Nachhaltigkeitsberichterstattung in der chemischen Industrie


Diplomarbeit, 2007

113 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung und ihre Bedeutung für die Unternehmen
2.1 Vorbemerkungen: Nachhaltige Entwicklung und Unternehmensführung
2.2 Berichterstattung: ein Instrument zur Umsetzung der betrieblichen Nachhaltigkeit

3 Nachhaltigkeitsberichterstattung
3.1 Vorbemerkungen
3.2 Gründe und Hauptmotive der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
3.3 Zielgruppen – Anspruchsgruppen (Stakeholder)
3.3.1 Erwartungen der Stakeholder und Ausgestaltung der Unternehmenskommunikation
3.3.2 Zwischenfazit
3.4 Ziele und Nutzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung

4 Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichte – Richtlinien/Standards/Indizes
4.1 Grundsätze der Nachhaltigkeitsberichte
4.2 Institutionen der Richtlinien von Nachhaltigkeitsberichten
4.2.1 Normen und Standards zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte
4.2.2 Nachhaltigkeitsindizes
4.3 Global-Reporting-Initiative-(GRI-)Richtlinien/Global Compact
4.3.1 Anwendung der GRI-Richtlinien
4.3.2 GRI-Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte
4.3.3 Neuer GRI-Leitfaden (G3-Guidelines)
4.4 Leitfaden-Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte von IÖW/imug und IFEU
4.5 Sicherung der Glaubwürdigkeit/externe Prüfung
4.5.1 Bewertungsmethode des Nachhaltigkeitsrankings von IÖW/future
4.5.2 Schwäche oder Fehlerquellen der Nachhaltigkeitsberichte

5 Fallbeispiele der chemischen Industrie
5.1 Kurzbeschreibung der deutschen chemischen Industrie
5.2 BASF AG: Zukunft gestalten; Unternehmensbericht 2005
5.2.1 Unternehmenspolitik und ihre Umsetzungsstrategien
5.2.2 Nachhaltigkeitsstrategien im Unternehmen
5.2.3 Nachhaltigkeitsindikatoren und externe Bewertung
5.3 Henkel: Nachhaltigkeitsbericht 2005
5.3.1 Die Unternehmenspolitik des Unternehmens (Ziele ,Werte und Vision)
5.3.2 Umsetzungsstrategien der Unternehmenspolitik
5.3.3 Nachhaltigkeitsstrategien im Unternehmen
5.3.4 Nachhaltigkeitsindikatoren und externe Bewertung
5.4 Merck KGaA: „Verantwortung für Mitarbeiter, Umwelt und Gesellschaft“
5.4.1 Unternehmenspolitik und Umsetzungsstrategien des Unternehmens
5.4.2 Nachhaltigkeitsstrategien im Unternehmen
5.4.3 Nachhaltigkeitsindikatoren und externe Bewertung
5.5 Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen im Vergleich

6 Zusammenfassung

7 Literaturverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Kennzahlen und Ziele der Unternehmen
A1.1: BASF
A1.2: Henkel
A1.3: Merck
Anhang 2: GRI-Indikatoren

1 Einleitung

Nach der UNCED Weltkonferenz in Rio de Janeiro (1992) hat sich mit dem Aktionsprogramm Agenda 21 der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung für die Privatwirtschaft etabliert. Die Agenda 21 war die Reaktion auf einen im Zuge der Globalisierung raschen Wandel, der mit einer Vielzahl von Finanzskandalen, erheblichen globalen Umweltbeeinträchtigungen (z.B. Klimaveränderung, Trinkwasserverschmutzung und -verknappung sowie armutsbedingte Umweltzerstörungen in den Ländern der Dritten Welt) verbunden ist. Darüber hinaus sind auch soziale Probleme, wie steigende Arbeitslosigkeit und Menschenrechtsverletzungen, zu beobachten. Die Verantwortung der Unternehmen sollte nicht nur auf die betriebswirtschaftliche Dimension begrenzt sein. Die Gestaltung einer Unternehmensethik, die eine auch in ethischer Perspektive gesellschaftliche und ökologische Verantwortung berücksichtigt, ist die neue Herausforderung insbesondere für global agierende Unternehmen.

Die Unternehmen sind auch zunehmend gefordert, die Auswirkungen ihres Handelns auf Gesellschaft und Umwelt aufzuzeigen, um mehr Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Öffentlichkeit zu erlangen. Eine anerkannte Form der Rechenschaftslegung, die Themen der ökonomischen, ökologischen sowie auch der sozialen Verantwortung einbezieht, ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dabei ist seit einigen Jahren ein Wandel von der eindimensionalen Berichterstattung (z.B. Geschäftsbericht, Umweltbericht) hin zu einer integrierten Berichterstattung, die die ökonomische, ökologische und soziale Dimension der Nachhaltigen Entwicklung berücksichtigt, zu beobachten. „Derzeit existieren zahlreiche Ansätze, Anforderungen und Vorschläge für nachhaltige Berichterstattung. Angesichts dieser Vielfalt besteht jedoch eine gewisse Unsicherheit darüber, welche grundlegenden Anforderungen berücksichtigt werden sollen“.[1]

Ziel der vorliegenden Arbeit ist den aktuellen Status der Nachhaltigkeitsberichterstattung darzustellen. In den ersten drei Kapiteln wird behandelt, welche Bedeutung die Nachhaltige Entwicklung für die Unternehmen hat, warum Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen sowie welche Motive und unmittelbare Nutzen sich hieraus für die Unternehmen ergeben. In Kapitel 4 werden anschließend Institutionen und Leitlinien der Gestaltung von Nachhaltigkeitsberichten dargestellt. Abschließend wird in Kapitel 5 mit Fallbeispielen aus der Chemieindustrie gezeigt, wie das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen im Rahmen einer nachhaltigkeitsorientierten Öffentlichkeitsarbeit umgesetzt wird, und werden die dafür notwendigen Prozesse, Strategien und Aktivitäten erörtert.

2 Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung und ihre Bedeutung für die Unternehmen

2.1 Vorbemerkungen: Nachhaltige Entwicklung und Unternehmensführung

Der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung (auch „Sustainable Development“ oder „zukunftsfähige Entwicklung“) wurde mit der Veröffentlichung der „World Conservation Strategy“ (1980) von der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) erstmals international eingeführt . Hier wurde das Problem berücksichtigt, dass ohne die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme die ökonomische Entwicklung nicht möglich ist. Die Brundtland-Kommission (Weltkommission für Umwelt und Entwicklung) definierte 1987 die Nachhaltige Entwicklung als „die dauerhafte Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“.[2] Diese Definition weist auf die zentrale Zielebene des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung hin[3]:

- Intergenerative Gerechtigkeit: Die zukünftigen Generationen sollen gleiche oder ähnliche Chancen haben können wie die heutigen. Wichtige Voraussetzungen dafür sind der verantwortungsbewusste Umgang mit natürlichen Ressourcen und die Beachtung der ökologischen Tragfähigkeit.
- Intragenerative Gerechtigkeit: Die Forderung nach der Deckung des Bedarfs basiert auf dem entwicklungspolitischen Ziel des Berichts nach größerer Gerechtigkeit zwischen reichen und armen Ländern.
- Bedürfnisse: Die intergenerative und intragenerative Gerechtigkeit sind auf die Frage bezogen „inwieweit die Deckung der Grundbedürfnisse sichergestellt ist, und wie die darüber hinausgehenden Bedürfnisse in den unterschiedlichen Gesellschaften gedeckt werden.“[4]

Der Brundtland-Bericht war der Wegbereiter der Agenda 21, die das Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro (Juni 1992) darstellt. Die Agenda 21 betont die Rolle des Akteurs Wirtschaft für die nachhaltige Entwicklung und hierzu zählt auch ein offener Umgang und Dialog mit den Beschäftigten und der Öffentlichkeit. Es heißt in Abschnitt 30.26: „Die Privatwirtschaft, einschließlich trasnationaler Unternehmen, soll ein aus der Sicht der Gesundheit, der Sicherheit und des Umweltschutzes verantwortungsvolles und ethisch vertretbares Produkt- und Verfahrensmanagement gewährleisten. Zu diesem Zweck soll die Privatwirtschaft unter Zuhilfenahme geeigneter Kodizes, Statuten und Initiativen, die in alle Elemente der Unternehmerplanung und Entscheidungsfindung integriert sind, die Eigenkontrolle verstärken und einen offenen Umgang und Dialog mit den Beschäftigten und der Öffentlichkeit fördern.“[5] So werden dauerhaft tragfähige Entwicklungsprozesse angestrebt, die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte integrieren. Die Agenda 21 ist in vielen Bereiche vage und unklar. Sie beschreibt, was zu tun ist, aber nicht, wie dies erreicht werden könnte.[6]

Die Unternehmen interessierten sich im gleichen Jahrzehnt, in dem die Rio-Konferenz stattfand, sehr für das Thema Umweltschutz. Vorbildlich seien die Entwicklung der Umweltmanagementsysteme (EMAS, ISO, ca. 1992 bis 1996) und das Aufkommen der Umweltberichterstattung (seit 1990). Die EMAS-Umwelterklärungen und -Umweltberichte wurden vorwiegend von großen Unternehmen veröffentlicht und damit begannen vor allem diese Unternehmen, sich in ihren Berichten mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Das IÖW und das ifo-Institut verschafften sich im Jahr 1999 durch eine Befragung einen ersten Einblick zur Rezeption von Nachhaltigkeit auf Unternehmensführungsebene. Im Rahmen der ifo-Konjukturerhebungen wurden 2.722 Führungskräfte gefragt, ob das Thema Nachhaltige Entwicklung von der Geschäftsführung schon einmal berücksichtigt wurde. Die Ergebnisse der Befragung haben gezeigt, dass der Begriff Nachhaltigkeit bei 28% der Befragten noch völlig unbekannt war und sich nur 38% schon mehrfach mit dem Thema beschäftigt haben. Vergleichbare Ergebnisse hat eine zwei Jahre später erneut durchgeführte Befragung des ifo-Instituts im Rahmen eines Ökoradar-Projekts gezeigt. Weitere Untersuchungen stellten fest, dass der Stellenwert des Themas Nachhaltigkeit von der Größe und der Branche abhängt.[7]

Aber wann entwickelt sich ein Unternehmen nachhaltig? Nachhaltige Entwicklung für ein Unternehmen bedeutet, dass es[8]:

- sich in lokalen, regionalen und globalen Systemen mit seinen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Wechselwirkungen einpasst und die Grenze nicht überschreitet. Einpassen aus ökologischer Sicht bedeutet z.B. die effiziente Verwendung von Ressourcen, Abfälle oder Emissionen abzubauen oder die Regenerationsfähigkeit von erneuerbaren Ressourcen zu verbessern. Aus sozialer Sicht ist das Einpassen gegeben, wenn zum Beispiel Standards bei den Arbeitsbedingungen eingehalten werden und ein bestimmter Lebensstandard ermöglicht wird. Ein Beispiel für Einpassen aus wirtschaftlicher Sicht ist, wenn sich das Unternehmen fair gegenüber Wirtschaftspartnern verhält;
- die Bewahrung und Erweiterung der Vielfalt der Handlungsoptionen ermöglicht. Um handlungsfähig zu sein, sind Voraussetzungen wie Wettbewerbsfähigkeit und Einhaltung der rechtlichen Vorgaben essentiell. Die Handlungsmöglichkeiten werden zum Beispiel durch ein gutes Image und Vertrauen der Stakeholder sowie durch eine hohe Bonität geschaffen;
- ein aktives und innovatives Glied im Netzwerk seiner Beziehungen ist. Wichtige Quellen, um Verbesserungsmöglichkeiten herauszufinden und innovative Lösungen zu entwickeln, sind Erfahrungsaustausch, Feedback und Dialog mit Anspruchsgruppen.

Die Unternehmen benötigen zur Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung Konzepte und Instrumente des Nachhaltigkeitsmanagements. Die Kernbereiche eines Nachhaltigkeitsmanagements sind nachhaltige Unternehmensführung und Managementsysteme, nachhaltiges Innovationsmanagement, Organisationsentwicklung, Personalentwicklung und Nachhaltigkeitskommunikation (siehe Abbildung 1).[9] Die Unternehmen sollen ihre Leistungen in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales den Stakeholdern (z.B. Öffentlichkeit, Kunden, Staat, Mitarbeiter, Umweltverbände u.a.) zugänglich machen, um mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit zu schaffen.[10] Um den Dialog mit den Stakeholdern zu optimieren und das Vertrauen der Gesellschaft in ihre unternehmerischen Tätigkeiten zu erhöhen, werden die Instrumente der Nachhaltigkeitskommunikation verwendet. Die Nachhaltigkeitskommunikation umfasst die

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Kernbereiche des Nachhaltigkeitsmanagements (Quelle: Reporting about Sustainability; eigene Darstellung)

ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens und ist ein Bestandteil der Unternehmenskommunikation. Ein Instrument für Transparenz und Glaub- würdigkeit ist die Berichterstattung. Die Nachhaltigkeitsberichte integrieren die drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung und spielen dabei als ein zukunftsfähiges Medium eine zentrale Rolle, auch wenn die Einbeziehung der ökonomischen Aspekte neben den ökologischen und sozialen in diesen Berichten in der Praxis nicht weit verbreitet ist.[11]

Es gibt kein Patentrezept und keinen allgemeingültigen Weg für nachhaltige Unternehmensentwicklung, für jedes Unternehmen gelten verschiedene Wege zur Nachhaltigkeit. Nachhaltiges Handeln ist ein Lern- und Suchprozess, der mit Strukturen und Instrumenten aufzeigt, wie man den Weg in Richtung Nachhaltigkeit analysieren, bewerten und kommunizieren kann. In diesem Zusammenhang werden in der vorliegenden Arbeit Motive, Nutzen, Zielgruppen und Richtlinien der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Unternehmen beschrieben. Mit Fallbeispielen aus der chemischen Industrie wird gezeigt, wie sich die Nachhaltigkeitsberichte in dieser Branche entwickelt haben und wie sie den Anspruch der Sustainable Development (Nachhaltigen Entwicklung) erfüllen.

2.2 Berichterstattung: ein Instrument zur Umsetzung der betrieblichen Nachhaltigkeit

Die Berichte im Rahmen der Unternehmenskommunikation dienen der schriftlichen Information und Dokumentation unternehmensinterner und -externer Sachverhalte; mit ihrer Hilfe wird die Unternehmensleistung gegenüber internen und externen Anspruchsgruppen kommuniziert.[12] Zu dem Kommunikationsinstrument „Berichterstattung“ gehören unter anderem:[13]

- Umweltberichte und Umwelterklärungen
- CR-Berichte (Corporate Responsibility) oder CSR-Berichte (Corporate Social Responsibility)
- Nachhaltigkeitsberichte (Sustainability Reports)
- um Elemente der Nachhaltigkeit erweiterte Geschäftsberichte

Nach dem Weltgipfel in Rio 1992 gab es einen regelrechten Boom bei der Berichterstattung. Die frühen Berichte waren auf den Sektor Umweltberichterstattung bezogen.[14] Geschäfts- und Umweltberichte sind vor allem für große Unternehmen die Standardinstrumente der Unternehmenskommunikation. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung hat sich aus der Umweltberichterstattung entwickelt. Ende der 1980er Jahre erschienen die ersten Veröffentlichungen der Umweltberichte besonders aus dem kritischen Industriebereich der Chemie sowie kleine und mittelständische Vorreiterunternehmen, die über ihre herausragenden Aktivitäten im Umweltschutz berichten wollten, mit dem Ziel ihr Image zu verbessern.[15] Ende der 1990er Jahre haben die ersten Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte erstellt, mit denen sie zusätzlich über soziale und ökonomische Themen informierten.[16]

Die Umweltberichte sind Unternehmenspublikationen, die interessierte Gruppen über ökologisch relevante Fragestellungen eines Unternehmens unterrichten. Die Umwelterklärungen sind spezifische Umweltberichte, die von an EMAS (Umweltmanagementsystem) teilnehmenden Unternehmen erstellt werden, um die Öffentlichkeit über umweltbezogene Aktivitäten zu informieren. In den Sozialberichten werden Ziele, Maßnahmen und Leistungen und die dadurch erzielten Wirkungen der mitarbeiter- und gesellschaftsbezogenen Unternehmensaktivitäten dargestellt und sie informieren über soziale Maßnahmen und Aufwendungen. Es ist zu erkennen, dass zunehmend ökologische Aspekte auch in Finanzberichten eingebunden werden und dass auch in Umweltberichten über ökonomische Sachverhalte berichtet wird.

Die privatwirtschaftliche Verantwortung wird als Corporate Governance, das sich an der Vorstellung von Good Governance (u.a. Rechtssicherheit, Menschenrechte, Demokratieförderung, verantwortlicher Umgang mit öffentlichen Ressourcen) orientiert[17], oder als CSR[18] erfasst. CSR auch als gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen beschränkt sich auf ökologische und soziale Herausforderungen; die ökonomische Dimension wird hingegen als Randbedingung betrachtet, mit dem Ziel den wirtschaftlichen Prozess der Globalisierung nach international anerkannten Standards menschlicher und gerechter zu gestalten. Beim Vergleich der unterschiedlichen Nachhaltigkeits- und CSR-Berichte wird festgestellt, dass beide Berichte inhaltlich kaum Unterschiede aufweisen. Auch die Nahhaltigkeitsberichte beschäftigen sich mehr mit ökologischen und sozialen Aspekten und ergänzen ihren Bericht mit einem tendenziell knappen Abschnitt zu Ökonomie.[19] Somit werden Nachhaltigkeitsberichte mit Corporate-Social-Responsibility-Berichten gleichgesetzt[20] und ermöglichen eine integrierte Umwelt-, Sozial- und Finanzrechnungslegung, eine kontinuierliche und weltweite Berichterstattung über lokale und globale Umwelteinwirkungen wie auch eine Evaluation der internen und externen Performance.

Mit der Integration der sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen nachhaltigen Wirtschaftens wird angestrebt, Stakeholder darüber zu informieren, inwieweit und auf welche Weise die verschiedenen Herausforderungen von den Unternehmen miteinander verbunden werden.[21] Einige Faktoren, die als wichtig für die Wahl der Kommunikationsmedien gelten, sind die unterschiedlichen Informationsstile und -bedürfnisse der Zielgruppen, die nachgefragten Themen und Informationen sowie auch die finanziellen und personellen Ressourcen und die Ziele, die ein Unternehmen mit der Nachhaltigkeitskommunikation verfolgt.[22]

In „öffentlichkeitssensiblen“ Branchen, wie z.B. in der chemischen Industrie, bei denen die internationalen Stakeholderansprüche gestiegen sind, ist ein Nachhaltigkeitsbericht ein wichtiger Beitrag zur Akzeptanz des unternehmerischen Handelns. Immer mehr Unternehmen zeigen ihr Engagement im umweltbezogenen Wirtschaften oder sozialen Bereich. Die Ergebnisse einer Studie von KPMG (2005) zeigten, dass über die Hälfte der 250 führenden Unternehmen aus der „Fortune-500“-Liste (GFT250) ihren Geschäftsbericht durch einen Nachhaltigkeitsbericht ergänzt haben und im Ländervergleich deutsche Unternehmen mit einer Quote von 36% auf dem fünften Platz liegen. In dieser Studie wurden die Nachhaltigkeitsberichte der jeweils 100 größten Unternehmen in 16 Ländern und der GFT250 ausgewertet. Die Unternehmen aus Japan und Großbritannien weisen die höchsten Quoten in der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf, und den größten Sprung im Vergleich zu 2002 haben die Unternehmen in Kanada, Frankreich, Italien, Spanien und Südafrika gemacht. Alle in der Studie untersuchten Unternehmen mit relativ hohen Umweltauswirkungen wie z.B. die der Chemieindustrie liegen vorne, d.h., alle veröffentlichen Nachhaltigkeitsberichte.[23]

