Das Heinrichslied "De Heinrico" aus den "Carmina Cantabrigiensia". Interpretation sowie historische Verortung


Hausarbeit, 2019

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Einf ührende Informationen zu De Heinrico
1.1 Form und Sprache
1.2 Struktur und knappe Inhaltsangabe

2 Zur Hauptfragestellung
2.1 Bezugnahme auf die Haupthinweise
2.2 Deutungen der Kernszene
2.3 Die Zeitebenen
2.4 Ein weiterer Heinrich
2.5 Historische Ereignisse als m ögliche Grundlage
2.6 Ein tr ügerischer Fehler und seine forschungsgeschichtlichen Auswirkungen
2.7 Die Korrektur des Fehlers
2.8 Ein erneutes Aufleben der alten Ansicht
2.9 In welche Richtung hat sich die Forschung entwickelt?
2.10 Abkehr von singul ärem Ereignis

3 Weitere, erg änzende Gesichtspunkte der Entstehung von De Heinrico
3.1 Der Auftraggeber
3.2 Entstehungszeit und unmittelbare Wirkung

Fazit

Einleitung

Das Heinrichslied De Heinrico1 handelt in erster Linie von zwei Herrschern, einem namensgebenden Heinrich und einem Otto. Doch ist es möglich, die Protagonisten in einem realhistorischen Kontext zu verorten? Der Versuch, diese Frage zu beantworten, wird Gegenstand der vorliegenden Hausarbeit sein. Hierbei wird einführend zunächst einmal auf allgemeine Informationen zu De Heinrico eingegangen, Form, Sprache und Struktur erläutert und im Folgenden werden dann verschiedene mögliche Gesichtspunkte der Klärung der Fragestellung untersucht. Vorweg sei gesagt, dass die Problematik in der Forschung keine neue ist und bereits von einigen Autoren bearbeitet wurde, welche teilweise zu unterschiedlichen Schlüssen kommen. Auch die Veröffentlichungszeit der wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema spielt eine Rolle, da dabei von unterschiedlichen Forschungsständen ausgegangen wird. Im Anschluss an den Versuch der Beantwortung der Hauptfragestellung der Hausarbeit sollen daraus resultierend noch ergänzend weitere Gesichtspunkte bezüglich des Heinrichslieds geklärt werden, konkret die Fragen nach Auftraggeber, Entstehungszeit und unmittelbarer Wirkung von De Heinrico.

Die in dieser Hausarbeit genutzte Primärtextgrundlage stellt die in der Monumenta Germaniae Historica enthaltene, 1993 veröffentlichte Version dar, ein unveränderter Nachdruck der 1926 erschienenen und von Karl Strecker herausgegebenen Ausgabe.

1 Einf ührende Informationen zu De Heinrico

Das Lied2 De Heinrico stellt einen Teil der Cambridger Lieder dar. Die Sammlung Cambridger Lieder ist auch als Carmina Cantabrigiensia bekannt. Es handelt sich dabei um einen Vorgänger der Carmina Burana, welche im Allgemeinen einen höheren Bekanntheitsgrad erlangen konnten. (vgl. Herweg 2013: 148)3. Auf formaler Ebene stellt die Zusammenstellung eine Sequenz dar (vgl. Schiewer 2003: 74). Herweg (2002: 252) bezeichnet „[d]as Form- und Themenspektrum der Lieder [als] beeindruckend, vielfältig und heterogen“. Fürstenpreis und Liebesdichtung bilden sammlungsintern schwerwiegende Themenbereiche der Zusammenstellung (vgl. Schiewer 2003: 77). Eine Ordnung innerhalb der Textabfolge ist nicht zu erkennen (vgl. Schiewer 2003: 78). So „[wechseln] Geistliches, Fürstenpreis, Totenklage, Weltliches, Liebeslied, Belehrendes, Antikes und Musiktheoretisches […] in bunter Reihenfolge.“ (Schiewer 2003: 78). Die Handschrift der Sammlung ist sehr unkenntlich und an einer Stelle komplett zerstört (vgl. Fried 1998: 22). Die Cambridger Lieder wurden nicht nach dem Ort ihrer Niederschrift, sondern nach ihrem Aufbewahrungs- und Fundort benannt (vgl. Herweg 2002: 251).

