Berechnungsgrundlagen der deutschen LKW-Maut im Kontext der Wegerechnungsdiskussion


Seminararbeit, 2005

17 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Ziele von Wegerechnungen
2.2 Klassifikation von Wegerechnungstypen
2.2.1 Verkehrsträgerinterne vs. Verkehrsträgerübergreifende Wegerechnung
2.2.2 Bottom Up-Ansatz vs. Top Down-Ansatz
2.2.3 Kosten- vs. Ausgabenorientierte Rechnung
2.2.4 Globalrechnung vs. Kategorialrechnung
2.2.5 Weitere Einflussgrößen

3. Berechnungsgrundlagen der deutschen LKW-Maut
3.1 Ziele, Annahmen und Rechnungsprinzipien
3.2 Gebührenerhebung auf betriebswirtschaftlicher Kostenbasis
3.3 Bestimmung der Gesamtkosten
3.4 Zurechnung der Kosten auf die Fahrzeugkategorien

4. Deutsche LKW-Maut – fair und effizient oder Provisorium?

5. Schlussbemerkung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Seit dem 1. Januar 2005 wird, wie 2001 im Bundestag verabschiedet, nach etlichen vor allem technischen Anlaufschwierigkeiten auf deutschen Bundesautobahnen eine fahrleistungsabhängige Benutzungsgebühr (Maut) erhoben. Dem Bund sind dadurch im ersten Monat bereits 209 Mio. € zugeflossen.[1] Die vorliegende Arbeit untersucht inwieweit die Berechnung der Mauthöhe mit Ergebnissen der wissenschaftlichen Diskussion um Wegerechnungen zu vereinen ist. Dazu wird in Kapitel 2 zunächst ein Überblick über mögliche und anzustrebende Ausgestaltungen von Wegerechnungen gegeben (Soll-Zustand), bevor in Kapitel 3 die tatsächliche Berechnung erläutert wird (Ist-Zustand). In Kapitel 4 erfolgt dann eine kritische Gegenüberstellung (Soll-Ist-Vergleich).

2. Theoretische Grundlagen

2.1 Ziele von Wegerechnungen

Ergebnisse von Wegerechnungen sind stark abhängig von den zugrunde gelegten Rechungsverfahren, -prinzipien, verwendeten Einflussgrößen und deren Höhe. Sinnvollerweise sollte die Zielsetzung der Rechnung deren Ausgestaltung be-stimmen. Methodenfestlegungen ohne gleichzeitige Angabe der Rechnungsziele verringern die Beurteilungsfähigkeit und Plausibilität der Rechnung.[2] Es sind fol-gende grundlegende Zielsetzungen zu unterscheiden, die jeweils unterschiedliche Ausgestaltungen erfordern:[3]

- Ermittlung der in der Verkehrsinfrastruktur gebundenen Ressourcen[4]
- Ermittlung der Erlös-Kosten-Situation für die Bereitstellung der Verkehrswege[5]
- Ermittlung des Finanzierungsbeitrags der Verkehrsinfrastrukturnutzer[6]

Die Ziele der Wegerechnungen lassen sich darüberhinaus hinsichtlich ihres zeit-lichen Bezugs in retrospektive (vergangenheitsbezogene) und prospektive (zu-kunftsgerichtete) Ziele systematisieren. Retrospektive Zielsetzungen im Sinne einer ex post-Kontrolle (z.B. Ermittlung von Deckungsgraden) dominieren dabei, während prospektive Zielsetzungen – ex ante – auf Prognose und Planung, etwa der Ermittlung von Preisen oder das Aufzeigen künftigen Handlungsbedarfs, bei-spielsweise bei Investitionen in die Infrastruktur, setzen.[7]

2.2 Klassifikation von Wegerechnungstypen

2.2.1 Verkehrsträgerinterne vs. Verkehrsträgerübergreifende Wegerechnung

Wegerechnungen lassen sich hinsichtlich der Betrachtungsbreite zunächst grob in verkehrsträgerübergreifende (sog. vergleichende) und verkehrsträgerinterne Wegerechnungen klassifizieren.[8] Vergleichende Wegerechnungen versuchen im Kontext intermodaler Wettbewerbsbedingungen einheitliche Kriterien für Berech-nungen verschiedener Verkehrsträger zu finden und sie so vergleichbar zu machen. Verkehrsträgerinterne Wegerechnungen stellen nur jeweils auf einen Verkehrsträger ab und stehen daher im Mittelpunkt dieser Arbeit.

