Die Auswirkungen einer strafrechtlichen Bescholtenheit auf ein Aufenthaltsrecht in Österreich


Masterarbeit, 2020

61 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Generalklausel

1 Einleitung

2 Methodik

3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG
3.1 Zuständigkeit und Anwendungsbereich
3.2 Arten von Aufenthaltstiteln
3.2.1 Rot-Weiß-Rot – Karte
3.2.2 Rot-Weiß-Rot - Karte Plus
3.2.3 Blaue Karte EU
3.2.4 Niederlassungsbewilligung
3.2.5 Niederlassungsbewilligung – ausgenommene Erwerbstätigkeit
3.2.6 Niederlassungsbewilligung – Angehöriger
3.2.7 Daueraufenthalt - EU
3.2.8 Familienangehöriger
3.2.9 Niederlassungsbewilligung – Künstler
3.2.10 NB – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit
3.2.11 NB – Forscher
3.2.12 Aufenthaltsbewilligung
3.3 Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts
3.3.1 Anmeldebescheinigung
3.3.2 Aufenthaltskarte
3.3.3 Bescheinigung des Daueraufenthalts
3.3.4 Daueraufenthaltskarte
3.4 Erstantragsverfahren
3.4.1 (Ausländische) Verurteilungen
3.4.2 Erteilung im Zuge eines Erstantragsverfahrens
3.5 Verlängerungsverfahren
3.5.1 Versagungskompetenz
3.5.2 Bewilligungskompetenz
3.6 Rechtsverlust
3.6.1 Entziehung – eines befristeten Aufenthaltstitels
3.6.2 Rückstufungsverfahren – des Daueraufenthalt EU
3.6.3 Überprüfung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts
3.7 Prognoseentscheidung
3.7.1 Gefährdungsprognose aus fremdenrechtlicher Sicht
3.7.2 Berücksichtigung ohne Verurteilung
3.7.3 Terrorismussachverhalte

4 Asylgesetz – AsylG
4.1 Arten von Aufenthaltstitel nach dem AsylG
4.1.1 Aufenthaltsberechtigung plus
4.1.2 Aufenthaltsberechtigung
4.1.3 Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
4.2 Zuständigkeit und Anwendungsbereich
4.3 Bezug zum Strafrecht

5 Fremdenpolizeigesetz – FPG
5.1 Zuständigkeit
5.2 Rückkehrentscheidung
5.2.1 Verbindung mit einem Asylverfahren
5.2.2 Erlassung gegen unrechtmäßig aufhältige Fremde
5.2.3 Erlassung gegen rechtmäßig aufhältige Fremde
5.3 Einreiseverbot
5.3.1 Unionsrechtliche Vorgabe
5.3.2 Nationale Umsetzung
5.3.3 Bezug zu früheren Fassungen des Einreiseverbotes
5.3.4 Einreiseverbot für höchstens fünf Jahre
5.3.5 Einreiseverbot für höchstens zehn Jahre
5.3.6 Unbefristetes Einreiseverbot
5.4 Ausweisung
5.4.1 Wegfall der unionsrechtlichen Voraussetzungen
5.4.2 Erlassung gegen Inhaber eines Daueraufenthaltsrechts
5.4.3 Erlassung, bei einem zehnjährigen Aufenthalt
5.5 Aufenthaltsverbot
5.5.1 Erlassung, bei einem zehnjährigen Aufenthalt
5.5.2 Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes

6 Conclusio
6.1 Aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem NAG-Verfahren
6.2 Wechsel auf Daueraufenthalt-EU bei Vorstrafen

Verzeichnisse

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Generalklausel

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde in der gegenwärtigen Masterthesis auf die geschlechterspezifischen Formulierungen verzichtet. Umfasst sind jedoch weibliche sowie männliche Personen gleichermaßen.

1 Einleitung

Das österreichische Fremdenrecht ist aufgrund seiner zahlreichen Novellierungen einer der komplexersten Materien des öffentlichen Rechts. Der Gesetzgeber hat hier eine besondere Herausforderung, weil er nicht nur verfassungsrechtliche Bestimmungen bei der Erlassung neuer einfachgesetzlicher Bestimmungen berücksichtigen muss, sondern auch Unionsrecht und völkerrechtliche Vereinbarungen wie die Europäische Menschenrechtkonvention, welche selbst im Verfassungsrang ratifiziert ist. Das Fremdenrecht umfasst insbesondere das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz sowie das Fremdenpolizeigesetz.

Der Gesetzgeber regelt mit seinen unterschiedlichen Materiengesetzen unterschiedliche Zuständigkeiten samt den Vollzug. So übernimmt das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz die Aufgabe, für Fremde konstitutive Aufenthaltstitel zu erteilen sowie den EU- sowie EWR-Bürgern (umfasst auch Schweizer Staatsangehörige) deklaratorische Bestätigungen auszustellen. Das NAG regelt weiters, die Ungültigkeit und Gegenstandslosigkeit von Aufenthaltstiteln sowie Dokumentationen des Unionsrechtlichen Aufenthaltes. Die Materie sieht ebenfalls bestimmte Anlassfälle vor, welche ein unbefristetes Aufenthaltsrecht entkleiden sollen. Während des gesamten Aufenthaltes eines Fremden kommt das Fremdenpolizeigesetz zur Anwendung. Diese Materie regelt, bei Kenntnisnahme einer etwaigen Erfüllung eines objektiven Tatbestandsmerkmales, welches in der Materie näher geregelt ist, die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Diese fremdenpolizeiliche Maßnahme, kann eine Rückkehrentscheidung, oder ein Aufenthaltsverbot sein. Das Gesetz sieht hier noch andere Terminologien vor, auf welche später in der Arbeit eingegangen wird. Eine fremdenpolizeiliche Maßnahme vernichtet in jedem Fall ex nunc ein Aufenthaltsrecht. Der Vollständigkeit halber wird noch das Asylgesetz angesprochen, welches nach umfangreichen Novellen selbst konstitutive Aufenthaltstitel erhalten hat. Diese Titel werden dann erteilt, wenn der Fremde im Bundesgebiet langjährig und/oder eine gute Integration vorweisen kann. Sollte dies aus dem Antragsvorbringen nicht ersichtlich sein, so hat die zuständige Behörde die Ablehnung mit einer fremdenpolizeilichen Maßnahme zu verbinden. Darin unterscheidet sich das AsylG-Regime von dem NAG-Regime, da nach einer Ablehnung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG keine automatische Maßnahme verbunden ist.

