Risikoeffekte der Bankmarktstruktur


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1) Einführung

2) Literatur vor Matutes und Vives (1996)

3) Das Modell

4) Kritikpunkte an der Arbeit von Matutes und Vives (1996)

5) Wie haben Matutes und Vives (1996) zur Literatur beigetragen?

6) Die weitere Literatur zur Bankenmarktstabilität

7) Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

1) Einführung

Das Thema „Risikoeffekte der Bankenmarktstruktur“ ist ein aktuell stark diskutiertes Thema in der ökonomischen Forschung. Dies findet seine Begründung darin, dass die realwirtschaftlichen Folgen eines instabilen Bankenmarktes gravierende Konsequenzen für die betroffenen Ökonomien haben. Wie Hellmann, Murdock und Stiglitz (2000) schildern, sind die jeweiligen Bruttoinlandsprodukte (BIP) nach einer Bankenkrise um bis zu 40 Prozent gesunken. Als Beispiel führen sie die “Savings and Loan Crises” in den USA an, die in einem geschätzten Verlust von 180 Milliarden Dollar bzw. 3,2 Prozent des BIP resultierte. Die Folgen der japanischen Bankenkrise würden auf bis zu 25 Prozent des dortigen BIPs geschätzt. Crocket (1997) beziffert die realwirtschaftlichen Folgen der Argentinien-Krise von 1980-82 auf beinahe 60% des BIP.

Als Konsequenz daraus und der zunehmenden Häufigkeit von Bankkrisen[1] befinden sich die internationalen Regelwerke zur Bankenaufsicht in der jüngsten Vergangenheit in Ausarbeitung, Umsetzung und Implementierung und sind damit Subjekt des wissenschaftlichen Diskurses. Wie später ausführlicher dargestellt befindet sich die Debatte zum Zusammenhang Bankenwettbewerb und Stabilität auch heute keineswegs in einem Endstadium. Sowohl die theoretischen als auch empirischen Arbeiten verfolgen verschiedenste Ansätze und widersprechen sich oftmals gegenseitig. Gerade auch im Hinblick auf die derzeitige Bankkrise ist die Thematik höchst aktuell und weitere Entwicklungen und Ideen sind zu erwarten.

Ich richte in meiner Arbeit ein besonderes Augenmerk auf die Arbeit „Competition for Deposits, Fragility, and Insurance“ von Carmen Matutes und Xavier Vives (fortan MV), die 1996 im Journal of Financial Intermediation veröffentlicht wurde. Die Arbeit von MV modelliert einen Bankenmarkt auf dem um Depositen konkurriert wird und die Einleger Erwartungen an die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Bank haben. Das Resultat ist, dass Marktstrukturen einzig von den Depositorenerwartungen abhängen. Wird eine Depositenversicherung in das Modell eingeführt, verhindert dies das schlechte Gleichgewicht eines Bankensturms und wirkt somit Wohlfahrtsverbessernd, verschärft jedoch den Wettbewerb, was zu höheren Zinssätzen und somit höherem Ausfallrisiko der Banken führt. Der gesamte Effekt der Depositenversicherung ist somit unklar und hängt von der Marktsituation ab.

Meine Arbeit gliedert sich wie folgt: In Kapitel zwei schildere ich die Entwicklung der Literatur bis zur Veröffentlichung der Arbeit von MV, deren Modell ich in Kapitel drei genauer vorstelle. Das Hauptresultat ist, dass Instabilitäten nicht durch Wettbewerb verursacht seien sondern einzig durch Erwartungen der Anleger verursacht sind. In Kapitel vier wird die Arbeit kritisch hinterfragt, kommentiert und in Bezug zur Literatur bis heute gesetzt. Im letzten Kapitel fasse ich die wesentlichen Resultate und Einsichten noch einmal knapp zusammen.