Die Berichte der 150 größten deutschen Unternehmen wurden im Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2005 von der Unternehmervereinigung future e.V. und dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) bewertet. Zu der Stichprobe zählen die 100 größten Industrieunternehmen und Dienstleister (gemessen am Umsatz) sowie Banken, Versicherungen und Handelsunternehmen. Von den 150 Unternehmen haben 53 einen Nachhaltigkeitsbericht oder einen vergleichbaren gesellschaftsbezogenen Bericht, wie Umweltberichte und CSR-Berichte, veröffentlicht.[24]

Laut den Ergebnissen von IÖW und future e.V., hat sich der Umfang der Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung in deutschen Großunternehmen seit 2000 nicht wesentlich verändert.[25] Nur 13% der Berichte, die zwischen 2000 und 2003 in Europa veröffentlicht wurden, stammen aus Deutschland, 28% aus Großbritannien, 8% aus Italien, 7% aus den Niederlanden und 6 % aus Frankreich und der Schweiz.[26] Weltweit sind über 2.000 Unternehmen bekannt, die Sustainability-Reports verfassen. Die Zahl der Nachhaltigkeitsberichte von 1993 bis 2003 hat wesentlich zugenommen. Im Jahr 2003 hat die Zahl der Berichte weltweit über 1200 betragen.[27]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Types and Formats of Report (Quelle: ACCA, Corporat Register, 2004)

Laut der Studie „Towards Transparency“ von ACCA und Corporate Register besitzen die Umweltberichte (über 40% in 2003) den größten Teil, aber mit fallender Tendenz.[28] Der Anteil der Berichte von Unternehmen weltweit, die das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung verfolgen, beträgt 30%; sie werden in sustainability (14%), corporate responsibility (8%) oder social and enviromental reports (8%) kategorisiert (siehe Abbildung 2). „Schon für große, internationale Unternehmen stellt die CSR-Nachhaltigkeitsberichterstattung häufig einen großen Kraftakt dar. Mit einem punktuellen Engagement ist es nicht getan, vielmehr geht es um dauerhafte Veränderungen im Management, die zumindest am Anfang spürbar Ressourcen binden. Für kleine und mittlere Unternehmen ist dieses häufig nicht leistbar. Daher wird auf vielen Ebenen diskutiert, wo die Zukunft der CSR-Berichterstattung für KMU liegen kann. Für große Unternehmen sind CSR- oder Nachhaltigkeitsberichte auf dem Weg, ein Standardinstrument zu werden. Verglichen mit der weltweiten Zahl an Unternehmen ist die Zahl derer, die berichten, immer noch klein.“[29]

3 Nachhaltigkeitsberichterstattung

3.1 Vorbemerkungen

„We define sustainable development reports as public reports by companies to provide internal and external stakeholders with a picture of corporate position and activities on economic, enviromental and social dimensions. In short, such reports attempt to describe the company’s constribution toward sustainable development.“[30]

Der Nachhaltigkeitsbericht, ein von Unternehmensseite wesentliches Instrument der Nachhaltigkeitskommunikation, wird häufig unter den Bezeichnungen wie „Triple-Bottom-Line-Report“ oder „Corporate Social Responsibility Report“ (CSR) veröffentlicht. Der inhaltliche Anspruch und die Komplexität dieses Berichts, wie schon in Kapitel 2 grob erwähnt, basieren auf bisherigen Berichtsformen. Zusätzlich zu diesen fokussiert er nicht einseitig auf isolierte Aspekte der unternehmerischen Leistung, sondern auf die Darstellung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte der betrieblichen Tätigkeit und verfolgt die Analyse der dazwischen bestehenden Wirkungszusammenhänge, Synergien und Zielkonflikte.[31] Die „Tripple-Bottom-Line“-Reports präsentieren Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsaspekte meist in eigenen Kapiteln. Das bedeutet aber nicht, dass es keine integrierte Betrachtung gibt. Wenn im Wirtschaftsteil Produktlebenszyklen dargestellt werden, werden Umwelt und Ökonomie gemeinsam betrachtet und auch wenn im Sozialkapitel die Auswirkungen aus Verkehr, Beschäftigung oder Betriebsschließungen beschrieben werden, sind wiederum alle drei Säulen der Nachhaltigkeit vereint.[32]

Der Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung Dr. Volker Hauff sagte in seiner Rede aus Anlass der Präsentation zum Ranking von Nachhaltigkeitsberichten 2005 durch IÖW und future e.V: „Nachhaltigkeitsberichte leisten eine wichtige Voraussetzung für den Dialog der Unternehmen mit der Gesellschaft. Nur die ehrliche, lückenlose und glaubwürdige Berichterstattung über die Aktivitäten wird vom Verbraucher mit Vertrauen honoriert.“[33] Er betonte auch, dass Glaubwürdigkeit Transparenz braucht und Grundlage für Transparenz eine glaubwürdige Berichterstattung und die offene Kommunikation zwischen Unternehmen und Stakeholdern sind. Eine wichtige Voraussetzung für den Dialog mit den verschiedenen Zielgruppen ist die Berichterstattung über Visionen, Ziele, Strategien und Aktionen des Unternehmens. Die Themen, wie Arbeits- und Sozialbedingungen, Tragfähigkeit des Ökosystems beim Umgang mit Materie und Energie, Verwirklichung von Gerechtigkeit und Konfliktausgleich, sowie Rolle des Unternehmens bei Verteilung von Reichtum, sollen von jedem international agierenden Unternehmen in einem Nachhaltigkeitsbericht erfasst werden.[34] Es gibt die folgenden drei Formen von Nachhaltigkeitsberichten:[35]

1. Einige Berichte fassen Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialbericht zusammen. Der Nachhaltigkeitsbericht bei diesen Unternehmen, die häufig nach der DIN EN ISO 14001 zertifiziert wurden, ersetzt die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Der Bericht ist nach ISO 14001, im Gegensatz zur Umwelterklärung nach EMAS, nicht zwingend vorgeschrieben.
2. Andere Unternehmen (z.B. Bayer, Henkel) greifen sich einzelne Aspekte von Nachhaltigkeit heraus und betonen sie in ihrem Bericht höchst unterschiedlich.
3. Andere Unternehmen integrieren in ihrem Nachhaltigkeitsbericht ihre Umwelterklärung nach EMAS und fügen dieser ergänzende Informationen zu Wirtschaft und Sozialem bei.

