weltkrieges. Welche Funktion erfüllte der Rundfunk als Propagandamittel, was sollte erreicht werden und wo stieß er an Grenzen? Im 4.Kapitel geht die Verfasserin speziell auf die britische monopolisierte Radiostation BBC als maßgebliches Propagandaorgan Großbritanniens [3] ein, über dessen Äther Thomas Mann seine Radioansprachen „Deutsche Hörer!“ 1940-1945 an die Deutschen verschickte.

Beginnend bei den strukturierten Rahmenbedingungen, in denen der BBC wirkte über eine Betrachtung der Empfangssituation in Deutschland bis hin zur Rolle Thomas Manns´ im BBC als deutscher Exilant.

Die nachstehende Hausarbeit stellt nicht den Anspruch einer vollständigen

Auseinandersetzung mit den Radioreden „Deutsche Hörer!“ von Thomas Mann. So werden Inhalte/ Form der Radioansprachen sowie Wirkung, die sie bei den Deutschen in der Rezeption hervorriefen, nicht berücksichtigt. Ziel dieser Arbeit ist es, Thomas Manns´ Radioreden „Deutsche Hörer!“ anhand der näheren Beleuchtung der politischen Bedeutung des Mediums Rundfunk aus dem Exil als Propaganda- und Kriegsmittel im „psychological warfare“ [4] des 2. Weltkriegs einmal mehr in das Blickfeld der Betrachtung zu rücken. Dies geschieht durch ein Literaturstudium mehrerer Quellen, aus denen zusammengetragen ein klares Bild herausgearbeitet werden soll. Das Schlagwort Radio-/ Ätherkrieg [5], wie es oft verwendet wird, rechtfertigt und zeigt die Wichtigkeit einer Auseinandersetzung mit den Radioreden unter dieser Zielsetzung.

2. THOMAS MANN: DER WEG ZUM BBC – KOMMENTATOR

2.1. Kein politisches Engagement bis

Bis zum Jahre 1914 zeigte Thomas Mann kein politisches Engagement, da er in einer ruhigen Zeit lebte, der Zeit des Wilhelminischen Zeitalters, die das von ihm politisch-moralisch auch nicht forderte. Politik galt als unästhetisch, deren Gegenpol die Kunst darstellte. Auch Thomas Mann fühlte sich eher von diesen damals vorherrschenden Strömungen der Romantik angezogen. Er gliederte sich ein in die Schar der Anhänger eines „unpolitischen Ästhetizismus“. [6]

2.2. Beginn der Karriere als politischer Publizist

Nach Kriegsausbruch 1914 reiht sich Thomas Mann in den Kreis der Kriegsbejaher ein und tut seine Gesinnung kund: Krieg ist ein notwendiger Kampf des deutschen Geistes gegen den der westlichen Demokratien, womit in erster Linie Frankreich und England gemeint waren. [7] Seine erste öffentliche bedeutende Publikation erschien 1918: „Betrachtungen eines Unpolitischen“. Sie war geprägt von einer plakativen Gegenüberstellung des Guten, was sich in der Kultur, dem Geist, der Romantik etc.

niederschlug mit dem Schlechten, welches die Politik und die Demokratie vertraten. In einem Brief 1916 schrieb er: „Ich hasse die Demokratie und damit hasse ich die Politik, denn das ist ja dasselbe.“ Sein Plädoyer galt ab 1914 der Monarchie. [8]

2.3. Umdenkprozess nach dem 1. Weltkrieg

Thomas Mann´s zweites öffentliches Auftreten erfolgte im Jahre 1922. Anlässlich des 60.Geburtstag von Gerhart Hauptmann hielt er seine Rede „Von deutscher Republik“, in der er sich gegensätzlicher Weise für die Republik ausspricht: „Mein Vorsatz ist, ich sage es offen heraus, euch, sofern das nötig ist, für die Republik zu gewinnen und das, was Demokratie genannt wird und was ich Humanität nenne.“ [9] Es fand ein sichtbarer Umdenkprozess statt, Thomas Mann wirbt nun für die Demokratie.

2.4. Warnung vor heraufziehendem Nationalsozialismus

Ab 1930 kommt für Thomas Mann ein weiteres Motiv für öffentliche Stellungnahmen hinzu: Die Warnung vor dem heraufziehendem Nationalsozialismus. Am 17.10.1930 hält er seine berühmte „Deutsche Ansprache“, in der er die nationalsozialistische Bewegung deutlich attackiert. Es kommt zu Krawallen, Mann entkommt knapp. [10]

2.5. „Botschafter eines anderen, besseren Deutschlands im Exil“

Da die Pressehetze in Deutschland aufgrund vieler solcher Zwischenfälle immer mehr zunimmt, beschließt Thomas Mann am 24.Mai 1933 auf Anraten seiner Tochter Erika, in der Schweiz im Exil zu bleiben. [11]

Sein erstes Bekenntnis zum Exilliteratentum erfolgt 2 Jahre später mit einem Brief an die „Neue Züricher Zeitung“, in welchem er Nazideutschland eine deutliche Absage erteilt. Am 2.12.1936 wird ihm daraufhin die Staatsbürgerschaft entzogen. Als Reaktion auf den folgenden Entzug seiner Ehrendoktorwürde weist Mann in einem offenen Brief auf die Kriegsgefahr hin. Ab da galt Thomas Mann als Botschafter eines anderen, besseren Deutschlands im Exil und ließ darüber hinaus verzweifelten Emigranten viel tatkräftige Hilfe und Unterstützung zukommen. [12]

2.6. Politisches Wirksamwerden in den USA

1938 bricht Thomas Mann zu seiner 4. USA-Vortragsreise auf. Sein Vortrag „Vom kommenden Sieg der Demokratie“ ist ein Plädoyer für eine wehrhafte Demokratie. Was Not tue, sei eine Erneuerung, eine „Selbstbesinnung der Demokratie“, denn sie sei kein gesichertes Gut mehr. In dieser Zeit verlegt er sein Exil nach Amerika.