De Heinrico wurde in lateinisch-deutscher Mischsprache verfasst. Die Abfassung fand wahrscheinlich um die Jahre 986/1039 herum im rheinischen Raum statt (vgl. Herweg 2013: 148). Das Gedicht wurde 1720 von Johann Georg Eccard4 entdeckt. Diesem Historiker und Sprachforscher ist unter anderem auch die Kenntnis des Hildebrandsliedes zuzuschreiben

1.1 Form und Sprache

De Heinrico setzt sich aus acht Strophen zusammen. Diese enthalten jeweils drei bis vier Reimpaare. Jener Aufbau hat nicht nur eine formale Funktion, sondern er unterteilt das Geschriebene auch inhaltlich (vgl. Herweg 2013: 148). Wie bereits angemerkt, enthält der Text eine lateinisch-deutsche Mischsprache. Diese gestaltet sich wie folgt: Die Anverse sind in lateinischer Sprache verfasst, während die Abverse im Althochdeutschen auftreten (vgl. Herweg 2013: 148). Jeweils ein lateinischer An- und ein althochdeutscher Abvers sind zu einer Langzeile zusammengefügt worden. Dies wurde mittels der Verwendung von Reimen durchgeführt. Die lateinischen Kurzzeilen sind nach dem Vorbild der deutschen konstruiert worden. Bei den Reimen handelt es sich um sehr unreine Vertreter ihrer Art. Sie sind einsilbig (vgl. Strecker 1993: 60). Lediglich an drei Textstellen vermischen sich die Sprachen direkt und greifen ineinander über. Dieser Umstand tritt in den Versen 7, 22 und 27 auf (vgl. Herweg 2013: 148). Es handelt sich um einen zwar schon ungewöhnlichen, aber nicht einzig-artigen Fall sogenannter makkaronischer Dichtung. So gibt es eine ähnliche Versgestaltung auch in den Carmina Burana (vgl. Herweg 2002: 248). Charakteristisch für das Lied ist eine einfache Ausdrucksweise, welche an einen politischen Geschäftston erinnert (vgl. Herweg 2013: 148). Der Rezipient erlebt die Handlung von De Heinrico aus einer rückblickenden Perspektive. Dies lässt sich an den Tempora der Verben bestimmen (vgl. Fried 1998: 24).

Eine dialektgeographische Einordnung des Gedichts gestaltet sich als schwierig. Dies liegt an verschiedenen Umständen (vgl. Herweg 2002: 238). Hierbei wäre zum Beispiel die Tatsache zu nennen, dass es nach Herweg (2002: 238) aufgrund der ursprungsfernen Herkunft der Handschrift mehrere Überlieferungsstufen gibt, nämlich mindestens drei. Herweg (2013: 148) schränkt seine einige Jahre vorher eigens getroffene Aussage allerdings etwas ein, wenn er von einer „mögliche[n] Überlieferungsferne“ und davon, dass „v.a. ältere Interpreten von mehreren Zwischenstufen bis zur erhaltenen Abschrift aus[gingen]“ schreibt. Weitere Probleme bei der dialektgeographischen Einordnung liegen in der genutzten Mischung aus zwei Sprachen, der niedrigen Anzahl an möglichen Vergleichswerken aus dieser Zeit und der allgemeinen Kürze des Textes (vgl. Herweg 2013: 148). Den Forschungsergebnissen von Schiewer (2003: 86) folgend, lässt sich die These anbringen, dass die Zweisprachigkeit auf die Möglichkeit einer Repräsentation der Mündlichkeit durch das Deutsche und der Schriftlichkeit durch das Lateinische hindeutet.

Über die Stufen zwischen anfänglicher Mündlichkeit und vollendeter Schriftlichkeit lassen sich keine treffsicheren Fakten aufstellen: „Die vorauszusetzenden Zwischenstufen zwischen Entstehung und Niederschrift5 hüllen sich in Dunkelheit“ (Fried 1998: 22). Der letzte Schreiber und der Dichter des Werks entstammen wohl nicht dem gleichen Dialektraum. Einer ist im Oberdeutschen zu verorten, der andere im Mittel- oder Niederdeutschen. Als Ursprungsdialektgebiet standen zum Beispiel Thüringen, Bayern, Sachsen, Köln und Aachen zur Debatte (vgl. Herweg 2013: 148).

