„Der reine Nachrichtendienst liegt der deutschen Frau wenig, da ihr gefühlsbetonter Charakter kaum Geschmack an der unpersönlichen, sachlichen Wiedergabe von Tatsachen und Beobachtungen findet. Auch die ungleichmäßige, manchmal bis tief in die Nacht dauernde, sich zeitweise anhäufende Arbeit, die häufig Unruhe und Aufregung mögen Hindernisse für die Frauenarbeit im Journalismus sein. All diesen Anforderungen der rückhaltlosen Hingabe an den Beruf hält die weibliche Natur nur schwer stand.“
Otto Groth, Medienkundler, 1930
„Eine Nachricht verlangt vom Sprecher sachlich unterkühlte Distanz, Frauen aber sind emotionale Wesen.“
Karl Heinz Köpcke, Nachrichtensprecher, 1975
Es liegen knapp 50 Jahre zwischen diesen beiden Zitaten zur Beschäftigung von Frauen im Journalismus. Mag uns die Äußerung Otto Groths der damaligen Zeit noch angemessen erscheinen, so ist es doch verwunderlich, dass ein halbes Jahrhundert später noch ähnlich kritische Einstellungen der männlichen Medienvertreter im Bezug auf ihre weiblichen Kolleginnen zu finden sind.
Ob Frauen aber dennoch gute Journalistinnen sein können oder nicht, wurde vor allem praktisch entschieden: „1971 durfte Wibke Bruhns als erste Frau in der Bundesrepublik die Nachrichten sprechen. [...] Fast ein Drittel aller Fernsehnachrichten wird heute von Frauen moderiert. Das entspricht ihrem Anteil am journalistischen Beruf insgesamt.“ Angesichts dieser Tatsache und der mittlerweile umfassenden und fundierten Datenlage zur Situation der Journalistinnen dürften die oben zitierten Meinungen wohl endgültig als überholt angesehen werden. Die Entwicklung hat gezeigt, dass es den Frauen durchaus möglich war und ist, in der „hochgradig männlich typisierten Profession“ Journalismus Fuß zu fassen. Auch wenn man von einer Gleichberechtigung der Frau im deutschen Journalismus noch weit entfernt ist, das Geschlechterverhältnis hat sich seit den Lebzeiten Otto Groths doch deutlich zu Gunsten der Journalistinnen verändert. Darüber soll nicht zuletzt diese Arbeit Aufschluss geben.
Die anschließenden Ausführungen werden sich aber nicht nur auf die aktuellen Datenlage zum Journalistinnenbestand beschränken, sondern sie soll in diesem Zuge auch die geschlechtsspezifische Strukturierung des Arbeitsfeldes Medien aufzeigen. Des Weiteren wird durch berufssoziologische Daten, wissenschaftliche Erkenntnisse über Qualifikation, Alter und Einkommen, die Berufssituation von Journalistinnen in Deutschland näher beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Datengrundlage
3 Der Frauenanteil im Journalismus
4 Geschlechtsspezifische Strukturierung des Berufsfeldes
4.1 Horizontale Segmentation
4.2 Vertikale Segmentation
5 Das Qualifikationsniveau von Journalistinnen
5.1 Schulische Bildung
5.2 Berufspezifische Ausbildung
6 Soziologische Strukturierung
6.1 Alter
6.2 Familiäre Einbindung
7 Berufssoziologische Daten
7.2 Berufserfahrung
7.3 Einkommen
8 Schluss
9 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Der reine Nachrichtendienst liegt der deutschen Frau wenig, da ihr gefühlsbetonter Charakter kaum Geschmack an der unpersönlichen, sachlichen Wiedergabe von Tatsachen und Beobachtungen findet. Auch die ungleichmäßige, manchmal bis tief in die Nacht dauernde, sich zeitweise anhäufende Arbeit, die häufig Unruhe und Aufregung mögen Hindernisse für die Frauenarbeit im Journalismus sein. All diesen Anforderungen der rückhaltlosen Hingabe an den Beruf hält die weibliche Natur nur schwer stand.“[1]
Otto Groth, Medienkundler, 1930
„Eine Nachricht verlangt vom Sprecher sachlich unterkühlte Distanz, Frauen aber sind emotionale Wesen. “[2]
Karl Heinz Köpcke, Nachrichtensprecher, 1975
Es liegen knapp 50 Jahre zwischen diesen beiden Zitaten zur Beschäftigung von Frauen im Journalismus. Mag uns die Äußerung Otto Groths der damaligen Zeit noch angemessen erscheinen, so ist es doch verwunderlich, dass ein halbes Jahrhundert später noch ähnlich kritische Einstellungen der männlichen Medienvertreter im Bezug auf ihre weiblichen Kolleginnen zu finden sind.
Ob Frauen aber dennoch gute Journalistinnen sein können oder nicht, wurde vor allem praktisch entschieden: „1971 durfte Wibke Bruhns als erste Frau in der Bundesrepublik die Nachrichten sprechen. [...] Fast ein Drittel aller Fernsehnachrichten wird heute von Frauen moderiert. Das entspricht ihrem Anteil am journalistischen Beruf insgesamt.“[3] Angesichts dieser Tatsache und der mittlerweile umfassenden und fundierten Datenlage zur Situation der Journalistinnen dürften die oben zitierten Meinungen wohl endgültig als überholt angesehen werden. Die Entwicklung hat gezeigt, dass es den Frauen durchaus möglich war und ist, in der „hochgradig männlich typisierten Profession“[4] Journalismus Fuß zu fassen. Auch wenn man von einer Gleichberechtigung der Frau im deutschen Journalismus noch weit entfernt ist, das Geschlechterverhältnis hat sich seit den Lebzeiten Otto Groths doch deutlich zu Gunsten der Journalistinnen verändert. Darüber soll nicht zuletzt diese Arbeit Aufschluss geben.
Die anschließenden Ausführungen werden sich aber nicht nur auf die aktuellen Datenlage zum Journalistinnenbestand beschränken, sondern sie soll in diesem Zuge auch die geschlechtsspezifische Strukturierung des Arbeitsfeldes Medien aufzeigen. Des Weiteren wird durch berufssoziologische Daten, wissenschaftliche Erkenntnisse über Qualifikation, Alter und Einkommen, die Berufssituation von Journalistinnen in Deutschland näher beleuchtet. Mitunter möchte diese Arbeit auch Erklärungen für die geschlechtsspezifischen Entwicklungen im Journalismus finden, wodurch im abschließenden Kapitel eine vorsichtige Prognose im Hinblick auf zukünftigen Entwicklungen getroffen werden kann.
2 Datengrundlage
Die Frauenforschung im kommunikationswissenschaftlichen Bereich begann in Deutschland mit der zweiten Frauenbewegung in den 70er Jahren: Aus dem Jahr 1970 stammen die ersten Daten über den Anteil von Journalistinnen in Deutschland, erfasst in einer Volks- und Berufszählung. „Weischenberg et al. haben jedoch korrekterweise darauf hingewiesen, dass sich die hier zugrunde gelegten Definitionen des Berufsbildes Journalist(in) nur bedingt zur Abgrenzung von anderen, verwandten Berufsbildern (wie z.B. dem des Schriftstellers) eignet.“[5] Damals wurde deshalb ein überraschend hoher Journalistinnenanteil von 29 Prozent festgestellt. Eine systematische Untersuchung zur Situation von Journalistinnen in den Rundfunkanstalten entstand 1977 durch Heinrich Freise und Jochen Draht. Tageszeitungsjournalistinnen rückten 1980 bei Barbara von Beckers in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Betrachtung. Erste verlässliche Daten zum Anteil von Journalistinnen in Rundfunk, Tageszeitung und Zeitschriften lieferte aber erst die Untersuchung durch Irene Neverla und Gerda Kanzleiter 1984.[6] Alle bis hier genannten Studien konnten dennoch nur bruchstückhafte und unzureichende Erkenntnisse über die Situation der Frauen im deutschen Journalismus bringen. Das änderte sich erst Anfang der 90er Jahre, als die beiden bislang größten Untersuchungen über JournalistInnen in der Bundesrepublik durchgeführt wurden: Die Hannoveraner Erhebung durch Beate Schneider, Klaus Schönbach und Dieter Stürzenbecher, sowie die Münsteraner Untersuchung der Forschungsgruppe Journalistik um Siegfried Weischenberg.[7] Des Weiteren werden in dieser Arbeit auch noch neuere Daten aus einer Studie durch Johanna Schwenk 2003 Berücksichtigung finden, die das aktuellste verfügbare Datenmaterial zum Journalistinnenanteil darstellen. (Abgesehen von der im Jahre 2005 aktualisierten Untersuchung Siegfried Weischenbergs, die bis jetzt aber nur in Auszügen vorliegt und damit nur am Rande zur Erstellung dieser Arbeit beitragen kann.)
3 Der Frauenanteil im Journalismus
In den vergangenen 30 Jahren konnte das Berufsfeld Journalismus generell einen enormen Zuwachs verzeichnen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Zahl der Redakteurinnen und Redakteure bei Tageszeitungen allein von 1975 bis 1990 um 56 Prozent, bei den Zeitschriften sogar um 82 Prozent.[8] Das wirkte sich natürlich auch auf den Anteil der Journalistinnen aus. Ende der 70er Jahre stellten Irene Neverla und Gerda Kanzleiter eine Frauenanteil von lediglich 17 Prozent über alle Medienbereiche hinweg fest. 1990 registrierten Ute Schluz und Heike Amend in ihrer Untersuchung unter Westberliner JournalistInnen bereits einen Anstieg um 14 Prozentpunkte, was einen Frauenanteil im Journalismus von mittlerweile 31 Prozent bedeutet. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Weischenberg in seiner Erhebung: 30 Prozent aller Journalisten sind weiblich. Jeder dritte Journalist in Deutschland war Anfang der 90er eine Frau. Das entsprach in absoluten Zahlen gesprochen 10 000 festangestellten Journalistinnen. Man kann allerdings davon ausgehen, dass die 30-Prozent-Marke damals nur erreicht werden konnte, da nach der Wiedervereinigung „ein überproportional hoher Frauenanteil aus der DDR ,übernommen’ wurde“[9]. In Ostdeutschland belief sich der Journalistinnenanteil zu dieser Zeit auf 35, in Westdeutschland auf lediglich 25 Prozent. Tatsache ist allerdings, dass die ostdeutschen Journalistinnen relativ schnell zum großen Teil durch westdeutsche männliche Kollegen ersetzt wurden. Gut zehn Jahre später ermittelte Johanna Schwenk 2003 in ihrer Untersuchung einen überraschend hohen Frauenanteil von 47 Prozent. Wobei sie selbst darauf verweist, „dass Frauen in der vorliegenden Stichprobe themenbedingt und aufgrund der speziellen Stichprobenziehung wohl stärker vertreten sind, als dies in der Grundgesamtheit der Fall sein dürfte“.[10] Deshalb kann auch weiterhin von einer Frauenquote ausgegangen werden, die etwas über 30 Prozent liegt. Bestätig findet sich das in den neuesten Ergebnissen aus der Weischenberg-Studie 2005: Hier machen Journalistinnen einen Anteil von 37,2 Prozent aus.[11] Demnach wäre der Frauenanteil seit 1992 um 7,2 Prozentpunkte gestiegen.
Die Einführung des dualen Rundfunksystems (80er), die Ausdifferenzierung des Pressemarktes (90er) sowie „die Umstrukturierungsprozesse [in den neuen Bundesländern] und die dadurch erfolgte Öffnung des journalistischen Arbeitsmarktes [können] als Ursache für die Erhöhung des Frauenanteils angesehen werden. Da diese Prozesse heute weitgehend abgeschlossen sind, ist in Zukunft eher von einer Stagnation des Frauenanteils auszugehen.“[12] Das erklärt auch, warum sich der einst noch rapide Anstieg der Frauen im Journalismus von 1980 bis 1992 (fast 20 Prozent), in den darauf folgenden zehn Jahren so gut wie halbiert hat. Es bleibt aber, vor allem mit Blick auf den journalistischen Nachwuchs, abzuwarten, ob sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiter fortsetzt.
Zwar halten die Frauen in der Medienbranche nunmehr schon einen weit größeren Anteil als noch vor einigen Jahrzehnten, dennoch befinden sie sich mit etwas über einem Drittel immer noch deutlich in der Minderheit. „Eine zahlenmäßige Gleichstellung, also einen Frauenanteil, wie er der Stärke der Frauen in der Gesellschaft entspricht, gibt es aber in keinem Medienbereich.“[13]
4 Geschlechtsspezifische Strukturierung des Berufsfeldes
Der Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland weist eine geschlechtsspezifische Strukturierung auf. Sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Hinsicht. „Ersteres bedeutet, dass der Gesamtarbeitsmarkt entlang der Geschlechterlinie in Teilarbeitsmärkte aufgeteilt ist, die entweder männlich oder weiblich konnotiert sind. [...] Hinzukommt, dass, ebenfalls sozialisationsbedingt, an Frauen andere Rollenerwartungen gestellt werden als an Männer und ihnen infolgedessen auch andere Interessen zugeschrieben und ihnen entsprechend auch andere Tätigkeiten zugewiesen werden.“[14] Frauen fällt es außerdem schwerer, sich in höhere Positionen vorzuarbeiten. Dieses Phänomen bezeichnet man als vertikalen Segmentation. Da der Journalismus zu den Berufsfeldern zählt, deren Struktur vor allem von Männern geprägt wurde oder wird, bildet dieser Beruf im Bezug speziell auf die horizontale bzw. vertikale Segmentation keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil: Jene soziologischen Strukturierungen treten hier besonders signifikant zu Tage, was im Anschluss dargestellt werden soll.
4.1 Horizontale Segmentation
Bereits Anfang der 80er Jahre beschrieben Neverla und Kanzleiter das Phänomen der horizontalen Segmentation folgendermaßen: „Männer haben die deutliche Mehrheit an solchen Arbeitsplätzen, die gewissermaßen die Zentren des Berufs darstellen: Es sind dies die klassischen Medien wie Funk, Fernsehen, Tageszeitungen; die klassischen Ressorts wie Politik, Nachrichten, Wirtschaft und Sport; und es sind dies jeweils die politiknahen und aktuellen Themen und Tätigkeitsbereiche. Demgegenüber arbeiten Frauen eher an den Rändern, in den Ecken und Nischen des Berufs.“[15]
Die horizontale Segmentation vollzieht sich im Journalismus demnach auf mindestens zwei Ebenen: nach Medientyp und nach Ressortzugehörigkeit.
[...]
[1] Groth, Otto: Die Zeitung. System der Zeitungskunde. Mannheim, Berlin, Leipzig 1930. Seite 74
[2] Klaus, Elisabeth: Kommunikationswissenschaftliche Geschlechterforschung. Zur Bedeutung der Frau in den Massenmedien und im Journalismus. Wien 2005. Seite 151
[3] Ebd. Seite 151
[4] Lünenborg, Margret: Journalistinnen in Europa. Eine international vergleichende Analyse zum Gendering im sozialen System Journalismus. Opladen 1997. Seite 107
[5] Schwenk, Johanna: Berufsfeld Journalismus. Aktuelle Befunde zur beruflichen Situation und Karriere von Frauen und Männern im Journalismus. München 2006. Seite 156-157
[6] vgl. Schulz, Ute: Journalistinnen im Schulterschluss? Motivationen und Entscheidungen für oder gegen kollektives Frauenhandeln. Wiesbaden 2000. Seite 27
[7] vgl. Fröhlich, Romy/Schwenk, Johanna: Traumberuf Medien? Daten und Fakten zu einem vermeintlich frauendominierten Berufsfeld. Wiesbaden 2994. (CD-Rom) unter Materialien_Frauenanteil
[8] vgl. Lünenborg, Margret 1997, a.a.O., Seite 95
[9] Ebd. Seite 108
[10] Schwenk 2003, a.a.O., Seite 157
[11] vgl. Weischenberg, Siegfried: Der Schein trügt. In: Die Zeit. Nummer 41 vom 06.10.2005 (Internet)
[12] Klaus 2005, a.a.O., Seite 158
[13] Fröhlich, Romy/Holtz-Bacha, Christina: Frauen und Medien. Eine Synopse der deutschen Forschung. Opladen 1995. Seite 13
[14] Schwenk 2003, a.a.O., Seite 173
[15] Schulz 2000, a.a.O., Seite 39
- Citation du texte
- Nina Köstler (Auteur), 2006, Frauen im Journalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87461
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