Der Staat, die Bürger und das Risiko - Staatliche Risikokommunikation und der Umgang mit Risiken in der modernen Gesellschaft


Mémoire (de fin d'études), 2007

104 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

I. „Als das Risiko in die Welt trat...“
1.1. Quantitative Risikobetrachtungen
1.2. Wahrscheinlichkeitstheoretische Aussagen
2. Die gesellschaftliche Konstruktion des Risikos

II. Der Einfluss psychosozialer Faktoren auf die individuelle Risikowahrnehmung
1. Individuelle Bewältigungsstrategien
1.1. Das Stressmodell nach Lazarus
1.2. Kognitive Dissonanz
1.3. Verfügbarkeitsheuristiken
2. Merkmale der Risikowahrnehmung
2.1. Freiwilligkeit
2.2. Kontrollierbarkeit und unrealistischer Optimismus
2.3. Katastrophenpotential
2.4. Betroffenheit
2.5. Verursacher und Verantwortlichkeitszuschreibungen
2.5.1 Naturkatastrophen und Verantwortung
2.5.2 Schleichende Katastrophen
2.6. Risikowahrnehmung nach Slovic
2.6.1 Dread und unknown
3. Charakteristika neuer Risiken
3.1. Raum-zeitliche Entgrenzung
3.2. Synergieeffekte
3.3. Sinnliche Wahrnehmbarkeit
3.4. Irreversibilität und Schadensausmaß

III. Zur Rolle der Experten im Kommunikationsprozess über Risiken
1. Objektive Risikobetrachtung?
2. Informationsdefizite der Laien
3. Fehlerquellen und Einflussfaktoren der wissenschaftlichen Risikobewertung
4. Gegenexperten und die Öffentlichkeit
5. Das Expertendilemma
5.1. Der Expertisetransfer
Exkurs: Die Bedeutung der Grenzwerte für die öffentliche Risikokommunikation
6. Ein Verwirrspiel – Tschernobyl und die deutsche Grenzwertsetzung

IV. Staat, Technologie und Gesellschaft
1. Sozial bedingte Technik
2. Vorsorge- und Schutzpflichten des Staates
3. Staatliche Identifikation
4. Die bundesdeutsche Atompolitik und deren gesellschaftliche Wahrnehmung

V. Risikokommunikation
1. Formen der Risikokommunikation
2. Strategien der Risikokommunikation
3. Aufklärende Risikokommunikation
3.1. Risikovergleiche
4. Angstkommunikation
5. Partizipation
6. Vertrauen und Glaubwürdigkeit
7. Kommunikationsbedürfnisse
8. Leitfaden einer gelingenden Kommunikation über Risiken
Exkurs: Ressourcenkommunikation nach Barbara Hazard
9. Risk message checklist
10. Risiko und Gesellschaft

VI. Staatliche Risikokommunikation nach Tschernobyl – oder: Was man vermeiden sollte!
1. Sowjetische Technologieunterlegenheit und deutsche Reaktorsicherheit – die Ideologisierung einer Katastrophe
2. „Wer hat die besten Grenzwerte im Land...?“
3. „Nur keine Panik!“
4. „Bon(n)anza – Verschmelzung von Politik und Schauspiel
Ausblick

Literatur
Periodika, Artikel und Interviews
Internetquellen (zuletzt geöffnet am 24.07.2007)

“Are dangers really increasing or are we more afraid?“[2]

Obwohl wir weitaus älter werden, gesünder und komfortabler leben als unsere Vorfahren noch vor einigen Jahrhunderten, sehnen sich manche dennoch nach den „guten alten Zeiten“. Den Zeiten, als es noch keine atomare Bedrohung, Klimaerwärmung, genmanipulierte Lebensmittel, abstürzende Flugzeuge, Computerviren etc. gegeben hat. Wir sehen uns selbst verstrickt in einem Netz aus unzähligen und kaum mehr zu überblickenden Abhängigkeiten, deren Beeinflussung und Steuerung weitgehend außerhalb unseres Handlungsbereiches liegen. Es sind maßgeblich die Entscheidungen anderer, die unser Leben bestimmen, es fortschrittlich, aber auch riskanter gestalten. Mit dieser Abhängigkeit kommt oftmals auch die Angst, die Unsicherheit angesichts fremdgesteuerter Entwicklungen, die vielleicht nicht im Jetzt, direkt, unmittelbar auf uns wirken, deren Konsequenzen früher oder später jedoch getragen werden müssen.

Die Ungewissheit mit der wir uns konfrontiert sehen, und die unser modernes Dasein zu dominieren scheint, weckt in uns das Bedürfnis, unser Leben gegen die uns bedrohenden Gefahren zu schützen. So gaben die bundesdeutschen Haushalte allein 2003 durchschnittlich € 2352 für Versicherungsbeiträge und –prämien aus, das sind rund 18 % des jährlichen Bruttoeinkommens der jeweiligen Haushalte.[3]

„Mit der Entwicklung der Produktivkräfte und der daraus resultierenden Komplexität des gesellschaftlichen Organismus sind nicht nur die Zerstörungskräfte gewachsen, mit der Produktion des Reichtums ist auch die Produktion von Ängsten gewachsen. Das ungezügelte Streben nach wirtschaftlichem Wachstum hat uns in das Dilemma gebracht, dass wir die Steigerung unseres Sozialprodukts mit Risiken und Ängsten bezahlen und dass wir einen großen Teil des Zugewinns dann wieder verschwenden müssen, um sie einzudämmen oder zu behandeln.“[4]

Eine weitere Konsequenz dieses Sicherheitsbedürfnisses ist zudem ein tief greifender Einstellungs- und Wertewandel, der sich innerhalb unserer Gesellschaften vollzieht. Es reicht nicht mehr, sich gegen die Auswüchse und Gefahren unseres modernen Lebens zu versichern, diese vornehmlich mit technologischen Innovationen verbundenen Risiken sollen vielmehr einer breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung zugeführt werden, in der ihr Nutzen und der zu erwartende Gewinn auch unter ethischen Gesichtspunkten gegen die befürchteten Gefahren abgewägt werden.

Interessant ist hierbei, dass eine Art Trennung zwischen der jeweiligen Bewertung einer Technologie und den aus ihr hervorgehenden Produkten, sowie deren eigenem Verbrauch zu beobachten ist. So herrscht in vielen Teilen der Bevölkerung durchaus Einigkeit darüber, dass die Industrien ihren CO2-Ausstoß merklich senken sollten; aus dieser Forderung ergeben sich jedoch nur für wenige gesellschaftliche Gruppierungen auch Vorgaben für das eigene Konsumverhalten. Der Verbraucher sieht sich hier anscheinend nicht immer als Teil dieser Gleichung, und sieht den Handlungsbedarf allein auf Seiten der Hersteller.[5]

„In der Gesellschaft hat sich eine starke Abneigung gegen (...) Risiken und eine feindselige Haltung gegenüber den dafür verantwortlichen Industrien und Technologien entwickelt. Eine Entkopplung zwischen der Einstellung gegenüber den Produkten und der Einstellung gegenüber dem Produktionsprozess hat stattgefunden. Die mit den Produkten verbundenen Annehmlichkeiten werden als selbstverständlich betrachtet, während die durch die Herstellung verursachten Risiken oft als unakzeptierbar eingestuft werden. Dabei stützt sich die Unannehmbarkeit eines Risikos nicht etwa auf seine geschätzte Größe, sondern sie beruht im wesentlichen auf zwei Faktoren:

Furcht und Gewöhnung.“[6]

In den folgenden Kapiteln soll der Frage nachgegangen werden, was Risiko für uns bedeuten kann, wie wir es wahrnehmen und mit ihm umgehen. Dies bildet die Grundlage für die Kommunikationsbemühungen des Staates, da diese nur „erfolgreich“ sein können, wenn die Informationsvermittlung auf die jeweilige Risikowahrnehmung eingestellt ist. Nur ein Kommunikator, der weiß, welche Ereignisse von seinem Gegenüber als riskant eingestuft werden, kann mit seinen Maßnahmen adäquat reagieren. Bevor jedoch die Voraussetzungen und jeweiligen Erscheinungsformen staatlicher Risikokommunikation vorgestellt werden, soll in einem ersten Schritt in das weite Feld der Risikoforschung eingeführt werden.

In einer allgemeinen Einführung wird die Geschichte des Risikobegriffs und seine Auslegung in den verschiedenen Disziplinen kurz umrissen werden. Besonderes Augenmerk wird hier auf die Schwierigkeiten gelegt, die im Zusammenhang mit der Erstellung von Wahrscheinlichkeitsprognosen auftreten können. Oftmals werden diese Annahmen zur Veranschaulichung möglicher Risikokonstellationen herangezogen, ohne jedoch der individuellen Wahrnehmungsfähigkeit - beispielsweise von Nichtexperten - ausreichend Rechnung zu tragen.

