Diese Bachelorarbeit behandelt die Bedeutung von Prozessanalysen im Bereich Verwaltungsversagen. Es ist in unser aller Interesse, dass das Versagen von Verwaltungen verhindert wird und das Verwaltungsversagen, gerade bei Versagen das zum Tod von Menschen geführt hat, aufgearbeitet wird. Für die Aufarbeitung eignet sich die Methode der Prozessanalyse, bei der man die Vorgänge, die zum Scheitern geführt haben, rekonstruiert und kausale Mechanismen herausarbeitet. Die Mechanismen könnte man dann empirisch mit einer großen Fallzahl prüfen, jedoch gibt es bisher einzigartige Fälle von Verwaltungsversagen, wie die Morde des NSU und Fälle von Verwaltungsversagen, die nur in sehr geringer Fallzahl auftreten, wie beim Versagen von Jugendämtern.
Mit der Aufarbeitung von Verwaltungsversagen bei geringer Fallzahl und der Übertragbarkeit von Ergebnissen dieser Aufarbeitung durch die Methode der Prozessanalyse, beschäftigt sich diese Arbeit. Dafür werden in dieser Arbeit Fälle von Verwaltungsversagens von Jugendämtern analysiert und verglichen. Diese Art des Versagen von Jugendämtern ist oft sehr tragisch, da Kinder zu Schaden kommen. Es gibt jedoch nicht genug aufgearbeitete Fälle vom Jugendamtsversagen um adäquate empirische Studien über die Gründe des Versagens zu erstellen. Deshalb wird hier das Verwaltungsversagen eines Falls mit der Prozessanalyse untersucht und mit anderen Fällen mithilfe der Co-Variational Analysis verglichen.
Nach Bunge und Hedström/Ylikoski sollte beim Scheitern von ähnlichen sozialen Systemen, die gleichen Mechanismen auftauchen, die schon zuvor in dem ersten, untersuchten System aufgetreten sind. Bei der Erörterung der Resultate aus den Analysen wird in dieser Arbeit festgestellt, dass in fast allen Fällen dieselben kausalen Mechanismen zum Scheitern von ähnlichen Systemen geführt hatten. Im Vergleich mit anderen Studien kommt diese Arbeit mithilfe der Prozessanalyse auf ähnliche Ergebnisse, wie andere Autoren mit anderen Methoden. Dies bestärkt die Bedeutsamkeit der Prozessanalyse zum Auffinden von Indikatoren, die zum Scheitern einer Verwaltung führen könnten, was am Ende der Studie hervorgehoben wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theorie
- 3. Forschungsfrage, Methode und Konzeptspezifikation
- 3.1 Die Forschungsfrage
- 3.2 Die Prozessanalyse
- 3.3 Darstellung der kausalen Mechanismen in Sozialen System nach Hedström/Ylikoski 2010
- 3.4 Die Co-Variational Analysis
- 3.5 Die Fallauswahl
- 4. Prozessanalyse des Falles Kevin aus Bremen 2007
- 4.1 Fallbeschreibung Kevin
- 4.1.1 Hintergrund der Eltern und Aufbau des Jugendamtes Bremen
- 4.1.2 Fallhergang von der Geburt bis zum Tod der Mutter und des Eingreifens der Vorgesetzten des Casemanagers
- 4.1.3 Vom Einsetzen der Vorgesetzten bis zum Auffinden von Kevins Leichnam
- 4.1.4 Konsequenzen für die Beteiligten
- 4.2 Notwendige Bedingungen im Fall Kevin
- 4.3 Beitragende Faktoren
- 4.4 Hinreichende Bedingung
- 4.5 Kausale Mechanismen
- 4.5.1 Fallbezogener Mechanismus: Nicht-antizipierte Folgen sozialen Handelns
- 4.5.2 Fallbezogener Mechanismus: Pfadabhängigkeit
- 4.5.3 Struktureller, kausaler Mechanismus: Strukturbedingte Informationsasymmetrien
- 4.5.4 Struktureller, kausaler Mechanismus: Prinzipal-Agenten Problem
- 4.5.5 Struktureller, kausaler Mechanismus: Frage der Zuständigkeit
- 4.6 Wendepunkte im Fall Kevin
- 4.6.1 Erster Wendepunkt: Kevins Entlassung aus dem Krankenhaus mit seinen Eltern nach der Geburt
- 4.6.2 Zweiter Wendepunkt: Diagnose der Kindesmisshandlung („battered-child-syndrom“) des Kinderarztes und der Prof.-Hess-Kinderklinik am 14. Oktober 2004
- 4.6.3 Dritter Wendepunkt: Tod der Mutter und Herausgabe von Kevin an den Ziehvater
- 4.7 Die critical juncture im Fall Kevin: Die Fallkonferenzen am 6. März und 20. April 2006
- 4.1 Fallbeschreibung Kevin
- 5. Die Co-Variational Analysis
- 5.1 Der Fall Jessica 2005
- 5.2 Der Fall Lea-Sophie 2007
- 5.3 Der Fall Lara-Mia 2009
- 5.4 Der Fall Chantal 2012
- 5.5 Zusammenfassung der Analysen
- 6. Erörterung der Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit untersucht die Bedeutung von Prozessanalysen bei der Aufarbeitung von Verwaltungsversagen, insbesondere im Kontext von Jugendamtsversagen. Die Arbeit zielt darauf ab, die Generalisierbarkeit von Prozessanalysen in Fällen mit geringer Fallzahl zu evaluieren und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf ähnliche Systeme zu prüfen.
