Ein steiler, legendenhafter Aufstieg, ein abrupter und dennoch langanhaltender Fall und zwei Wiederbelebungsversuche, von denen literarhistorisch keiner mit dem Original verglichen werden kann: So oder ähnlich kann man die Laufbahn einer Gruppe zusammenfassen, die sich nie als eine solche ansah, die aber trotzdem über mindestens zwei Jahrzehnte hinweg das literarische und bisweilen auch politische Gedeihen und Verderben der Bundesrepublik beeinflusste. Die Gruppe 47 ist zum unvergleichlichen Mythos der Nachkriegsliteratur geworden; sie ist eine Erscheinung der Zeit, die – das kann man wohl mit Fug und Recht vorwegnehmen – es wohl in dieser Form nie wieder geben wird. Nach Hermann Kinder hat die Gruppe 47 „Bedingungen der Homogenität gehabt, die historisch nicht wiederholbar sind“ (Arnold 2004: 10).
Interessant ist die Entwicklung der Gruppe, die relativ schnell von einer informellen Literaturwerkstatt zu einer internationalen Institution mit dem Schwerpunkt Buchvermarktung avanciert ist. Die Veränderungen, die dazu führten, sowie die für die Gruppe typischen Merkmale auf allen Stufen der Entwicklung werden im Kapitel II eingehend untersucht. Dem sich hinziehenden Zerfall der Gruppe sowie den Ursachen für das Ende ist das Kapitel III gewidmet. Da jener sowohl im Jahr 1974 in Berlin, als auch im Jahr 2005 in Lübeck jeweils eine Gruppe nach dem Vorbild der 47-er ins Leben gerufen hat, wird im Kapitel IV die besondere Beziehung von Günter Grass zu der Gruppe 47 erläutert. Schließlich wird im Kapitel V auf die beiden Wiederbelebungsversuche selbst eingegangen.
Kurz nach dem Schrecken des Jahrhunderts, dem 2. Weltkrieg, schließen sich einige junge Kriegsgefangene in Amerika zusammen, um eine Zeitschrift für ihresgleichen zu gründen. Unter anderen Alfred Andersch, Walter Kolbenhoff und Hans Werner Richter geben den „Ruf“ als Lagerschrift für Kriegsgefangene heraus. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat gründen sie die Zeitschrift neu – diesmal unter dem Titel „Der Ruf – Unabhängige Blätter der Jungen Generation“ und mit weit politischerem Inhalt. Eines der Merkmale dieser Zeitschrift war es, Deutschland oder ‚die Deutschen’ gegen den Vorwurf der Kollektivschuld zu verteidigen: „they built up defensive arguments which solidified down to the idea that Germans were guilty only in degree“ (Mandel 1973: 8). Das kurz daraufhin verhängte Verbot über die Zeitschrift durch die amerikanischen Besatzungskräfte markiert den Anfang der legendären Gruppe 47.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Freundschaft anstatt Mitgliedskarte - Gruppe 47: Entwicklung und Merkmale
- ENTSSTEHUNG
- ENTWICKLUNG UND PHASENSPEZIFISCHE MERKMALE
- Viele Treffen, ein Begräbnis – Das lange Ende der Gruppe 47
- Ein reales Märchen – Günter Grass und die Gruppe 47
- 47 - 74 - 05: Wiederbelebungsversuche
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text beleuchtet die Geschichte der Gruppe 47, einer bedeutenden literarischen Formation der Nachkriegszeit. Die Arbeit verfolgt das Ziel, die Entstehung, Entwicklung und das Ende dieser informellen Gruppe sowie die beiden späteren Wiederbelebungsversuche zu analysieren.
- Die Entwicklung der Gruppe 47 von einer informellen Literaturwerkstatt zu einer internationalen Institution mit dem Schwerpunkt Buchvermarktung
- Die Ursachen für den Zerfall der Gruppe 47 und die Rolle von Günter Grass in diesem Kontext
- Die Merkmale der Gruppe 47, wie z.B. die antifaschistische Grundhaltung und die Ablehnung von hierarchischen Strukturen
- Die beiden Wiederbelebungsversuche der Gruppe 47 im Jahr 1974 und 2005
- Die Bedeutung der Gruppe 47 für die Nachkriegsliteratur und die Bundesrepublik Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Entstehung der Gruppe 47 im Kontext der unmittelbaren Nachkriegszeit und der Suche nach einer neuen Identität in Deutschland. Das Kapitel beschreibt die Gründung der Zeitschrift "Der Ruf" durch Kriegsgefangene in Amerika, die später zur Keimzelle der Gruppe 47 wurde. Es geht auf die anfängliche Antifaschistische Grundhaltung der Gruppe ein und skizziert die zentralen Akteure und deren Motivationen.
Kapitel II analysiert die Entwicklung der Gruppe 47 von einem informellen Zusammenschluss junger Autoren zu einer einflussreichen literarischen Institution. Die Entwicklungsphasen der Gruppe werden hier in ihren unterschiedlichen Merkmalen und Auswirkungen genauer betrachtet. Das Kapitel stellt die zentralen Themen und Strömungen innerhalb der Gruppe 47 vor, die sich in der Literatur und der Gesellschaft widerspiegeln.
Kapitel III befasst sich mit dem langwierigen Zerfall der Gruppe 47, der mit dem Tod von Hans Werner Richter und der Auflösung der letzten regelmäßigen Treffen im Jahr 1974 seinen Höhepunkt erreicht. Das Kapitel geht auf die Gründe für die Auflösung der Gruppe ein und beleuchtet die Veränderungen in der deutschen Gesellschaft und der literarischen Landschaft, die diesen Prozess beeinflusst haben.
Kapitel IV untersucht die besondere Beziehung von Günter Grass zur Gruppe 47. Grass, einer der bekanntesten und einflussreichsten Autoren der Nachkriegszeit, spielte eine zentrale Rolle in der Gruppe 47. Das Kapitel analysiert die Bedeutung von Grass für die Gruppe und zeigt, wie er die literarische und politische Landschaft Deutschlands prägte.
Schlüsselwörter
Die Gruppe 47, Nachkriegsliteratur, Bundesrepublik Deutschland, Antifaschismus, Literaturwerkstatt, Buchvermarktung, Günter Grass, Hans Werner Richter, "Der Ruf", Wiederbelebungsversuche, literarische Institutionen, deutsche Gesellschaft, politische Landschaft.
- Quote paper
- Daria Eva Stanco (Author), 2007, 47-74-05: Die Gruppe 47 und ihre Wiederbelebungsversuche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88420