Mit der Feststellung, dass die Vorstellungen bezüglich des Risikos gesellschaftlich und kulturell bedingt sind, es somit also keinen objektiven Risikobegriff gibt, können im anschließenden Kapitel die individuellen Bedingungen und psychosozialen Prozesse der Risikowahrnehmung beleuchtet werden. Welche Faktoren sind es also, die bestimmen, was der Einzelne als gefährlich oder riskant betrachtet und weshalb weichen diese Vorstellungen oftmals eklatant von der „tatsächlichen“, also empirisch belegbaren Risikodimension ab? Die hier vorgestellten psychosozialen Konzepte und Forschungsergebnisse helfen zu erklären, warum manche Informationen innerhalb der Bevölkerung nicht dazu führen, bestehende Überzeugungen beispielsweise hinsichtlich neuer Technologien positiv zu beeinflussen, und dass obwohl die Öffentlichkeit mit ausreichend Daten hinsichtlich der Ungefährlichkeit einer Anlage oder Anwendung versorgt wird.

Genau diese Problematik bildet den Kern der angespannten Beziehung zwischen den wissenschaftlichen Experten und den Laien, also den Empfängern der staatlichen Kommunikation über Risiken. Es wird gezeigt werden, dass die Wahrnehmungen der Nichtexperten keinesfalls irrational und abwegig sind, sondern sich vielmehr auf andere, oftmals eher emotional bestimmte Kriterien stützen. Für die Kommunikationsbeziehungen ist es jedoch ausschlaggebend, dass eben gerade die Emotionen, die Befürchtungen und Ängste der Bevölkerung nicht als unsinnig abgewertet werden, da Vertrauen so nachhaltig gestört werden kann. Emotionen und Bedürfnisse stellen einen wichtigen Bestandteil der Kommunikationsbeziehungen dar und sollten auch als solcher anerkannt werden.

In einem Exkurs soll die Funktion von Grenzwerten und ihre Rolle im Kommunikationsprozess dargestellt werden. Wichtig sind hierbei vor allem die Schwierigkeiten, die sich aus der Unsicherheit wissenschaftlicher Verfahren und Ergebnisse ergeben, sowie die Erwartungen, die sich in diesem Zusammenhang in der Öffentlichkeit bilden können. Am Beispiel des Umgangs mit Grenzwerten und Messdaten nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl kann gezeigt werden, wie dieses „Spiel mit den Zahlen“ die Verunsicherung und die Ängste der Bevölkerung nur noch verstärkt hat.

Im zweiten Teil der Arbeit steht der Staat und seine Funktion im Bereich der technologischen Entwicklung und der Vermeidung von Risiken im Mittelpunkt. Ebenso wie der das Risiko wird der hier verwendete Technikbegriff als sozial konstruiert gesehen. Dadurch, dass die technologische Entwicklung als steuerbar und entscheidungsabhängig betrachtet wird, erhält der Staat eine wichtige Rolle in diesem Entwicklungsprozess zugewiesen. Wenn Technik nicht als autonomes System verstanden wird, das nicht beeinflusst und gelenkt werden könnte, darf sie sich auch nicht selbst überlassen bleiben.

Für die Kommunikationspolitik des Staates scheint dessen Beziehung zu den einzelnen Technologien von großer Bedeutung zu sein. Wird er als Befürworter einer bestimmten Technik wahrgenommen, werden auch seine diesbezüglichen Äußerungen im Lichte seiner vermuteten Interessen betrachtet. Den Versicherungen eines die Atomkraft fördernden Staates bezüglich der Sicherheit dieser Technologie mag man so möglicherweise weniger Glauben schenken, als den Aussagen unabhängiger, nicht in der Kernenergie engagierter Institutionen. Am Beispiel der bundesdeutschen Atompolitik kann gezeigt werden, dass der Staat hier eindeutig als Vertreter ganz bestimmter Interessen wahrgenommen wird, und weniger als Instanz, die sich der Wahrung des Allgemeinwohls verschrieben hat.

Nachdem sozusagen die Vorbedingungen, die Ausgangspositionen für staatliche Risikokommunikation erläutert sind, geht es im Folgenden um die verschiedenen Formen und Strategien der Risikokommunikation, sowie deren Inhalte und Zielsetzungen. Als eine besondere Ausprägung der Kommunikation über Risiken wird an dieser Stelle auch auf den ressourcenorientierten Ansatz von Barbara Hazard eingegangen, da dieser besonders im kommunalen Bereich Erfolge verzeichnen konnte.

Aufgrund der gesammelten Erkenntnisse kann abschließend eine Art Leitfaden für eine gelungene Risikokommunikation erstellt werden, in diesem Sinne eine Zusammenfassung der wichtigsten Faktoren, die vom Kommunikator beachtet werden sollten.

Nachdem diese Einsichten und Ergebnisse jedoch das Resultat jahrzehntelanger wie weltweiter Forschungsanstrengungen ist, soll abschließend ein Beispiel aus den Anfängen der Risikokommunikationsforschung analysiert werden: die staatliche Informationspolitik nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Als eine Art Negativ-Beispiel kann hier gezeigt werden, wie sich die Kommunikation zwischen dem Staat und seinen Bürgern gerade nicht vollziehen sollte, wo Fehler gemacht wurden, und was es zukünftig zu vermeiden gilt.

„Modernization has taken the mystery and awe out of universe, belittled the gods, or totally discredited them.”[7]

I. „Als das Risiko in die Welt trat...“

„Risiken sind mehr als die Möglichkeit von Schäden; Risiko ist ein Konzept unserer Wagnis- und Grenzüberschreitungskultur, das der Lust an großen, wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Unternehmungen zur Seite gestellt wurde, um die Gefahren des Fortschritts zu kompensieren (...).“[8]

Die Forschung ist sich uneins über die genaue Herkunft des Wortes „Risiko“[9], wenngleich sich deutlich abzeichnet, dass sich der auf unserem heutigen Verständnis basierende Begriff im Umfeld der italienischen Handelsschifffahrt des 14. Jh. entwickelte.[10] Indem sich der Mensch bewusst wurde, dass sein Schicksal nicht allein in göttlicher Hand lag, er nicht einer ihn allein bestimmenden Vorsehung unterlag, entwickelte sich die Vorstellung, mit seinem eigenem Tun, vor allem aber mit seinen Entscheidungen, maßgeblich auf die eigenen Geschicke einwirken zu können.[11] Es waren vor allem die Seefahrer und Händler der italienischen Stadtstaaten, die sich aus dem Fatalismus ihrer Mitmenschen gegenüber den Gefahren der damaligen Zeit lösten, und begannen, den Nutzen und die zu erwartenden Gefahren ihrer jeweiligen Unternehmungen gegeneinander abzuwägen. Die Unsicherheiten, die mit den damaligen Handelsgeschäften verbunden waren, wurden als berechenbar erkannt, Regelmäßigkeiten und kausale Wechselbeziehungen sollten nun die Handelsentscheidungen bestimmen.[12]

„Der Mensch lebt seit seiner Entstehung mit Risiken, und zwar sowohl mit natürlichen als auch mit selbstverschuldeten. In ferner Vergangenheit war er jedoch nur sehr beschränkt in der Lage, diese Risiken zu kontrollieren. Da er die kausalen Zusammenhänge nicht durchschaute, konnte er kommendes Unheil weder vorhersehen noch sich vor dessen Auswirkungen schützen. Die Folge davon war eine fatalistische Einstellung gegenüber Gefahren.“[13]

Im Verlaufe der Zeit wandelte sich auch in den übrigen gesellschaftlichen Gruppierungen der ihnen zugrunde gelegte Risikobegriff. Heute scheint er allgegenwärtig, auch wenn es erhebliche Unterschiede bezüglich seiner Bewertung und Stellung zu geben scheint; und dies nicht nur zwischen den Individuen und Kulturen, sondern auch den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen. So kann das Risiko beispielsweise wie folgt betrachtet werden.:[14]

- Risiko als Wahrscheinlichkeit eines möglichen Schadens
- Risiko als Ausmaß des möglichen Schadens
- Risiko als Funktion von Wahrscheinlichkeit und Ausmaß des Schadens
- Risiko als Varianz der Wahrscheinlichkeitsverteilung aller möglichen Konsequenzen einer Entscheidung
- Risiko als die zu erwartende Häufigkeit unerwünschter Effekte einer Handlung

Im alltagssprachlichen Gebrauch dominiert der negative, also der Schadensaspekt unseren Risikobegriff. Während beispielsweise der ökonomische, handlungsorientierte Ansatz davon ausgeht, dass risikobehaftete Entscheidungen (z.B. im Bereich von Investitionen) stets sowohl positive wie negative Folgewirkungen haben können, wird der Begriff des Risikos in der öffentlichen Diskussion vornehmlich als Bedrohung, als Verlust oder Schaden thematisiert.[15] So wird häufig von „Chancen und Risiken (bestimmter Technologien, Entscheidungen etc.)“ gesprochen; die als Chancen bezeichneten positiven Möglichkeiten werden so deutlich vom negativ belasteten Risiko getrennt.