- Die Eignung der Prozessanalyse zur Rekonstruktion von Verwaltungsversagen.
- Die Identifizierung kausaler Mechanismen bei Jugendamtsversagen.
- Die Generalisierbarkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse von Prozessanalysen.
- Der Vergleich verschiedener Fälle von Jugendamtsversagen mittels Co-Variational Analysis.
- Die Entwicklung von Indikatoren zur Vermeidung zukünftiger Verwaltungsversagen.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz der Aufarbeitung von Verwaltungsversagen heraus, insbesondere im Hinblick auf tragische Fälle wie den Tod von Kindern aufgrund von Jugendamtsversagen. Sie begründet die Wahl der Prozessanalyse als geeignete Methode und skizziert den Forschungsansatz, der auf der Analyse und dem Vergleich von Einzelfällen basiert, um die Generalisierbarkeit der Ergebnisse zu untersuchen. Die Einleitung betont die Bedeutung des Themas und die Notwendigkeit, aus den Fehlern vergangener Fälle zu lernen.
2. Theorie: Dieses Kapitel wird die theoretischen Grundlagen zur Prozessanalyse und zur Analyse von Kausalmechanismen in sozialen Systemen beleuchten. Es wird relevante Theorien und methodische Ansätze vorstellen, die in der Arbeit angewendet werden. Die Theorie dient als Grundlage für die methodische Vorgehensweise und die Interpretation der Ergebnisse.
3. Forschungsfrage, Methode und Konzeptspezifikation: In diesem Kapitel wird die Forschungsfrage präzise formuliert: Wie kann die Prozessanalyse zur Aufarbeitung von Verwaltungsversagen, insbesondere im Bereich der Jugendämter, eingesetzt und die Generalisierbarkeit der Ergebnisse bewertet werden? Es werden die gewählte Methode (Prozessanalyse und Co-Variational Analysis) detailliert erläutert und die Konzeptspezifikation dargelegt. Die Fallauswahl und die Kriterien für die Auswahl der Fälle werden ebenfalls definiert.
4. Prozessanalyse des Falles Kevin aus Bremen 2007: Dieses Kapitel präsentiert eine detaillierte Prozessanalyse des Falls Kevin, um die Ereignisse und kausalen Mechanismen, die zum tragischen Tod des Kindes führten, zu rekonstruieren. Die Analyse umfasst die Beschreibung des Falls, die Identifizierung notwendiger und beitragender Faktoren sowie die Ausarbeitung kausaler Mechanismen (z.B. Informationsasymmetrien, Prinzipal-Agenten-Problem). Die Analyse wird anhand von Wendepunkten im Verlauf des Falls strukturiert, um die Entwicklung und Eskalation der Ereignisse zu verdeutlichen.
5. Die Co-Variational Analysis: Dieses Kapitel beschreibt die Anwendung der Co-Variational Analysis auf mehrere Fälle von Jugendamtsversagen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den kausalen Mechanismen zu identifizieren. Die detaillierten Analysen der Fälle Jessica, Lea-Sophie, Lara-Mia und Chantal werden vorgestellt, um Parallelen und Abweichungen im Vergleich zum Fall Kevin herauszuarbeiten. Die Zusammenfassung der Analysen liefert einen Überblick über die Ergebnisse der vergleichenden Analyse.
6. Erörterung der Ergebnisse: Dieses Kapitel diskutiert die Ergebnisse der Prozessanalyse und der Co-Variational Analysis. Es wird untersucht, inwieweit die Ergebnisse des Falls Kevin auf die anderen Fälle übertragbar sind und ob sich gemeinsame Muster und kausale Mechanismen identifizieren lassen. Die Diskussion beinhaltet eine kritische Reflexion der Methodik und der Grenzen der Generalisierbarkeit der Ergebnisse.