2.2.2 Bottom Up-Ansatz vs. Top Down-Ansatz

Grundsätzlich lassen sich Wegerechnungen nach dem mikroökonomischen Bottom up-Ansatz und nach dem makroökonomischen Top down-Ansatz durch-führen. Beim Bottom up-Prinzip sollen, von einzelnen Produktionsfunktionen aus-gehend, Kostenfunktionen abgeleitet und gesamtwirtschaftlich aggregiert werden. Umgekehrt geht das Top down-Prinzip von gesamtwirtschaftlichen Größen aus, die dann möglichst verursachungsgerecht auf Nutzergruppen verteilt werden.[9] Die Verwendung des Bottom up-Prinzips wäre generell wünschenswert, da sie in der Theorie überlegen ist. Praktisch finden die Rechnungen allerdings fast immer Top down statt, da die erforderlichen Daten zur Herleitung der komplexen Produk-tionsfunktionen fehlen.[10]

2.2.3 Kosten- vs. Ausgabenorientierte Rechnung

Wegerechnungen lassen sich in betriebswirtschaftliche, finanzwissenschaftliche und volkswirtschaftliche Rechnungen differenzieren.[11] Letztere stellen die um-fangreichsten Rechnungen dar, da sie sämtliche verkehrswegebezogenen Kosten, Ressourcenverzehr und soziale Zusatzkosten/-nutzen (externe Effekte), zu be-rücksichtigen versuchen.[12] Diese Kostengrößen sind aber weitgehend unbekannt und eine ausreichend differenzierte Anlastung quasi unmöglich.[13] Finanzwissen-schaftliche Rechnungen als rein pagatorische Rechnungen, stellen Be- und Entlastung des Haushalts in Form von Ausgaben und Einnahmen gegenüber.[14] Betriebswirtschaftliche Wegerechnungen unterstellen der Verkehrsinfrastruktur Eigenschaften eines privatwirtschaftlichen Gutes und dem Staat dementsprech-ende Unternehmertätigkeit (Betriebsfiktion), zwar nicht mit dem Ziel der Gewinn-maximierung, wohl aber der Deckung sämtlicher, nach betriebswirtschaftlichen Methoden berechneten Kostengrößen, also unter Einbeziehung kalkulatorischer Abschreibungen (Werteverzehr) und Zinsen (im Sinne von Opportunitäts-kosten).[15] Für die Einnahmenseite ist diese Unterscheidung unerheblich.[16] Nur bei begründeter Unternehmerfiktion kann der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff verwendet werden. Dafür müssten sich sämtliche Entscheidungen „in einem marktwirtschaftlichen Umfeld nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vollziehen.“[17] De Facto erfolgt die Infrastrukturplanung und –bereitstellung aber nicht aus marktstrategischen Überlegungen, keine zahlungsbereiten Nachfrager bestim-men (mit) über Erhaltung oder Ausbau, sondern vielmehr politische Zielsetz-ungen und Abstimmungen im Parlament.[18] Im Zuge einer Wegekostenrechnung mit dem Ziel der Kostenanlastung an die Benutzer der Verkehrsinfrastruktur ange-setzte kalkulatorische Zinsen auf das gesamte noch nicht abgeschriebene Stras-senkapital würden dem Staat durch die Infrastrukturbereitstellung beachtliche Ge-winne einbringen und sind deshalb abzulehnen.[19] Selbst wenn, wie in Berechnung des DIW für das Jahr 1997, die kalkulatorischen Zinsen mit 2,5% verhält-nismäßig niedrig gewählt werden, erreichen sie einen Anteil an den Gesamt-kosten von über 40%.[20] Auch die Begründung, die kalkulatorischen Zinsen ent-sprächen einer sozialen Zeitpräferenzrate im Sinne einer Minderschätzung künft-iger Bedürfnisse ist problematisch und liefert keine Rechtfertigung zur Anlastung kalkulatorischer Zinsen.[21] Hinzu kommt die Irreversibilität der Infrastruktur, eine alternative Verwendung des gebundenen Kapitals ist ex post nicht mehr gegeben, so dass Investitionsausgaben vergangener Perioden überwiegend sunk costs dar-stellen, für die weder kalkulatorische Abschreibungen noch Zinsen zu verrechnen sind.[22] Solange sich die Infrastruktur nicht tatsächlich in den Händen von Privat-anbietern (Betreibermodelle, Privatisierung der Autobahnen o.Ä.) befindet, sind also Ausgabenrechnungen zu wählen.[23] Im Folgenden wird deshalb der Begriff Ausgaben verwendet. Die nachfolgend genannten Probleme gestalten sich für Kostenrechnungen, zusätzlich zu Ihren speziellen Problemen, analog.