1.1. Quantitative Risikobetrachtungen

Kaplan und Garrick[16] sehen im Risiko sowohl die Möglichkeit eines Schadens als auch dessen wahrscheinliches Eintreten. Während die eine Gefahr als mögliche Ursache, beispielsweise in Form einer Bedrohung gesehen wird, schließt das Risiko die Wahrscheinlichkeit ein, dass aus der wahrgenommenen Gefahr tatsächlich ein Verlust entsteht. Für sie ist die Gefahr somit Grundlage des Risikos, dass mit geeigneten Maßnahmen zudem beeinflussbar ist. Selbst das Bewusstsein über die Existenz oder Möglichkeit eines Risikos ist eine mögliche Sicherungsmaßnahme, die das Risiko vermindern kann. Jedoch weisen Kaplan und Garrick explizit daraufhin, dass ein Risiko zwar durch Vergößerung der jeweiligen Sicherungsmaßnahmen so gering wie möglich gehalten werden kann, dass man dieses dadurch jedoch keineswegs eliminieren könne. Das Risiko ist niemals Null.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Risiko ist hier das Produkt aus den quantitativen Angaben über die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses bzw. seiner Folgen und dem zugehörigen Schadensausmaß bzw. –höhe.[17]

Risiko = Wahrscheinlichkeit x Schaden

oder

Risiko = Wahrscheinlichkeit + Schaden

Zur Berechnung der möglichen Szenarien, Konsequenzen und Verluste wird unter anderem folgende Gleichung angewandt:

R = { < si, pi, xi >}, i = 1,2,..,N. [18]

In der versicherungstechnischen Risikobetrachtung wird dieser Gleichung noch die Variable “Verletzlichkeit” hinzugefügt; diese gibt die jeweils zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Potenziale zur Schadensabwehr an. Eine Person oder ein System ist desto verletzlicher, je weniger es fähig ist, eine mögliche Schadenseinswirkung zu verhindern oder diese zumindest abzuschwächen.

Ausschlaggebend ist, dass eine wechselseitige Beziehung zwischen der jeweiligen Wahrscheinlichkeit und dem Schadensumfang angenommen wird, d.h. bei gleichem Risiko können kleine Schäden häufiger auftreten, wohingegen die Wahrscheinlichkeit größerer Schäden geringer ist.

Dieser quantifizierte Ansatz, der dem Versicherungswesen entstammt, wird in diesem Bereich zwar immer noch angewendet, erweist sich aber im Hinblick auf politische und gesellschaftliche Risikobeurteilungen als nur bedingt brauchbar, da er die dort herrschenden Realitäten nur ungenügend – wenn überhaupt – zu erfassen vermag.[19]

1.2. Wahrscheinlichkeitstheoretische Aussagen

„Ein dem Versicherungstechnischen nachgebildeter Risiko-Begriff muss soziologisch immer hinken, da er ja nur die nachträgliche finanzielle (d.h. in Geld bewertete) Kompensation von einem bereits eingetretenen Schaden beschreibt. D.h. er schließt immer schon einen vorgängigen Konsens über die Bewertbarkeit in Geld ein und den Charakter der Nachträglichkeit, nicht etwa den der präventiven Kosten (von Vermeidung).“[20]

So ist es zum Beispiel nur möglich gesicherte Aussagen über mögliche Wahrscheinlichkeiten, hier z.B. über den Eintritt eines technischen Unfalls, zu treffen, wenn diesbezüglich ausreichende Daten zur Verfügung stehen. Um also die Wahrscheinlichkeit eines Unfalleintritts zu bestimmen, muss sich dieser (zumindest in vergleichbarer Art und Weise) mehrfach ereignet haben.[21] So können aus der Häufigkeit der jährlichen Verkehrsunfälle mit Todesopfern die diesbezügliche Wahrscheinlichkeit eines Unfalltodes abgeleitet werden. Was im Bereich des Straßenverkehrs noch praktikabel ist, verliert seine Berechnungsgrundlage jedoch bei so genannten Großunfällen oder bisher noch nicht eingetretenen (oder nicht wahrgenommenen und daher auch nicht gemessenen) Ereignissen. Wenn bisher noch kein Passagierflugzeug in ein Atomkraftwerk gestürzt ist, noch kein Sprengstoffanschlag auf den öffentlichen Nahverkehr verübt wurde oder Anthrax-Viren in Umlauf gebracht wurden, wird die Berechnung eines solchen Ereignisses zu rein hypothetischen Wahrscheinlichkeitsprognosen, die mit einem überaus hohem Grad an Unsicherheit behaftet sind. Diese methodischen Mängel ergeben sich unter anderem daraus, dass es nicht möglich ist, eine genaue Vorhersage bezüglich

- der Reaktionen eines Systems ( Stichwort: vernetzte Folgen, common-mode-Fehler, z.B. durch Feuereinwirkungen etc.);
- des menschlichen (Fehl-)Verhaltens in Krisensituationen;
- des Materialverhaltens bei Fehlereinwirkungen, sowie
- anderer sozialer Einwirkungen (z.B. Sabotage, Krieg, (terroristischer) Anschlag)

zu treffen.[22]

Zudem sollte bei Unfallprognosen, die beispielsweise mit einer Wahrscheinlichkeit von 10-6 pro Jahr angegeben werden, stets darauf hingewiesen werden, dass diese bis zu einem Faktor von etwa 1000 unsicher sein können;[23] ein Umstand der im Bereich der (staatlichen) Risikobewertungen nur selten kommuniziert wird.

Besonders im Bereich der Kommunikation über Risiken bestimmter Handlungen oder Technologien ergeben sich schließlich eine Vielzahl von Komplikationen, wenn eine Kommunikationsseite strikt am Wahrscheinlichkeitsansatz festhält. Für Laien, die in der Regel keinerlei gesicherte probabilistische Daten bezüglich der Riskantheit bestimmter Ereignisse präsent haben, ist es so äußerst schwierig, in diesem Zusammenhang zu einer adäquaten Einschätzung zugelangen.[24]

Tabelle 1[25]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zudem sagen Wahrscheinlichkeitsprognosen nichts über das einzelne Ereignis aus, also gerade dort, wo sie als allgemeingültige Entscheidungsgrundlagen angeführt werden. Schließlich umfasst die Wahrscheinlichkeitsangabe „Einmal in 10000 Jahren“, dass dieses Ereignis schon heute, morgen, in einer Woche, aber auch erst in 9999 Jahren eintreten kann.[26] Mit der Verwendung solch vager Bezugsgrößen wird lediglich erreicht, dass diejenigen Personen, die sich der Charakteristika von Probabilitätsanalysen nicht bewusst sind, die Möglichkeit eines Ereigniseintrittes auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft verschieben. Ein Unfall wird so zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, durch seine „Verdrängung“ in eine noch nicht präsente, ferne Zukunft jedoch als äußerst unwahrscheinlich betrachtet.[27]

“[R]isks from radiation may appear negligible when described in terms of ‘average reduction in life expectancy for the population within a given radius of a nuclear power plant’. However, when this figure is translated into the equivalent number of ‘additional cancer deaths per year’, risk may take on a quite different perspective”[28]

Die quantitative Risikobeurteilung hängt zudem gänzlich von der Wahl der jeweiligen Bezugsgröße ab, die zwischen Experten und Laien durchaus gegensätzlich ausfallen kann. So trifft es durchaus zu, dass das Risiko des Fliegens pro Reisestunde weitaus höher anzusetzen ist, als das beim Autofahren; bezogen jedoch auf die zurückgelegte Entfernung erweist sich hingegen das Autofahren als gefährlicher.[29] So kommen für Europa auf 100 Millionen Passagierstunden, die im Flugzeug verbracht werden 36,5 Tote, im Auto hingegen 30 Tote. Wendet man hingegen die jeweils zurückgelegte Strecke der Passagiere an, so ergeben sich für 1 Milliarde Kilometer per Flugzeug 0,8 Tote, 8 Tote jedoch wenn diese Strecke mit dem Auto zurückgelegt wird.

In Häufigkeitsstatistiken können sich so auch folgende Wahrscheinlichkeiten ergeben: dividiert man beispielsweise die Anzahl der Schweizer Todesopfer eines Blitzschlages (hier: 1000) durch die Zahl der insgesamt vom Blitz getroffenen Personen (hier: 2000) ergibt sich ein Wahrscheinlichkeitswert von 0,50. Wendet man dieses Prinzip jedoch auch auf die Todesopfer eines „Bärenangriffs im Berner Bärengraben“ an – also „Tod durch Bär (4) / „Anzahl der Begegnungen (8) – erhält man die selbe Wahrscheinlichkeit, nämlich 0,50.[30]

Tabelle 2[31]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese „Zahlenspiele“ lassen sich beliebig ausweiten, sie zeigen jedoch nicht nur, wie schwierig es ist, Risiken exakt einzuschätzen oder gar zu messen, sondern auch, welche Problematiken sich hierbei in der Kommunikation über diese Risiken ergeben müssen. Denn wie im Folgenden gezeigt wird, gibt es keine unwiderlegbare Methode, um das Risiko zu quantifizieren, da es von der jeweiligen Kultur oder Gesellschaft abhängt, was als Risiko oder möglicherweise lediglich als Wagnis angesehen wird.