Alle Berichte umfassen die drei Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung, aber die Gewichtung ist höchst unterschiedlich, so dass eine Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichte nicht möglich ist.

Für die Verbesserung und Förderung der Nachhaltigkeitsberichterstattung haben verschiedene Institutionen Leitfäden, Richtlinien und Normen veröffentlicht. Diese sorgen für eine Standardisierung der Berichterstattung und die Festlegung von bestimmten Kernbereichen sowie Kennzahlen und Indikatoren, die die Bewertung der Unternehmensleistung erleichtern sollen. Die Leitfäden dienen als Handlungsorientierung und die Richtlinien, die z.B. von Verbänden und Ministerien herausgegeben werden, zeigen einen verbindlichen Charakter. Durch Normierungsorganisationen werden die Normen entwickelt und sind z.T. die Grundlage für mögliche Zertifizierungsprozesse.[36] Die internationale Nachhaltigkeitsberichterstattung ist von der Global Reporting Initiative (GRI) durch den international verbreiteten GRI-Leitfaden entscheidend gefördert worden. Für Unternehmen ab einer bestimmten Unternehmensgröße wird eine Berichtspflicht gefordert, die ökonomische, ökologische und soziale Leistungen beinhaltet. Dänemark, Frankreich und Schweden sind Beispiele derjenigen Länder, bei denen es eine gesetzliche Verpflichtung über Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten, gibt.[37]

3.2 Gründe und Hauptmotive der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen

Mögliche Gründe für die Unternehmen, die über Nachhaltigkeitsaspekte berichten, können die folgenden sein:[38]

- Erfüllung gesellschaftlicher Ansprüche

Die Unternehmensleitung muss zur Sicherung der Ressourcenverfügbarkeit (z. B. Arbeit, Kapital, Know-how) die gesellschaftlichen Ansprüche berücksichtigen. Der Zweck des Unternehmens wird von den ökologischen, ökonomischen und sozialen Interessen der Stakeholder beeinflusst, die entsprechende Informationen einfordern. Das unternehmerische Handeln und dessen Wirkungen werden mit einer Nachhaltigkeitsberichterstattung legitimiert.

- Sicherung der Glaubwürdigkeit

Die Erzielung der Glaubwürdigkeit und der Aufbau des Vertrauens in das Unternehmen sollen durch eine transparente Berichterstattung erreicht werden.[39] Die interne Diskussion im Unternehmen, in der die Mitarbeiter und -innen die Chance haben, ihre Ideen, Vorschläge und Kritik zu äußern, gilt als wesentlicher Bestandteil transparenter und glaubwürdiger Unternehmenspolitik.

- Aufbau von Reputation

Der Unternehmenserfolg und unternehmerische Handlungen werden durch eine hohe Unternehmensreputation gestützt, welche den Umgang mit den Stakeholdern vereinfacht. Die Unternehmen mit einer nachhaltigkeitsorientierten Unternehmenspolitik können sich einen Vorteil gegenüber Konkurrenten verschaffen, die ein ökologisch-soziales Engagement vernachlässigen.

- Betriebsinterne Information und Steuerung

Eine Nachhaltigkeitsberichterstattung wirkt motivierend für die Mitarbeiter, die z. B. bei der Sammlung von Informationen oder bei Maßnahmen zur Umsetzung der nachhaltigen Unternehmensentwicklung teilnehmen.

- Zwischenbetrieblicher Vergleich

Eine glaubwürdige Berichterstattung, die über die nachhaltige Unternehmensleistung informiert, ermöglicht ein Unternehmensvergleich. Die Berichtsformen sollen trotz des gebotenen Handlungsspielraums zur flexiblen und individuellen Gestaltung von Nachhaltigkeitsberichten ein aussagekräftiges Benchmarking der nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensperformance zwischen den Unternehmen als auch über die Zeit unterstützen.

Die Motive für eine aktive Kommunikation können von Unternehmen zu Unternehmen oder von Branche zu Branche unterschiedlich sein. Das IÖW hat in einer Befragung drei wesentliche Berichterstattungsmotive identifiziert:[40]

- Marktorientierte Motive

Wenn ökologische oder soziale Überlegungen für die Kaufentscheidung eine wichtige Rolle spielen, ist es von größtem Interesse, dass das Nachhaltigkeitsengagement einen klaren Marktbezug aufweist. Im Marketing ist es wichtig nicht nur leistungsstark zu sein, sondern dies im Markt auch eindeutig zu kommunizieren.

- Managementorientierte Motive

Die kleinen und mittleren Unternehmen sehen sich keineswegs als Gegenstand öffentlichen Interesses und stehen nicht unter dem Druck der öffentlichen Kritik oder Pressekritik. Eine wichtige Aufgabe der Nachhaltigkeitsberichterstattung in solchen Unternehmen besteht darin, ihr internes Sozial- und Umweltmanagement zu fördern. Die Hauptaufgabe der Berichte ist die Unterstützung des Controllings sowie auch die Information und Motivation von Mitarbeitern. Der Bericht wird für Kommunikation innerhalb des Unternehmens genutzt und für die Unterstützung von Managementfunktionen eingesetzt.

- Öffentlichkeitsorientierte Motive

Die Großunternehmen wie z.B. der Chemieindustrie stehen seit Jahren unter öffentlichem Druck wegen des mangelnden öffentlichen Vertrauens in den Bereichen Umweltschutz, Anlage- und Produktsicherheit. Ziel der öffentlichkeitssensiblen Branchen ist es, mittels Kommunikation Vertrauen und Glaubwürdigkeit und mehr öffentliche Akzeptanz für ihre Produkte aufzubauen. Der Nachhaltigkeitsbericht trägt dazu bei, dass den Stakeholdern die Wechselwirkungen und Zielkonflikte, die zwischen den verschiedenen Dimensionen bestehen, verdeutlicht werden.

3.3 Zielgruppen – Anspruchsgruppen (Stakeholder)

3.3.1 Erwartungen der Stakeholder und Ausgestaltung der Unternehmenskommunikation

Die Kernfrage hier lautet: Wer liest Nachhaltigkeitsberichte und welche Interessen und Ansprüche haben die Zielgruppen, die Nachhaltigkeitsberichte oder CSR-Berichte lesen? Eine weitere Frage lautet: Wie oder womit erreichen diese Berichte ihre Leser?