[...]


[1] Vgl. o.V. (2005), S. 13

[2] Vgl. Holocher, K.H. (1988), S. 38

[3] Vgl. Hennecke, R. (2003), S. 67

[4] Vgl. Aberle, G., Holocher, K.H. (1984), S. 3

[5] Vgl. Aberle, G., Holocher, K.H. (1984), S. 3

[6] Vgl. Aberle, G., Holocher, K.H. (1984), S. 5

[7] Vgl. Holocher, K.H. (1988), S. 42

[8] Vgl. Hennecke, R. (2003), S. 68

[9] Vgl. Hennecke, R. (2003), S. 69

[10] Vgl. Hennecke, R. (2003), S. 69

[11] Vgl. Holocher, K.H. (1988), S. 44

[12] Vgl. Hennecke, R. (2003), S. 70

[13] Vgl. Eisenkopf, A. (1999), S. 68

[14] Vgl. Holocher, K.H. (1988), S. 45 sowie Hennecke, R. (2003), S. 71

[15] Vgl. Holocher, K.H. (1988), S. 45

[16] Vgl. Aberle, G., Holocher, K.H. (1984), S. 17

[17] Hennecke, R. (2003), S. 75

[18] Vgl. Aberle, G., Holocher, K.H. (1984), S. 18

[19] Vgl. Holocher, K.H. (1988), S. 108

[20] Vgl. Aberle, G. (2003), S. 397

[21] Vgl. Aberle, G., Engel, M. (1992a), S. 15-16

[22] Vgl. Eisenkopf, A. (2002), S. 47 sowie Aberle, G., Engel, M. (1992a), S. 34, die zeigen, dass die Notwendigkeit, Abschreibungen zur Glättung schwankender Investitionsausgaben zu verwenden, nicht gegeben ist.

[23] Vgl. ergänzend Hennecke, R. (2003), S. 75-81, der für die Kriterien Planungsverantwortung, Finanzierungsverantwortung und Opportunitätskosten beim Status Quo der Wegevorhaltung jeweils die Unternehmerfiktion ablehnt.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Berechnungsgrundlagen der deutschen LKW-Maut im Kontext der Wegerechnungsdiskussion
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre I)
Veranstaltung
Transportwirtschaftliches Seminar
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V90038
ISBN (eBook)
9783638037204
ISBN (Buch)
9783638934589
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berechnungsgrundlagen, LKW-Maut, Kontext, Wegerechnungsdiskussion, Transportwirtschaftliches, Seminar
Arbeit zitieren
René Romero-Bastil (Autor:in), 2005, Berechnungsgrundlagen der deutschen LKW-Maut im Kontext der Wegerechnungsdiskussion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90038

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