Die Einführung des § 8b X KStG ist vor dem Hintergrund der Unternehmenssteuerreform 2008 zu betrachten. Der Gesetzgeber hatte in der Wertpapierleihe ein Steuerschlupfloch erkannt, dass er schließen wollte. Zentrale Norm dafür ist der neue Absatz 10 des § 8b KStG. Diese Regelung sollte der Gegenfinanzierung der Senkung des Steuersatzes dienen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen Grundlagen zur Funktionsweise der Wertpapierleihe dargestellt werden. Daran anschließend wird die Besteuerung der Wertpapierleihe nach altem und neuem Recht vorgestellt. Der Begriff „Wertpapierleihe“ bezeichnet einen Vorgang, bei dem der
Verleiher dem Entleiher Wertpapiere mit der Vereinbarung überträgt, das
der Entleiher Wertpapiere gleicher Art und Güte (sog. Gattungsschuld) zu
einem bestimmten Zeitpunkt zurückzuliefern hat4. Nach allgemeinem Verständnis
wird diese Vereinbarung als Sachdarlehen i.S.d. § 607 I BGB eingeordnet. Demgegenüber ist der Gegenstand einer Leihe (§ 598 BGB)
hinsichtlich der Übergabe und der Rückgabe immer ein und derselbe.
Außerdem ist die Leihe zwingend unentgeltlich, während für die Überlassung
der Wertpapiere im Rahmen eines Sachdarlehens ein ratierlich zu
zahlendes Nutzungsentgelt zu entrichten ist.
Daher wird der Begriff Wertpapierleihe zumindest als ungenau bezeichnet
und der Begriff des Wertpapierdarlehens vorgezogen. Trotz der juristisch
ungenauen Terminologie soll der Begriff Wertpapierleihe zugrunde gelegt
werden, da er häufig verwendet und sowohl in den Gesetzesentwürfen und
-begründungen als auch in den Empfehlungen des Finanzausschusses genannt wird.
Bei der Wertpapierleihe werden Wertpapiere von einem Verleiher auf
einen Entleiher für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit gegen Entrichtung
eines Nutzungsentgeltes übereignet (§§ 929ff. BGB). Folglich geht
das zivilrechtliche Eigentum an den verliehenen Wertpapieren für die
Dauer der Leihe vom Verleiher auf den Entleiher über. Der Entleiher hat
in der Regel das Recht, die entliehenen Wertpapiere weiter zu veräußern,
zu verleihen oder zu verpfänden. Des weiteren wird der Entleiher regelmäßig
vertraglich verpflichtet, die während der Laufzeit aus den Wertpapieren
empfangenen Entgelte (Dividenden oder Zinsen) in Form von
Kompensationszahlungen an den Verleiher weiterzuleiten, wobei sich die
Wertpapierleihe typischerweise über den Dividendenstichtag erstreckt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Aufbau und Funktionsweise der „Wertpapierleihe“
- 1. (Zivilrechtliche) Einordnung
- 2. Wirtschaftliches Eigentum und steuerbilanzielle Erfassung der Wertpapierleihe
- a) Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentümers
- b) Bilanzierung
- 3. Steuerliche Behandlung der Wertpapierleihe (im engeren Sinne) nach altem Recht
- a) Entleiher
- b) Verleiher
- c) Juristische Personen des öffentlichen Rechts/Steuerbefreite Körperschaften als Verleiher
- d) Anwendbarkeit steuerlicher Korrekturnormen
- III. Steuerliche Behandlung der „Wertpapierleihe“ nach Einführung des § 8b X
- 1. Erfasste Geschäfte
- a) Wertpapierleihe und ähnliche Geschäfte, § 8b X 1 u. 4
- b) Wechselseitige Überlassung von Wirtschaftsgütern, § 8b X S. 2
- 2. Erfasste Körperschaften
- a) Entleiher
- b) Verleiher
- c) Sonderfall Zwischenschaltung von Personengesellschaften, § 8b X 6 u. 7
- 3. Rechtsfolge
- a) Betriebsausgabenabzugsverbot, § 8b X 1
- b) Keine Anwendung von § 8b III 1, 2 sowie V
- 4. Gewerbesteuerliche Hinzurechnung, § 8 V 1 GewStG
- IV. Anwendungsregeln/Rückwirkende Einführung des § 8b Abs. 10 KStG n.F.
- 1. Rückwirkung im Steuerrecht
- 2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und steuerbefreite Körperschaften, § 34 Abs. 2a und Abs. 13b KStG n.F.
- 3. Übrige Körperschaften, § 34 Abs. 7 S. 9 KStG n.F.
- 4. Personengesellschaften, § 3c Abs. 2 S. 3 EStG
- V. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der steuerlichen Behandlung von Wertpapierleihgeschäften im deutschen Steuerrecht. Insbesondere werden die Änderungen durch die Unternehmenssteuerreform 2008 und die damit einhergehende Einführung des § 8b Abs. 10 KStG n.F. analysiert.
- Zivilrechtliche Einordnung der Wertpapierleihe
- Wirtschaftliches Eigentum und steuerbilanzielle Erfassung
- Steuerliche Behandlung nach altem Recht
- Steuerliche Behandlung nach Einführung des § 8b X KStG
- Anwendungsregeln und Rückwirkung der Neuregelung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Bedeutung der Wertpapierleihe im deutschen Steuerrecht beleuchtet. Anschließend wird der Aufbau und die Funktionsweise der Wertpapierleihe aus zivilrechtlicher Sicht erläutert. Des Weiteren wird die Frage nach dem wirtschaftlichen Eigentum und der steuerbilanziellen Erfassung der Wertpapierleihe behandelt. Die steuerliche Behandlung nach altem Recht sowie die Neuerungen durch die Einführung des § 8b X KStG werden ausführlich diskutiert. Schließlich werden die Anwendungsregeln und die rückwirkende Einführung des § 8b Abs. 10 KStG n.F. analysiert. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der steuerlichen Behandlung von Wertpapierleihgeschäften.
Schlüsselwörter
Wertpapierleihe, Unternehmenssteuerreform 2008, § 8b KStG, Wirtschaftliches Eigentum, Steuerbilanzierung, Betriebsausgabenabzugsverbot, Rückwirkung, Steuerrecht, Finanzrecht.
- Arbeit zitieren
- Marcel Leez (Autor:in), 2007, Wertpapierleihe - Rechts- und Verfassungsfragen der Unternehmenssteuerreform 2008, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89740