Andreas Flitners „Ewige Themen der Reform“ und deren Umsetzung an der Reformschule „Summerhill“


Seminar Paper, 2008

25 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Summerhill
2.1 Die wichtigsten Prinzipien
2.1.1 Freiheit
2.1.2 Selbstregulierung der Schulgemeinde
2.1.3 Gleichberechtigung und Anerkennung
2.2 Die Schüler
2.3 Die Lehrer in Summerhill

3. Die unendlichen Themen der Reform
3.1 Kinder verstehen
3.1.1 Umsetzung in Summerhill
3.1.2 Beurteilung
3.2 Selbständigkeit ermutigen
3.2.1 Umsetzung in Summerhill
3.2.2 Beurteilung
3.3 Ausdruck und Gestaltung ermöglichen
3.3.1 Umsetzung in Summerhill
3.3.2 Beurteilung
3.4 „Ganzheitlichkeit“ lehren und lernen
3.4.1 Umsetzung in Summerhill
3.4.2 Beurteilung
3.5 Begabungen finden und fördern
3.5.1 Umsetzung in Summerhill
3.5.2 Beurteilung
3.6 Gemeinschaft über Konkurrenz setzen, Ausgrenzungen überwinden
3.6.1 Umsetzung in Summerhill
3.6.2 Beurteilung
3.7 Kinder hilfreich beurteilen
3.7.1 Umsetzung in Summerhill
3.7.2 Beurteilung
3.8 Vertiefung und „Einwurzelung“ anbahnen
3.8.1 Umsetzung in Summerhill
3.8.2 Beurteilung
3.9 Konzentration und Stille üben
3.9.1 Umsetzung in Summerhill
3.9.2 Beurteilung
3.10 Brücken zur „Wirklichkeit“ schlagen
3.10.1 Umsetzung in Summerhill
3.10.2 Beurteilung
3.11 An die großen Aufgaben öffentlicher Verantwortung heranführen
3.11.1 Umsetzung in Summerhill
3.11.2 Beurteilung
3.12 Eine „Kultur“ des Lebens und Arbeitens entwickeln
3.12.1 Umsetzung in Summerhill
3.12.2 Beurteilung

4. Abschließendes Fazit

5. Literaturverzeichnis

Anmerkung

Um ein flüssiges Lesen zu ermöglichen, verzichte ich in dieser Arbeit auf die Nennung der femininen Form. Wann immer eine Person oder Personengruppe in maskuliner Form genannt wird, impliziert dies gleichzeitig die feminine Form.

1. Einleitung

„Stell dir eine Schule vor, an der Kinder die Freiheit haben, sie selbst zu sein… an der sich Erfolg nicht über akademische Leistungen definiert, sondern über die eigene Definition von Erfolg des Kindes… an der die ganze Schule demokratisch mit allen Themen umgeht, wo jeder Einzelne das gleiche Recht hat, angehört zu werden… an der du den ganzen Tag spielen kannst, wenn du möchtest… und wo Raum und Zeit ist, sich hinzusetzen und zu träumen! Könnte es so eine Schule geben?“ (vgl. http://www.summerhillschool.co.uk/ 7.1.2008)

Vielleicht könnte es so eine Schule geben. Vielleicht gibt es Kinder und Eltern, die von solch einer Schule schon immer träumen. Vielleicht macht eine solche Schule viele Schüler um einiges glücklicher als eine „normale“ Schule. Vielleicht hat eine solche Schule aber auch Schattenseiten.

Das 20 Jahrhundert, unter Pädagogen auch genannt das „Jahrhundert der Reformpädagogik“, begann mit einer veränderten Sichtweise auf das Kind. Zahlreiche sich unterscheidende Strömungen, unter anderem auch die Pädagogik Alexander Sutherland Neills, welche er an seiner Schule „Summerhill“ verwirklichte, entstanden. Genau um diese Schule geht es im oben angeführten Zitat. Kaum ein reformpädagogischer Ansatz stand so oft im Mittelpunkt von Diskussionen wie sie.

Andreas Flitner hat in seinem Werk „Reform der Erziehung“ unter anderem die seiner Meinung nach für die heutige Zeit wichtigsten zwölf Reformthemen herausgearbeitet. Ziel dieser Arbeit ist es, zu klären, inwieweit diese zwölf Punkte an der Reformschule Summerhill umgesetzt werden.

Vom Aufbau her werden zunächst die wichtigsten Prinzipien und Faktoren der Reformschule Summerhill beleuchtet, um einen groben Überblick über die Schule zu geben. Auf Details sowie die Biografie des Gründers A.S. Summerhill kann im Rahmen dieser Arbeit leider nicht eingegangen werden. Daraufhin werden Andreas Flitners „Unendliche Themen der Reform“ dargestellt und deren Umsetzung im Bezug auf Alltag und Philosophie an der Reformschule Summerhill geprüft. Um einen direkten Bezug zu ermöglichen, wird eine persönliche Beurteilung direkt im Anschluss an jeden Punkt gegeben.

Zu mehreren Punkten von Flitners „Unendlichen Themen der Reform“ gaben weder Sekundärliteratur von Neill selbst, noch Sekundärliteratur Aufschluss über eine mögliche Umsetzung in Summerhill. Also beschloss ich, die Schule selbst zu kontaktieren, um mich direkt aus erster Hand zu erkundigen. Schließlich durfte ich sogar mit Zoë Readhead, der Tochter von A.S. Neill, die seit 1985 die Schule leitet, selbst sprechen. Dieses Gespräch war einerseits sehr aufschlussreich und half mir sehr weiter. Andererseits betonte sie auch, dass es sehr schwer ist, Flitners Thesen, welche ich kurz zusammenfasste, mit Summerhill zu vergleichen, da es sich einfach nicht um eine „normale“ Schule handelt und einige der Punkte daher für Summerhill einfach nicht relevant seien.

2. Summerhill

Die demokratische Schule „Summerhill“ wurde 1921 in Deutschland gegründet, zog aber bald nach Leiston, Suffolk im Nordwesten Englands um und existiert dort bis heute.

2.1 Die wichtigsten Prinzipien

2.1.1 Freiheit

Das Hauptanliegen der Schule war und ist es, den Schülern alle Freiheit zu lassen, damit sie ganz sie selbst sein können.

„Einem Kind Freiheit zu geben, ist nicht einfach. Es bedeutet, daß wir uns weigern, es Religion, Politik oder ein Klassenbewusstsein zu lehren“ (Neill 1970, S. 120)

Es wird also auf jede Lenkung verzichtet. Dies impliziert für Neill, dass man den Menschen an sich für gut hält und davon ausgeht, dass er sich in die richtige Richtung entwickeln werde. (Vgl. Neill 1970, S. 22; S. 113ff.)

Diese These erinnert stark an Rousseaus Theorie vom „freien Wilden“, bei der Rousseau vom Guten im Kind und dessen Entfaltungsmöglichkeiten aus sich selbst heraus ausgeht.

Neill wird nicht müde, Freiheit in seinem Sinne gegen die Zügellosigkeit abzugrenzen, als die sein Prinzip oft missverstanden wird.

Ein wichtiger Baustein dieser Freiheit ist auch die Freiwilligkeit der Teilnahme am Unterricht. Wenn die Schüler es möchten, ist es sogar möglich, dass sie während ihrer gesamten Laufbahn in Summerhill nicht eine einzige Unterrichtsstunde besuchen. Es wird auch kein Wert auf bestimmte Methoden gelegt; Neill geht davon aus, dass ein Kind nach jeder Methode lernt, solange es den Stoff nur wirklich lernen will. (Vgl. Neill 1970, S. 23)

2.1.2 Selbstregulierung der Schulgemeinde

Die Selbstregulierung ist eines der wichtigsten Merkmale von Summerhill.

Obwohl die Schüler viele Freiheiten haben, gibt es dennoch einen Grundstock von etwa 200 Regeln, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Diese Regeln werden in der Vollversammlung, an denen jeder teilnehmen kann und bei denen jede Stimme gleich viel zählt, beschlossen oder abgeschafft. Davon ausgeschlossen sind Regeln, die die Personaleinstellung und die Sicherheit betreffen. Diese Punkte regelt die Schulleitung, welche sich natürlich auch an gesetzliche Vorgaben halten muss. Außerdem werden in der Vollversammlung Themen wie die Schlafenszeiten oder das Essen diskutiert oder es werden Komitees für Theater oder für Feste gewählt. Außerdem werden in einem Tribunal Verstöße gegen bestehende Regeln besprochen und gegebenenfalls bestraft. (Vgl. Kamp 1995, S. 381 ff.)

2.1.3 Gleichberechtigung und Anerkennung

Wichtig ist auch die Gleichberechtigung der Schüler gegenüber den Lehrern. Es gilt gleiches Recht und gleiche Regeln für alle. Wenn es etwas zu entscheiden gibt, wird dies in den school meetings demokratisch abgestimmt, wobei jede Stimme gleich viel zählt.

Auch das Nichtexistieren von Ängsten gegenüber den Lehrern schätzt Neill als sehr wichtig ein. Sie übertragen sich laut Neill auf das restliche Leben und machen die Schüler zu selbstbewussten Menschen. (Vgl. Neill 1970, S. 27 ff.)

Eine weitere Maxime Neills ist, es, dem Kind soviel Liebe und Anerkennung zukommen zu lassen, wie möglich, da seiner Meinung nach das Wohlergehen des Kindes davon abhängt. (ebd., S. 125)

2.2 Die Schüler

Derzeit besuchen etwa 70 bis 80 Schüler zwischen fünf und siebzehn Jahren die Schule. Sie kommen aus den verschiedensten Ländern der Welt, ein großer Teil von ihnen aus Deutschland und Japan. Sie leben nach Altersgruppen unterteilt in mehreren Häusern, wobei für jedes Haus eine „housemother“ zuständig ist. Es gibt auch Schüler, die nur tagsüber in Summerhill sind und bei ihrer Familie übernachten. Das Schuljahr gliedert sich in drei Teile zu jeweils elf Wochen, die restliche Zeit des Jahres leben sie bei ihrer Familie.