Schlüsselwörter
Prozessanalyse, Verwaltungsversagen, Jugendamt, Kindeswohl, Kausalmechanismen, Co-Variational Analysis, Informationsasymmetrien, Prinzipal-Agenten-Problem, Fallstudie, Generalisierbarkeit, Fall Kevin.
Häufig gestellte Fragen zur Bachelorarbeit: Prozessanalyse von Jugendamtsversagen
Was ist der Gegenstand dieser Bachelorarbeit?
Die Bachelorarbeit untersucht die Eignung von Prozessanalysen zur Aufarbeitung von Verwaltungsversagen, speziell im Kontext von Jugendamtsversagen. Sie analysiert den Fall Kevin aus Bremen 2007 im Detail und vergleicht ihn mit weiteren Fällen mittels Co-Variational Analysis, um die Generalisierbarkeit der Ergebnisse zu evaluieren und Indikatoren zur Vermeidung zukünftiger Versagen zu entwickeln.
Welche Methode wird in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit verwendet die Prozessanalyse als Hauptmethode, um die Abläufe und kausalen Mechanismen in den untersuchten Fällen zu rekonstruieren. Zur vergleichenden Analyse mehrerer Fälle wird zusätzlich die Co-Variational Analysis eingesetzt. Diese Methoden ermöglichen es, die Ereignisse chronologisch nachzuvollziehen und gemeinsame Muster sowie Unterschiede in den einzelnen Fällen aufzuzeigen.
Welche Fälle werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf den Fall Kevin aus Bremen 2007 als Hauptfall. Zusätzlich werden die Fälle Jessica (2005), Lea-Sophie (2007), Lara-Mia (2009) und Chantal (2012) mittels Co-Variational Analysis vergleichend untersucht, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den kausalen Mechanismen zu identifizieren.
Welche Forschungsfrage wird bearbeitet?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie kann die Prozessanalyse zur Aufarbeitung von Verwaltungsversagen, insbesondere im Bereich der Jugendämter, eingesetzt und die Generalisierbarkeit der Ergebnisse bewertet werden?
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Eignung der Prozessanalyse zur Rekonstruktion von Verwaltungsversagen, die Identifizierung kausaler Mechanismen bei Jugendamtsversagen, die Generalisierbarkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse von Prozessanalysen, den Vergleich verschiedener Fälle mittels Co-Variational Analysis und die Entwicklung von Indikatoren zur Vermeidung zukünftiger Verwaltungsversagen.
Welche kausalen Mechanismen werden untersucht?
Im Rahmen der Prozessanalyse werden verschiedene kausale Mechanismen untersucht, darunter nicht-antizipierte Folgen sozialen Handelns, Pfadabhängigkeit, strukturbedingte Informationsasymmetrien, das Prinzipal-Agenten-Problem und Fragen der Zuständigkeit. Diese Mechanismen werden im Detail am Fall Kevin und vergleichend in den anderen Fällen analysiert.
Welche Ergebnisse werden präsentiert?
Die Arbeit präsentiert eine detaillierte Prozessanalyse des Falls Kevin, inklusive der Identifizierung notwendiger und beitragender Faktoren sowie von Wendepunkten im Fallverlauf. Die Co-Variational Analysis liefert einen Vergleich der untersuchten Fälle, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den kausalen Mechanismen aufzuzeigen. Die Ergebnisse werden kritisch diskutiert, einschliesslich einer Reflexion der Methodik und der Grenzen der Generalisierbarkeit.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Schlussfolgerungen der Arbeit beziehen sich auf die Eignung und Grenzen der Prozessanalyse zur Aufarbeitung von Jugendamtsversagen, die identifizierten kausalen Mechanismen und deren Generalisierbarkeit. Die Arbeit liefert mögliche Indikatoren zur Vermeidung zukünftiger Verwaltungsversagen und trägt damit zu einem besseren Verständnis und zur Verbesserung der Praxis bei.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Prozessanalyse, Verwaltungsversagen, Jugendamt, Kindeswohl, Kausalmechanismen, Co-Variational Analysis, Informationsasymmetrien, Prinzipal-Agenten-Problem, Fallstudie, Generalisierbarkeit, Fall Kevin.
- Citation du texte
- Sven Ivens (Auteur), 2014, Prozessanalysen bei der Aufarbeitung von Verwaltungsversagen in Jugendämtern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/899531