Die strafrechtliche Bescholtenheit hat bei Fremden bei der erstmaligen Antragstellung sowie während des Aufenthaltes eine unterschiedliche Relevanz. Die Niederlassungsbehörde wird oft erst bei der Antragstellung auf diesen Umstand aufmerksam. Einige der Aufenthaltstitel sehen im Anlassfall verschiedene Vorgehensweisen vor. Wird somit ein Aufenthaltstitel erstmals bei der Niederlassungsbehörde beantragt und besteht eine strafrechtliche Verurteilung aus dem Ausland so ist unabhängig von der vorangegangenen Äquivalenzprüfung des österreichischen Strafrechts eine Prognoseentscheidung vorzunehmen. In dieser soll entnehmbar sein, ob der künftige Aufenthalt des Fremden zu einer etwaigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt. Bejahendenfalls ist der Aufenthaltstitel für den Fremden zu versagen. Ganz anders ist dies jedoch bei Verlängerungsverfahren. Hier hat die Niederlassungsbehörde lediglich eine Anregungskompetenz, um den Aufenthalt des Fremden zu beenden. Näheres hierzu folgt in den jeweiligen Kapiteln der Thesis.

Die Arbeit soll konkret darlegen welchen Unterschied die Qualität des Aufenthaltsrechtes hat. Auch soll dargelegt werden, welches Gewicht einer Verurteilung beizumessen ist. Besonders auf die unterschiedlichen Verfahrensbestimmungen ist Rücksicht zu nehmen. Der Leser soll damit Klarheit bekommen wie ein konkreter strafrechtlicher Sachverhalt auf ein allfällig zu erteilendes oder bestehendes Aufenthaltsrecht zu würdigen ist und welche Verfahren dadurch ausgelöst werden.

2 Methodik

Während meiner Tätigkeit beim Magistrat der Stadt Wien, in der Magistratsabteilung 35‑Einwanderung und Staatsbürgerschaft habe ich mir im Fremdenrecht ein umfassendes Wissen angeeignet. Diese Erkenntnisse und Erfahrungen sind in dieser Arbeit maßgeblich eingeflossen.

Diese Thesis wurde weiters unter Zuhilfenahme von Lehrbüchern, Gesetzeskommentaren sowie anderer Literatur verfasst. Zur Verwendung kam auch aktuelle Judikatur und Gesetzestexte in der jeweils geltenden Fassung des Rechtsinformationssystems.

Unerwähnt möchte ich nicht lassen, dass ebenfalls Vorlesungsmaterialien des Universitätslehrganges Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Kriminologie in der Thesis Niederschlag fanden.

3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz regelt gemäß § 1 NAG die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten möchten sowie Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. Keine Anwendung findet das NAG gemäß § 1 Abs 2 Z 1 NAG bei Fremden, die nach asylrechtlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind, mit der Ausnahme, dass das NAG-Regime eine Regelung hierfür vorsieht. Ausgenommen sind ebenfalls Inhaber von Lichtbildausweisen gemäß § 95 FPG, welche über Privilegien und Immunitäten verfügen. Dies sind insbesondere tätige Beamte bei internationalen Organisationen (wie die Vereinten Nationen oder Bedienstete an Botschaften und Konsulaten) sowie deren ihre Familienangehörige. Außerdem Fremde die gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt sind.

3.1 Zuständigkeit und Anwendungsbereich

Die Zuständigkeit des NAG obliegt dem örtlichen Landeshauptmann in der mittelbaren Bundesverwaltung. Das Landesverwaltungsgericht erkennt in Niederlassungsrechtlichen Angelegenheiten gemäß Art 129 B-VG iVm Art 130 B-VG über die Rechtwidrigkeit von Entscheidungen. Bei Auslandsanträgen ist die örtlich befasste Berufsvertretungsbehörde zuständig.

3.2 Arten von Aufenthaltstiteln

Das Niederlassungs- und Aufenthaltstitelgesetz sieht eine Reihe von unterschiedlichen Aufenthaltstiteln vor. Diese unterscheiden sich nicht nur von der Art und Form, sondern auch teils von dem Verfahren selbst. So kann es durchaus vorkommen, dass Aufenthaltstitel die gleiche Titulierung sowie sonstigen Umfang (Gültigkeitsdauer, Arbeitsrecht usw.) aufweisen, jedoch aufgrund völlig unterschiedlicher Verfahren erteilt wurden. Als Beispiel, der Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot Karte Plus kann für Familienangehörige, die Inhaber einer derartigen Bewilligung sind sowie ehemaligen Inhabern, die über eine Rot-Weiß-Rot Karte verfügten erteilt werden. Beide Aufenthaltstitel sind nach außen erkennbar gleich, lagen jedoch unterschiedlich komplexen Verfahren zu Grunde.

Nachfolgend werden Aufenthaltstitel gemäß § 8 NAG genannt, welche noch keinen Rückschluss auf das Verfahren selbst geben. Die einzelnen Verfahrensbestimmungen bzw. Erteilungsvoraussetzungen sind in der gesamten Materie verstreut. Diese Veranschaulichung ist deshalb notwendig, weil ansonsten nicht erkannt werden kann, aufgrund welcher Voraussetzungen das Aufenthaltsrecht durch eine strafrechtliche Bescholtenheit verändert werden kann. Hervorzuheben ist, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 11 NAG bei jedem Aufenthaltstitel gegeben sein müssen. So darf ein Aufenthaltstitel gemäß § 11 Abs 2 NAG nicht erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden dem öffentlichen Interesse widerstreitet. Gegeben wäre dies, insbesondere wenn der Fremde wiederholt strafrechtlich relevante Handlungen setzt. Es gibt jedoch auch Aufenthaltstitel, bei denen der Gesetzgeber gezielt auf die Würdigung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 11 NAG verzichtet hat. Sollte dies zutreffend sein, so wird dies in der Folge gekennzeichnet.

3.2.1 Rot-Weiß-Rot – Karte

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 NAG)

Dieser Aufenthaltstitel wird im für die befristete Niederlassung und zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit, sofern eine schriftliche Mitteilung oder Gutachten des regional zuständigen AMS besteht erteilt. Dieser Aufenthaltstitel wird für Personengruppen erteilt, die für die jeweils angestrebten Aufenthaltstitel bereits einen Arbeitgeber benennen können und die erforderliche Punkteanzahl der nachfolgenden Aufenthaltstitel erreichen:

- besonders Hochqualifizierter gemäß § 12 AuslBG
- Fachkraft gemäß § 12a AuslBG
- Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG
- Studienabsolvent gemäß § 12b Z 2 AuslBG

Je nach Aufenthaltstitel sind ebenfalls auch kollektivvertragliche Bestimmungen einzuhalten. Das NAG-Verfahren für diesen Aufenthaltstitel ist wie bereits angemerkt wurde von einer schriftlichen Mitteilung bzw. einem Gutachten des zuständigen Arbeitsmarktservices abhängig, weshalb hier von einem zweigeteilten Verfahren gesprochen werden kann. Die NAG-Behörde übermittelt hierfür nach Antragseingabe diese zur Einholung schriftlichen Stellungnahme, nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz an die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices. Während der Gültigkeit des Aufenthaltstitels ist Tätigkeit bei einem anderen Dienstgeber unzulässig.

In dem Verfahren Studienabsolvent gemäß § 12b Z 2 AuslBG ist kein Punktesystem vorgesehen. Mit dieser Differenzierung ermöglicht der Gesetzgeber, dass Fremde nach mehrjährig legalen Aufenthalt das Land verlassen müssen obwohl diese einen potenziellen Arbeitgeber haben, jedoch aufgrund Ermangelung der jeweiligen Punkteberechnung keinen Aufenthaltstitel erhalten können. Die Konsequenz wäre dann, dass der Fremde unter Umständen gut qualifiziert in sein Herkunftsland zurückkehrt oder unter möglicherweise jahrelang unrechtmäßig im Bundesgebiet verbleibt. Im zweiten Fall wäre seine erworbene Integration unter Umständen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme hinderlich (näheres dazu unter Kapitel 5.2).

3.2.2 Rot-Weiß-Rot - Karte Plus

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 NAG)

Dieser Aufenthaltstitel kann in folgenden Fällen erteilt werden:

- Familienangehörige von Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 Abs 1 NAG

Dieser Titel wird gemäß § 46 NAG dann erteilt, wenn der Zusammenführende Inhaber einer der folgenden Bewilligungen ist:

- Rot-Weiß-Rot Karte gemäß § 41 NAG
- Rot-Weiß-Rot Karte plus gemäß § 41a Abs 1, 4 oder 7a NAG
- Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs 1 NAG
- Niederlassungsbewilligung einer Tätigkeit, in einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, hinsichtlich einer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung Lehre oder in der Entwicklung und Erschließung der Künste sowie Lehre der Kunst gemäß § 1 Abs 2 Z i AuslBG
- Daueraufenthalt EU gemäß § 45 NAG
- Rot-Weiß-Rot Karte plus, ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs 1, 4 oder 7a NAG
- Asylberechtigten, deren Angehörigen kein Asylrecht gemäß § 3 Abs 2 AsylG 2005 abgeleitet werden kann
- dem Drittstaatsangehörigen ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zukommt und über eine Aufenthaltskarte bzw. Daueraufenthaltskarte verfügt

- Gemäß §41a Abs 1 NAG: Inhabern einer Rot-Weiß-Rot Karte, sofern sie diese zwei Jahre besessen haben und eine schriftliche Mitteilung gemäß § 20e Abs 1 Z 2 AuslBG vorliegt, welche bestätigt, dass innerhalb der letzten 24 Monate zumindest 21 Monate unter den maßgeblichen Voraussetzung des zuvor erteilten Titels eine Beschäftigung vorgelegen hat.
- Gemäß § 41a Abs 2 NAG: Inhabern von Blaue Karte EU, nach den gleichen Voraussetzungen wie Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte.
- Gemäß § 41a Abs 3 NAG: Für ehemalige Inhaber ehemalige Inhaber einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG, sofern eine Mitteilung gemäß § 59 Abs 4 AsylG vorliegt.
- Gemäß § 41a Abs 4 NAG: Inhabern einer Niederlassungsbewilligung-Forscher gemäß § 43c NAG, sofern sie diese Bewilligung über zwei Jahren besessen haben.
- Gemäß § 41a Abs 5 NAG: Ehemaligen Inhaber des unbefristet erteilten Aufenthaltstitels Daueraufenthalt-EU, welcher Ihnen in einem Verfahren gemäß § 28 NAG aberkannt wurde.
- Gemäß § 41a Abs 6 NAG: Dieser Titel kann erteilt werden, wenn der zuvor inne gehabte Aufenthaltstitel aufgrund einer Inlandsabwesenheit bzw. Abwesenheit des EWR-Gebietes gemäß 20 Abs 4 oder 4a erloschen oder gemäß §10 Abs 3 Z 3 oder 4 gegenstandlos geworden ist.
- Gemäß § 41a Abs 7 NAG, sofern der Fremde über eine Niederlassungsbewilligung verfügt und eine schriftliche Mitteilung des regional zuständigen Arbeitsmarktservices eine fortgeschritten Integration festgestellt wurde und ein Aufenthalt von zumindest zwei Jahren gegeben ist. Andere Konstellationen gemäß § 15 Abs 1 AuslBG sind ebenfalls möglich.
- Gemäß § 41a 7a NAG, sofern der Fremde den Aufenthaltstitel Rot‑Weiß‑Rot‑Karte über zwei Jahre verfügte und gemäß § 24 Abs 4 AuslBG eine schriftliche Mitteilung darüber vorliegt, dass er ein Unternehmen gegründet hat, in welchem er zumindest zwei Vollzeitarbeitskräfte beschäftigt, einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung hat und einen Jahresumsatz von mind. EUR 200.000 vorweisen kann oder Investitionen von mind. EUR 100.000 erlangt werden konnten oder ein innovatives Produkt bzw. eine innovative Dienstleistung auch tatsächlich angeboten wird.
- Gemäß § 41a Abs 9 NAG: Dieser Titel ist einem Drittstaatsangehörigen zu erteilen, welchem durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorher eine Aufenthaltsberechtigung plus gemäß §§ 55 Abs 1 oder 56 Abs 1 AsylG oder eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 Abs 2 AsylG erteilt wurde. Ebenfalls ist der Nachweis über die Erfüllung des Modul I der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG zu erbringen.

Verfügte der Fremde wegen Ermangelung eines Nachweises gemäß § 9 IntG eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs 3 NAG so ist ihm ebenfalls dies Bewilligung auf Antrag zu erteilen.

Die Würdigung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 11 NAG ist hier nicht relevant, da der Gesetzgeber gezielt darauf verzichtet hat. Dies ist dem Umstand geschuldet, weil der Fremde bereits ein sehr intensives Verfahren gemäß §§ 55 Abs 1, 56 Abs 1 oder 56 Abs 2 AsylG iVm Art 8 EMRK durchlaufen hat, in welchem die berücksichtigungswürdigenden Sachverhalte gegenüber allfälligen aufenthaltsbeendenden Interessen deutlich überwogen hat.

- Gemäß § 41a Abs 10 NAG: Einem unbegleiteten Minderjährigen kann dieser Titel zum Schutz des Kindeswohles erteilt werden. Hierfür muss der Fremde im Bundesgebiet aufhältig sein und sich nicht bloß vorübergehend durch einen Gerichtsbeschluss, kraft Gesetz oder durch eine Vereinbarung der leiblichen Eltern mit dem Jugendwohlfahrtsträger zum Schutz des Kindeswohls in Obhut von Pflegeltern bzw. des Jugendwohlfahrtsträger befinden.

Die Würdigung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß § 11 NAG ist hier nicht relevant, da der Gesetzgeber gezielt darauf verzichtet hat.

3.2.3 Blaue Karte EU

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 3 NAG)

Dieser Aufenthaltstitel kann dann erteilt werden, wenn analog zu dem Verfahren einer Rot-Weiß-Rot‑Karte das Arbeitsmarktservice festgestellt hat, dass gemäß § 12c AuslBG der Fremde den Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer verfügt sowie ein der Qualifikation entsprechendes Bruttojahresgehalt erhalten wird, welches dem Eineinhalbfachen des von der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ zuletzt veröffentlichten durchschnittlichen österreichischen Bruttojahresgehalts von Vollzeitbeschäftigten vorliegt.

3.2.4 Niederlassungsbewilligung

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 4 NAG)

- Gemäß § 46 Abs 4 NAG: Einem Familienangehörigen ist eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen, wenn ein Quotenplatz vorliegt sowie der Zusammenführende über eine Niederlassungsbewilligung, eine Niederlassungsbewilligung-Angehöriger oder eine NB‑Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit verfügt. Dies gilt nicht, wenn der Zusammenfährende über die Niederlassungsbewilligung‑Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit verfügt, welche gemäß § 1 Abs 2 lit i AuslBG wegen einer wissenschaftlichen Tätigkeit in der Forschung und Lehre bzw. in der Erschließung der Künste sowie in der Lehre der Kunst verfügt.
- Gemäß § 43 Abs 1 NAG: Dem Fremden ist eine NB zu erteilen, wenn eine der Drittstaatsangehörige zuvor als selbständige Schlüsselkraft gemäß §§ 41 Abs 2 Z4 NAG iVm 24 Abs 1 AuslBG zugelassen war und diese Tätigkeit zwei Jahre ausgeübt wurde sowie weiterhin ausgeübt werden soll.
- Gemäß § 43 Abs 2 NAG: Eine NB kann erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige auf Grund eines Rechtsaktes der Europäischen Union eine Niederlassungsfreiheit zukommt und eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werden soll.
- Gemäß § 43 Abs 3 NAG: Verfügte der Drittstaatsangehörige seit 12 Monaten über eine der nachfolgend genannten Aufenthaltstitel, so ist eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen:

- Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs 1 AsylG 2005,
- Aufenthaltsberechtigung plus gemäß §56 Abs 1 AsylG 2005,
- Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs 2 AsylG 2005 oder
- Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 Abs 2 AsylG 2005.

- Gemäß § 43 Abs 4 NAG: Liegt in einem Zweckänderungsverfahren, beim Wechsel von einer Rot‑Weiß‑Rot Karte auf eine Rot-Weiß-Rot Karte Plus gemäß § 41 Abs 1 oder 7a NAG die Voraussetzungen nicht vor so kann eine Niederlassungsbewilligung erteilt werden, wenn die Tätigkeit gemäß §§ 12 bis 12b oder 24 Abs 2 AuslBG in den letzten zwei Jahren ausgeübt wurde.

3.2.5 Niederlassungsbewilligung – ausgenommene Erwerbstätigkeit

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 5 NAG)

Der Aufenthaltstitel kann gemäß § 44 Abs 1 NAG erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des 1. Teils erfüllt sind sowie ein Quotenplatz vorhanden ist und feste und regelmä0ige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprechen.

Weiters ist dieser Aufenthaltstitel gemäß § 44 Abs 2NAG zu erteilen, wenn ein Drittstaatsangehöriger im unmittelbaren Anschluss an den Aufenthalt als ehemaliger Träger von Privilegien und Immunitäten gemäß § 95 FPG die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllt sowie in den Ruhestand versetzt wurde.

3.2.6 Niederlassungsbewilligung – Angehöriger

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 6 NAG)

Diese Titel ist gemäß § 47 Abs 3 NAG an Angehörige von Österreichern, EWR‑Bürgern oder Schweizer Bürgern zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen Verwandte des genannten Zusammenführenden sind, oder des Ehegatten bzw. eingetragenen Partner in gerade aufsteigender Linie, sofern ihnen tatsächlich Unterhalt geleitet wird und nicht ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht genutzt haben. Erfasst sind auch Lebenspartner, bei denen das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweislich bestanden hat und ihnen tatsächlich Unterhalt gewährt wurde. Angehörige sind sonstige Angehörige, die bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben, die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder bei schwerwiegenden gesundheitlichen Gründen die Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich macht.

3.2.7 Daueraufenthalt - EU

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 7 NAG)

Die Erteilung des Aufenthaltstitels Daueraufenthalt-EU verleiht einem Drittstaatsangehörigen einen umfangreichen Status. Dieser Titel stammt aus der Richtlinie RL 2003/109/EG welche sogenannten langfristig Aufhältigen Drittstaatsangehörigen im wesentlichen gleiche Rechte in jedem Mitgliedsstaat einräumen soll. Die Richtlinie gibt den jeweiligen Mitgliedstaaten ebenfalls vor, wann dieser Titel spätestens zu Erteilen oder unter welchen Voraussetzungen dieser zu versagen bzw. entziehen ist. Gemäß Artikel 11 der Richtlinie wird festgehalten, dass Inhaber dieser Bewilligung wie eigene Staatsangehörige zu behandeln sind, das betrifft insbesondere den Bezug von Sozialleistungen. Auch regelt die Richtlinie eine bedingte Mobilität gemäß Artikel 14 die innerhalb der Mitgliedstaaten für Inhaber dieses Titels einzuräumen ist.

Der nationale Gesetzgeber hat den Titel in das NAG wie folgt transformiert:

Einem Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 45 Abs 1 NAG der Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EU zu erteilen, wenn dieser bereits fünf Jahre ununterbrochen tatsächlich niedergelassen war. Ebenfalls muss der erste Teil des NAG gegeben sein sowie das Modul II der Integrationsvereinbarung gemäß § 10 IntG erfüllt sein. Der Gesetzgeber regelt weiters gemäß § 45 Abs 2 NAG, dass auch anerkannten Flüchtlingen sowie subsidiär Schutzberechtigten diese Bewilligung eingeräumt werden muss. Ebenfalls finden sich einige komplexe Anrechnungsmöglichkeiten für die Fünfjahresfrist.

3.2.8 Familienangehöriger

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 8 NAG)

Dieser Aufenthaltstitel ist Fremden zu erteilen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind. Zusammenführende im Sinne des NAG sind gemäß § 47 Abs 1 NAG Österreicher, EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauern wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht genutzt haben.

Hinsichtlich der Fragestellung, wann ein Zusammenführender sich auf sein in der Vergangenheit genutztes unionsrechtliches Aufenthaltsrecht beziehen kann hat sich der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren beschäftigt. In dem Fall McCarthy gegen Secretary of State for the Home Department stellte der EuGH fest, dass nach wörtlicher Interpretation der Richtlinie, RL 2004/38/EG darauf ankomme, ob der Zusammenführende sein aus der Richtline ableitbare Rechte genutzt hat.1 Er könne sich nicht darauf berufen, wenn der Unionsbürger, noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat.2 Der Vollständigkeit halber wird noch angemerkt, dass im genannten Fall die Zusammenführende mehrere Staatsangehörigkeiten von Mitgliedsstaaten besaß und nach ihrer Interpretation die Richtlinie anwendbar gewesen wäre um für ihren Drittstaatsangehörigen im Genuss der privilegierten Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltes zu gelangen. Im Sinn der obigen Ausführungen verneinte der EuGH schließlich eine Anwendbarkeit.

3.2.9 Niederlassungsbewilligung – Künstler

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 9 NAG)

Dieser Titel ist gemäß § 43a NAG zu erteilen, wenn der erste Teil des NAG erfüllt ist und der Fremde eine selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit ausüben wird, und diese Tätigkeit überwiegend durch Aufgabe der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist. Der Lebensunterhalt muss ausschließlich durch die künstlerische Tätigkeit bezogen werden.

3.2.10 NB – Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 10 NAG)

Dieser Aufenthaltstitel kann gemäß § 43b NAG für Drittstaatsangehörige für die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit eines bestimmten Arbeitgebers erteilte werden, wenn die Voraussetzungen des ersten Teils erfüllen sowie eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs 2 lit b, c d f g oder i AuslBG oder § 1 Z 1, 2, 4, 7, 8, 9 AuslBG oder die zuständige regionale Geschäftsstelle des AMS bei begründeten Zweifeln auf Anfrage der Behörde das Vorliegen einer Tätigkeit gemäß § 2 AuslBG festgestellt hat.

3.2.11 NB – Forscher

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 11 NAG)

Dieser Aufenthaltstitel kann gemäß § 43c NAG Drittstaatsangehörigen erteilt werden, welche die allgemeinen Erteilungsvoraussetzung erfüllen, eine Tätigkeit ausüben, die vom sachlichen Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen ist und über eine Aufnahmevereinbarung gemäß § 71 Abs. 1 NAG einer Forschungseinrichtung verfügen.

Eine Aufnahmevereinbarung gemäß § 71 Abs. 1 NAG liegt dann vor, wenn auf begründeten Antrag einer Forschungseinrichtung sowie unter Einhaltung von sonstigen bundes- oder landesgesetzlicher Bestimmungen der Betrieb durch den Bundesminister für Inneres zertifizier wird.

3.2.12 Aufenthaltsbewilligung

(Gemäß § 8 Abs 1 Z 11 NAG)

Diese Aufenthaltstitel finden sich im fünften Hauptstück des NAG. Dieser wird für Personengruppen erteilt, die gemäß §§ 2 Abs 3 iVm 8 Abs 1 12 NAG nicht in den Genuss eines zur Niederlassung berechtigten Aufenthaltstitel kommen sollen und damit bloß vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt sein sollen. Diese Differenzierung ermöglicht diese Personengruppen eines längerfristigen Aufenthaltstitel gemäß § 20 Abs 1a NAG sowie den Wechsel zu einem unbefristeten Aufenthaltstitels auszuschließen. Zu dem im 5.Hauptstück, gemäß §§ 58 bis 69 NAG genannten Aufenthaltstiteln zählen Unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer „ICT“, Betriebsentsandte, Selbständige, Sonderfälle unselbständig Erwerbstätigkeit, Schüler, Student, Sozialdienstleistende sowie Familiengemeinschaft (das sind deren Familienangehörige).

3.3 Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts

Bei diesem Dokument ist darauf hinzuweisen, dass sich dieses um eine deklarative Bewilligung handelt. Die einzelnen Dokumentationen des Unionsrechtlichen Aufenthaltes lauten gemäß § 9 NAG wie folgt.

Da es sich wie eingangs festgehalten nicht um konstitutive Bewilligungen handeln erwachsen aus diesen keine Rechte. Wird eine der nachfolgenden deklarativen Bestätigungen nicht fristgerecht beantragt so begeht der betroffene lediglich eine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 77 Abs 1 Z 4 NAG. Bestätigungen dieser Art werden hauptsächlich für die Vorsprache bei anderen Behörden benötigt.

3.3.1 Anmeldebescheinigung

(Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 NAG)

Einem EWR-Bürger ist auf Antrag einer Anmeldebescheinigung gemäß § 52 NAG iVm RL 2004/38/EG auszustellen. Hierbei haben diese bekanntzugeben, ob sie zum Zwecke der Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständige zuwandern. Ebenfalls ist ein Nachweis darüber zu erbringen, dass über ausreichende Existenzmittel und ein umfassender Krankenversicherungsschutz besteht ohne, dass während ihres Aufenthaltes Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage in Anspruch genommen werden muss. Gleiches gilt für Personen, die zu Ausbildungszwecken gemäß § 51 Abs 3 NAG zuwandern. Angehörigen können gemäß § 52 NAG ebenfalls Anmeldebescheinigungen ausgestellt werden.

3.3.2 Aufenthaltskarte

(Gemäß § 9 Abs 1 Z 2 NAG)

Einem Drittstaatsangehörigen, welcher Angehörige eines EWR-Bürgers ist, ist gemäß § 54 Abs 1 NAG iVm RL 2004/38/EG auf Antrag eine Aufenthaltskarte auszustellen.

Dies gilt gemäß § 57 NAG auch für Angehörige von Österreichern, welche in der Vergangenheit ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben bzw. ein Grenzüberschreitender Bezug vorliegt.

3.3.3 Bescheinigung des Daueraufenthalts

(Gemäß § 9 Abs 2 Z 1 NAG)

EWR-Bürgern, welche bereits seit fünf Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufhältig sind, kann gemäß §53a NAG eine Bescheinigung des Daueraufenthaltes erteilt werden.

Diese Bescheinigung kann auch beantragt werden, wenn eine Anmeldebescheinigung gänzlich nicht beantragt wurde.

3.3.4 Daueraufenthaltskarte

(Gemäß § 9 Abs 2 Z 2 NAG)

Ähnlich wie bei der Bescheinigung des Daueraufenthaltes für EWR-Bürgern kann Drittstaatsangehörigen gemäß § 54a NAG eine Daueraufenthaltskarte ausgestellt werden, sofern sie unterbrochen im Bundesgebiet aufhältig waren.

3.4 Erstantragsverfahren

Die zuständige Niederlassungsbehörde hat bei Erstantragsverfahren einen begehrten Aufenthaltstitel mittels Bescheid zu versagen, wenn die Allgemeinen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gemäß § 11 NAG nicht vorliegen. Im Falle dieser Versagung hat die Behörde den gesamten Sachverhalt, das Vorbringen sowie die darüber vorgenommenen Feststellungen samt einer allfälligen Gefährdungsprognose (siehe Kapitel 3.7) abzubilden. Eine obligatorische Gesamtabwägung muss in jedem Fall vorgenommen werden. Die bloße Zitierung von Rechtsätzen des VwGH bzw. VfGH genügt dieser Voraussetzung nicht.3 4

3.4.1 (Ausländische) Verurteilungen

Auskunft über eine etwaige strafrechtliche Verurteilung erteilt der Fremde durch seinen Erstantrag selbst, in welchem er ein Leumundszeugnis aus seinem Herkunftsland bzw. Staat, in welchem er sich vor der Antragstellung befand erbringt. Dabei handelt es sich nicht um ein Erfordernis, welches dem Fremden durch die NAG-DV auferlegt wird, sondern einer Aufforderung des Ermittlungsverfahren der Niederlassungsbehörde gemäß § 45 Abs 2 AVG. Eine Zurückweisung im Sinne des § 13 Abs 3 AVG ist bei Nichtvorlage nicht vorgesehen. Die Auskunft über inländische Verurteilungen erhält die Niederlassungsbehörde gemäß § 37 Abs 1 NAG über Abfragen aus dem Strafregister. Ebenfalls erlangt die Niederlassungsbehörde allfällige Hinweise auf eine strafrechtliche Verurteilung durch Ausschreibungen im SIS II, dem Schengener Informationssystem.5 Dieses dient vor allem für die Ausschreibung von Einreise- bzw. Aufenthaltsverboten (siehe Kapitel 5.3 sowie 5.5).6

Ob die Verurteilung nunmehr im NAG-Verfahren Berücksichtigung zu finden hat hängt von folgenden Umständen ab. Gemäß § 73 StGB sind ausländische Verurteilungen wie inländischen gleich zu beurteilen, sofern diese auch nach österreichischen Recht gerichtlich strafbar sind und in einem den Grundsätzen des Art 6 EMRK entsprechenden Verfahren ergangen sind. Zu diesen Grundsätzen zählt das sogenannt faires Verfahren.7 Die Verfahrensgarantien konstituieren sich aus eine Reihe von Teilgarantien, die im Wesentlichen eine Waffengleichheit zwischen den Angeklagten und dem Ankläger zu ermöglichen.8 Zu diesen Teilgarantien gehört aber auch das Recht auf Akteneinsicht, der Anspruch auf ein rechtliches Gehör sowie das Recht auf eine Begründung von Entscheidungen.9 Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat zusätzlich weitere Grundsätze gebildet, wie nemo tenetur – das Recht sich nicht selbst belasten bzw. nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen.10 Die Einhaltung der Grundsätze liegt jedenfalls nicht vor, wenn die Entscheidung im Ergebnis willkürlich oder nicht nachvollziehbar ist.11 Ist der verurteilende Staat der EMRK beigetreten, so kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Grundsätze des Art 6 EMRK eingehalten wurden.12 13 Der VwGH unterstreicht in diesem Zusammenhang die Relevanz des Grundsatzes ne bis in idem, welches zwangsläufig auf gegenseitiges Vertrauen der Vertragsstaaten in ihren jeweiligen Strafjustizsystemen sowie deren geltendes Strafrecht akzeptiert.14 Dies auch, wenn mit der Anwendung des nationalen Rechts eine andere Entscheidung getroffen hätte werden können.15 Die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichtsbarkeit berücksichtigt jedoch auch den Sonderfall, dass bei dem Hervorkommen von Hinweisen einer nicht korrekten Anwendung des Artikel 6 EMRK (in dem ausländischen Schuldspruch) auch eine Verurteilung negiert werden kann.16 Daraus folgt, dass in diesen Fällen eine Beweislastumkehr entsteht, weil der Antragsteller offenkundig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Behauptet dieser nun, dass er im Strafverfahren keine Fairness erfahren hat, so hat er dies vorzubringen und gegebenenfalls nachzuweisen (denkbar in diesem Zusammenhang z.B. mittels Aktenvermerken, Notizen, Tagebücher, Zeugen usw.). In der Bewertung hat das ganze Strafverfahren samt polizeilicher Einvernahmen sowie allfällige Rechtsmittelverfahren einzufließen.17

