Bewertungsmethoden in der räumlichen Planung


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

24 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Hinführung zur Bewertungsmethode
1.1. Einleitung
1.2. Definition der Bewertung
1.3. Idee der Bewertungsmethode
1.4. Anforderungen an Bewertungsmethoden

2. Grundlagen
2.1. Bestandteile von Bewertungsmethoden
2.2. Aggregationstypen
2.3. Zuordnungsregeln

3. Vorstellung einiger Methoden
3.1. Kosten-Nutzen-Analyse (KNA)
3.2. Nutzwertanalyse (NWA)
3.3. Nutzwertanalyse zweiter Generation
3.4. Ökologische Risikoanalyse
3.5. Weitere formalisierte Methoden
3.6. Verbal-argumentative Bewertung
3.7. Stärken und Schwächen der Methoden

4. Fazit

5. Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung und Hinführung zur Bewertungsmethode

1.1. Einleitung

Bewertung in der räumlichen Planung – was ist das eigentlich? Zum besseren Verständnis der Idee und Problematik der Bewertung stellen wir uns ein abstrahiertes Beispiel vor: Eine Gruppe von Menschen gibt uns eine Hand voll Eier und bittet uns, für sie das beste davon auszuwählen. Selbstverständlich erwarten sie auch eine ausführliche Begründung für die Entscheidung, die uns in Anbetracht der Ähnlichkeit der Eier sicherlich nicht leicht fällt. Liefern wir keine absolut überzeugende Begründung für unsere Entscheidung, werden wir von einigen der Gruppe beschuldigt, nicht rational und neutral bewertet zu haben.

Genau dies ist die Problematik, die in der Planungsbewertung entsteht: ein Planer muss aus einer Reihe von Alternativvorschlägen für eine Planung auswählen. Der Auswahl geht der Bewertungsprozess voran, an den alle Beteiligten zahlreiche Anforderungen stellen, um ihn zu akzeptieren. Schließlich gibt es die Möglichkeit, dass ein Planer ein Einzelvorhaben bewerten muss, was mangels Vergleichbarkeit noch schwerer fällt.

Im Folgenden soll zunächst definiert werden, was wir unter einer Bewertung verstehen (Kap. 1.2.), was die Bedeutung und Funktion von Bewertungsmethoden ist (Kap. 1.3.), welche Anforderungen wir an sie stellen (Kap. 1.4.) und welche Bestandteile sie haben (Kap. 2.1.). Im weiteren Verlauf werden wir einige Bewertungsmethoden näher betrachten (Kap. 3.), um anschließend ihre Möglichkeiten und Grenzen einzuschätzen (Kap. 3.7.). Ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich (Kap. 5.) soll das vermittelte Bild der Planungsbewertung abrunden.

1.2. Definition der Bewertung

Wie wir uns vorstellen können, ist die Bewertung von Planungsalternativen oder auch Einzelvorhaben einer der wichtigsten Bestandteile einer jeden Planung, denn auf ihr basiert alles weitere Vorgehen. Gleichzeitig ist die Bewertung aber auch ein sehr strittiger Punkt, denn jeder Beteiligte möchte, wenn er schon auf das Entscheidungsrecht verzichtet, die Entscheidung eines anderen verstehen und als gerechtfertigt betrachten können. Poschmann schreibt dazu: „In der Bewertung wird die Zulässigkeit und Vorteilhaftigkeit der betrachteten Handlungsoptionen festgestellt.“[1]

Die Zufriedenstellung aller Beteiligten herzustellen, ist aber in Anbetracht des Kompromisses, den ein Bewerter eingehen muss, überaus schwierig. Er muss stets den Mittelweg zwischen seiner eigenen Meinung und der damit verbundenen Begründungslosigkeit und der mathematisch-komplexen und nur scheingenauen Bewertung finden. Die Bewertung, die er vornimmt, bleibt dabei jedoch nur die Vorbereitung der endgültigen Entscheidung, deren Rationalität sie erhöhen soll. Die Entscheidung kombiniert schließlich wieder die rationale Bewertung mit der subjektiven Intuition des Bewertenden.

1.3. Idee der Bewertungsmethode

Eine rein intuitive Bewertung durch einen fachlich kompetenten Experten spart zwar viel Detailarbeit, ist aber durch andere Experten und auch andere Beteiligte stark angreifbar. Zudem bleibt auch bei Experten nicht auszuschließen, dass ihre eigene Meinung in die Bewertung mit einfließt. Aus diesem Grund wurden verschiedene Bewertungsmethoden entwickelt, die den Bewertungsvorgang formal regeln. Sie werden als formalisierte Bewertungsmethoden bezeichnet und bilden damit den Gegensatz zu nicht formalisierten Methoden, die rein verbal und nur begrenzt objektiv vorgenommen werden.

An die bewertende Person wird danach nicht mehr die Anforderung gestellt, dass er auf dem entsprechenden Fachgebiet Experte ist. Man erwartet jedoch weiterhin, dass er seine Vorgaben offenbart, z.B. einen finanziellen oder gesetzlichen Rahmen, in dem er arbeiten muss. Hat er bestimmte Präferenzen in seiner Bewertung, zieht also beispielsweise eine umweltverträgliche Lösung tendenziell einer sozialverträglichen vor, soll er dies zuvor angeben. Man spricht in diesem Zusammenhang davon, dass er seine Ziele und sein Wertsystem formuliert[2]. Erst im Anschluss daran entscheiden andere Beteiligte darüber, ob sie die Bewertung dieser Person in jedem Fall akzeptieren werden.

Grob kann man sagen, dass Bewertungsmethoden den erwünschten Idealzustand in einem Gebiet mit dem theoretisch erwarteten Zustand jeder Planungsvariante vergleichen und schließlich, je nach Methode, die nach den Oberzielen der Methode günstigste Variante auswählen. Dies kann beispielsweise die Variante mit dem geringsten Mitteleinsatz, der höchsten Gesamteffizienz oder dem geringsten ökologischen Einfluss sein. In Kap. 3 werden die Zielsysteme jeder Methode beschrieben.

1.4. Anforderungen an Bewertungsmethoden

Jede der existierenden Bewertungsmethoden hat in bestimmten Bereichen ihre Stärken und Schwächen. Um die Methode mit dem besten Erfüllungsgrad in einem bestimmten Bereich für eine spezifische Bewertung auswählen zu können, müssen zunächst Anforderungen an Bewertungsmethoden aufgestellt werden, deren Erfüllungsgrad später beurteilt werden kann. Zudem werden die Forderungen von der von einer Planung betroffenen Bevölkerung an die gewählte Bewertungsmethode gestellt. Folgende fünf Anforderungen sind primär zu erfüllen:[3]

- Objektivität.
- Intersubjektivität. Damit wird bezeichnet, dass die Bewertungsmethode unabhängig vom Fachgebiet des anwendenden Bewerters ausführbar ist, wenn sowohl die Regeln für die Bewertung als auch das Zielsystem festgelegt sind.
- Reliabilität, d.h. dass die Methode bei mehrfacher Anwendung auf die gleiche Planung, gegebenenfalls auch durch verschiedene Personen, zum gleichen Ergebnis führen sollte.
- Validität. Das abschließende Urteil über eine Variante sollte auf das anfangs aufgestellte Zielsystem rückschließen lassen.
- Nachvollziehbarkeit für Außenstehende.

In Kap. 3.7. soll nach Vorstellung einiger Bewertungsmethoden überprüft werden, inwieweit jede Methode diese Anforderungen erfüllen kann.

2. Grundlagen

2.1. Bestandteile von Bewertungsmethoden

Die Anwendung einer Bewertungsmethode erfordert das Vorhandensein folgender vier Bestandteile:[4]

- Ein Sachmodell der Wirklichkeit. Als solches können für die Planung relevante Karten, Datenerhebungen oder theoretische Zahlen herangezogen werden.
- Ein Wertsystem, das bestimmten Bereichen eines Planungsraums Präferenzen einräumt und so die Menge an Daten aus dem Sachmodell auf eine begrenzte Menge an relevanten Daten reduziert.
- Aggregationsregeln. Diese regeln die Aggregation, d.h. die Verrechnung vorhandener und relevanter Daten zu komplexeren und aussagekräftigeren Daten. Der dadurch entstehende Informationsverlust ist zur Verringerung der Datenmenge notwendig, um schließlich zu einem Gesamtergebnis zu kommen. Gleichzeitig trägt die Aggregation aber auch dem Wertsystem Rechnung, denn sie ermöglicht die unterschiedliche Gewichtung von Faktoren, je nach der zuvor festgelegten Wichtigkeit. Eine Aggregation ist gegebenenfalls sogar bis zu einer einzigen Endzahl möglich, der dann Nutzwert genannt wird und eine Aussage über die Alternative treffen soll. In Kap. 3.2. wird diese Bewertungsmethode der Nutzwertanalyse weiter erläutert. In Kap. 2.2. werden verschiedene Arten der Aggregation vorgestellt, da die Aggregation ein zentraler Bestandteil jeder Bewertungsmethode ist.
- Zuordnungsregeln. Diese dienen der Einordnung von erlangten Ergebnissen auf Ergebnisskalen. Hier handelt es sich um einen stark subjektiven und tiefer zu erläuternden Bereich der Bewertungsmethoden. Siehe dazu Kap. 2.3.

Von zentraler Bedeutung für die spätere Anerkennung des Ergebnisses einer jeden Bewertung ist es, dass vor Beginn des Bewertungsvorgangs alle am Planungsprozess Beteiligten die vier Bestandteile geprüft und akzeptiert haben.

2.2. Aggregationstypen

Es gibt mehrere Möglichkeiten, vorhandene Daten miteinander in Beziehung zu setzen. Ziel ist dabei stets, aus eine große Anzahl von Werten zu verringern oder einen sogar einen einzelnen Wert zu erhalten, der eine Aussage über alle trifft. Dies ist, abhängig von den vorhandenen Daten, nicht immer einfach zu erfüllen. Folgende Verknüpfungstypen werden normalerweise angewandt:

Rechnerische Verknüpfung

Der einfachste Fall ist die rechnerische Verknüpfung. Man stelle sich vor, eine geplante Straßentrasse führe durch zwei Biotopbereiche. In Bereich A leben drei Arten der roten Liste, in Bereich B sogar fünf. Die rechnerische Verknüpfung errechnet nun den Durchschnittswert und gibt ihn als aggregierten Wert aus: Die Trasse betrifft auf ihrer gesamten Länge durchschnittlich vier Arten der roten Liste. Dieses Ergebnis trifft keinerlei Aussage über die Arten selbst oder über die Größe ihrer Biotope. Die rechnerische Verknüpfung ist deshalb nur in den seltenen Fällen sinnvoll anwendbar, in denen rationale Zahlenwerte vorliegen, die sich direkt verrechnen lassen.

Verbale Verknüpfung

Das Gegenstück dazu ist die verbale Verknüpfung. Sie könnte in unserem Beispiel sowohl die biologische Bedeutung der betroffenen Arten als auch die Größe der Biotope einbeziehen und schließlich in ganzen Sätzen den Gesamteinfluss der Trasse auf die Biotope zusammenfassen. Das ist zwar verständlicher und nachvollziehbarer, jedoch bei den möglicherweise zahlreichen Planungsalternativen nicht vergleichbar und zudem stark subjektiv gefärbt.

Verknüpfungsmatrix

Die Verknüpfungsmatrix ist eine zweidimensionale Matrix, in der zwei zumeist ordinale Merkmale miteinander aggregiert werden können. In Einzelfällen können auch drei Merkmale in einem dreidimensionalen Verknüpfungswürfel aggregiert werden, jedoch ist diese Methode komplexer und meist zu aufwändig. Die Verknüpfungsmatrix wird heute vor allem in der Umweltplanung verwendet, um z.B. Raumpotentiale einzuschätzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Beispiel einer einfachen Verknüpfungsmatrix mit Markierung der planungsabhängig festzulegenden Bereiche.

(Eigene Darstellung nach Fürst/Scholles 2001: 213))

Abb. 1 zeigt eine typische Verknüpfungsmatrix mit zwei Merkmalen zu je drei ordinalen Ausprägungen. Dabei erscheint die Aggregation der „guten“ Ausprägung des Merkmals A mit der „guten“ des Merkmals B zu einer insgesamt „guten“ logisch. Auch eine Kombination von A „gut“ und B „schlecht“ zu einem „mittleren“ aggregierten Wert ist nachvollziehbar. Jedoch stellt sich die Frage, ob ein „mittleres“ Merkmal A und ein „gutes“ Merkmal B zu einem „guten“ oder einem „mittleren“ Wert aggregiert werden sollen. Da es sich um ordinale Werte handelt, ist ein Mittelweg nicht möglich.

[...]


[1] Poschmann et al. 1998: 15.

[2] Weitere Probleme, die in der subjektiven Person des Bewerters liegen, finden sich bei Poschmann et al 1998: 71ff.

[3] nach Fürst/Scholles 2001: 294; Poschmann et al. 1998: 16, 64, 66ff. und Scholles 2005: 103.

[4] nach Fürst/Scholles 2001: 294 und Scholles 2005: 99ff; gilt auch für die Ausführungen in Kap. 2.2. und Kap. 2.3.

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Bewertungsmethoden in der räumlichen Planung
Université
University of Tubingen  (Geographisches Institut)
Cours
Angewandte Geographie
Note
1,3
Auteur
Année
2006
Pages
24
N° de catalogue
V90170
ISBN (ebook)
9783638044509
ISBN (Livre)
9783638941082
Taille d'un fichier
506 KB
Langue
allemand
Mots clés
Bewertungsmethoden, Planung, Angewandte, Geographie
Citation du texte
Benjamin Pape (Auteur), 2006, Bewertungsmethoden in der räumlichen Planung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90170

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