Für ein altsächsisches Original und eine mittelfränkische Abschrift setzte sich auf moderate Art und Weise Thomas Klein (1990)6 ein. Er zog als erster in einer solchen Konsequenz eine klare Linie bezüglich der Methodik zwischen den Positionen des Binnentexts und der Reime. So ordnete er den Reimformen einen altsächsischen Stand und den Binnenformen einen altsächsischen und/oder mittelfränkischen zu (vgl. Herweg 2002: 246). Allerdings nutzte auch Klein Konjekturen. Nichtsdestotrotz geht seine Analyse und daraus abgeleitete Folgerungen weit über Rekonstrukte von zum Beispiel Dittrich7 hinaus (vgl. Herweg 2002: 247). Es entsteht dadurch „eine neue, historisch fundierte Perspektive auf ein möglicherweise originär, aber eben nicht exklusiv altsächsisches Heinrichslied“ (Herweg 2002: 247). Die lateinischen Abschnitte des Liedes wurden von einem Geistlichen gedichtet (vgl. Herweg 2013: 148). Hierfür spricht, dass Formen der Sequenz genutzt wurden (vgl. Fried 1998). Stil und Tendenz lassen dabei einen Hofkleriker, der der Kanzlei angehörte, als Dichter vermuten (vgl. Herweg 2013: 148).

1.2 Struktur und knappe Inhaltsangabe

Das Lied De Heinrico verfügt über eine dreiteilige Struktur. Der anfängliche dieser drei Teile ist die erste Strophe. Diese stellt eine Art einführenden Prolog dar, in welchem Jesus Christus um Hilfe beim Verfassen des Textes gebeten wird. Zudem wird in dieser Strophe der dem Lied seinen Namen gebende Protagonist Heinrich zum ersten Mal erwähnt (vgl. Herweg 2013: 149).

Der zweite Teil des Textes, der Hauptteil, besteht aus den Strophen 2, 3, 4 und 5. Dieser Abschnitt handelt von dem Empfang eines Herzogs Heinrich von Bayern durch einen Kaiser mit dem Namen Otto. Der Hauptteil lässt sich als szenisch-dialogisch bezeichnen. (vgl. Herweg 2013: 149). In diesem Abschnitt geschieht es zum Beispiel innerhalb der Handlung, dass Otto Heinrich und dessen gleichnamigen Begleiter8 begrüßt. Ein Erwidern des Grußes durch Heinrich und ein gemeinsamer Kirchgang sind ebenfalls Teil der Szene. Auch beten sie gemeinsam. Otto geleitet Heinrich in den Rat und vertraut ihm dort die Leitung über diesen an (vgl. Schiewer 2003: 82). Der letzte Textteil, bestehend aus den Strophen 6, 7 und 8, bietet einen historischen Ausblick. Dieser erwächst aus der im Hauptteil dargestellten Empfangsszene (vgl. Herweg 2013: 149). In der Endszene werden Zeugen für den postulierten Umstand aufgerufen, dass Heinrich jedem sein Recht zuteilwerden ließ (vgl. Schiewer 2003: 82).

2 Zur Hauptfragestellung

Nachbarquellen des De Heinrico lieferten einen bestimmten Erkenntnishorizont. Um den Text des Heinrichsliedes mit diesem vereinbar werden zu lassen, wurden zwei verschiedene Ansätze genutzt, mit Textstellen, die nicht mit den jeweiligen Nachbarquellen übereinstimmten, umzugehen (vgl. Herweg 2002: 188). Zum einen wurde der Weg der philologisch-textkritischen Anpassungsversuche eingeschlagen. Bestimmte, nicht der jeweiligen Deutung entsprechende Textstellen wurden hierbei beispielsweise als unecht, interpoliert oder korrigiert angesehen. Durch diese Vorgehensweise konnte es natürlich schnell geschehen, dass eine der eigenen Vorstellung entsprechende Deutung forciert wurde und somit eine zielgerichtete Manipulation stattfinden konnte (vgl. Herweg 2002: 188).