Dies hat auch in einem Niederlassungsverfahren Relevanz. Ergeben sich hierfür tatsächlich Hinweise so hat die Verwaltungsbehörde bzw. das Verwaltungsgericht im Sinne ihrer Ermittlungstätigkeit und folglich in der freien Beweiswürdigung darauf Rücksicht zu nehmen. Eine präzise Rechtsprechung hinsichtlich dieser Fragestellung der Verwaltungsgerichtsbarkeit findet sich (noch) nicht. Hinsichtlich der Zurückweisung von Asylwerbern haben sich die Höchstgerichte bereits damit auseinandersetzen müssen ob in einzelnen EU-Mitgliedstaaten grundsätzliche systemische Mängel bestehen.18 Der EGMR urteilte im Zusammenhang mit einer Asylzurückweisung in Verbindung mit einer Zuständigkeitsannahme von Griechenland, dass eine Konventionswidrigkeit vorliegt, wenn der Beschwerdeführer keine oder nur eine mangelhafte Rechtschutzmöglichkeiten vorfindet.19 Der EGMR geht in dieser Entscheidung noch einen Schritt weiter und vertritt die Auffassung, dass die bestehenden Mängel im (Rechtschutz-)System in Griechenland den belgischen Behörden hätten bekannt sein müssen und daher eine Zuständigkeitsänderung im Vorhinein nicht in Betracht hätte ziehen dürfen.20 Daraus folgt, dass auch ein EU-Mitgliedsstaat, welcher trotz ordnungsgemäßer Ratifizierung der EMRK aufgrund seiner mangelnden Rechtschutzinstrumente in seinen Verfahren als konventionswidrig klassifiziert werden kann. Die kursorische Betrachtung der Verurteilungen von Mitgliedsstaaten des Europarates lässt aus der Sicht des Autors dieser Thesis für sich allein trotzdem noch nicht zum Entschluss gelangen, dass eine ständige Konventionswidrigkeit vorliegt und die ausländische Verurteilung damit belanglos ist. Wie bereits angemerkt, kann bzw. muss ein solcher Umstand jedoch sehr wohl im Wege der freien Beweiswürdigung in das Verwaltungsverfahren einfließen.

Allgemein ist bei der Bewertung dieser Bestimmung weniger relevant, ob sich die gesetzlichen Tatbestände oder Qualifikationen im Vergleich zum österreichischem Strafrecht ähneln, sondern vielmehr der zugrunde liegende Sachverhalt im Inland zu einer Verurteilung geführt hätte.21 War die begangene Tat zum Tatzeitpunkt nach der österreichischen Rechtslage noch nicht strafbar bzw. nicht mehr mit Strafe bedroht, so ist diese nicht zu erfassen.22 Für diese Bewertung ist unerheblich ob diese Verurteilung in einem Drittland oder einem EU-Mitgliedsstaat erfolgte.23

Eine Verurteilung aus dem Ausland ist unbeachtlich bzw. nicht mehr relevant, wenn sie nach österreichischen Recht bereits einer Tilgung zugänglich wäre.24 25

3.4.2 Erteilung im Zuge eines Erstantragsverfahrens

Beabsichtigt die Behörde das Verfahren zu Gunsten des Aufenthaltstitelwerbers zu entscheiden, so reicht ein bloßer Aktenvermerk über eine vorgenommene Prognoseentscheidung aus. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 NAG von der üblichen Bescheidausfertigung gemäß § 58 AVG abweicht. Das bedeutet, dass der Aufenthaltstitelwerber über den positiven Ausgang zwar zu verständigen ist, jedoch nicht mittels Bescheid. Hierfür hat der Gesetzgeber einen Verordnungsvorbehalt erlassen, der dem Bundesminister für Inneres einräumt, das Aussehen und den Inhalt eines Aufenthaltstitels zu bestimmen. Damit ist die Behörde jedoch nicht von der bereits erwähnten nachvollziehbaren Dokumentation entbunden. Gelingt es der Behörde schließlich nicht, in einem konkreten Fall, einen nachvollziehbaren und somit überprüfbaren Verwaltungsakt zu erlassen so liegt ein schwerer Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung eines (angefochtenen) Bescheides führen muss.26

3.5 Verlängerungsverfahren

Tritt der Fremde innerhalb seines legal befristeten Aufenthaltsrecht strafrechtlich in Erscheinung so bleibt der Niederlassungsbehörde eine materielle Versagung verwehrt. Die Niederlassungsbehörde hat in ihrem Ermittlungsverfahren gemäß § 37 Abs 5 NAG die Berechtigung auf rechtmäßige Daten des Bundes, der Länder sowie der Gemeinden zuzugreifen. Dies beinhaltet damit die geführten Daten des Strafregistergesetzes abzufragen sowie folglich auszuwerten. Ebenfalls sind Strafgerichte zur Übermittlung von Anklageerhebungen, rechtskräftige Verurteilungen unter Anschluss der Urteilsausfertigung, die Verhängung und Aufhebung der Untersuchungshaft gemäß § 37 Abs 3 NAG verpflichtet. Diese Verpflichtung erstreckt sich auch auf Strafvollzugsanstalten und gerichtliche Gefangenenhäuser, die den Antritt und das Ende einer Freiheitsstrafe von Fremden zu melden haben.

