"Die Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen" - ein utopischer Entwurf


Seminararbeit, 2005

14 Seiten, Note: 1,75


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Literarische Utopie und Dystopie

2. Frauenbilder in männlichen Utopien

3. Weibliche/Feministische Utopie

4. Analyse der Erzählung, „Die Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen“, in Bezug auf einen utopischen Entwurf
4.1. Konzeptionen von Weiblichkeit vor dem Geschlechtertausch
4.2. Weibliche Konzeptionen nach dem Geschlechtertausch
4.3. Bewegt sich die „Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen“ innerhalb binärer Oppositionen?

Resümee

Literaturliste
Primärliteratur
Sekundärliteratur

Einleitung

In dieser Arbeit möchte ich untersuchen, ob die Erzählung, „Die gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen“, einen feministischen Utopieentwurf darstellt. Zunächst möchte ich den Begriff: ‚Literarische Utopie’ charakterisieren. Da eine klassische ‚literarische Utopie’ Frauenbilder beinhaltet, die wie ich zeigen werde, auf ein patriarchalisches System zurückgehen, werde ich die Erzählung anhand des ‚feministischen Utopie Begriffs’ analysieren. Dabei stütze ich mich hauptsächlich auf die Arbeit von Monika Shafi: „Utopische Entwürfe in der Literatur von Frauen“, in der sie unter anderem die Abweichungen und Veränderungen in weiblichen Utopieentwürfen deutlich macht und in vier Thesen zusammenfasst.[1] Das Hauptinteresse dieser Arbeit ist es, Konzeptionen von Weiblichkeit offen zu legen und zu untersuchen.

1. Literarische Utopie und Dystopie

„Es gibt keinen Konsens über die Bedeutung des Begriffs, und dennoch vermag dieser Begriff, ein bloßes Wort, einen Zusammenhang zu stiften: den einer Kontroverse um seine Bedeutung.“[2]

‚Utopia` ist ein griechisches Kunstwort und setzt sich aus ‚uo` (nicht) und topos (Ort) zusammen.[3] Der Terminus taucht zum ersten Mal 1516 in dem Werk von Thomas Morus: De optimo rei publicae statu sive de nova insula uotpia, auf. Thomas Morus beschreibt den fernen Inselstaat als Idealstaat, auf dem die Menschen in einer harmonischen Ordnung glücklich zusammenleben.[4] Der Leser erfährt von Utopia durch einen Augenzeugenbericht des fiktiven Haupterzählers, der von den Bräuchen und Sitten sowie von einem `frühsozialistischen` Gesellschaftssystem der Insulaner berichtet. Die detaillierten Beschreibungen sollen zur Glaubwürdigkeit der Geschichte beitragen und dadurch die literarische Fiktion in den Bereich des Möglichen rücken.[5] Zwar zweifelt der Leser ob dieser Inselstaat mit seiner

wunderbaren Gesellschaftsform existieren kann, aber da Morus den ambivalenten Raum von Fiktion und historischer Wirklichkeit nicht aufhebt, wird der Leser gezwungen die Lebensform selbst zu beurteilen. Zum einen besteht die Beurteilung darin, eine subjektive Entscheidung zu treffen, ob der Text unwahr oder wahr ist. Zum anderen befindet der Leser darüber ob der dargestellte Gesellschaftsentwurf als nachahmenswert oder als nicht erstrebenswert gilt. Beide Beurteilungsformen sind dabei miteinander verknüpft.

Diese zwei diametralen Positionen von Möglichkeit und Unmöglichkeit kennzeichnen heute weitgehend die Definition des Begriffs ‚Utopie`. Der Versuch den Begriff der Utopie eindeutig festzulegen bleibt jedoch nur ein Versuch. Trotz aller Definitionsbemühungen lassen die recht vagen Parameter sowie eine mangelnde systematisch-wissenschaftliche Begriffbestimmung die Utopie als verschwommenes Konzept im Raum stehen.[6]

Obgleich sich der Begriff nicht vollständig erfassen lässt, lässt sich noch ein weiteres konstitutives Merkmal festhalten.

Die Romanutopie konstruiert und schildert ein gesellschaftliches Ideal, das in der Wirklichkeit bis dahin nicht existiert hat und das als Wunschbild der vom Utopisten als fehlerhaft kritisierten Realität gegenübergestellt wird.[7]

Voraussetzung für die Utopie ist also die Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, die sich aber nicht auf deren Kritik beschränkt, sondern mit der Ursachenerkenntnis zugleich Vorschläge zur Verbesserung präsentiert.[8] Im Unterschied zur mythologischen Literatur, die ihren idealen Gesellschaftsentwurf in unerreichbare Vorzeit verlegt, schafft utopische Literatur einen Entwurf, der in der Zukunft liegt, aber in der Realität verwirklicht werden will.[9] Die Bedingung einer bewussten kritischen Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Ordnung ist eine spezifische Distanz sowohl zum eigenen historischen Ort als auch zur geschichtlichen Entwicklung allgemein.[10] In einer literarischen Utopie muss beides als durch menschlichen Einfluss veränderbar begriffen werden. Die Emanzipation des Individuums, das Bewusstsein des Einfluss Nehmen Könnens, macht eine Reflexion auf Geschichtliches erst möglich.[11]