Einige typische Anspruchsgruppen und ihre vorrangigen Informationsbedürfnisse sind:

- Aktionäre: zukünftige Chancen und Risiken sowie Fähigkeit mit Krisen umzugehen
- Konsumenten: Produktsicherheit, Entsorgung und Gesundheit
- Mitarbeiter: soziale Sicherheit, faire Löhne, Arbeitssicherheit, Karrieremöglichkeiten und Image
- Behörden: Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften sowie Risikomanagement, Arbeitssicherheit und Emissionsdaten
- Nichtregierungsorganisationen (NGOs): philanthropische Zuwendung, Gemeindearbeit, Menschenrechte und Minderheitenrechte
- Konsumentenschutzgruppen: Produktleistungen und fairer Handel

Die Studie Global Reports (2000) zeigte, dass der Trend in Richtung Stakeholder Governance geht, die bei der Entscheidung von grundlegenden Strategien einen Einfluss hat oder die Rolle einer Beratung einnimmt. Vor allem in der Berichterstattung helfen sie bei der Auswahl der Themen und der Indikatoren und bestimmen, wie Glaubwürdigkeit geschaffen werden kann.[41]

Die von der Beratungsgesellschaft Pleon Kohtes Klewes durchgeführte Befragung mit 495 Teilnehmern, die die verschiedenen Stakeholder-Gruppen gebildet haben, hat gezeigt, dass Aktionäre und Investoren von der Mehrheit der Befragten als die Hauptzielgruppe eines Nachhaltigkeitsberichts mit einen Anteil von 67,3% angesehen werden, gefolgt von der Zielgruppe der Unternehmensmitarbeiter (51,7%) an zweiter Stelle und den Konsumenten/ Kunden an dritter Stelle mit 42,8%. Die Medien und NGOs kommen erst auf Rang vier und fünf der Zielgruppen. In Abbildung 3 werden die Anspruchsgruppen eines CSR- oder Nachhaltigkeitsberichts dargestellt. Die fünf größten Zielgruppen des Stakeholder- Spektrums, die an der Umfrage teilgenommen haben, waren die Mitarbeiter (27,5%), die Berater (19,4%), die Wissenschaftler (13,3%), die NGOs (12,3%) und die Finanzwelt (6,2 %); die Mehrheit der Befragten stammten aus Westeuropa und der englischsprachigen Welt.[42]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Wichtigste Zielgruppen der CSR-Berichterstattung (Quelle: Pleon Kohtes Klewes, 2005)

Welche inhaltlichen Erwartungen die Zielgruppen an die Nachhaltigkeitsberichte haben, wird in Abbildung 4 dargestellt. Vor allem die Stakeholder erwarten die angemessene Berücksichtigung ökologischer Themen. Dass die Unternehmen „sehr intensiv“ zum Thema Ökologie berichten sollten, ist weltweit die Meinung von 70,9% der Stakeholder. Dieser Anteil ist, im Vergleich zur Befragung von 2003, um 2,7% gestiegen. Eine „sehr intensive“ Berichterstattung zum Thema Soziales erwarten 65,1% (2003: 65,3%) und zum Thema Ökonomie wollen nur 38,2% (2003: 36,1%) eine intensive Berücksichtigung. Damit wird klar, dass ökonomische Themen eine untergeordnete Rolle für die Stakeholder spielen. Ein möglicher Grund dafür ist, dass der Geschäftsbericht das gängige Medium für ökonomische Informationen eines Unternehmens ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Allgemeine inhaltliche Erwartungen an die Nachhaltigkeitsberichte (Pleon Kohtes Klewes, 2005)

Einige Indikatoren für die einzelnen Themenblöcke, die am häufigsten von Stakeholder erwartet werden, sind:

- Im Themenblock Ökologie: Energie-/Ökoeffizienz (von 61% der Teilnehmer als „sehr wichtig“ betrachtet), Klimaschutz (59,4%), Umweltschutz im Produktionsprozess und Umweltpolitik (beide 58,8%). Weniger wichtig waren die klassischen ökologischen Themen wie Boden- und Wasserschutz (53,5%) oder Abfallaufkommen/Recycling (49,5 %).
- Im ökonomischen Themenblock: Die Vorreiterrolle nimmt Corporate Governance ein (56% ), Bestechlichkeit und Korruption (52,7%), die Herleitung des Business Case für CSR (48,5%) und Risikomanagement (46,9%). Weniger wichtig sind Umsätze/Erträge/ betriebliche Kennzahlen (33,5%), Investitionen und Aktienanteile (26,3%).
- Im sozialen Bereich: Umgang mit Menschenrechten mit 61,4 % als das wichtigste Thema, Gesundheitsschutz/Arbeitssicherheit (60,4%), Sozialstandards in Entwicklungsländern (56,6%) und Lieferantenkontrolle im Hinblick auf die o.g. Themen (51,1%). Weniger wichtig waren Corporate Citizenship[43] (z.B. Volunteering, Sponsoring) mit 34,5%.

Die Unternehmen setzen auf Corporate Citizenship, gemeinnütziges Engagement und Sponsoring und interessieren sich weniger für Themen wie Menschenrechte, die für Stakeholder laut der Studie als weit wichtigstes Thema gilt. Sie berichten eher über Themen, bei denen sie sich am sichersten fühlen, und sie wünschen einen Leistungsbericht, der eine PR-Funktion erfüllt. Unternehmen müssen eine extrem heterogene Zielgruppe so bedienen und alle in kurzer Zeit und in lesbarer Form zufrieden stellen. Diese Aufgabe ist in den letzten Jahren durch internetbasierte Berichterstattungen realisiert worden. Laut der Studie von Pleon hat die Nachfrage nach gedruckten Berichten oder ihrer herunterladbaren PDF-Version im Vergleich zu 2003 zugenommen und die Nachfrage nach innovativeren elektronischen Formaten abgenommen.

