Aufbau und Wandel von Energieregimen am Beispiel der OPEC


Seminar Paper, 2007

23 Pages, Grade: 1,0


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Situation auf dem Ölmarkt vor 1960
2.1 Die Herausbildung des Weltölmarktes
2.2 Die Macht der internationalen Ölkonzerne in den neuen Förderländern
2.3 Der Öl-Listenpreis

3. Die Gründung der OPEC 1960
3.1 Ursachen und Verlauf der OPEC-Gründung
3.2 Die Struktur der OPEC

4. Die Entwicklung der OPEC in den 60er Jahren

5. Die OPEC vor und während der Energiekrise 1973/74
5.1 Die zunehmende Politisierung des Erdöls
5.2 Eine erste Machtdemonstration der OPEC
5.3 Kontrolle über den Weltölmarkt und Energiekrise

6. Die Rückbesinnung der einzelnen OPEC-Staaten auf alte Schwächen und die Folgen
6.1 Die 2. Energiekrise und zunehmende Konkurrenz unter den OPEC-Staaten
6.2 Loslösung vom OPEC-Öl und neue Strategien der Verbraucherländer

7. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Dieser Ausarbeitung liegt ein Referat zugrunde, welches im Rahmen der Veranstaltung „Internationale Regime und NGOs“ gehalten wurde. Anhand des internationalen Regimes OPEC soll die Entstehung, Ausbreitung sowie der Wandel und eventueller Machtverlust von Regimen beispielhaft verdeutlicht werden.

Um die Ursachen der Gründung eines Energieregimes ausreichend darstellen und begründen zu können, bedarf es zunächst einer Analyse der Situation auf dem Energie- beziehungsweise in diesem speziellen Fall auf dem Ölmarkt vor Gründung des Regimes. Zu Recht liegt hier ein Schwerpunkt des Referats, da die Gründung eines Regimes entweder auf eine Intervention bei asymmetrischen politischen oder wirtschaftlichen Strukturen oder auf die Ausnutzung einer gegebenen Situation zu eigenen Gunsten zurückzuführen ist. Das Augenmerk wird hierbei insbesondere auf das Verhalten und die Strategie der internationalen Ölgesellschaften gelegt. Es soll der Versuch gemacht werden, darzustellen, inwieweit sich dieses Verhalten unmittelbar als Ursache für die OPEC-Gründung verantwortlich machen lässt.

Im Anschluss daran werden der Verlauf der OPEC-Gründung sowie ihre aktuelle Struktur dargestellt und erste Erfolge und Misserfolge beschrieben.

Wie sehr ein einzelnes Regime an Macht zugewinnen und seinen Einfluss auf viele Lebensbereiche auf der ganzen Welt ausbreiten kann, zeigt sich besonders deutlich, wenn die OPEC in den 1970er Jahren während der beiden Energiekrisen beobachtet wird. Aus diesem Grund liegt hier der zweite Schwerpunkt des Referats. Anhand der Geschehnisse der 1970er Jahre auf dem globalen Energiemarkt lässt sich der Machtgewinn der OPEC exzellent darstellen.

Abschließend wird die Entwicklung der OPEC in den 80er und 90er Jahren betrachtet. Diese Darstellung fällt bewusst knapp aus, da hier nur wenige neue Erkenntnisse bezüglich der Ursachen für die Bildung und den Wandel eines Regimes gewonnen werden können. Vielmehr lässt sich hier die Missachtung der zuvor herausgearbeiteten Kriterien als Ursache ausmachen.

Eine Zusammenfassung und Bewertung der gewonnenen Erkenntnisse runden die Arbeit schließlich ab.

2. Die Situation auf dem Ölmarkt vor 1960

2.1 Die Herausbildung des Weltölmarktes

In der Geschichte der Weltenergieproduktion gewinnt die Förderung von Erdöl erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. Größter Produzent und zugleich Verbraucher dieser Zeit waren die USA. Wurde der Energiebedarf gegen Ende des 18. Jahrhunderts noch fast ausschließlich durch Kohle gedeckt, so nahm die Erdölproduktion mit zunehmendem technologischem Niveau stetig zu. Für diese Entwicklung sind vor allem zwei Gründe auszumachen.

Erstens ist für die Kohleförderung ein geringeres technologisches Niveau notwendig. „Kohle kann faktisch mit einfachsten Arbeitsmitteln produziert werden. […] Ferner setzt weder der Transport, noch die Umwandlung der Kohle in Energie besonders entwickelte und komplizierte Technik voraus.“[1] Dem gegenüber erfordert die Produktion von Erdöl bereits bei der Entdeckung und Förderung ein hohes wissenschaftliches und technisches Niveau.[2]

Zweitens besitzt Rohöl von Natur aus einen gewichtigen Vorteil gegenüber Kohle. Die Produktionskosten für Rohöl sind bedeutend niedriger als die für Steinkohle. Neben rentableren Fördermethoden ist hierbei die gewinnbare Energiemenge pro geförderter Tonne der entscheidende Faktor. Die Energiemenge einer Tonne Rohöl ist wesentlich höher als die einer Tonne Kohle.[3]

Bedingt durch diese Faktoren konnte der Rohölanteil am Gesamtenergiemarkt in den USA zu Anfang der 20. Jahrhunderts nachhaltig gesteigert werden. Die Ölproduktion verdrängte nach und nach die stagnierende Steinkohleproduktion. Unterschiedliche Produktionskosten lassen sich jedoch nicht nur für die unterschiedlichen Energieträger ermitteln, sondern auch für gleiche Energieträger verschiedener Regionen.[4] 1910 sind die USA und Russland die einzigen wichtigen Erdölproduzenten auf dem Weltmarkt. Steigender Bedarf und die nur bedingt günstigen Förderbedingungen lassen die Erdölproduzenten jedoch vermehrt global nach Ölvorkommen suchen. Erste Förderländer sind Mexiko, Iran und Venezuela. Die Produktionskosten in den neuen Förderländern sind extrem niedrig, einerseits durch einfach zu erschließende Rohölfelder, insbesondere jedoch durch die unzureichende Beteiligung der Eigentümerstaaten an den Gewinnen (vgl. Kapitel 2.2 und 2.3).[5]

Unterdessen entwickelten sich die USA vom Export- zum Importland, so dass heimisches Rohöl zunehmend mit importiertem Rohöl konkurrieren musste und bedingt durch die o.g. günstigeren Produktionspreise mehr und mehr verdrängt zu werden drohte. Denn das Rohöl aus den neuen Förderländern hatte entscheidende Vorteile gegenüber dem heimischen Öl. Durch den geringen Produktionspreis war es möglich, den Marktpreis niedriger zu halten als den der Kohle und gleichzeitig einerseits den Produzenten hohe Durchschnitts- und Extraprofite zu sichern und andererseits dem Nationalstaat zu ermöglichen, hohe Steuern auf den neuen Energieträger zu erheben.[6]

Auf dem europäischen Energiemarkt konkurrierte bereits vor dem Aufkommen von Erdöl die europäische mit der amerikanischen Kohle. Die vergleichsweise geringen Produktionskosten amerikanischer Kohle erlaubten trotz großer Transportwege einen Marktpreis auf dem europäischen Energiemarkt, der durchaus in Konkurrenz zur in Europa selbst geförderten Kohle stand.[7] Die oben beschriebenen Vorteile des Erdöls aus den neuen Förderländern lassen sich somit auch auf dem europäischen Markt anwenden. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung wie beispielsweise zunehmende Arbeitslosigkeit durch Bergwerkschließungen sollen jedoch nicht weiter betrachtet werden. Vielmehr gilt es bei der Analyse der Entstehung des Energieregimes OPEC die Rolle der Einzelkapitale, der Ölkonzerne, auf dem neu entstandenen Weltölmarkt zu untersuchen.

2.2 Die Macht der internationalen Ölkonzerne in den neuen Förderländern

Die Ausbeutung der Ölreserven in der 3. Welt, also in den neuen Förderländern, erfolgte durch international agierende Konzerne. Diese entwickelten eine Strategie zur optimalen Profitmaximierung: sie bildeten gegenüber jedem Erdöleigentümerstaat ein monopolistisches Gemeinschaftsunternehmen. Den Grundstein hierfür bildete eine Kartellabsprache zwischen den damaligen drei größten Ölgesellschaften Royal Dutch/Shell, Anglo-Persian Oil Company (ab 1954 British Petroleum) und Standard Oil of New Jersey (später Exxon)[8] aus dem Jahr 1928, dem Achnacarry-Abkommen, auch unter dem Namen „As Is Agreement“ bekannt. In den folgenden Jahren traten dem Abkommen die Gesellschaften Gulf Oil, Standard Oil Company of California, Standard Oil Company of New York (später Mobile Oil) und Texaco bei.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach diesem Abkommen sollten die beteiligten Gesellschaften, auch „Sieben Schwestern“ genannt, ihre gegenwärtigen Marktanteile behalten und eine optimale Kontrolle über die gemeinsame Rohölproduktion erlangen. Beispielsweise verkauften sie sich bestehende Über­kapazitäten zu Vorzugspreisen. [9]

