Diese Arbeit ist Teil einer literaturwissenschaftlichen Dissertation, die in der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes in Saarbrücken eingereicht wurde. Die Arbeit entstand am Institut für Vergleichende Literaturwissenschaft. Das auffälligste Merkmal des Romans von Julio Cortázar ist die ungewöhnliche Kapitelkombinatorik, die die Lektüre des Lesers in einer großen Endlosschleife im Kreis herumführt. Im zweiten Teil des Romans irrt der Leser ohne Ausweg in diesem sinnlosen Textlabyrinth herum. In den immanent poetologischen Anmerkungen des Autors gibt es einige Hinweise, wie diese Irrfahrt zustande kam.
Der Roman scheint eine Art Literarisierung der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation und des Bohrschen Komplementaritätsprinzips. Der immanente Autor bringt den Leser auf diese Spur. In dieser komparatistischen Arbeit ist Rayuela von Julio Cortázar ein Vergleichsglied neben zwei weiteren Romanen. Das sind Der Zauberberg von Thomas Mann und der Ulysses von James Joyce. Unter dem Titel Offene Formen wurde die ganze Arbeit vom Grin Verlag in vier Bänden veröffentlicht. Das wachsende Misstrauen moderner Autoren in die epische Abbildbarkeit der empirischen Wirklichkeit führte in der neueren Gattungstradition des Romans zu einem immer stärkeren Vordringen offener, alinearer Erzählschemata. Gründe für dieses Abrücken von der kausallinearen Struktur des realistischen Erzählens liegen in einer zum Teil historisch bedingten weltanschaulichen Verunsicherung, die beispielsweise Thomas Mann während der Entstehungszeit des Zauberbergs die Unangemessenheit des traditionellen Formkanons als Mittel einer epischen Wirklichkeitsdarstellung häufig schmerzlich ins Bewusstsein rief.
Die widerstrebenden Kräfte des historischen Kontextes während der Zauberberg- Produktion bewirken - nach Mann - in künstlerischer Hinsicht eine "Erschütterung aller kulturellen Grundlagen", mit Blick auf das historische Umfeld während der Entstehungszeit des Ulysses von Joyce spricht Hermann Broch von der Epoche im "Zustand der organischen Unbekanntheit". Dementsprechend wandelt sich auch die Erzählform. Die realistische Schreibweise mit ihren teleologischen Implikationen scheint jede Bedeutung verloren zu haben. Was den Prozess einer erzähltheoretischen Umorientierung noch zusätzlich beschleunigt, ist das Interesse der Autoren für ideologisch-weltanschauliche Denkmodelle, Leitbilder und Theoreme, die die wachsende Bedeutung offener, alinearer Erzählstrategien fördern.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 4. Julio Cortázar, Rayuela.
- 4.1 Physikalisches 'Weltbild' und Unbestimmtheit.
- 4.2 Fiktionalisierungen der Romantheorie nach dem Vorbild der Tel Queliens
- 4.3 Aleatorische Poetik der Kapitelkombinatorik.
- 4.3.1 Dialektik von Form und Offenheit....
- 4.3.2 Oliveiras Bildungsreise.
- 4.3.3 Kapitelkombinatorik als \"destrucción de formas\"\n
- 5. Tradition Moderne - Postmoderne
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Text ist Teil einer literaturwissenschaftlichen Dissertation, die sich mit der Frage der Offenheit in modernen Romanen befasst. Im Fokus steht dabei die Analyse von Julio Cortázars Rayuela und die Untersuchung seiner ungewöhnlichen Kapitelkombinatorik. Die Arbeit beleuchtet, wie Cortázar die konventionelle lineare Erzählstruktur aufbricht und eine offene, aleatorische Form schafft, die die Leser in eine Art Endlosschleife führt.
- Analyse der Kapitelkombinatorik in Rayuela
- Bedeutung von physikalischen Denkmodellen, insbesondere der Unbestimmtheit und Komplementarität, für die Gestaltung der Romanform
- Vergleich mit anderen modernen Romanen, wie Thomas Manns Der Zauberberg und James Joyces Ulysses
- Die Entwicklung der Gattungstradition des Romans im 20. Jahrhundert, insbesondere das Vordringen offener, alinearer Erzählformen
- Die Auswirkungen von weltanschaulichen Veränderungen und idelogischen Denkmodellen auf die Romanform
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort bietet eine Einleitung in die Thematik der Arbeit und erläutert die Bedeutung von offenen Erzählformen in der modernen Literatur. Es wird darauf hingewiesen, dass die wachsende Unsicherheit und Skepsis gegenüber der Abbildung der Wirklichkeit in der traditionellen Literatur zu neuen, offenen Formen geführt hat. Das Beispiel von Thomas Manns Der Zauberberg wird herangezogen, um die Bedeutung von historisch-gesellschaftlichen Bedingungen für die Formgestaltung zu illustrieren.
Kapitel 4.1 konzentriert sich auf Rayuela von Julio Cortázar und untersucht die physikalischen Denkmodelle, die Einfluss auf die Romanform haben. Themen wie Unbestimmtheit, Komplementarität und Entropie werden als entscheidend für die Aleatorik des Romans betrachtet. Es wird argumentiert, dass die zunehmende Zersplitterung der Romanform auf ein wachsendes Interesse moderner Autoren an naturwissenschaftlichen Denkweisen zurückzuführen ist.
Kapitel 4.2 befasst sich mit der Fiktionalisierung der Romantheorie im Kontext der Tel Queliens. Es wird gezeigt, wie Cortázar die traditionellen Regeln der Romankonstruktion bewusst übertritt, um eine eigene, experimentelle Form zu schaffen. Die Bedeutung von Aleatorik und Kombinatorik für die Poetik des Romans wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Offene Formen, Aleatorik, Kapitelkombinatorik, Unbestimmtheitsprinzip, Komplementarität, Weltanschauung, Moderne, Postmoderne, Gattungstradition, Rayuela, Cortázar, Mann, Joyce, Der Zauberberg, Ulysses.
- Citation du texte
- Dr. Paul Forssbohm (Auteur), 1988, Formen des Offenen. "Der Zauberberg" von Thomas Mann, die "Oxen of the Sun"-Episode im "Ulysses" von James Joyce und "Rayuela" von Julio Cortázar (Band 4), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/901478