Die Machtergreifung Hitlers in Deutschland am 30. Januar 1933 bestätigte die Vermutung, die in der marxistischen Interpretation des Verhältnisses von Ökonomie und Politik von Lenin geäußert wird. Es zeigte sich deutlich,
„daß der politische Überbau über der neuen Ökonomik, über den monopolistischen Kapitalismus … die Wendung von der Demokratie zur politischen Reaktion (ist). Der freien Konkurrenz entspricht die Demokratie. Dem Monopol entspricht die politische Reaktion.“
Der Monopolkapitalismus der Weimarer Republik wurde auch im Nachhinein lange Zeit als wichtige Ursache für die Entstehung des Dritten Reiches verantwortlich gesehen.
Jedoch wurde die Debatte über das Verhältnis von Kapital zu deutschem Faschismus in den 1970er Jahren durch die Untersuchung „Faschismus und Kapitalismus in Deutschland“, von Henry Ashby Turner Jr., neu entfacht. Turner räumt in seiner Untersuchung zwar ein, dass der Nationalsozialismus „[…] unleugbar ein Kind des kapitalistischen Systems […]“ sei, allerdings stellt er eine Kontingenz des Faschismus ähnlich der anderen existierenden Ideologien fest:
„[…] überdies entstammt nicht nur der Nationalsozialismus, sondern auch jede andere vom modernen Europa ausgehende politische Bewegung, die liberale Demokratie ebenso wie der Kommunismus, dem gleichen kapitalistischen System.“
Als Ergebnis seiner Forschung entdeckt Turner, dass die Großunternehmer Hitler keinesfalls vor der Machtübernahme unterstützt haben. Turner war damit gewillt, die Mär vom spendablen Großunternehmer zu widerlegen. Dies gelang ihm mit der Feststellung, dass die Großunternehmer nicht die NSDAP, sondern – wenn diese denn spendeten – zumeist andere Parteien im rechten Spektrum (bevorzugt die DNVP) mit finanzieller Hilfe begünstigten.
Ziel dieser Arbeit ist die Diskussion über das Verhältnis zweier Ideologien nach dem Modell von Jürgen Habermas. Die zu untersuchenden Ideologien sind dabei der Nationalsozialimus zum einen und der Geist des Kapitalismus zum anderen.
Ausgehend davon, dass nach der Ideologierezeption Habermas‘ eine Koexistenz zweier herrschenden Ideologien nicht möglich ist, soll das Verhältnis dieser zueinander untersucht werden. Daran anknüpfend lässt sich auch die Ausgangsthese formulieren:
Inhaltsverzeichnis
- Nationalsozialismus vs. Geist des Kapitalismus?
- Die Ideologierezeption von Jürgen Habermas
- Kapitalismus und Geist des Kapitalismus – Definition nach Max Weber
- Faschismus im Dritten Reich
- Faschismus als Kontingenzphänomen im ideologischen Konflikt?
- Nationalsozialismus statt Geist des Kapitalismus.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Verhältnis zweier Ideologien – dem Nationalsozialismus und dem Geist des Kapitalismus – im Kontext des Dritten Reiches. Ausgehend von Jürgen Habermas' Ideologierezeption, die eine Koexistenz von mehreren Ideologien in einem steten Wettstreit postuliert, soll untersucht werden, wie diese beiden Ideologien im Dritten Reich miteinander interagierten und welche Bedeutung der Geist des Kapitalismus in diesem Kontext hatte.
- Die Ideologierezeption von Jürgen Habermas und seine Konzeption von Ideologie
- Die Unterscheidung zwischen Kapitalismus und Geist des Kapitalismus nach Max Weber
- Die ideologische Formation des Nationalsozialismus anhand des Programms der NSDAP
- Das kontingente Verhältnis von Faschismus und Kapitalismus
- Die Frage, ob der Geist des Kapitalismus im Dritten Reich wirksam war
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Dieser Abschnitt stellt die Ausgangsthese der Arbeit vor: Der Geist des Kapitalismus war im Dritten Reich nicht existent, da er nicht in der Lage war, das Bewusstsein der Massen zu beeinflussen.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel beleuchtet die Ideologierezeption von Jürgen Habermas und erläutert seine Definition von Ideologie. Habermas argumentiert, dass Ideologien aus Konfliktabwehr und Triebunterdrückung entstehen und dass sie in einem ständigen Wettstreit um die Vorherrschaft stehen.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Definition von Kapitalismus und Geist des Kapitalismus anhand der Schriften von Max Weber und der modernen Interpretationen von Boltanski und Chiapello.
- Kapitel 4: Dieser Abschnitt analysiert die ideologische Formation des Nationalsozialismus anhand des Programms der NSDAP, das von Gottfried Feder verfasst wurde.
- Kapitel 5: Dieses Kapitel untersucht das Verhältnis zwischen Faschismus und Kapitalismus anhand des Beispiels des Nationalsozialismus.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die zentralen Themen von Nationalsozialismus, Geist des Kapitalismus, Ideologie, Jürgen Habermas, Max Weber, Faschismus, Kontingenz, und die Rezeption dieser Konzepte im Kontext des Dritten Reiches.
- Citar trabajo
- Martin Dunkel (Autor), 2007, Nationalsozialismus vs. Geist des Kapitalismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89371