Die wichtigste und folgenreichste Entscheidung der „Sieben Schwestern“ war jedoch, in jedem einzelnen Öleigentümerstaat nicht in Konkurrenz zueinander zu operieren, sondern in Form eines Gemeinschaftsunternehmens mit einer Stimme zu sprechen. (siehe Abb. 1) Daraus ergaben sich erhebliche Vorteile für die Ölgesellschaften. Die neu gegründeten Gemeinschaftsunternehmen besaßen eine Monopolstellung in jedem einzelnen Eigentümerstaat. Die Eigentümerstaaten selbst konkurrierten aber weiterhin untereinander und unterboten sich bei der Konzessionsvergabe gegenseitig, um ihre Einnahmen durch verstärkte Ausbeutung der Ressourcen zu erhöhen. Die Ölgesellschaften waren nun in der Lage, ihre Interessen gegenüber jedem einzelnen Eigentümerstaat voll durchzusetzen.[10]

Massarrat fasst treffend zusammen. „Diesem Monopol der multinationalen Ölkonzerne waren die Öleigentümerstaaten hoffnungslos ausgeliefert. Denn während dieselben multinationalen Ölkonzerne in jedem einzelnen Öleigentümerland dem Eigentümerstaat in allen die gemeinsamen Interessen betreffenden Fragen […] geschlossen gegenübertreten konnten, waren die Öleigentümerstaaten jedes Mal jeweils sich selbst überlassen.“[11] Maull führt weitergehend aus: „Versuche einzelner Förderländer, die Macht der Ölkonzerne durch Verstaatlichungen zu brechen, waren bis 1960 gescheitert, weil die Gesellschaften in solchen Fällen auf andere Förderländer auswichen und somit dem rebellischen Exportland die notwendigen Absatzmärkte entziehen konnte.“[12]

Deutlich wird diese neue Machtkonstellation erstmals in der Iran-Krise 1951 bis 1953. Hier versuchte der Iran, die Grundrente Kraft seines Eigentümermonopols zu erhöhen, scheiterte aber an der Konkurrenz der anderen Öleigentümerstaaten. Es wurde ein Ölembargo gegen den Iran verhängt, welches durchgehalten werden konnte, da andere Öleigentümerstaaten ihre Förderung ausweiteten.[13] Dieses Beispiel veranschaulicht, wie sehr sich die bestehende Macht der internationalen Ölkonzerne auch für politische Zwecke ausnutzen ließ.

Die Folgen dieser einseitigen Machtverteilung zugunsten der Ölkonzerne soll im folgenden Kapitel durch ein Beispiel verdeutlicht werden: die Bildung des Öl-Listenpreises ausschließlich zugunsten der internationalen Ölkonzerne.

2.3 Der Öl-Listenpreis

Der Öl-Listenpreis, auch posted price genannt, entstand mit der Herausbildung des Energiemarktes in den USA. Danach wurde der Preis von Rohöl vergleichbarer Qualität in den USA einheitlich und unabhängig von den tatsächlichen Produktionskosten festgesetzt.[14] Die Höhe des Preises entspricht dabei mindestens den Produktionskosten des Öls mit den schlechtesten Produktionsbedingungen.[15] Die obere Grenze bildet der Preis von alternativen Energien wie Kohle und Erdgas. Solange die USA Hauptproduzent und –verbraucher waren, galt dieser Preis auch für den Weltmarkt. Mit dem Aufkommen weiterer Förderländer verliert er jedoch seine Funktion als Basis des Ölpreises. „War der Öl-Listenpreis ursprünglich mit dem Öl-Weltmarktpreis identisch, so wird er im Prozess dieses Wandels innerhalb des Weltmarkts zum ökonomischen Hebel der Aufteilung des in den Ländern der Dritten Welt produzierten Surplusprofits umfunktioniert.“[16]

Die Grundlage dieser Umfunktionierung wurde durch das bereits erwähnte Achnacarry-Abkommen gelegt (vgl. Kap. 2.2). Nach diesem Abkommen sollte die Festsetzung des Öl-Listenpreises für den Weltmarkt durch das neu eingeführte „Golf-plus-Fracht“-System geschehen. Nach dieser Methode entsprach der Preis des Rohöls am Bestimmungsort dem Listenpreis des Rohöls am Golf von Mexiko zuzüglich der Transportkosten vom Golf von Mexiko zum Bestimmungsort. Dadurch musste der Preis am Exporthafen mindestens dem Listenpreis am Golf von Mexiko entsprechen, da dieser bereits die schlechtesten und teuersten Förder- und Transportbedingungen beinhaltete.[17] Auch hier behält also die spezifische Gesetzmäßigkeit bei der Preisbildung von Gütern naturabhängiger Produktionssphären seine Gültigkeit.