Während in utopischen Entwürfen nach Ernst Bloch das ‚Prinzip Hoffnung’ vorherrscht, zeigt sich die Skepsis gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen in Dystopien in pessimistischen Denkmustern.[12]

Eine Dystopie oder auch Anti-Utopie genannt, stellt eine hypothetische Gesellschaft dar, die deutlich schlechter ist als die bestehende. Oftmals ist die beschriebene Dystopie die Extrapolation einer aktuellen negativen Entwicklung.

2. Frauenbilder in männlichen Utopien

Die Analyse des Frauenbildes in Utopien männlicher Autoren zeigt, dass weibliche Lebensrealität vom patriarchalischen Interessenstandpunkt aus bestimmt wird.[13] So gründet Thomas Morus seinen Inselstaat „Utopia“ auf jenes patriarchalische Herrschaftssystem, das auch seiner eigenen Gesellschaft zu Grunde lag.[14] Im ersten Teil von „Utopia“, dem Gespräch über Politik und Staat, werden die Frau und ihre Belange als unwichtig abgetan. Dagegen beschreibt Morus im zweiten Teil die Rolle der Frau im neuen Gesellschaftssystem explizit. Das patriarchalische Denken, welches davon ausgeht, dass die Frau das schwächere Geschlecht darstellt, ihre Existenz durch Ehemann und Kinder bestimmt wird, kennzeichnet die utopische Welt.[15] Morus ersetzt zwar die Familienstruktur durch Wirtschaftgemeinschaften von 10-16 Erwachsenen, aber auch in diesem Sozialgefüge übernehmen Frauen die traditionell weiblichen Arbeiten.[16] Allerdings erfahren alle Bürger in „Utopia“ die gleiche Ausbildung. Frauen werden sogar in militärische Angelegenheiten miteinbezogen und besonders qualifizierte Frauen dürfen politische Ämter begleiten. Aber diese liberalen Zugeständnisse stellen das patriarchalische Machtsystem nicht in Frage, sondern modifizieren dieses.[17] Wobei die Veränderungen nicht aus einem Bewusstsein erwachsen sind, das die weibliche Unterdrückung als einen nicht annehmbaren Zustand versteht. Auch in der Erzählweise wird deutlich, wie sehr die patriarchalische Gesellschaftsordnung als natürliches gottgewolltes System gilt.[18] Morus beschreibt wiederholt die weibliche Position in Analogie zum Status der Kinder. Diese Frau/Kinder Parallele verleiht beiden den gleichen Status der Unmündigkeit und hebt die uneingeschränkte Macht des Mannes hervor.[19]

[...]


[1] Shafi, Monika. Utopische Entwürfe in der Literatur von Frauen. Bern: Lang, 1990, S.48.

[2] Neusüss, Arnhelm. Utopie, Begriff und phänomen des Utopischen. Neuwied und Berlin: Luchterhand, 1968, S.31.

[3] Wildner, Siegrun. Experimentum Mundi: Utopie als ästhetisches Prinzip. St. Ingbert: Röhrig, 2000, S.16.

[4] ebenda, S. 17.

[5] Ebenda, S. 18.

[6] Ebenda, S.19

[7] Winter, Michael. Compendium Utopiarum: Typologie und Bibliographie literarischer Utopien. Stuttgart: J.B. metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1978, S. 18.

[8] Shafi, S.22.

[9] Shafi, S. 17.

[10] Shaf,i S. 17.

[11] Shafi, S. 18.

[12] Bloch, Ernst. Das Prinzip Hoffnung, Bd.1. Frankfurt a. Main: Suhrkamp, 1973.

[13] Shafi, S. 36.

[14] Shafi, S. 37.

[15] Shafi, S. 37.

[16] More, Sir Thomas. Utopia. Hrsg. Und übersetzt von Robert M. Adams. New York: Norton& Company, 1975, S. 75.

[17] Shafi, S.38.

[18] Shafi, S. 38.

[19] Shafi, S. 38.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
"Die Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen" - ein utopischer Entwurf
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Deutsche Philologie II)
Note
1,75
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V88648
ISBN (eBook)
9783638030076
ISBN (Buch)
9783638927888
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gute, Botschaft, Valeska, Strophen, Entwurf
Arbeit zitieren
Simone Bender (Autor:in), 2005, "Die Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen" - ein utopischer Entwurf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88648

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