Im Normalfall besuchen Schüler, die im Kindergartenalter nach Summerhill kommen den Unterricht regelmäßig, während Schüler, die später kamen und an ihrer vorherigen Schule Schwierigkeiten hatten, oft jahrelang dem Unterricht fernbleiben. Diese Schüler kannten den Unterricht bisher nur als Zwang. In der Regel gehen sie nach einiger Zeit wieder zum Unterricht, entweder weil es ihnen Spaß macht, oder weil sie ihren Abschluss machen möchten und sind dann in beiden Fällen sehr motiviert.

2.3 Die Lehrer in Summerhill

Wie auch die Schüler, leben und wohnen die Lehrer in Summerhill. Die einzige Pflicht, die sie haben, ist es, sich zu den Unterrichtszeiten im Klassenraum befinden, alles Weitere ist ihnen selbst überlassen und sie dürfen frei entscheiden, was sie tun. Was und wie sie unterrichten, dürfen sie selbst entscheiden. Auch ob sie nach Unterrichtsschluss auf ihr Zimmer gehen oder sich mit den Schülern beschäftigen können sich die Lehrer aussuchen. Neill selbst hat ihnen nie Vorschriften gemacht. In seiner Biografie „Neill, Neill, Birnenstiel!“ schreibt er hierzu:

„Ich habe eine fast krankhafte Furcht, irgendwo den Boss zu spielen. Ich hasse es, jemandem zu befehlen, was er zu tun hat (…)“ (Neill 1973, S. 189)

Neill spricht oft davon, wie schwer es für ihn ist, geeignete Lehrkräfte einzustellen. Den Mangel an Bewerbungen erklärt Neill sich damit, dass die meisten Menschen Angst haben, da man in Summerhill ja ein guter Lehrer sein müsse, da sonst die Schüler nicht zum Unterricht kommen. Er ist gesetzlich verpflichtet, nur ausgebildete Lehrer einzustellen, obwohl die Ausbildung für ihn selbst keine große Rolle spielt. Ihm ist wichtiger, dass seine Angestellten humorvoll sind und in Liebe mit den Schülern umgehen. Außerdem sollen sie keine Moralisten sein und auch keine „Anführer-Typen“. Die Lehrer in Summerhill dürfen auf keinen Fall ihren Stoff strikt durchziehen, sondern sollten stets auf die Interessen der Schüler eingehen. (Vgl. Neill 1973, S. 187 ff.)

3. Die unendlichen Themen der Reform

In seinem Werk „Reform der Erziehung – Impulse des 20. Jahrhunderts“ spricht Andreas Flitner von den „Unendlichen Themen der Reform“. Er greift dabei für die Reformpädagogik relevante Themen auf, deren Grundstein immer der gleiche bleibt, jedoch ständig neu entwickelt werden muss.

3.1 Kinder verstehen

Flitner schreibt, dass es mehr bedarf, um ein Kind wirklich zu verstehen, als es in seiner Abhängigkeit und seiner Niedlichkeit gern zu haben. Denn laut Flitner muss man bereit sein, um des Kindes willen auf einen Teil seiner eigenen Ansprüche zu verzichten und mit ihm zu teilen. Die Psychoanalyse machte deutlich, dass, ob wir Kinder wirklich verstehen, stark davon abhängt, ob wir uns selbst neu und anders verstehen können und uns auch damit auseinandersetzen können. Auch Janusz Korczak hält die Selbsterkenntnis für einen wichtigen Punkt, was das Verstehen von Kindern betrifft. Ute Andresen rät, die Kinder nicht zu schnell zu verstehen, da oft viel Tiefgründigeres als von den Erwachsenen vermutet hinter etwas steht. Stattdessen sollte man sich laut Andresen auf das Denken der Kinder einlassen um sie so wirklich verstehen zu können. (Vgl. Flitner 1992, S. 210 ff.)

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Details

Title
Andreas Flitners „Ewige Themen der Reform“ und deren Umsetzung an der Reformschule „Summerhill“
College
University of Education Freiburg im Breisgau
Course
Reformpädagogik, Reformschulen, Schulreform
Grade
1,0
Author
Year
2008
Pages
25
Catalog Number
V87989
ISBN (eBook)
9783638034043
ISBN (Book)
9783638949958
File size
480 KB
Language
German
Keywords
Andreas, Flitners, Themen, Reform“, Umsetzung, Reformschule, Reformpädagogik, Reformschulen, Schulreform
Quote paper
Katja Renkert (Author), 2008, Andreas Flitners „Ewige Themen der Reform“ und deren Umsetzung an der Reformschule „Summerhill“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87989

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