Diese Tournee beschert ihm großes nationales und internationales Echo, so dass Thomas Mann sein politisches Engagement gegen den Nationalsozialismus verstärkt. Es folgen weitere Vortragsreisen, Zeitungsinterviews, politische Aufrufe und Publikationen. [13]

2.7. Entstehung der Rundfunkreden „Deutsche Hörer“

Die Initiative ging von der BBC aus, die eine Erweiterung und Verbesserung ihres deutschsprachigen Programms nach Kriegsbeginn anstrebte. [14] Erika Mann, die bereits seit August 1940 für den BBC auftrat, fädelte die Zusammenarbeit ein. So schrieb die BBC Thomas Mann im September 1940 an mit der Bitte, er möge an seine Landsleute Ansprachen halten, in denen er die Kriegsereignisse kommentieren und auf das Publikum im Sinne seiner oft geäußerten Überzeugung einwirken solle. [15] Im Oktober 1940 griff Thomas Mann zum ersten Mal zum Mikrophon. Die Sendedauer von 5 Min. erhöhte er bald auf 8 Min.; seither liefen seine Radioansprachen ungefähr einmal im Monat, insgesamt 58 (die 58. Radiosendung entstand im November 1945 und ist in die Nachkriegsauseinandersetzungen einzuordnen) Radioreden flossen zwischen 1940 und 1945 mit einer kurzen Unterbrechung zwischen Mai 1944 und Januar 1945 über den britischen Äther nach Deutschland. Die BBC strahlte die Sendungen jeweils innerhalb weniger Tage mehrfach aus. [16] Seit März 1941 sprach Mann seine Sendungstexte „[…]im Recording Departement der NBC von Los Angeles selbst auf eine Platte, diese wird auf dem Luftwege nach New York gesandt und ihr Inhalt durch das Telephon auf eine andere Platte in London übertragen, die dann vor dem Mikrophon abläuft.[…].“ [17] Als Kommentator („personality-speaker“) der BBC verbreitete Thomas Mann auf diesem Wege seine politischen Botschaften aus dem Exil auch in Deutschland.

[...]


[1] Winfrid Halder, Exilrufe nach Deutschland: Die Rundfunkreden von Thomas Mann, Paul

Tillich und Johannes R. Becher 1940-1945: Analyse, Wirkung, Bedeutung. Münster: LIT,

2002 (Tillich-Studien – Beihefte; 3), S.1,2 u. 4,5 [Im folgenden zitiert als W. Halder: Exilrufe].

[2] Heike Weidenhaupt, Gegenpropaganda aus dem Exil: Thomas Manns Radioansprachen für deutsche

Hörer 1940-1945. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH 2001 (Journalismus und Geschichte; Bd.5),

S.10 [Im folgenden zitiert als H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda].

[3] Ebd., S.9.

[4] H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda. S. 43,44: „psychological warfare“ (übersetzt: psychologische

Kriegsführung) zeigt, dass Propaganda neben Waffen als eigenständiges Kriegsmittel angesehen wurde.

[5] Ebd., S.43-65 und Bernd F. Köhler, Auslandsrundfunk und Politik. Die politische Dimension

eines internationalen Mediums. Berlin 1988, S.27-30

[Im folgenden zitiert als B. Köhler: Auslandsrundfunk und Politik].

[6] H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda, S.13-15.

[7] Ebd., S.16,21.

[8] H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda, S. 18-20.

[9] Ebd., S.23,24.

[10] Ebd., S.30-32.

[11] Ebd., S.32.

[12] Ebd., S.35-37.

[13] H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda, S.38-41.

[14] W. Halder: Exilrufe, S.14.

[15] H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda, S.72,73.

[16] W. Halder: Exilrufe, S.16.

[17] H. Weidenhaupt: Gegenpropaganda, S.79.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Propaganda via Auslandsrundfunk - Die Radioreden „Deutsche Hörer“ von Thomas Mann aus dem britischen Exil (1940-1945)
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar Einführung in die Exilpublizistik
Note
2,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V87217
ISBN (eBook)
9783638012133
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Propaganda, Auslandsrundfunk, Radioreden, Hörer“, Thomas, Mann, Exil, Proseminar, Einführung, Exilpublizistik
Arbeit zitieren
Bachelor of Arts Silvia Stillert (Autor:in), 2004, Propaganda via Auslandsrundfunk - Die Radioreden „Deutsche Hörer“ von Thomas Mann aus dem britischen Exil (1940-1945), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87217

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