Laut der Studie „Geheime Mission? Deutsche Unternehmen im Dialog mit kritischen Stakeholdern“ berichtet nur ein Viertel der größten 150 befragten Unternehmen in Deutschland über die Ergebnisse eines Dialogs in Form periodischer Nachhaltigkeitsberichte.[44] „Ehrlich gemeinter Stakeholderdialog heißt, aktiv und kontinuierlich die Kommunikation mit internen wie externen Anspruchsgruppen zu suchen. Der Stakeholderdialog trägt damit wesentlich zur Werteentwicklung der Organisation und ihrer Produkte und Dienstleistungen bei und unterstützt Lernprozesse im Unternehmen.“[45] Die Einbindung der Anspruchsgruppen führt zum Aufbau von Sozialkapital, verstärkt das soziales Vertrauen und ist damit wesentlicher Bestandteil eines glaubwürdigen Nachhaltigkeitsberichts. Aber die Berücksichtigung mehrerer Ansprüche führt zur Entstehung von Zielkonflikten. Wenn die Unternehmen mit Stakeholdern reden, sollten sie die Sprache des Gegenübers verstehen. Gemeint sind hier nicht die Sprachkenntnisse, es geht vielmehr darum, dass sie die vorherrschenden Weltbilder aller Gesprächspartner verstehen können. Das bedeutet, dass sie multilingual sein müssen, ansonsten kann ein Gespräch von Unternehmensvertretern und Stakeholdern schlussendlich sehr unterschiedlich erlebt werden.[46]

In der Befragung von Pleon (2003) hielten die Stakeholder die Chemiebranche für eine der besten Branchen im CSR-Reporting. Die Risikokommunikation wird von der chemischen Industrie als sehr wichtig eingestuft, aufgrund der damit verbundenen Chance, mögliche Risiken zu diskutieren und Transparenz zu schaffen. Im September 2005 hat der Verband der chemischen Industrie (VCI) beispielsweise eine Dialogreihe zum Thema Nanomaterialien gestartet. Der VCI engagiert sich auf nationaler und internationaler Ebene in der Sicherheitsforschung und hat eine Dialogstaffel zu den Themen Arbeitsschutz, Umweltschutz, Verbraucherschutz sowie Produktsicherheit initiiert. Mit der Stiftung „Risiko-Dialog“, die die neutralen Stakeholderdialoge moderiert und konzipiert, werden Wissenslücken identifiziert und gemeinsames Wissen aufgebaut.[47]

3.3.2 Zwischenfazit

Die Unternehmen müssen die Interessen verschiedener Anspruchsgruppen berücksichtigen, die sich miteinander nicht immer in Übereinstimmung befinden. Für die Unternehmen ist die Berücksichtigung der Informationsbedürfnisse meinungsführender und wichtiger Stakeholder, die Reputation gewährleisten können, eine Voraussetzung für einen guten Bericht. Laut der Stakeholder-Befragung von ECC Kohtes Klewes sind die Erwartungen an wirtschaftlichen Themen gering. „Corporate Citizenship“ vermittelt keinen positiven Eindruck. weil die Unternehmen nicht nur über die Bereiche berichten müssten, in denen sie Stärken besitzen. Die Problembereiche, die Benennung von Defiziten und Fortschritten (Leistungsverbesserungen) sowie Themen essentieller Bedeutung wie z.B. Energie-/Öko-Effizienz, Korruption, Umgang mit Menschenrechten sollten nicht unbeachtet bleiben. „Verantwortlich ist man nicht nur für das was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“[48] Ein allgemeingültiges „Rezept“ für einen ehrlichen Nachhaltigkeitsbericht gibt es nicht. Die Ansprüche und Erwartungen der Stakeholder sind vielfältig und das führt auch zu einer unterschiedlichen Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Berichte.

3.4 Ziele und Nutzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Ziele der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind zusammenfassend:[49]

- Baustein auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen betrieblichen Führung im Sinne des Leitbilds einer nachhaltigen Entwicklung
- Im Sinne einer vollständigen, wahrheitsgemäßen und selbstkritischen Bestandsaufnahme über Ziele, Maßnahmen und Ergebnisse einer nachhaltigen Entwicklung im Unternehmen zu informieren
- Neue Ziele setzen und Beurteilung der Erkenntnisse durch das Management und Anregung des Lernprozesses im Unternehmen
- Unternehmerische Verantwortung zu kommunizieren und Stakeholderdialog zur Sicherstellung der Glaubwürdigkeit

Den Nutzen, der sich aus der nachhaltigen Entwicklung ergibt, haben schon viele Unternehmen erkannt. Ein Wandel von Einstellungen und Unternehmensleitlinien ermöglicht Innovations- und Marktchancen, die sich aus Nachhaltigkeitsmaßnahmen ergeben. Der unmittelbare bzw. längerfristige Nutzen, der ein Nachhaltigkeitsbericht bringt, besteht in den folgenden Punkten:[50]

- Verbesserung des Risikomanagements und Ausbau der Vorsorge:

Nachhaltigkeitsberichte ermöglichen eine Abbildung von ökologischen und sozialen Risiken. Sie übernehmen die Funktion eines Frühwarnsystems für das Unternehmen und leisten einen Beitrag zur Erhöhung der betrieblichen Stabilität.

- Unterstützung des strategischen Managements:

Nachhaltigkeitsberichte stellen dar, wie aktiv ein Unternehmen in seinem sozialen, natürlichen und wirtschaftlichen Umfeld ist. Die Erkennung von Gefahren und die Definition der Aufgabe eines Unternehmens in der Gesellschaft, die durch einen Nachhaltigkeitsbericht leichter wird, ist die Voraussetzung zur Entwicklung zukunftsfähiger Leitbilder und Strategien.

- Förderung der Innovationen:

Ziel der Nachhaltigkeit ist hohe Lebensqualität zu schaffen, so dass Bedürfnisse anders befriedigt werden; die dafür notwendige Vorrausetzung ist die Förderung der Innovationen für neue Produkte, Dienstleistungen und Technologien. Ein Nachhaltigkeitsbericht bildet dafür das Bewusstsein.

- Image und Wettbewerbsfähigkeit werden gestärkt:

Mit glaubwürdigen Nachhaltigkeitsberichten lässt sich die Entwicklung der Unternehmen erkennen und somit das Image sowie die Wettbewerbsfähigkeit am Produkt-, Personal- und Kapitalmarkt stärken.

- Erweitertes Blickfeld:

Damit ist die fachliche Ausweitung, der Blick auf ökologische und allgemeine wirtschaftliche Aspekte, die Sensibilisierung des Unternehmens für mittel- und langfristige Aspekte gemeint. Die Berichterstattung lässt stärker erkennen, wie das Unternehmen mit seiner Region in Verbindung steht.