Der Gesetzgeber hat für solche Fälle vorgesehen, dass die Niederlassungsbehörde gemäß § 25 NAG das zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über den Sachverhalt in Kenntnis zu setzen hat. Erhält die Niederlassungsbehörde eine begründete Stellungahme, so hat sie dem Antragsteller diese zur Kenntnis zu bringen, in welche hervorgeht, warum die beabsichtigte Maßnahme unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens für zulässig erscheint. Diese Mitteilung ist mit dem Hinweis zu versehen, dass der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen eine Äußerung abgeben kann. Nach Ablauf der Frist hat die NAG-Behörde gegebenenfalls unter Anschluss der Stellungnahme das BFA zu verständigen. Die Niederlassungsbehörde hat dann das Maßnahmenverfahren abzuwarten. Diesfalls gilt das Verfahren gemäß § 8 VwGVG als gehemmt.

Wird diese Mitteilung nach Beendigung eines Niederlassungsverfahrens der Behörde übermittelt, so besteht für diese keine Möglichkeit in das Aufenthaltsrecht einzugreifen. Diesfalls kann Sie nur das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hierüber verständigen und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme anregen. Zu der Führung eines Verfahren gemäß § 25 NAG ist sie wegen Ermangelung eines aufrechten Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG nicht in der Lage. In diesem Fall eignet sich unter Umständen ein Zuwarten auf ein Verlängerungsverfahren, und folglich die Eröffnung eines Verfahrens gemäß § 25 NAG.

3.5.1 Versagungskompetenz

Der Niederlassungsbehörde kommt wie bereits ausgeführt, in Bezug auf das Hervorkommen einer strafrechtlichen Verurteilung keine Versagungskompetenz zu. Nur bei Wegfall der besonderen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 24 Abs 3 NAG steht der Niederlassungsbehörde eine unmittelbare Versagungskompetenz zu. Das sind vor allem Fälle bei denen die sogenannten besonderen Erteilungsvoraussetzung, wie sie für Aufenthaltstitel nach dem 5. Hauptstück vorgesehen sind weggefallen sind. Beantragt damit beispielsweise ein straffällig gewordener Fremder, welche Inhaber der Bewilligung Student gemäß § 64 NAG ist einen Verlängerungsantrag, ohne über einen Studienerfolg oder einer laufenden Inskriptionsbestätigung zu verfügen so ist der Antrag ohne weiteres gemäß § 25 Abs 3 NAG abzuweisen.

3.5.2 Bewilligungskompetenz

Ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung obliegt dem BFA. Eine Bewilligungskompetenz steht der NAG-Behörde jedoch gemäß § 11 Abs 3 NAG iVm Art 8 EMRK in diesen Fällen immer zu. So hat die Behörde mithilfe des Kriterienkataloges welcher durch den Gesetzgeber im § 11 Abs 3 NAG implementiert wurde eine Interessensabwägung vorzunehmen. Auch hier gilt, dass der erhobene Sachverhalt sowie die rechtliche Beurteilung sich in einer nachvollziehbaren und überprüfbaren Dokumentation wiederzufinden müssen. Wurde bereits einmal ein Verfahren gemäß § 11 Abs 3 NAG stattgegeben so ist auch im Falle eines Verlängerungsantrages der Antrag, ohne konkreter materieller Prüfung abermals zu genehmigen, sofern sich maßgebliche Umstände nicht zu Ungunsten des Fremden verändern. Eine maßgebliche Veränderung zu Ungunsten des Fremden wäre beispielsweise eine (erneute) strafrechtliche Verurteilung oder ein sonstiges Fehlverhalten (siehe Kapitel 3.7) des Fremden, wie das Verletzten von sonstigen fremdenrechtlichen Vorschriften.

[...]


1 EuGH 05. 05. 2011, C‑434/09, RZ 57.

2 EuGH 05. 05. 2011, C‑434/09, RZ 57.

3 Wojslaw, Die Verwirklichung eines Bleiberechts in Österreich gemäß Artikel 8 EMRK unter Berücksichtigung von ausgewählten Sachverhalten1 (2019) 76.

4 VwGH 19. 02. 2015, Ra 2014/21/0064.

5 Eberwein/Pfleger, Fremdenrecht für Studium und Praxis3 (2014) 73.

6 Eberwein/Pfleger 73.

7 Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6 (2016) 507.

8 Grabenwarter/Pabel 507.

9 Grabenwarter/Pabel 507.

10 Grabenwarter/Pabel 507.

11 Grabenwarter/Pabel 507.

12 OGH 04. 11. 2016, 12 Os 77/16i.

13 VwGH 23. 05. 2007, 2005/04/0196.

14 VwGH 15. 07. 2015, Ro 2014/09/0064.

15 VwGH 15. 07. 2015, Ro 2014/09/0064.

16 OGH 02. 04. 2019, 11 Os 22/19y.

17 EGMR 16. 12. 1992, 13071/87, Edwards/Vereinigtes Königreich, RZ 34.

18 Gachowetz/Schmidt/Simma, Asyl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA (2017) 58–76.

19 EGMR 21. 01. 2011, 30696/09, MSS/Belgien und Griechenland, RZ 16.

20 EGMR 21. 01. 2011, 30696/09, MSS/Belgien und Griechenland, RZ 16.

21 VwGH 23. 05. 2007, 2005/04/0196.

22 VwGH 26. 04. 2005, 2002/21/0073.

23 VwGH 26. 04. 2005, 2002/21/0073.

24 OGH 17. 02. 1994, 15Os189/93.

25 VwGH 23. 05. 2007, 2005/04/0196.

26 VwGH 20. 06. 1995, 94/13/0201.

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen einer strafrechtlichen Bescholtenheit auf ein Aufenthaltsrecht in Österreich
Hochschule
Donau-Universität Krems - Universität für Weiterbildung
Note
2
Autor
Jahr
2020
Seiten
61
Katalognummer
V899708
ISBN (eBook)
9783346229847
ISBN (Buch)
9783346229854
Sprache
Deutsch
Schlagworte
NAG, AsylG, Ausländerrecht, Fremdenrecht, öffentliches Recht, Verwaltungsrecht, strafrechtliche Verurteilung, Aufenthaltstitel, Strafrecht, Bleiberecht, Kriminalität, Gericht, Aufenthaltsrecht, Österreich
Arbeit zitieren
Oscar Wojslaw-Esperi (Autor:in), 2020, Die Auswirkungen einer strafrechtlichen Bescholtenheit auf ein Aufenthaltsrecht in Österreich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/899708

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