Einleitung
Die These, die in dieser Untersuchung vertreten wird lautet,
die Einrichtung von Jugendorganisationen durch nicht -
jugendliche gesellschaftliche Kräfte stellt eine mögliche und
historisch nachweisbare Form der Reaktion auf das
gesellschaftliche Phänomen einer Jugendphase mit ihren spezifischen Anforderungen an die Mitglieder dieser Altersgruppe dar. Jugendverbände stellen in ihrer Vielschichtigkeit den konkreten Ausdruck solcher Versuche dar, Jugend gesellschaftlich einzubinden. Dabei sollen Jugendorganisationen keinen Selbstzweck erfüllen, sondern Jugendliche auf ihre Rollen als Erwachsene im sozialen
Kontext vorbereiten, gleichwohl soll der besondere
Charakter der Jugendphase innerhalb von Jugendverbänden
nicht negiert werden. Wie dies im einzelnen geschieht, welche strukturellen Besonderheiten darin zum Ausdruck kommen, und welche Kontrollmechanismen im Zusammenhang mit Jugendorganisationen auftreten, soll das Thema dieser Arbeit sein. In Anlehnung an die These von Linton, der behauptet, daß die Übergangsphasen von
der Adoleszenz in den Erwachsenenstatus immer durch ein gesellschaftlich definiertes System von Belohnungen und Bestrafungen umrahmt werden, verorten wir die strukturellen Besonderheiten von Jugendverbandsarbeit hypothetisch zwischen Selbstorganisation und sozialer Kontrolle. Beide Elemente, zum einen Selbstorganisation als
zugestandener Freiraum bzw. relative Autonomie, die in ihrem Kern auf Freiwilligkeit der Teilnahme und des Engagements basiert, und zum anderen strukturelle Kontrollen im Bereich der Jugendverbandsarbeit sollen somit, zunächst hypothetisch, als strukturtypische Rahmenbedingungen von Jugendverbandsarbeit begriffen
werden. Die sozialen Bemühungen, Adoleszenz und die damit einhergehenden spezifischen Probleme des Jugendalters aufzugreifen und in die bestehenden sozialen Verhältnisse zu inkorporieren respektive zu integrieren, sind im Rahmen von Jugendverbandsarbeit konkret geworden.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Jugendverbände aus organisationssoziologischer Perspektive
- Die Alterskategorie „Jugend“
- Alterskategorien als gesellschaftliche Produkte
- Jugend/Adoleszenz als gesellschaftliche Produkte
- Sozialisation im Jugendalter
- Institutionalisierung der Sozialisationsprozesse
- Institution
- Begriff der Institutionalisierung
- Soziale Kontrolle
- Soziale Kontrolle als Begriff in den Sozialwissenschaften
- Abweichendes Verhalten
- Soziale Kontrolle als besonderer Gegenstand der Soziologie
- Bedingungsverändernde soziale Kontrolle
- Soziale Kontrolle als Begriff in den Sozialwissenschaften
- Der öffentliche Umgang mit der Jugend
- Die Entwicklung der Jugendverbandsarbeit in Deutschland von der Kaiserzeit bis zum Ende des 2. Weltkrieges
- Jugendpflege und Jugendverbände
- Jugend und Rechte?
- Voraussetzungen der Entwicklung
- Entdeckung der „Jugend“
- Vereinsrecht als Voraussetzung
- Freizeit als Voraussetzung
- Die institutionelle Entwicklung der „Organisationen Jugendverbände“
- Das Verhältnis zwischen Staat und Verbänden
- Integrationsaufgabe der Jugendpflege
- Jugendpflege als nationale Aufgabe
- Jugendverbände im Nationalsozialismus
- Das Verhältnis zwischen Staat und Verbänden
- Jugendverbände und „Sektoraler Korporatismus“
- Das Korporatismus-Konzept
- Prozeß der Konsolidierung und Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Staat
- Prozeß der Zentralisierung und Durchorganisierung der Jugendverbände
- Das Korporatismus-Konzept
- Jugendverbandsarbeit nach 1945
- Gründung und Etablierung – Die Nachkriegszeit
- Der Aufbau von Jugendverbänden in der Nachkriegszeit
- Erziehungs- und Integrationsfunktion – Die 50er Jahre
- Erziehung- und Bildungsfunktion – Die 60er Jahre
- Bildung und Professionalisierung – Die 70er Jahre
- Bedeutungsverlust und Orientierungskrise - 80er Jahre
- Jugendverbände in den 90er Jahren
- Gründung und Etablierung – Die Nachkriegszeit
- Jugendringe
- Jugendverbände und Staat
- Jugendausschüsse
- Staatliche Förderung
- Prinzipien staatlicher Förderung
- Kontrolle der Jugendverbandsarbeit durch den Staat?