Der andere eingeschlagene Weg war der der funktionalen Erklärungsansätze. Hierbei wurde De Heinrico nicht als historisches Faktum angesehen, sondern als eine Art Tendenzwerk. Es wurde versucht, Fragen aufwerfende Textstellen damit zu erklären, dass zum Beispiel Typisierung und Stilisierung im Entstehungsprozess des Liedes eine Rolle spielten und zu einer Kontamination der Fakten geführt haben könnten. Dieser Ansatz ist ebenfalls nicht frei von Problemen. Wenn die Fakten selbst nicht einmal gesichert sind, so gestaltet es sich als schwierig, anhand von deren Umänderung – zum Beispiel durch Stilisierung – einen höheren Wahrheitsanspruch als lediglich den der Spekulation vertreten zu können (vgl. Herweg 2002: 189). Nichtsdestotrotz sollen im Folgenden verschiedene in der zurückliegenden Forschung genannte Beantwortungsvarianten der Frage nach der historischen Grundlage des Liedes angeführt werden.

2.1 Bezugnahme auf die Haupthinweise

Bei einem Beantwortungsversuch der Fragestellung dieser Hausarbeit sollte zunächst auf die offensichtlichen Haupthinweise Bezug genommen werden. Diese sind die Namen und die Titel der im Text handelnden Hauptakteure: der Name Heinrich mit dem lateinischen Titel dux 9 und Otto mit dem Titel keisar10 , zu Deutsch ‘Kaiser’ (vgl. Herweg 2013: 149). Nach Herweg (2002: 190) wird Heinrichs Amts- bzw. Wirkungsraum dadurch sicher festgelegt, dass er im vierten Vers genauer bezeichnet wird, welcher wie folgt lautet: „qui cum dignitate thero Beiaro riche bevvarode.“ (Strecker 1993: 57) Der Gebrauch eines Präteritums im Text11 lässt vermuten, dass der genannte Heinrich zur Abfassungszeit des De Heinrico bereits gestorben war. Von Otto, dem im Text als Kaiser bezeichneten Herrscher, ist hingegen anzunehmen, dass er zum Zeitpunkt der Niederschrift des Liedes noch lebte (vgl. Herweg 2013: 149). Die zweimal vorkommende Wendung ther unsar keisar guodo (Strecker 1993: 58) innerhalb der Verse 6 und 9 legt dies nahe (vgl. Herweg 2002: 190).

Wie die Hauptfragestellung dieser Hausarbeit bereits andeutet, lässt sich feststellen, dass eine Vielzahl von möglichen Personenkombinationen existiert, auf welche sich der Textinhalt als historisches Ereignis zurückführen ließe. So gab es zwischen den Jahren 936 und 1002 drei verschiedene Ottonenkaiser als Regenten des römischen Reiches (vgl. Herweg 2013: 149). Bei diesen handelte es sich um Otto I., den Großen, um dessen Sohn Otto II., sowie um den Sohn von Otto II., Otto III. Otto I. wurde 912 geboren, regierte von 936 bis 973 und wurde 962 zum Kaiser gekrönt. Sein Nachkomme Otto II. wurde 955 geboren und regierte vom Jahr 973 bis in das Jahr 983. (Mit-)Kaiser war er seit 967. Otto III. erblickte im Jahre 980 das Licht der Welt und regierte von 983 bis 1002. Das Amt des Kaisers hatte er ab 996 inne (vgl. Herweg 2002: 192 f.).

Zudem herrschten zu dieser Zeit ebenfalls vier Bayernherzöge hintereinander in Folge, die alle den Namen Heinrich trugen (vgl. Herweg 2013: 149). Heinrich I. war der jüngere Bruder Ottos I., wurde 919 oder 921 geboren und war von 948 bis 955 Herzog. Heinrich II., bekannt als der Zänker, war der Sohn von Heinrich I. Er lebte ab 951 und hatte zwei Perioden, in denen er Herzog war. Diese reichten von 955 bis 976 und von 985 bis 995. Der Sohn von Berchtold, dem Amtsvorgänger von Heinrich I., war Heinrich III. Dieser wurde entweder 940 oder 943 geboren und war von 983 bis 985 Herzog, zusätzlich außerdem noch im Jahre 989. Der letzte der vier hintereinander Bayernherzog gewesenen Männer mit Namen Heinrich war Heinrich IV. Er war der Sohn Heinrichs II. Geboren wurde er entweder 973 oder 978. Herzog war er in den Jahren 995 bis 1004. Unter anderem Namen, nämlich dem seines Vaters, war Heinrich IV. König. Diese Regentschaft begann im Jahr 1002 (vgl. Herweg 2002: 193).