2. Die gesellschaftliche Konstruktion des Risikos

“Risk should be seen as a joint product of knowledge about the future and consent about the most desired prospects. The perception of risk is a social process.” [32]

Die britische Kulturanthropologin Mary Douglas und der amerikanische Politikwissenschaftler Aaron Wildavsky identifizieren in ihren Arbeiten verschiedene Risiko-Kulturen, die für die Wahrnehmung und Bewertung von Risiken bestimmend seien. Damit wird der Risikobegriff auf sozio-kulturelle Zusammenhänge (hier: Markt/ Hierarchie und soziale Bewegungen) zurückgeführt, von denen die Akzeptanz oder Ablehnung eines als Risiko wahrgenommenen Umstands abhängt.[33] Ein entscheidender Faktor in dieser kulturellen Risikobewertung ist die Zurechnung von Verantwortung, Glaubwürdigkeit und letztlich Schuld.[34]

“The different social principles that guide behaviour affect the judgment of what dangers should be most feared, what risks are worth taking, and who should be allowed to take them.”[35]

Auch in der Konzeption Luhmanns spielt die Zurechenbarkeit von Risiken eine entscheidende Rolle. Er betont hierbei jedoch die Bedeutung des individuellen wie kollektiven Entscheidungszusammenhangs[36]. Dadurch, dass Risiken nicht mehr als unabwendbare, und damit nicht zu beeinflussende Größe betrachtet wird, sondern als Konsequenz einer zuvor getroffenen Entscheidung, können eben jene Ergebnisse sozial zugerechnet werden. Luhmann sieht vor allem in der aus diesen Entscheidungen produzierten sozialen Betroffenheit den Ursprung der gesellschaftlichen Risikoproblematik.[37] So stehen sich die an einer Entscheidung Beteiligten, die bereit sind ein gewisses Risiko einzugehen, mit den von ihren Entscheidungen möglicherweise Betroffenen gegenüber. Risiken sind folglich entscheidungsabhängig, sie werden gewählt; wichtig ist, dass das Risiko nicht als das Gegenstück zu Sicherheit betrachtet wird, sondern durchaus auch die Möglichkeit beinhaltet, aus einer Entscheidung positive Resultate zu erhalten.[38]

„Nehmen wir das Beispiel des Regenschirms. Vor der Erfindung des Regenschirms gab es die Gefahr, nass zu werden, wenn man rausging. Es war gefährlich, rauszugehen. Normalerweise hatte man in dieser Situation nur ein Gefahrenbewusstsein, kein Risikobewusstsein, weil es praktisch nicht in Betracht kommt, wegen der Möglichkeit, dass es regnen könnte, immer zu Hause zu bleiben. (...) Durch die Erfindung des Regenschirms wurde das grundlegend anders. Man kann jetzt überhaupt nicht mehr risikofrei leben. Die Gefahr, dass man nass werden könnte, wird zum Risiko, das man eingeht, wenn man den Regenschirm nicht mitnimmt. Wenn man ihn aber mitnimmt, geht man das Risiko ein, ihn irgendwo liegen zu lassen.“[39]

Die Wahrnehmung eines Risikos hängt demnach maßgeblich davon ab, ob einem Individuum oder System aus einer selbstgetroffenen Wahl Vorteile entstehen. Diese Risiken stehen hier somit im Kontext einer Selbstzuschreibung, sind Folgen einer eigenständig getroffenen, freiwilligen Wahl.[40] Wenn die Möglichkeit eines Schadens jedoch außerhalb der individuellen wie kollektiven Kontroll- und Entscheidungsmöglichkeiten liegt, spricht man von Gefahr.[41] Allein dadurch, dass uns durch die gesellschaftliche Entwicklung nun Möglichkeiten zur Verfügung stehen, bisher außerhalb unserer Kontrolle liegende Gefahren abzuwehren, wandelt der Mensch diese Gefahren um in entscheidungsbedingte Risiken.

„Die Unterscheidung von Gefahren und Risiken macht zugleich klar, dass die technologische Entwicklung, auch wenn sie in sich selbst relativ ungefährlich wäre, zu einem Anschwellen der Risiken führt. Sie transformiert Gefahren in Risiken einfach dadurch, dass sie vorher nicht gegebene Entscheidungsmöglichkeiten schafft.“[42]

Die folgenden Überlegungen schließen sich der Überzeugung an, die Risiken einer Gesellschaft als kulturell und sozial bedingt zu betrachten, als Ergebnisse einer wahrnehmungs- sowie entscheidungsabhängigen Zurechnung von Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten der individuellen wie gesellschaftlichen Kontrolle. Die hier untersuchte Gesellschaft wird somit nur bedingt als „Risikogesellschaft“ im Beck’schen Sinne[43] betrachtet, da dessen wahrnehmungs- und bewertungsunabhängige Risikokonzeption die (neueren) Erkenntnisse der psychosozialen und kognitiven Forschung nur wenig berücksichtigt. Beck beschreibt das Risiko als eine objektive Größe[44], die somit (gänzlich) unabhängig von der individuellen wie kollektiven Bewertung einer Gesellschaft existiere, und durch konkrete Faktoren bestimmt werde (nicht kompensierbar/ nicht zurechenbar/ nicht eingrenzbar usw.).[45]

Dennoch sind im Hinblick auf die Rolle des Staates Becks Überlegungen zur „risikoverteilenden Gesellschaft“[46] von Interesse, da die Kommunikation über Risiken immer auch deren soziale Definition bedeutet. Ende der 90er Jahre konstatierte der Soziologe einen sich vollziehenden Wandel von der auf Produktion und Reichtumsmaximierung angelegten Industriegesellschaft, hin zu einer Risikogesellschaft, deren größtes Ideal die Sicherheit, also die Vermeidung von Risiken sei.[47]

„In der fortgeschrittenen Moderne geht die gesellschaftliche Produktion von Reichtum systematisch einher mit der gesellschaftlichen Produktion von Risiken. (...) Die Verteilungsprobleme und -konflikte der Mangelgesellschaft (werden) überlagert durch die Probleme und Konflikte, die aus der (...) Verteilung wissenschaftlich-technisch produzierter Risiken entstehen.“[48]

Neue gesellschaftliche Konfliktlinien würden das moderne Zusammenleben prägen, bei dem es vornehmlich im die Verteilung der Risiko-Betroffenheit und des jeweiligen Risiko-Nutzens ginge.[49] Gesellschaftliche Auseinandersetzungen entstehen durch einen schichtübergreifenden Konflikt um die Zumutbarkeit von Risiken, da gesellschaftlich definiert wird, was als Risiko betrachtet wird und was nicht, und damit einhergehend, wem die Vermeidung und die Folgekosten der Risiken zugeschrieben werden.[50] In diesem Sinne wird die Kommunikation über Risiken zu einem „neue[n] Typus gesellschaftlicher Interessenkonflikte“[51], die von der Verteilung knapper gesellschaftlicher Ressourcen (Geld, Eigentumsrechte, Macht, Sicherheit, Informationen) bestimmt werden.[52] Denn auch wenn die neuen Risiken potenziell alle zu Betroffenen machen, und weder räumlich noch zeitlich begrenzbar sind, gibt es dennoch gesellschaftliche Gruppen, denen zur Abwendung und zum Schutz vor Risiken weit mehr Ressourcen zur Verfügung stehen als anderen.[53] Während jene, die es sich leisten können, z.B. ihre Ernährung auf die neuen Begebenheiten einstellen können, haben die finanziell schwächer Gestellten kaum Möglichkeiten beispielsweise Bioprodukte zu konsumieren, oder sich eine entsprechende medizinische Versorgung zu sichern.

Für den Staat wird es zunehmend schwieriger, die Risiken politisch zu regulieren, vor allem wenn es um deren Zumutbarkeit geht, um die Legitimation des gesellschaftlichen Umgangs mit Risiken.[54]

Es bleibt somit festzuhalten, dass das Risiko kein Objekt ist, sondern vielmehr ein Merkmal, dass der jeweilige Betrachter bestimmten Objekten, Situationen oder Aktivitäten zuschreibt.[55]

Risiko ist somit ein soziales Konstrukt, dass in Abhängigkeit einer Vielzahl sozialer wie psychischer Faktoren entsteht, die nun im Folgenden genauer untersucht werden sollen.

II. Der Einfluss psychosozialer Faktoren auf die individuelle Risikowahrnehmung

Bevor wir uns nun dem Umgang mit Risiko und Unsicherheit in der modernen Gesellschaft zuwenden, sollte zunächst geklärt werden, wie der Einzelne eben jene Risiken wahrnimmt, sie einschätzt und verarbeitet. Nur so kann letztlich ein adäquates Kommunikationsmodell erarbeitet werden, in dem der Kommunikator – in unserem Fall der Staat – aufgrund seiner Erkenntnisse hinsichtlich der individuellen Risikoperzeption eben jene Informationen, Darstellungen und kommunikativen Beziehungen hinsichtlich riskanter Entscheidungen, Entwicklungen oder akuter Gefahrenlagen gegenüber der Öffentlichkeit dementsprechend modifiziert. Wenn es den staatlichen Institutionen, vor allem jedoch den sie repräsentierenden Wissenschaftlern gelingt, ihr Bild von der „irrationalen“ Öffentlichkeit aufzugeben, um sich vielmehr den zugrunde liegenden kognitiven Schemata bewusst werden, kann die Kommunikation über Risken mit der Öffentlichkeit gelingen.

Wenn dem Kommunikator bewusst ist, welche kognitiven, psychischen und sozialen Prozesse die Wahrnehmung des Einzelnen beeinflussen, so ist es ihm möglich, schon im Vorfeld seine Kommunikationsbemühungen mit den zu erwartenden Beurteilungen seiner Informationen durch die individuellen Rezipienten abzugleichen; vor allem jedoch kann er die Reaktionen und Verhaltensweisen der Öffentlichkeit besser verstehen und nachvollziehen, eine Grundvoraussetzung für einen produktiven Dialog.

Auf den ersten Blick scheint es geradezu paradox: Ärzte, die rauchend vor dem Krankenhaus stehen; Autofahrer, die trotz der über 5000 Unfalltoten[56] darauf verzichten, den Sicherheitsgurt anzulegen; Bergsteiger, die die freigegebenen Routen verlassen und ihre Freizeit ungesichert an Felswänden hängend verbringen; Hausbesitzer, die nach der jährlichen Überflutung stoisch mit den Aufräumarbeiten beginnen, und nur selten an einen Wegzug aus der betroffenen Region denken.

Warum gehen wir Risiken – wider besseren Wissens – ein? Und warum nehmen wir sie so unterschiedlich wahr? Was für den einen die Möglichkeit eines katastrophalen Ausgangs darstellt, scheint einem anderen ein für den erwartbaren Nutzen durchaus einzugehendes Risiko zu sein.

Die Sozialpsychologie, die in diesem Bereich einen großen Beitrag zur Risikoforschung geleistet hat, hat es sich in einer Vielzahl von Studien zum Ziel gesetzt, die Ursachen und Prozesse unserer Wahrnehmungen im Hinblick auf Risiken zu bestimmen.[57]

In diesem Zusammenhang konnten einige (oftmals durchaus konstante) kognitive Abläufe der individuellen Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung identifiziert werden, die es dem Einzelnen vor allem in Situationen, in denen er nicht über ausreichendes Wissen angesichts einer Risikolage verfügt – und das ist besonders für die komplexen und sogenannten „neuen“ Risiken symptomatisch -, erleichtern, dennoch zu einer Beurteilung oder Problemlösung zu gelangen.

Im Folgenden sollen nun einige dieser Urteils- und Bewältigungsstrategien[58] dargestellt werden, um auf diesen kognitiven Vorgängen basierend die jeweiligen Charakteristika des Risikos, also die für die individuelle Urteilsfindung signifikanten Faktoren herauszuarbeiten.

1. Individuelle Bewältigungsstrategien

1.1. Das Stressmodell nach Lazarus

Richard Lazarus[59] wies in seinem Stressmodell erstmals daraufhin, dass es nicht objektive, und damit allgemein anwendbare Kriterien (messbare Größe eines Stressors, Reiz, Auslösung etc.) sind, die bestimmen, ob ein Individuum eine Situation als belastend empfindet oder nicht, sondern dass vor allem die kognitive Verarbeitung des jeweiligen Umstandes ausschlaggebend für die Stressempfindung eines Einzelnen ist. Maßgeblich sei insbesondere die persönliche Einschätzung der für die Stressbewältigung benötigten zur Verfügung stehenden Ressourcen. Besteht beispielsweise keine Möglichkeit, sich einer als schwierig oder gar bedrohlich empfundenen Situation (z.B. durch Weggang) zu entziehen, greift der Betroffene auf verschiedene Bewältigungsstrategien (Angriff, Modifikation, Verleugnung) zurück, die den jeweiligen Umgang mit Stresssituationen bestimmen.[60] Diese können entweder den Erfahrungen aus vergleichbaren Umständen entspringen, oder spontan ablaufen, sie wirken jedoch in den meisten Fällen völlig unbewusst auf das Empfinden der Betroffenen ein.

1.2. Kognitive Dissonanz

Eine dieser Coping -Strategien ist die kognitive Dissonanz („gedanklicher Missklang“).[61] In der überaus komplexen und vielschichtigen Welt, in der wir leben, ist es nicht verwunderlich, dass nicht alle unsere Einstellungen, Wünsche und Vorhaben miteinander konform sind, nicht alle unsere Lebensbereiche einer völlig homogenen Ausrichtung folgen. Vor allem jedoch sind es die unzähligen, aus unserer Umwelt an uns herangetragenen Informationen, die häufig nicht mit unseren Vorstellungen korrelieren. Solcherart miteinander unvereinbar erscheinende Kognitionen müssen individuell wieder in Einklang gebracht werden, da ein Mangel an Harmonie in ihrem Leben von den Individuen oftmals als äußerst belastend und stressauslösend empfunden wird. So kann beispielsweise die Erkenntnis, dass sich eine getroffene Entscheidung durch neue Informationen nun als falsch erweist, als unangenehm, da nicht zur eigenen Einstellung passend, empfunden werden und dazu führen, dass eben jene „dissonanten“ Berichte als weniger valide eingeschätzt, und die sich aus ihnen ergebenden Implikationen missachtet, „übersehen“ werden.[62] Positive, also als „passend“ wahrgenommene Nachrichten hingegen, werden umso mehr geschätzt, da sie keinen inneren Konflikt auslösen, sondern die Einstellungen des Rezipienten noch bestärken.

Ausgehend von der Annahme, jeder Mensch verfüge über sog. kognitive Landkarten, also aus Erfahrung erwachsenen Einstellungen zu verschiedenen Themen, die gleichzeitig nach Übereinstimmung streben, erfolgt die Aufnahme neuer Informationen in Form einer die bestehende Meinung verstärkenden Selektion.[63] Es würden also in erster Linie konsonante Nachrichten ausgewählt, verarbeitet und letztlich erinnert. Um Widersprüche zu vermeiden, werden inkongruente und als unpassend erlebte Informationen entweder gar nicht erst ausgewählt, oder in einem zweiten Schritt kongruent umgedeutet. So kann beispielsweise die wiederholte Nachricht von Verkehrsunfälle dazu führen, dass sich der Einzelne in seiner Überzeugung bestätigt sieht, dass diese Ereignisse ausschließlich „die anderen“ betreffen, ihm jedoch nicht passieren können.

Für die Kommunikation über Risiken bedeutet dies zunächst, dass der Informierende durch seine Informationen kaum Einfluss auf die Einstellungen, Urteile und schließlich das Verhalten des Adressaten haben dürfte, da der individuell als „unangenehm“ empfundene Inhalt seiner Botschaft oftmals gar keinen Zugang in das Verarbeitungssystem des Einzelnen erhält, sondern zugunsten die eigene Meinung bestätigender Mitteilungen ausselektiert wird.[64] Aber auch eine „positive“ Aussage führt nicht zwangsläufig dazu, dass den Absichten des Kommunikators, also der Motivation seiner Kommunikation, gefolgt wird.

Glanz & Gilboy[65] wiesen im Bereich der Gesundheitspsychologie nach, dass selbst positive Diagnosen („Sie haben keinen Bluthochdruck“; „Mit Ihren Werten ist alles in Ordnung“) nicht intendierte Folgen haben, indem hier beispielsweise die Aussage des Arztes als eine Art „Gesundheitszeugnis“ aufgefasst werde, und der Patient ein Gefühl der Invulnerabilität entwickle, das sein bisheriges gesundheitsbewusstes Verhalten als nun überflüssig ablöst.

1.3. Verfügbarkeitsheuristiken

Innerhalb der psychologischen Forschung lassen sich jedoch noch andere, die individuelle Urteilsbildung „verzerrende“ Mechanismen ausmachen, die das Verhalten des Einzelnen als irrational, da nicht den gegebenen Umständen angepasst, erscheinen lassen.

Die von Kahnemann und Tversky eingeführte availability heuristic (Verfügbarkeitsheuristik)[66] geht davon aus, dass uns Ereignisse an die wir uns leicht erinnern, auch wahrscheinlicher vorkommen, und infolgedessen auch als häufiger auftretend überschätzt werden. Die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des Einzelnen hängt somit maßgeblich von der mentalen Verfügbarkeit eines Ereignisses oder einer ähnlichen Situation ab, sei es nun direkt als persönliche Erfahrung (so könnte beispielsweise die Verletzung durch einen Autounfall zu einer überhöhten Risiko- und Unfallwahrscheinlichkeitseinschätzung seitens des Autofahrers führen) oder indirekt durch kommunizierte Risiken (Medienberichterstattung, Betroffene im familiären oder Bekanntenbereich etc.).[67]

Dies führt auch zu dem paradoxen Umstand, dass ein Mehr an Aufklärung und die damit verbundene (mediale) Präsenz von Risiken eher dazu beiträgt, dass die Wahrscheinlichkeit eines Risikos als unverhältnismäßig hoch eingestuft wird.[68]

„The frequencies of accidents, cancer (...), all of which get heavy media coverage, were greatly overestimated; asthma and diabetes are among the events whose frequencies were most underestimated. Both of these events are relatively common in their non-fatal form and deaths are rarely attributed to then by the media.”[69]

Eine gesteigerte Risikokommunikation – auch wenn sie der Aufklärung und Entwarnung der Bevölkerung dienen soll – kann somit zu einem availability error[70] beitragen, da die erwähnten Risiken nunmehr leichter „abrufbar“ und damit auch als häufiger und wahrscheinlicher eingestuft werden als Ereignisse, die möglicherweise ein größeres Gefahrenpotential bergen, aber nicht über die gleiche mentale Präsenz verfügen.

„ A major limitation to human ability to use improved (...) hazard information is a basic reliance on experience. [individuals] are strongly conditioned by their immediate past and limit their extrapolation to simplified constructs, seeing future as a mirror of the past.”[71]

2. Merkmale der Risikowahrnehmung

Aus den verschiedenen Studien zur Risikowahrnehmung von Individuen lassen sich folgende Kriterien zusammenfassen, die unsere Einstellung und Beurteilung einer Situation maßgeblich beeinflussen.[72]

2.1. Freiwilligkeit

Zu diesen Faktoren zählen u.a. die Freiwilligkeit der individuellen Risikoübernahme, die uns ein Ereignis als weniger gefährlich erscheinen lässt, als ein solches dem wir unfreiwillig ausgesetzt werden.

Renn führte dazu folgendes Experiment durch:[73] unter dem Vorwand neue Darreichungsformen zu testen, wurden zwei getrennten Versuchsgruppen identische Vitaminpräparate verabreicht. Den Probanten wurde jedoch gesagt, es handele sich um radioaktiv, bakteriell oder mit Schwermetall ummantelte Kapseln, die jedoch völlig ungefährlich wären. Gruppe 1 konnte unter den drei Präparaten wählen, während der zweiten Gruppe eines zugewiesen wurde. In einer anschließenden Befragung sollten die Versuchsteilnehmer angeben, ob sich Beschwerden eingestellt hatten. Interessant ist, dass die Beschwerden unabhängig von der angeblichen Kapselummantelung geäußert wurden (also z.B. nicht mehr Übelkeit bei den „radioaktiven“ Tabletten, etc.). Ausschlaggebend für die Beschwerden war vor allem die Frage, ob ein Proband selbst wählen konnte, welches Präparat er zu sich nehmen wollte. So gaben die Personen der zweiten Versuchsgruppe doppelt so häufig wie die der „freiwilligen“ Gruppe an, sich unwohl zu fühlen.

2.2. Kontrollierbarkeit und unrealistischer Optimismus

In engem Zusammenhang hierzu steht das Gefühl der Kontrollierbarkeit einer Situation, also der Überzeugung, eine Gefahr durch eigenes Handeln abwenden oder zumindest reduzieren zu können. Obwohl statistisch gesehen die Autofahrt zum Flughafen gefährlicher, die Unfallwahrscheinlichkeit also höher ist als der anschließende Flug, wird das Fliegen dennoch als riskanter betrachtet.[74] Der Glaube, ein guter und sicherer Autofahrer zu sein ist eines von vielen Einstellungsmustern die als „unrealistischer Optimismus[75] (optimism bias), oder mit Luhmann als “self-serving bias of own competence“[76] bezeichnet werden.

„Despite driving too fast, tailgating, etc., poor drivers make trip after trip without mishap. This personal experience demonstrates to them their exceptional skill and safety. Moreover, their indirect experience via the news media shows them that when accidents happen, they happen to others. Given such misleading experiences, people may feel quite justified in refusing to take protective actions such as wearing seat belts.”[77]

Der unrealistische Optimismus wurde erstmals von Neil Weinstein thematisiert, nachdem er in den 1980er Jahren eine Gruppe von Studenten aufforderte, ihr Erkrankungsrisiko im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung einzuschätzen.[78] Die Befragten stuften ihr persönliches Risiko im Mittel unterdurchschnittlich ein, woraufhin Weinstein folglich darauf verwies, dass der Durchschnitt nicht unterdurchschnittlich gefährdet sein könne, die Gruppe ihr Risiko somit als unrealistisch optimistisch bewerten würde.

2.3. Katastrophenpotential

Weiteren Einfluss auf die Wahrnehmung von Individuen hat das Katastrophenpotential eines Risikos, denn auch wenn im klassischen Risikobegriff keine Unterscheidung zwischen der Summe mehrerer relativ häufiger Unfälle mit kleinen Konsequenzen und solchen, die in einem einzigen Ereignis große Konsequenzen haben, gezogen wird, bildet dies in der psychologischen Beurteilung einer Gefahrenlage ein elementares Wesensmerkmal. So genannte Low-probability/high-consequency-Risiken[79] werden folglich als weitaus gefährlicher, also riskanter und damit wahrscheinlicher eingestuft, als Ereignisse die über einen längeren Zeitraum hinweg vergleichbare Schäden hervorrufen. Bezogen auf die Autofahren- vs. Fliegen-Thematik bedeutet dies, dass obwohl bei den jährlichen Flugzeugabstürzen nicht einmal annähernd diejenigen Opferzahlen der Unfälle im Straßenverkehr erreicht werden, das Fliegen dennoch überdurchschnittlich riskant eingestuft wird, da hier mit einem einzigen Ereignis eine hohe Opferquote erreicht wird.

2.4. Betroffenheit

Insbesondere für die staatliche Risikopolitik und die damit verbundene Kommunikation ist es zudem bedeutsam, dass Risiken von denen andere betroffen sind, als weniger gefährlich und wahrscheinlich eingestuft werden, als jene, denen man selbst ausgesetzt ist. Dies gilt jedoch auch in umgekehrter Art und Weise:

„Je stärker eine Person vom Nutzen einer Risikoquelle direkt betroffen ist (und je weniger vom Risiko) und je mehr sie bei Risikoquellen mit großem Katastrophenpotential den damit verbundenen Nutzen für die Gesellschaft anerkennt und den Nutzengewinn als prinzipiell allen zugänglich wahrnimmt (ohne dabei einen eigenen Exklusivitätsnutzen auszuschließen), desto eher ist sie bereit, diese Risikoquelle in ihrer Nähe zu dulden.“[80]

So werden auch Techniken, deren Versagen sich negativ auf die eigene Person oder Umgebung auswirken könnten, als riskanter und zugleich weniger nützlich bewertet. Studien zur Akzeptanz von Kernkraftwerken ergaben, dass die Einschätzung der Gefährlichkeit einer solchen Anlage mit der Entfernung zum eigenen Standort abnimmt.[81] Eine solche NIMBY-Haltung[82] („not in my back yard“) erschwert beispielsweise die Entscheidungsfindung auf nationaler Ebene, da eine Technologie vielleicht akzeptiert und auch als nützlich anerkannt wird, aber dies nur, solange sie nicht im näheren Umfeld der befragten Personen etabliert wird.

2.5. Verursacher und Verantwortlichkeitszuschreibungen

Basierend auf der Vielzahl psychologischer Studien erscheint jedoch ein Aspekt ausschlaggebend bei der Beurteilung von Risiken: die Möglichkeit negative Konsequenzen einem Verursacher zuzuschreiben.[83] Wie eingangs bereits erwähnt, hat sich das Risiko erst mit der Erkenntnis der eigenen Einflussmöglichkeiten entwickelt, also dem Umstand, dass Risiken auf individuellen Entscheidungen basieren, und somit durchaus vermeidbar sind. Auch heute noch werden natürliche Risiken, etwa die natürliche Belastung durch Radonstrahlung des Bodens, als weitaus geringer betrachtet als beispielsweise die Strahlenbelastung durch ein Kernkraftwerk.[84]

In der Zuschreibung von Verantwortlichkeit für eine Risikosituation fließen auch die oben beschriebenen Kriterien der Freiwilligkeit und Kontrollierbarkeit ein. Durch die Entscheidung eines Anderen sieht sich der Betroffene einem nicht freiwilligen, also nicht auf seiner eigenen Entscheidung basierenden Risiko ausgesetzt, das zudem als unkontrollierbar erlebt wird, da es selbst durch eigenes Handeln oftmals nicht verändert werden kann. Der Betroffene fühlt sich dem Risiko hilflos ausgeliefert. Der Umstand, dass bei technologischen Unfällen in der Regel ein (wie auch immer gearteter) Verursacher auszumachen ist, erhöht nicht nur die Risikowahrnehmung der Betroffenen, sondern ermöglicht es ihnen zudem die negativen Folgen einer Technologie einem Schuldigen zuzuordnen, eine wesentliche psychologische Reaktion von Opfern einer technologischen Katastrophe.[85]

„(...) people make a strong distinction between risks that they undertake knowingly and risks that are imposed on them. (…) If people are being increasingly deprived of control over their own lives, (…) if people feel helpless – then their sense of outrage at involuntary risks will naturally grow more intense.”[86]

In dem Bewusstsein, dass dem eigenem Handeln eine Verantwortlichkeit zugeschrieben wird, ist häufig zu beobachten, dass Personen eine riskante Entscheidung vermeiden, sofern diese auch negative Konsequenzen für andere beinhalten könnte, und dies selbst dann, wenn das Nicht-Entscheiden, das Nicht-Handeln für die anderen Personen de facto gefährlicher ist. Jungermann und Slovic[87] verdeutlichen dieses Verhalten an folgendem Beispiel:

Eine Versuchsgruppe wurde über die mit diversen Risiken verbundene Impfung gegen eine Kinderkrankheit aufgeklärt. Die Verabreichung des Impfstoffes könne zwar zu verschiedenen Nebenwirkungen führen, das Unterlassen der Impfung jedoch wäre faktisch gefährlicher als etwaige nichtintendierte Konsequenzen. Die Befragten sollten nun darüber entscheiden, ob sie bei Kindern, die sie nicht kannten und denen sie auch nicht verwandtschaftlich verbunden waren, eine Impfung veranlassen würden. Mit dem Wissen, auch für negative Reaktionen dieser Kinder aufgrund der eigenen Entscheidung verantwortlich gemacht zu werden, verzichtete ein Großteil der Versuchsteilnehmer auf die erforderliche Impfung, auch wenn dies bedeutete, dass das Risiko des Kindes, sich mit einer möglicherweise lebensgefährlichen Kinderkrankheit zu infizieren damit erheblich gesteigert war. Dieses Ausweichen wird auch als „omission bias[88] bezeichnet und ist auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu beobachten: sei es nun im Bereich der Zivilcourage oder der Entscheidungsfindung im politischen Bereich. Selbst im Recht wird die Unterlassung einer Tat, die möglicherweise einen Schaden hätte abwenden können, in der Strafverfolgung häufig weitaus weniger gewichtet, als das tatsächliche Begehen einer schädigenden Handlung; in vielen Bereichen wird hier also immer noch strikt dem Verursacherprinzip gefolgt.[89]

2.5.1 Naturkatastrophen und Verantwortung

Interessant ist, dass heute selbst Naturkatastrophen unter dem Verursacherprinzip betrachtet werden, und diese dann nicht mehr als natürliche und damit nicht beeinflussbare Ereignisse gesehen werden, sondern als Folgen menschlichen Handelns, durch Tun oder Unterlassen.[90] Hierbei ist es oftmals gar nicht möglich, einen alleinigen Schuldigen auszumachen, weshalb folglich die Menschheit für die Klimaerwärmung, das Ozonloch etc. verantwortlich gemacht wird. Oder die Zuständigkeit wird bestimmten Institutionen zugewiesen, z.B. dem staatlichen Katastrophenschutz, so dass das Katastrophale einer Überflutung nicht mehr in dem Ereignis an sich gesehen wird, sondern beispielsweise in der fehlenden Reaktion oder ungenügenden Situationsbewältigung der als zuständig betrachteten (oder sich selbst als solche deklarierenden) Institutionen zu liegen scheint.[91]

Vor allem in der deutschen Katastrophensoziologie um Clausen werden Katastrophen als Ergebnis gesellschaftlicher Interessenkonflikte betrachtet.[92] Bezugnehmend auf die Arbeiten von L. Carr (1932), der forderte, dass ausschließlich das Versagen kultureller Schutzmechanismen gegen bestimmte Ereignisse, nicht aber das Ereignis an sich als Katastrophe bezeichnet werden sollte, hebt Clausen die sozialen Bedingungen einer Katastrophenbewertung hervor.[93]

„Die ‚Katastrophe’ soll also nicht als eingegrenztes und aus sich wirkendes Ereignis voreilig missverstanden werden (...) Die Katastrophe ist als ein Extremfall der möglichen sozialen Verflechtungen analysierbar, insoweit: immer etwas Normales. (...) Ob ein Schneefall eine Katastrophe ist, hängt von Tatsachen ab, die Menschen einander vorgeben (...), oder von Behauptungen, die sie aufstellen (..).“ [94]

2.5.2 Schleichende Katastrophen

„Schleichende“ Katastrophen[95] werden gesellschaftlich zudem eher akzeptiert, das heißt gegen sie wird weniger opponiert, da sie sich aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit der allgemeinen Wahrnehmung entziehen. Solche Katastrophen sind langwierige, sich oftmals über Generationen hinweg vollziehende Entwicklungen, die aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl verschiedener Faktoren entstehen. Dadurch, dass die Auswirkungen einer solchen „schleichenden“ Entwicklung nicht durch ein isoliertes und damit leichter wahrzunehmendes Ereignis präsent sind, generieren sie nur in seltenen Fällen gleich zu Beginn der sich langsam aufbauenden Katastrophe gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Empörung. Dies führt jedoch vor allem auch dazu, dass durch die vermeintliche Nicht-Betroffenheit auch kein gegenwärtiger Handlungsbedarf gesehen wird und es nicht zu den oben beschriebenen Verantwortungszuschreibungen kommt. Das eigentlich „katastrophale“ dieser Entwicklung ist der Umstand, dass durch die fehlende mentale Präsenz der adäquate Zeitpunkt für ein Eingreifen, ein Abwenden der Gefahr oftmals „verpasst“ wird, und ein Handlungszwang erst beim Auftreten akuter Folgen dieser schleichenden Entwicklung entsteht.[96]

In diesem Sinne kann auch die Anfang des Jahres nach Veröffentlichung des UN-Umweltberichtes durch die Medien gehende Feststellung gesehen werden, „wir haben nur noch 13 Jahre“. Eine Entwicklung, die eindeutig nicht urplötzlich die Zukunft des Menschen gefährdet, sondern aufgrund ihrer globalen Vernetzung und sinnlich oft kaum wahrnehmbaren Auswirkungen nur ungenügend im Bewusstsein der Menschen präsent ist.

2.6. Risikowahrnehmung nach Slovic

Die hier angeführten Komponenten der individuellen Risikowahrnehmung können auch nach Slovic in neun Risikodimensionen unterteilt werden:[97]

1. freiwillig vs. unfreiwillig
2. sofort wirkend vs. verzögernd („schleichend“)
3. genau bekannt für exponierte Personen vs. unbekannt
4. genau bekannt für die Wissenschaft vs. unbekannt
5. kontrollierbar vs. unkontrollierbar
6. neu vs. alt
7. chronisch vs. akut/ katastrophal
8. gewohnt vs. beängstigend
9. mit Sicherheit tödlich vs. nicht tödlich

[...]


Vgl. hierzu den Artikel von Cruickshank, How do you design a "Keep Out!" sign to last 10,000 years?, unter:

http://www.wipp.energy.gov/picsprog/articles/salon_com%20article.htm (zuletzt 24.07.07).

[1] „Semiotik: Kommunikation über die Zeit. Mit welchen Zeichen können künftige Generationen vor

radioaktivem Müll gewarnt werden?“, aus: GEO 12/06, S. 219; in Auszügen abrufbar unter:

http://www.geo.de/GEO/natur/51733.html.

[2] Douglas, Mary/ Aaron Wildavsky, Risk and Culture. An Essay on the Selection of Technological and

Environmental Dangers, 1983; S. 1.

[3] Vgl. Statistisches Bundesamt, Wirtschaftsrechnungen: Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, 2003;

unter: https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,

vollanzeige.csp&ID=1017460 (zuletzt 24.07.07); der GDV gibt die jährlichen Ausgaben der Haushalte sogar mit

€ 3090 an; unter: http://www.gdv.de/Downloads/Jahrbuch/JB_2006.pdf (zuletzt 24.07.07).

[4] Lafontaine, Leben in der Risikogesellschaft; in: Beck, Politik in der Risikogesellschaft, 1991, S. 207.

[5] Chakraborty/ Yadigaroglu (Hg.), Ganzheitliche Risikobetrachtungen, 1991; S. 5.

[6] Ebd., a.a.O., 1991; S. 5.

[7] Douglas, a.a.O.; pp. 29.

[8] Obermeier, Die Kunst der Risikokommunikation, 1999; S. 9.

[9] Lat./ ital. „risco“: das Umschiffen einer Klippe; griech.: „riza“ = Wurzel, Basis. Vgl. u.a.: Hubig, Das Risiko des

Risikos, in: Universitas (4/1994); S. 311; Banse,

Risikoforschung zwischen Disziplinarität und Interdisziplinarität, 1996; S. 23ff; Gloede, Streit um Worte oder

politische Semantik? in: Preuss, Risikoanalysen, 1996; S. 34.

[10] Vgl. u.v.: Luhmann, Soziologie des Risikos, 1991, S. 17f.

[11] Vgl. Chakraborty, a.a.O., 1991; S. 1ff; Douglas/ Wildavsky, Risk and Culture, 1983; Banse, a.a.O., 1996; S. 26.

[12] Luhmann, Soziologie des Risikos, 1991, S. 17f.

[13] Chakraborty, a.a.O., 1991; S. 1.

[14] Jungermann/ Slovic, Die Psychologie der Kognition und Evaluation von Risiko, in: Bechmann, Risiko und

Gesellschaft, 1997; S. 169.

[15] Bonß, Die Rückkehr der Unsicherheit, in: Banse, a.a.o., 1996, S. 167f.

[16] Kaplan/ Garrick, Die quantitative Bestimmung von Risiko, in: Bechmann, a.a.O., S. 93.

[17] Banse, a.a.O., 1996, S. 35.

[18] Wobei si ein mögliches Szenario ist, das die verschiedenen Folgen eines Schadensereignisses beschreibt, pi die

Wahrscheinlichkeit des Szenarios angibt, und xi das Ausmaß der im Szenario beschriebenen Folgen beschreibt;

vgl. Banse, a.a.O., 1996; S. 35.

[19] Banse, a.aO., 1996; S. 35f.

[20] Grymer (1989), zitiert aus: Banse, a.a.O., 1996; S. 37.

[21] Femers, Information über technische Risiken, 1993; S. 6.

[22] Kollert, Systematische Unterbewertung von Katastrophenrisiken; in: Bechmann, a.a.O., 1997; S. 42

[23] Kollert, a.a.O.; S. 42.

[24] Ahlemeyer, Funktionale Differenzierung und die Konstruktion technischer Risiken; in: Tschiedel, Die technische

Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit, 1990; S. 194; Krüger/Ruß-Mohl, Risikokommunikation, 1991,

S. 18.

[25] Beziehung zwischen der geschätzten Häufigkeit und der tatsächlichen Anzahl der jährlichen Todesfälle anhand

von 41 Todesursachen in den USA; Slovic et.al., 1979, unter:

http.://www.icsu-scope.org/downloadpubs/scope27/chapter16.html#fig16.5#fig16.5 (zuletzt 24.07.07).

[26] Banse, a.a.O., 1996; S. 37.

[27] Luhmann, Beobachtungen der Moderne,1992, S. 150f; Banse, a.a.O., 1996, S. 37.

[28] Slovic/ Fischhoff/ S. Lichtenstein, Cognitive Processes and Societal Risk Taking; in: Slovic, Perception of Risk,

2000; p. 46.

[29] Unter: http.://www.flugzeug-absturz.de/artikel_2.php (zuletzt 24.07.07).

[30] Diekmann, Umweltsoziologie (Materialien zur Vorlesung), S. 5; unter:

http://www.socio.ethz.ch/education/ss03/umweltsoz/diek3.pdf (zuletzt 24.07.07).

[31] * Die Statistik berücksichtigt nicht die Todesopfer der Flugzeugabstürze des 11. September; unter: :

http://www.pbs.org/wgbh/nova/planecrash/risk-01.html (zuletzt 24.07.07).

[32] Douglas, a.a.O., 1983; pp. 5.

[33] Douglas, a.a.O., 1983; pp.7.

[34] Ebd., pp. 29.

[35] Ebd., p.6.

[36] Luhmann, Soziologie des Risikos, 1991, S. 19.

[37] Luhmann, Ökologische Kommunikation, 1990; S. 163.

[38] Luhmann, a.a.O., 1991, S. 30, S. 168.

[39] Luhmann, a.a.O., 1986; S.226ff.

[40] Luhmann, a.a.O., 1991, S. 117.

[41] Ebd., S. 30, S. 117.

[42] Luhmann, Moral des Risikos und das Risiko der Moral, in: Bechmann, a.a.O., 1997, S. 327f.

[43] Beck, Risikogesellschaft, 1986.

[44] Beck, Gegengifte, 1988, S. 155.

[45] Beck, Risikogesellschaft, in: Schmidt, Leben in der Risikogesellschaft, 1989 S. 17ff.

[46] Beck, a.a.O., 1986, S. 27.

[47] Beck, a.a.O, 1986, S. 65.

[48] Beck, a.a.O., 1986, S. 25.

[49] Beck, a.a.O., 1986, S. 153.

[50] Beck, a.a.O, 1986, S. 31, 48.

[51] Lau, Neue Risiken und gesellschaftliche Konflikte, in: Beck, a.a.O., 1991, S. 249.

[52] Ebd., S. 253.

[53] Beck, a.a.O., 1986, S. 45.

[54] Beck, a.a.O, 1988, S. 110f; Beck, a.a.O., 1991, S. 68ff.

[55] Jungermann/ Slovic, in: Bechmann, a.a.O., 1997, S. 171.

[56] Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug die Zahl der Unfalltoten im Jahr 2005: 5458; unter:

https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID

=1019311 (zuletzt 24.07.07).

[57] Vgl. u.v.: Jungermann/ Slovic, Die Psychologie der Kognition und Evaluation von Risiko, in: Bechmann, a.a.O.,

1997; Jungermann/ Slovic, Charakteristika individueller Risiko-Wahrnehmung, in: Bayer. Rück, a.a.O., 1993.

[58] Vgl. u.a.: Slovic et.al., in: Slovic, Risk Perception, 2000, p. 36, 105; Krüger/ Ruß-Mohl, Risikokommunikation,

1991; S. 18f; Zimbardo et.al., Psychologie, 2004, S. 574ff.

[59] Zeeb, Zur Analyse einer Stresssituation (Diss.), 1990, S. 33ff; Zimbardo et.al., Psychologie, 2004, S. 556.

[60] Preuss, in: Preuss, a.a.O., 1996, S. 72f.

[61] Fritzsche, a.a.O., 1986, S. 430; Zimbardo, a.a.O., 2004, S. 779f.

[62] Frindte, Einführung in die Kommunikationspsychologie, 2001, S. 75ff.

[63] Zimbardo, a.a.O., 2004, S. 282f.

[64] Ebd.

[65] Renner, Kognitive und motivationale Verarbeitung gesundheitlicher Risikoinformation (Dissertation, 2000);

unter: http://www.diss.fu-berlin.de/2000/50/Kap1.pdf; S. 2 (zuletzt 24.07.07).

[66] Vgl. Ruff, Ökologische Krise und Risikobewusstsein, 1990, S. 60. Slovic, in: ders, 2000; p. 37, 105.

[67] Ruff, Ökologische Krise und Risikobewusstsein, 1990, S. 60f.

[68] Krüger/ Ruß-Mohl, a.a.O., 1991, S. 59; Pfister, in: Preuss, a.a.O., S. 81.

[69] Slovic/ Fischhoff/ S. Lichtenstein, Cognitive Processes, a.a.O.; p. 38.

[70] Krüger/ Ruß-Mohl, a.a.O., 1991; S. 59; Pfister, Wahrnehmung von technischen Risiken, Informationsbedürfnis

und Glaubwürdigkeit von Informanten; in: Preuss, a.a.O., 1996, S. 81.

[71] Kates, zitiert aus: Slovic, a.a.O., 2000; p. 40.

[72] Jungermann/ Slovic, Charakteristika individueller Risiko-Wahrnehmung; in: Bayer. Rück, a.a.O. 1993; S. 97f.

[73] Jungermann/Slovic, Psychologie der Kognition und Evaluation von Risiko; in: Bechmann, a.a.O., 1997, S. 190.

[74] Vgl. u.a. http.://www.flugzeug-absturz.de/artikel_2.php (zuletzt 24.07.07).

[75] Jungermann/ Slovic, in: Bayer. Rück, a.a.O. 1993, S. 99f; Ruff, a.a.O., 1990, S. 61; Femers, a.a.O. 1993, S. 11.

[76] Luhmann, a.a.O., 1991, S. 123.

[77] Slovic/Lichtenstein (1982); zitiert aus: Femers, a.a.O., 1993; S. 470.

[78] Renner, Britta, Kognitive und motivationale Verarbeitung gesundheitlicher Risikoinformation (Dissertation,

2000), unter: http://www.diss.fu-berlin.de/2000/50/Kap1.pdf; S. 1 (zuletzt 24.07.07).

[79] Kasperson/ Renn, The Social Amplification of Risk, in: Slovic, a.a.O., 2000, p. 232; vgl. auch Krücken,

Gesellschaft/Technik/Risiko, 1990, S. 25f.

[80] Renn; zietiert aus: Götsch, Riskantes Vertrauen, 1994; S. 57.

[81] Perry, Standhalten oder Weichen, in: Clausen, Einführung in die Soziologie der Katastrophen, 1983, S. 113.

[82] Jungermann/ Slovic, in: Bayer. Rück, a.a.O. 1993, S. 96.

[83] Bechmann, in: Preuss, a.a.O. 1996, S. 44; Ruhrmann/ Kohring, Staatliche Risikokommunikation bei

Katastrophen, 1996, S. 18.

[84] Vgl. u.a. Belford/Gibbs (1987); zitiert aus: Ruhrmann/ Kohring, a.a.O., 1996; S. 27; Jungermann/ Slovic, in:

Bayer. Rück, a.a.O., 1993, S. 90.

[85] Ruhrmann/ Kohring, a.a.O., 1996, S. 27.

[86] Douglas, a.a.O., 1983; pp. 16.

[87] Jungermann/ Slovic, in: Bayer. Rück, a.a.O., 1993, S. 99.

[88] Jungermann/ Slovic, in: Bayer. Rück, a.a.O., 1993, S. 99.

[89] Luhmann, a.a.O., 1991, S. 129; Beck, in: Schmid, a.a.O., 1989 S. 18; Beck, a.a.O., 1991, S. 123.

[90] Ruhrmann/ Kohring, a.a.O., 1996, S. 9, 18; Clausen, a.a.O., 1983, S. 43.

[91] Ruhrmann/ Kohring, a.a.O., S. 9, 18f.

[92] Clausen, a.a.O., 1983, S. 43.

[93] Clausen, a.a.O., 1983, S. 33.

[94] Ebd., 1983; S.43 (Hervorhebungen im Original).

[95] Böhret, a.a.O., 1994, S. 3; Femers, a.a.O., 1993, S. 7

[96] Böhret, a.a.O., 1994, S. 5; Westphalen, Technikfolgenabschätzung als politische Aufgabe, 1994, S. 13.

[97] Slovic et.al., in: Slovic, a.a.O., 2000, p. 119.

Fin de l'extrait de 104 pages

Résumé des informations

Titre
Der Staat, die Bürger und das Risiko - Staatliche Risikokommunikation und der Umgang mit Risiken in der modernen Gesellschaft
Université
University of Augsburg
Note
1,7
Auteur
Année
2007
Pages
104
N° de catalogue
V88678
ISBN (ebook)
9783638010757
Taille d'un fichier
833 KB
Langue
allemand
Mots clés
Staat, Bürger, Risiko, Staatliche, Risikokommunikation, Umgang, Risiken, Gesellschaft
Citation du texte
Diplom-Politologin Daniela Keppeler (Auteur), 2007, Der Staat, die Bürger und das Risiko - Staatliche Risikokommunikation und der Umgang mit Risiken in der modernen Gesellschaft , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88678

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