- Aberkennung der öffentlichen Förderungswürdigkeit
- Direktes Eingreifen in die Autonomie des Jugendverbandes
- Qualifizierte Sperrung der Bundesjugendplanmittel für die Naturfreundejugend Deutschland [NFJD]
- Verweigerung der Benutzung von kommunalen Jugendeinrichtungen - Der Kreis Bad Segeberg
- Festlegung von diskriminierenden Förderungskriterien
- Wandel eines Jugendverbandes und staatliche Reaktion [BDP]
- Autonomie versus Abhängigkeit
- Das „Neue Steuerungsmodell“
- Jugendverbände und Erwachsenenorganisationen
- Jugendliche in Jugendverbänden
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Entwicklung und die gesellschaftliche Bedeutung von Jugendverbänden in Deutschland. Sie setzt sich mit der These auseinander, dass Jugendverbände als Reaktion auf die spezifischen Herausforderungen des Jugendalters entstanden sind und eine wichtige Rolle bei der Integration von Jugendlichen in die Gesellschaft spielen. Die Arbeit analysiert die strukturellen Besonderheiten der Jugendverbandsarbeit und untersucht das Spannungsverhältnis zwischen Selbstorganisation und sozialer Kontrolle.
- Entwicklung der Jugendverbandsarbeit in Deutschland
- Institutionelle Rahmenbedingungen der Jugendverbandsarbeit
- Beziehungen zwischen Staat, Jugendverbänden und Erwachsenenorganisationen
- Rolle der Jugendverbände bei der Sozialisation und Integration von Jugendlichen
- Spannungsverhältnis zwischen Selbstorganisation und sozialer Kontrolle im Kontext von Jugendverbandsarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die zentrale These der Arbeit dar, dass Jugendverbände als Reaktion auf die Herausforderungen des Jugendalters entstanden sind. Die Arbeit untersucht das Spannungsverhältnis zwischen Selbstorganisation und sozialer Kontrolle im Kontext von Jugendverbandsarbeit.
- Kapitel 2 definiert den Begriff der Jugend aus organisationssoziologischer Perspektive und beleuchtet die Bedeutung von Jugendverbänden in diesem Zusammenhang.
- Kapitel 3 widmet sich der Alterskategorie „Jugend“ und diskutiert die gesellschaftlichen Produkte dieser Kategorie. Es werden die Prozesse der Sozialisation im Jugendalter und die Institutionalisierung dieser Prozesse beleuchtet.
- Kapitel 4 behandelt den Begriff der Institutionalisierung und seine Bedeutung im Kontext von Jugendverbänden.
- Kapitel 5 beschäftigt sich mit dem Konzept der sozialen Kontrolle und analysiert dessen Bedeutung für die Jugendverbandsarbeit.
- Kapitel 6 untersucht den öffentlichen Umgang mit der Jugend und die Rolle der Jugendverbände in diesem Kontext.
- Kapitel 7 beleuchtet die Entwicklung der Jugendverbandsarbeit in Deutschland von der Kaiserzeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Es werden die historischen Voraussetzungen und die Entstehung von Jugendverbänden in diesem Zeitraum beleuchtet.
- Kapitel 8 analysiert die institutionelle Entwicklung der Jugendverbände und untersucht das Verhältnis zwischen Staat und Verbänden.
- Kapitel 9 befasst sich mit dem Konzept des „Sektoralen Korporatismus“ und seiner Bedeutung für die Entwicklung der Jugendverbandsarbeit.
- Kapitel 10 untersucht die Entwicklung der Jugendverbandsarbeit nach 1945 in Westdeutschland. Es werden die Gründung und Etablierung von Jugendverbänden in der Nachkriegszeit sowie die Bedeutung von Jugendverbänden für die Integration von Jugendlichen in die Gesellschaft beleuchtet.
- Kapitel 11 behandelt die Bedeutung von Jugendringen für die Jugendverbandsarbeit.
- Kapitel 12 analysiert die Beziehungen zwischen Jugendverbänden und dem Staat. Es werden die staatliche Förderung und die staatliche Kontrolle der Jugendverbandsarbeit untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt Schlüsselwörter wie Jugend, Jugendverbände, Selbstorganisation, soziale Kontrolle, Integration, Sozialisation, Institutionalisierung, Staat, Erwachsenenorganisationen, Korporatismus, Förderung, Kontrolle und Autonomie.
- Citation du texte
- Stephan Kreftsiek (Auteur), 1999, Jugendverbandsarbeit zwischen Selbstorganisation und sozialer Kontrolle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87