2.2 Deutungen der Kernszene

Die Kernszene lässt mehrere Deutungen zu, die anhand von unterschiedlichen Versen im Text in den Bereich des Realistischen gerückt werden: Vers 7 legt einen am Hofe stattfindenden Empfang des Herzogs an vorderster Front eines Heeres nahe (vgl. Herweg 2013: 149). Es ist allerdings auch möglich, dass an dieser Textstelle gar kein Heer gemeint ist und man stattdessen von der Übersetzung des althochdeutschen Wortes hera ausgeht. Dieses Wort bedeutet ‘Ehrfurcht’ oder ‘Ehrerbietung’. Ein ‘Heer’ wird aus hera nur über die Ableitungen exercitus von here und zuvor here aus hera (vgl. Fried 1998: 25). Die Verse 19 und 20 hingegen sprechen für die Aufnahme in einen Rat des Kaisers. Der darauffolgende Vers 21 lässt allerdings die Deutung zu, dass es sich bei der Kernszene um eine Versöhnung handelt, und zwar nach einem Eklat und damit einhergehender Distanzierung voneinander. Die Zwistigkeiten sind dabei entweder politisch oder familiär begründet (vgl. Herweg 2013: 149). Innere Distanz oder Feindschaft des Kaisers gegenüber dem Protagonisten ließe sich insofern in die Szene hineininterpretieren, als dass der Kaiser erst für den gebührenden Empfang bereit ist, nachdem dieser dazu aufgefordert wird. Im Folgenden ist die Stimmung zwischen Protagonist und Kaiser harmonisch (vgl. Herweg 2002: 191). Dies spricht für eine dazwischen erfolgte Versöhnung.

Eine weitere potenzielle Deutung der Szene ist, dass es sich um eine „öffentliche Belehnung“ (Herweg 2013: 149) handelt, wie es Vers 20 nahelegt. Es kann sich hierbei um eine neue Belehnung, eine Bestätigung eines vorher bestehenden Lehens oder aber auch um eine Belehnung, die zusätzlich zu einem bestehenden Lehen erfolgte, handeln (vgl. Herweg 2002: 191). Gegen die Lehendeutung spricht sich Fried (1998: 26) aus. Seiner Meinung nach ist keine Andeutung an eine Belehnung zu erkennen. Der im Laufe des Geschehens vollzogene Handschlag spräche gegen diese Deutungsvariante. Stattdessen spreche dies für Partnerschaft, Freundschaft und prinzipielle Gleichheit. Eine herrschaftliche Unterwerfung werde von einem Handschlag grade eben nicht verdeutlicht (vgl. Fried 1998: 26). Es gestaltet sich in Anbetracht des Umstands der unterschiedlichen Deutungen und der anderen bisher genannten Tatsachen so, dass es schwierig ist, ein konkretes historisches Ereignis, auf dem das Lied beruht, als definitive „Vorlage“ anzuerkennen (vgl. Herweg 2013: 149).

[...]


1 Als Heinrichslied wird De Heinrico beispielsweise von Herweg (2002: 247) bezeichnet.

2 De Heinrico wird von Herweg 2013 sowohl als Lied (vgl. zum Beispiel Herweg 2013: 149, 150) als auch als Gedicht (vgl. Herweg 2013: 148) bezeichnet. Auch 2002 findet sich die Bezeichnung des Stoffes als Lied bereits bei Herweg (vgl. Herweg 2002: 194) sowie auch als Gedicht, und zwar beispielsweise dann, wenn der Autor De Heinrico als „das neunzehnte von insgesamt rund 50 Gedichten, […]“ (Herweg 2002: 251) bezeichnet. Dass die Gattungsbezeichnung des Textes durchaus Fragen aufwerfen kann, deutet bereits eine Überschrift Herwegs an, in der er die Begriffe Volkslied, Zeitgedicht und Sagelied (dieses Wort schreibt er allerdings in Anführungszeichen) nennt (vgl. Herweg 2002: 248). Der Begriff des Sagelieds wird von Herweg (2002: 250) als problembehaftet angesehen; für ihn ist er „definitorisch vage und literarhistorisch problematisch[…]“ (Herweg 2002: 250). Der Autor plädiert eher für „de[n] Bereich der lateinischen Zeitdichtung karolingisch-ottonisch-frühsalischer Zeit“ (Herweg 2002: 252). Auch Fried nennt das Werk ein Gedicht (vgl. Fried 1998: 24) und ein Lied (vgl. Fried 1998: 26). Innerhalb dieser Hausarbeit wird De Heinrico ebenfalls sowohl als Lied als auch als Gedicht bezeichnet.

