Die Politik der vier Besatzungsmächte hat im deutschen Mediensystem einschneidende Veränderungen hervorgerufen, die noch heute gültig sind – zumindest die von den Amerikaner, Briten und Franzosen ingeführten. Doch zeigt die Forschung der letzten Jahrzehnte über die Nachkriegspresse in Deutschland nicht nur Neuerungen, sondern auch Altbewährtes. Ob Neubeginn, Fortbestand oder Veränderung des Bestehenden, die Klärung der Frage ist das Ziel dieser Arbeit. Was passierte mit dem Journalismus und der Presse in Deutschland im Zeitraum zwischen 1945 und 1949? Als Stunde Null wird der Zeitpunkt der Kapitulation Deutschlands bezeichnet. Der Begriff soll die enorme Reichweite der Veränderungen veranschaulichen, die Deutschland auf staatlicher, militärischer, gesellschaftlicher und sozialer Ebene erwarteten. Für den Bereich Journalismus und Medien hat Harald Hurwitz, ein ehemaliger amerikanischer Presseoffizier und Wissenschaftler, den Begriff Stunde Null vor über 30 Jahren eingeführt (vgl. Hurwitz, 1972). Die Bezeichnung ist noch immer aktuell, wie Norbert Freis Buch zeigt (vgl. Frei, 1999). Jedoch sei bereits an dieser Stelle die Frage erlaubt, ob eine solche Stunde Null, die begrifflich einen absoluten Neuanfang impliziert, im deutschen Journalismus überhaupt existierte? Die Politik der vier Besatzungsmächte hat im deutschen Mediensystem einschneidende Veränderungen hervorgerufen, die noch heute gültig sind – zumindest die von den Amerikaner, Briten und Franzosen ingeführten. Doch zeigt die Forschung der letzten Jahrzehnte über die Nachkriegspresse in Deutschland nicht nur Neuerungen, sondern auch Altbewährtes. Kurt Koszyk spricht daher von einer Mischung aus „Kontinuität“ und „Neubeginn“ (vgl. Koszyk, 1986), bei Günter Kieslich heißt es „Tradition“ und „Neubeginn“ (vgl. Kieslich, 1963).
Ob Neubeginn, Fortbestand oder Veränderung des Bestehenden, die Klärung der Frage ist das Ziel dieser Arbeit. Was passierte mit dem Journalismus und der Presse in Deutschland im Zeitraum zwischen 1945 und 1949. Welche Entwicklung hat er durch-laufen? Klar ist, vom Himmel ist er nicht gefallen und die Alliierten haben ihn auch nicht gebracht, denn er begann seine Entwicklung in Deutschland bereits mit Erscheinen der ersten Wochenzeitung Aviso am 15. Januar 1609 in Wolfenbüttel (Wilke, 2002a:463f). Für ein Verständnis der Vorgänge zwischen 1945-1949 ist daher eine Analyse der Bedingungen in Deutschland und der Vorstellungen der Alliierten vor 1945 notwendig.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Strukturelemente des Vergleichs
- Presse in Deutschland bis 1945
- Entwicklung vor 1919
- Entwicklung in der Weimarer Republik (1919-1933)
- Entwicklung im Dritten Reich (1933-1945)
- Alliierte Planungen vor Kriegsende
- Reeducation-Konzept der Briten und Amerikaner
- Französische Nachkriegsplanung
- Sowjetische Nachkriegsplanung
- Presseentwicklung in Deutschland unter alliierter Kontrolle
- Die Anfänge der Besatzungspresse
- Die Lizenzphase für deutsche Zeitungen
- Lizenzphase im amerikanischen Sektor
- Lizenzphase im britischen Sektor
- Lizenzphase im französischen Sektor
- Lizenzphase im sowjetischen Sektor
- Übergang der Presse in deutsche Verwaltung
- Aspekte der Lizenzphase
- Entnazifizierung
- Veränderung der Berufskultur
- Pressefreiheit
- Status der Altverleger
- Nachrichtenagenturen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der deutschen Presse im Zeitraum von 1945 bis 1949 und untersucht, ob es sich dabei um einen Neubeginn, einen Fortbestand oder eine Veränderung des Bestehenden handelte. Sie analysiert die Veränderungen im deutschen Mediensystem, die durch die Politik der vier Besatzungsmächte hervorgerufen wurden und die bis heute gültig sind, insbesondere die von den Amerikanern, Briten und Franzosen eingeführten Reformen.
- Die Auswirkungen der alliierten Besatzungspolitik auf das deutsche Mediensystem
- Die Rolle der Presse bei der Umerziehung der deutschen Bevölkerung
- Die Kontinuitäten und Brüche in der deutschen Pressetradition
- Die Entwicklung der Pressefreiheit und der Berufskultur im deutschen Journalismus
- Die Bedeutung der Reeducation-Maßnahmen für die spätere Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Stunde Null im deutschen Journalismus ein und stellt die Frage nach der Existenz eines absoluten Neuanfangs. Sie beleuchtet die Reeducation-Maßnahmen der Alliierten und deren Zielsetzung.
Kapitel 2 beschreibt die strukturellen Elemente des Vergleichs und stellt die Organisation der Presse, die Ebene der Beschäftigten und den Inhalt der Presse dar.
Kapitel 3 widmet sich der Entwicklung der Presse in Deutschland bis 1945, wobei die Entwicklung vor 1919, in der Weimarer Republik und im Dritten Reich beleuchtet werden.
Kapitel 4 behandelt die alliierten Planungen vor Kriegsende, wobei die Reeducation-Konzepte der Briten und Amerikaner, die französische und die sowjetische Nachkriegsplanung erläutert werden.
Kapitel 5 untersucht die Presseentwicklung in Deutschland unter alliierter Kontrolle, beginnend mit den Anfängen der Besatzungspresse und der Lizenzphase für deutsche Zeitungen.
Kapitel 6 befasst sich mit Aspekten der Lizenzphase, wie Entnazifizierung, Veränderung der Berufskultur, Pressefreiheit, dem Status der Altverleger und den Nachrichtenagenturen.
Kapitel 7 bietet ein Fazit der Arbeit.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen der deutschen Presseentwicklung unter alliierter Kontrolle, insbesondere mit Reeducation, Entnazifizierung, Lizenzierung, Pressefreiheit, Berufskultur, Kontinuität und Neubeginn.
- Citar trabajo
- Michael Ludwig (Autor), 2008, Kontinuität oder Neubeginn? Die Entwicklung der Presse in Deutschland zwischen 1945-1949, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/89817