[...]


[1] Massarrat, 1980, S. 99

[2] Vgl. Massarrat, 1980, S. 99

[3] Vgl. ebenda, S. 94ff

[4] Vgl. ebenda, S. 94

[5] Vgl. ebenda, S. 103f.

[6] Vgl. ebenda, S. 102f.

[7] Vgl. ebenda, S. 100f.

[8] Bis 1911 kontrollierte die Standard Oil John D. Rockefellers den amerikanischen Ölmarkt, so beispielsweise bis zu 80% der Raffineriekapazitäten. 1911 verfügte der oberste Gerichtshof in den USA die Zerschlagung der Gesellschaft in 33 voneinander unabhängige Unternehmen. Die Standard Oil of New Jersey vereinigte danach ein Drittel des ehemaligen Standard Oil-Kapitals auf sich und blieb auch im Besitz des gesamten internationalen Verteilernetzes. Weitere wichtige neu gegründete Gesellschaften waren die Standard Oil Company of New York und die Standard Oil Company of California. (Vgl. Mommer, 1983, S. 29f.) Diese drei Unternehmen fanden nur wenige Jahre später im „As Is Agreement“ wieder zusammen.

[9] Vgl. Mommer, 1983, S. 103f.

[10] Vgl. Massarrat, 1980, S. 168f.

[11] Massarrat, 1980, S. 169

[12] Maull, 1982, S. 7

[13] Vgl. Massarrat, 1980, S. 170f.

[14] Entscheidende Grundlage dieser Praxis bildete die Monopolstellung der Standard Oil Company John D. Rockefellers in den USA zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Dank dieser Monopolstellung auf dem amerikanischen Ölmarkt war es dem Konzern möglich, als Käufer von Rohöl vieler kleinerer Produzenten den Preis festzusetzen, zu dem der Konzern bereit war, Rohöl anzukaufen. Daher auch der Name „posted price“. (Vgl. Mommer, 1983, S. 29)

[15] Grundlage hierfür bildet die spezifische Gesetzmäßigkeit der Preisbildung in naturabhängigen Produktionssphären. Nach dem Wertgesetz wird der Wert einer Ware bestimmt durch die zu seiner Herstellung durchschnittlich benötigte Arbeitszeit. Teuer produzierende Kapitale müssen ihre Kosten senken, um am Markt zu bleiben, durchschnittlich Produzierende erzielen einen Durchschnittsprofit, günstig Produzierende erzielen darüber hinaus einen sogennanten Surplusprofit oder Extraprofit. Diese Gesetzmäßigkeit lässt sich jedoch nicht auf Naturgüter übertragen, da diese räumlich und qualitativ gebunden und somit die Kosten ihrer Förderung unveränderbar sind. Entsprechend muss sich der Wert dieser Güter nach den schlechtesten Produktionsbedingungen derjenigen Güter richten, welche zur Deckung der Nachfrage am Markt gerade noch benötigt werden. So erzielt der Produzent mit der schlechtesten Naturbasis einen Durchschnittsprofit, während alle anderen Produzenten zusätzlich einen Surplusprofit entsprechend der Qualität ihrer Naturbasis erzielen. (Vgl. Massarrat, 1980, S. 28ff)

[16] Massarrat, 1980, S. 160

[17] Vgl. Massarrat, 1980, S. 160f.

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Details

Title
Aufbau und Wandel von Energieregimen am Beispiel der OPEC
College
University of Osnabrück  (Fachbereich Sozialwissenschaften)
Course
Internationale Regime und NGOs
Grade
1,0
Author
Year
2007
Pages
23
Catalog Number
V87379
ISBN (eBook)
9783638031370
ISBN (Book)
9783638929189
File size
487 KB
Language
German
Keywords
Aufbau, Wandel, Energieregimen, Beispiel, OPEC, Internationale, Regime, NGOs
Quote paper
Markus Stuntebeck (Author), 2007, Aufbau und Wandel von Energieregimen am Beispiel der OPEC, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87379

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