3 Literaturangaben beziehen sich in dieser Hausarbeit nicht ausschließlich immer nur auf den vorangehenden Satz, sondern auf den letzten inhaltlich zusammengehörenden Abschnitt. Sinn dieser Vorgehensweise ist es, eine Masse an übermäßig vielen Literaturangaben zu vermeiden.

4 Eccard, Johann Georg (1729): Commentarii de rebus Franciae Orientalis et Episcopatus Vvirceburgensis, in quibus regum et imperatorum Franciae Germaniaeque, episcoporum Vvirceburgensium et ducum Franciae orientalis Gesta. Ex Scriptoribus coaevis, bullis et diplomatibus genuinis, sigillis, nummis, gemmis, veteribus picturis, monumentisque aliis magnam partem hactenus ineditis exponuntur et figuris aeri incisis illustrantur auctore Ioanne Georgio ab Eckhart, Reverendiss. Et Celsiss. Principis et Episcopi Vvirceburg. Consiliario Intimo. Tomus II. Vvirceburgi MDCCXXIX. Angabe aus Herweg (2002: 552). (vgl. Herweg 2002: 195). Die zu diesem Zeitpunkt sich noch in der Entstehung befindliche Disziplin der Germanistik brachte dem Text des De Heinrico erst rund ein Jahrhundert nach der Entdeckung durch Eccard Aufmerksamkeit entgegen (vgl. Herweg: 202).

5 Anders als Herweg (2013: 148) setzt Fried (1998: 22) diese Zwischenstufen anscheinend zwingend voraus, ähnlich wie Herweg (2002: 238) selbst auch noch einige Jahre früher als 2013.

6 Klein, Thomas (1990): ›De Heinrico‹ und die altsächsische Sentenz Leos von Vercelli. Altsächsisch in der späten Ottonenzeit. In: Architectura poetica. Fs. Johannes Rathofer, hrsg. Von Ulrich Ernst und Bernhard Sowinski. Köln [u.a.], S. 45-66. Angabe aus Herweg (2002: 556).

7 Dittrich, Marie-Luise (1953): De Heinrico. In: ZfdA 84. S. 274-308. Angabe aus: Herweg (2002: 552).

8 Auf den Umstand, dass ein gleichnamiger Begleiter im Text vorkommt, wird an anderer Stelle innerhalb dieser Hausarbeit detaillierter eingegangen, nämlich im Kapitel 2.4.

9 Die Nennung dieser Angaben findet sich in Vers 3 (vgl. Herweg 2002: 190). Die Textzeile lautet: „de quodam duce, themo heron Heinriche,“ (Strecker 1993: 57).

10 Die Nennung dieser Angaben findet sich nach Herweg (2002: 190) im fünften Vers und öfter. Dieser lautet „Intrans nempe nuntius then keisar namoda her thus:“ (Strecker 1993: 58) und beinhaltet zwar die Nennung des Kaisertitels, jedoch nicht den Namen. Der Name Otto wird dann im nächsten Vers genannt: „‘Cur sedes’, infit, ‘Otdo, ther unsar keisar guodo?“ (Strecker 1993: 58).

11 Besagtes Präteritum findet sich ebenfalls in Vers 4 (vgl. Herweg 2013: 149), welcher bereits im vorhergehenden Satz dieser Hausarbeit ausgeschrieben wurde.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Das Heinrichslied "De Heinrico" aus den "Carmina Cantabrigiensia". Interpretation sowie historische Verortung
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Sprachwissenschaft)
Veranstaltung
Deutsche Sprache und Literatur im frühen Mittelalter
Note
2,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
22
Katalognummer
V900963
ISBN (eBook)
9783346193070
ISBN (Buch)
9783346193087
Sprache
Deutsch
Schlagworte
De, Heinrico, Mittelalter, Form, Sprache, Kernszene, Zeitebene
Arbeit zitieren
Konrad Altmann (Autor:in), 2019, Das Heinrichslied "De Heinrico" aus den "Carmina Cantabrigiensia". Interpretation sowie historische Verortung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/900963

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