2) Literatur vor Matutes und Vives (1996)

Matutes und Vives basieren ihr Modell auf der Arbeit von Diamond und Dybvig aus den Jahren 1983 und 84. Banken können Opfer von Vertrauenskrisen werden, wodurch es zu Schalterstürmen kommen kann. In ihrer 83’er Arbeit konnten Diamond und Dybvig zeigen, dass trotz dieser schlechten Gleichgewichtszustände eine Bank im Wettbewerb zum Kapitalmarkt existieren kann. Die Begründung finden sie in der Transformationsfunktion der Bank die den Bedarf der Einleger nach Liquidität sicherstellt. Dieser Nutzen überwiegt die negativen Folgen eines möglichen Schaltersturms, der ein Gleichgewichtsergebnis sein kann und abhängt vom Vertrauen der Anleger. Verlieren die Anleger das Vertrauen in die Bank ziehen sie ihre Einlagen ab. Aufgrund der Transformationsfunktion der Banken lassen sich die Kredite der Bank aber nicht ebenso schnell, bzw. nicht verlustfrei, in die geforderten liquiden Mittel umwandeln und auszahlen. Die Einleger realisieren dies und durch die Regel, dass derjenige zuerst ausgezahlt wird, der zuerst erschienen ist, kommt es zu einem sogenannten Bankensturm. Diamond und Dybvig zeigen, dass es durch Einführung einer Depositenversicherung zu einem eindeutigen Nash-Gleichgewicht kommt [Seite 414] und die Versicherung durch den Ausschluss des Schaltersturm-Gleichgewichts wohlfahrtsverbessernd wirkt. In ihrem Modell existiert nur eine Bank als Repräsentant der Bankindustrie, da hier gleichzeitig, (im Gegensatz zu MV’s Modell) die Existenz der Bank unter Berücksichtigung der konkurrierenden Existenz eines Kapitalmarktes erklärt wird.

In der nur ein Jahr später publizierten Arbeit beschreibt Diamond eine weitere Begründung für die Existenz von Banken. Durch Diversifikation im Kreditportfolio können Ausfallwahrscheinlichkeiten minimiert [Seite 402] und somit sowohl den Depositoren als auch den Kreditoren vorteilhaftere Verträge angeboten werden, als sie es selbst mithilfe des Kapitalmarktes ermöglichen könnten. Die Begründung hierfür sind die durch die Informationsasymmetrie zwischen Verleiher und Leihenden anfallenden Überwachungskosten, die am effizientesten an eine Bank delegiert werden.

Diese beiden Arbeiten legten das neuere theoretische Konstrukt für Arbeiten sowohl zur Begründung der Existenz von Banken als auch zur Bankenmarktstabilität. Die Arbeit von MV baut ganz wesentlich auf diesen beiden Arbeiten auf. MV setzen die Existenz von Banken voraus und entwickeln ein neues Modell des Bankenwettbewerbs mit den Ideen von Diamond und Dybvig. Die Diversifikationsvorteile aus Diamond (1984) der Banken halten Einzug in das Modell sowie die Kernidee der Vertrauenskrise aus Diamond und Dybvig (1983). Neu hinzu kommen Überlegungen und Modelle der Industrieökonomik zur Modellierung des Wettbewerbs zwischen Banken. Banken sind aus Einlegersicht sowohl vertikal, als auch horizontal differenziert. Einen Bankenmarkt derartig zu modellieren ist die Innovation der Arbeit. Wie es MV in ihrer späteren Arbeit 2000 ausdrücken: Überlegungen zum unvollkommenen Wettbewerb zwischen Banken seien ein wichtiger, aber fast immer vernachlässigter Aspekt der Bankmarktmodellierung.

Die weitere zeitliche Einordnung ist nicht exakt möglich, da eine erste Version der Arbeit von MV schon einmal 1991 als Arbeitspaper veröffentlicht wurde.[2] Offen bleibt, wieso es in keiner Zeitschrift publiziert wurde und welche Änderungen seitdem vorgenommen wurden.[3]

Parallel zur Entstehung der Arbeit von MV entstanden weitere Ansätze zur Modellierung der Konsequenzen von Bankenwettbewerb:

Broeker (1990) befasst sich ganz im Gegensatz zu MV ausschließlich mit der Aktivseite der Bankbilanz. Hier bewerben sich Debitoren verschiedener Qualität um Kredite bei den Banken. Die Banken haben verschiedene Kreditwürdigkeitsprüfungen und machen unabhängig voneinander Angebote an die als kreditwürdig eingestuften Nachfrager. Es handelt sich also um Bertrand-Wettbewerb bei vertikaler Differenzierung der Kunden. Im einstufigen Spiel müssen die Banken ihre Entscheidungen simultan treffen und die Konditionen veröffentlichen. Dies führt dazu, dass, je mehr Banken potentiell in den Markt eintreten, die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass eine bestimmte Bank in den Markt eintritt. Es existieren nur Gleichgewichte in gemischten Strategien aber in allen Situationen ist das Resultat eine oligopolistische Marktstruktur. Das zweistufige Spiel, in dem die Banken erst ihre Zinssätze veröffentlichen, diese anschließend beobachten und dann entscheiden, ob sie in den Markt eintreten führt zu einem klassischen Bertrand-Gleichgewicht mit Nullgewinn für die beteiligten Banken. Ebenso wie die Arbeit von MV (dazu mehr in Kapitel 4) ist diese Arbeit nur ein Nebenarm der Forschung zum Thema Bankmarktstabilität.[4]

In MV’s Arbeit ignoriert ist die Erkenntnis von Merton (1977), der als erster die negativen Anreize, die durch eine Depositenversicherung entstehen untersucht bzw. formalisiert hat. Eine Depositenversicherung ist wertvoll für das Bankmanagement und schafft eine Moral Hazard-Situation, die in der exzessiven Übernahme von Risiken enden kann, da die Depositenversicherung aus Sicht der Eigentümer wie eine Call-Option gestaltet ist und damit umso wertvoller wird, je höher das eingegangene Risiko ist. Diese Anreizproblematik stellt aber den Hauptarm der Literatur zur Depositenversicherung dar.

Zur generellen Literatur zum Zusammenhang Wettbewerb vs. Stabilität vor 1991 bis 1996 ist zu sagen, dass in den 70’er und 80’er Jahren die Meinung herrschte, dass Deregulierung im Bankensektor von Vorteil für die Ökonomie sei. So schreiben zum Beispiel Diamond und Dybvig noch 1983, dass es gut sei, dass Deregulierung das Bankgeschäft kompetitiver mache, es müsse nur sichergestellt sein, dass es zu keinem Schaltersturm kommt.

Die für das Thema Bankenmarktstabilität bis heute wegweisenste Arbeit die mit dem alten Dogma brach stammt von Keeley (1990). Er stellt dar, dass die Depositenversicherung in den vergangenen 50 Jahren gut funktioniert hat (und das von Merton (1977) identifizierte Moral-Hazard Problem somit nicht von entscheidender Bedeutung ist) und argumentiert, dass die Bankprobleme seit den frühen 80’er Jahren verursacht sind durch eine Zunahme in der Wettbewerbsintensität. Er entwickelt die Idee des „Charter Value“ – der Wert der Erlaubnis eine Bank führen zu dürfen. Eine Zunahme im Wettbewerb führt zu kleineren Renten was wiederum den Charter Value (der nichts anderes als die diskontierten zukünftigen, und in diesem Fall kleiner werdenden, Einzahlungsüberschüsse ist) verringern. Dadurch bedingt sind die Bankmanager bereit mehr Risiken einzugehen, da sie weniger zu verlieren haben. Keeley zeigt als einziger Autor dieser Zeit in dieser Thematik neben den theoretischen Überlegungen auch ökonometrische Evidenz auf. Diese Arbeit beeinflusste (ganz im Gegensatz zu MV’s Arbeit) die spätere Forschung maßgeblich, wie in Kapitel 4 weiter ausgeführt wird.

[...]


[1] Eine Übersicht über Bankkrisen ab 1970 ist zu finden bei Caprio und Klingebiel (1996).

[2] Siehe Fußnote auf Seite 184 (MV[1996]).

[3] Die Arbeit von 1991 ist nicht mehr zu bekommen.

[4] ideas.repec.org listet nur 24 Zitierungen auf, die außerdem zum Großteil nicht veröffentlicht sind.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Risikoeffekte der Bankmarktstruktur
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für internationale Wirtschaftspolitik - Prof. Dr. von Hagen)
Veranstaltung
Seminar "Banken und Finanzmärkte"
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V88011
ISBN (eBook)
9783640102068
ISBN (Buch)
9783640113286
Dateigröße
514 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Risikoeffekte, Bankmarktstruktur, Seminar, Banken, Finanzmärkte
Arbeit zitieren
Dennis Eggert (Autor:in), 2007, Risikoeffekte der Bankmarktstruktur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88011

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Risikoeffekte der Bankmarktstruktur



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden