Für die jüdische Bevölkerung im nationalsozialistischen Deutschland ab 1933 war die Emigration die einzige Möglichkeit, "Entrechtung, geistiger und psychischer Erniedrigung und Bedrohung von Leib und Leben" (Mehringer/Röder 1996: 115) zu entgehen. Durch planmäßig vorbereitete Auswanderung oder durch Flucht entkamen zwischen 280.000 und 330.000 der 525.000 Juden, die im Januar 1933 im Deutschen Reich lebten, der Ermordung in den Konzentrationslagern. Außerdem emigrierten 150.000 österreichische Juden nach dem "Anschluss" ihres Landes im Jahr 1938. Hinzu kamen 33.000 Juden aus der Tschechoslowakei, die nach dem Münchner Abkommen 1938 ihre Heimat verließen. Insgesamt emigrierten 450.000 bis 600.000 Menschen jüdischer Herkunft aus dem von Deutschland beherrschten Mitteleuropa; sie wurden von 80 Staaten weltweit aufgenommen (Vgl. Bade 2002: 281f.).
Dennoch gelang es nicht allen, das Land rechtzeitig zu verlassen. Im Holocaust wurden rund sechs Millionen Juden planmäßig in Konzentrationslagern oder auf andere Weise ermordet (vgl. Benz 2000: 228), darunter waren 165.000 Juden aus Deutschland und 65.000 österreichische Juden (vgl. Benz 1991: 15).
Wodurch wurde die Auswanderung deutscher Juden erschwert? Was hinderte diese daran, ihr Heimatland in noch größerer Anzahl zu verlassen? Diese beiden Fragen stehen neben einer gekürzten Darstellung des Emigrationsprozesses im Mittelpunkt der Ausarbeitung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einordnung des Untersuchungsgegenstandes in die Migrationsforschung
- Der Push-Faktor für die jüdische Emigration: die antijüdische Politik in Deutschland von 1933 bis 1941
- Die Anfänge der antijüdischen Politik des NS-Regimes bis 1935
- Die NS-Rassenpolitik von den Nürnberger Gesetzen bis 1938
- Die antijüdische Politik von der Reichspogromnacht bis 1941
- Der Verlauf der jüdischen Emigration und die Einstellung des NS-Regimes zu ebendieser
- Ausgangslage vor der Machtergreifung
- Verlauf der jüdischen Emigration von 1933 bis 1941
- Jüdische Emigration und NS-Migrationspolitik von 1933 bis 1937
- Jüdische Emigration und NS-Migrationspolitik von 1938 bis 1941
- Erschwerung und Verhinderung der jüdischen Emigration
- Einwanderungspolitiken der Zielländer von 1933 bis 1941
- Einwanderungspolitik der USA.
- Das Einwanderungsregime Palästinas
- Einwanderungspolitik Großbritanniens
- Einwanderungspolitik Frankreichs
- Einwanderungspolitik Argentiniens
- Zwischenfazit: Vergleich der Einwanderungspolitiken
- Falsche Einschätzung der Bedrohung
- Position der „,Reichsvertretung der deutschen Juden“
- Die Reichsfluchtsteuer als Auswanderungsrestriktion
- Einwanderungspolitiken der Zielländer von 1933 bis 1941
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung analysiert die Faktoren, die die Auswanderung deutscher Juden in der Zeit des Nationalsozialismus erschwerten und die Juden daran hinderten, ihr Heimatland in noch größerer Anzahl zu verlassen. Sie befasst sich mit dem Verlauf der jüdischen Emigration und betrachtet die antijüdische Politik des NS-Regimes als zentralen Push-Faktor. Darüber hinaus werden die Einwanderungspolitiken der Zielländer untersucht, um die Schwierigkeiten der Emigration aus deutscher Sicht zu verstehen.
- Emigration deutscher Juden im Kontext des Nationalsozialismus
- Analyse von Push- und Pull-Faktoren der Emigration
- Rolle der antijüdischen Politik des NS-Regimes
- Einfluss der Einwanderungspolitik der Zielländer
- Gründe für die Nichtauswanderung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Untersuchungsgegenstand vor und beleuchtet die Bedeutung der Emigration für die jüdische Bevölkerung im nationalsozialistischen Deutschland. Sie führt in das Thema ein und definiert die zentralen Begriffe Emigration, Auswanderung und Flucht im Kontext der jüdischen Wanderungsbewegung. Kapitel 2 ordnet den Untersuchungsgegenstand in die Migrationsforschung ein und beleuchtet die verschiedenen Facetten des Begriffs Migration. Kapitel 3 analysiert die antijüdische Politik des NS-Regimes als zentralen Push-Faktor für die jüdische Emigration. Es beleuchtet die Entwicklung der antijüdischen Politik von 1933 bis 1941.
Schlüsselwörter
Jüdische Emigration, Nationalsozialismus, Antisemitismus, Push-Faktoren, Pull-Faktoren, Einwanderungspolitik, Zielländer, Deutschland, Holocaust, Migrationsforschung, Flucht, Auswanderung.
- Quote paper
- Philipp Schnorbus (Author), 2007, Die Emigration der Juden aus dem Deutschen Reich von 1933 bis 1941, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89732