4 Gestaltung der Nachhaltigkeitsberichte – Richtlinien/Standards/Indizes

4.1 Grundsätze der Nachhaltigkeitsberichte

Bei der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte und auch der anderen Berichtsformen ist die Einhaltung von international anerkannten Grundsätzen der Berichterstattung wichtig und wird von den meisten vorhandenen Richtlinien der Nachhaltigkeitsberichterstattung verschiedener Institutionen gefördert. Die Grundsätze mit vorrangiger Bedeutungen sind die folgenden[51]:

- Wahrheit: Die Unternehmen sollten den Nachhaltigkeitsbericht sehr verantwortungsbewusst und sorgfältig formulieren und der Wahrheit entsprechen.
- Wesentlichkeit: Der Bericht sollte Informationen vom sozialen, ökonomischen und ökologischen Bereich enthalten. Wesentlich ist eine Information nur dann, wenn sie wichtig für das Unternehmen ist oder wenn sie für das Umfeld eine besondere Bedeutung hat, z.B. für eine Chemiefabrik wären Information über auf dem Gelände gelagerte Stoffe wesentlich.[52]
- Klarheit: Die einzelnen Punkte sollten eindeutig und verständlich dargestellt werden. Der Zeitraum, auf den sich der Bericht bezieht, und auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung sollten erkennbar sein. Komplizierte Sachverhalte sollten durch Grafiken oder Bilder veranschaulicht werden.
- Vergleichbarkeit über mehrere Jahre: Die inhaltliche Struktur und die wesentlichen Kennzahlen des Berichtes sollten sich ohne wichtigen Grund nicht ändern, um die Vergleichbarkeit mit früheren Berichten zu bewahren. Die Beeinflussung von Daten durch Zukauf oder Verkauf von Betriebseinheiten sollte im Bericht dargestellt werden.
- Vergleichbarkeit innerhalb der Branche: Es ist wichtig die Berichte über die Zeit vergleichbar zu halten und bei Änderungen wie z.B. Zukauf oder Verkauf von Betriebseinheiten zu zeigen, welche Daten davon beeinflusst werden.
- Stetigkeit: Die Erhebungs- und Bewertungsmethoden müssen dauerhaft angewendet werden und Änderungen sowie auch ihre Auswirkungen sollten bekannt werden.

4.2 Institutionen der Richtlinien von Nachhaltigkeitsberichten

Unterschiedliche unternehmerische Aktivitäten machen die Zugänge von Unternehmen zu Nachhaltigkeitsberichten oder CSR-Berichten vielfältig und individuell. Für eine bessere Vergleichbarkeit und mehr Transparenz zwischen Unternehmen, innerhalb von Branchen, ist eine Vereinheitlichung gefordert, die durch die Empfehlung zu mehr Standardisierung und Forderung vollständiger Regulierung erreicht werden können.[53] Verschiedene Organisationen haben Richtlinien erarbeitet, um die Vereinfachung, Standardisierung und damit die Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichte möglich zu machen. Sie stellen eine freiwillige Selbstverpflichtung dar, die nicht extern überprüft werden muss. Zu den Organisationen, die Vorgaben für Inhalt und Gliederung von Nachhaltigkeitsberichten gemacht haben, gehören die folgenden[54]:

- Internationale Wirtschaftsprüfervereinigung Association of Chartered Certified Accountants (ACCA), die Nachhaltigkeitsberichte seit Anfang der 90er Jahre in mehr als 30 Ländern bewertet und ausgezeichnet hat.
- ICC Business Charter für Sustainable Development: 16 Managementgrundsätze für Nachhaltige Entwicklung im Unternehmen.
- Die Global Reporting Initiative (GRI) mit ihren GRI-Indikatoren, die im Jahr 1997 von der Coalition of Environmentaly Responsible Economies (CERES) ins Leben gerufen wurde.
- Global Compact: Der am 31.01.1999 vom Generalsekretär der UN Kofi Annan geforderte „Globalpakt“ besteht aus zehn Prinzipien, die auf die Bereiche Menschenrechte, Arbeitsstandards, Umweltschutz und Antikorruption bezogen sind. Von den Mitgliedsunternehmen des Global Compact wird erwartet, dass sie sich mit ihrem Umfeld über den Fortschritt bei der Umsetzung der zehn Prinzipien des Global Compact austauschen. Diese „Communication on Progress“ (COP) oder Fortschrittsmitteilung kann als Bestandteil der jährlichen Finanzberichte, der Nachhaltigkeitsberichte oder anderer veröffentlichter Berichte vorgelegt werden.[55]
- Das Projekt „Schritte zur Nachhaltigkeitsberichterstattung“ vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und dem Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (imug) aus den Jahren 2000/2001, das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wurde. Das Ergebnis des Projektes ist ein Leitfaden für die Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen.
- IFEU: Zukunftsfähige Wirtschaft: Ein Leitfaden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, Hrsg.: Umweltministerium Baden-Württemberg, 2003
- CERES: Coalition for Environmentally Responsible Economics, hat zehn Richtlinien zum nachhaltigen Wirtschaften veröffentlicht und ist Mitbegründer der Global Reporting Initiative.[56]

Die Unternehmen können durch selbstverantwortete Festlegung der inhaltlichen Schwerpunkte und Gestaltung der Berichte ihren spezifischen Bedürfnissen, wie z.B. den Bedürfnissen der Zielgruppen, Branchenbesonderheiten und Zielen, Rechnung tragen.

In dieser Arbeit werden die Leitfäden von GRI, IÖW/imug und IFEU ausführlicher beschrieben.

4.2.1 Normen und Standards zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte

Standards und Normen gehen weiter als Richtlinien, formulieren Grundsätze auf kontrollierbare Bewertungskriterien und ermöglichen durch genaue Maßstäbe eine Beurteilung durch Dritte. Staatliche Normierungsinstitute (z.B. International Organisation for Standardization, ISO) oder Forschungseinrichtungen (z.B. Institute for Social an Ethical Accountability) haben bekannte Standards zu CSR entwickelt.[57] Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist direkt und indirekt auf vier Ebenen Gegenstand von Normungsbemühungen (Abbildung 5).[58]

Der Standard AccountAbility 1000 (AA1000) wurde 1999 veröffentlicht und bezieht sich auf die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte unter besonderer Berücksichtigung der Ansprüche von Stakeholdern. Der AA1000 ermöglicht zwar die Abbildung von Organisationen, gibt aber keinen Entwicklungsgrad vor, den sie erreichen sollten. Dieser Standard sieht sich als Ergänzung zu den GRI-Leitlinien. Der SA 8000 als universeller Standard wurde 1997 veröffentlicht und bewertet die Arbeitsbedingungen in Unternehmen und deren Lieferanten. Er basiert auf Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes. Der Schwerpunkt liegt u.a. auf Kinderarbeit, Sicherheit, Gesundheit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, Arbeitszeiten, Löhnen, dem Recht zu Kollektivhandlungen und Disziplinarmaßnahmen. Die ISO 14001 ist eine Norm für Umweltmanagementsysteme und wird als Bezugsrahmen für Berichte genannt. Hinweise auf ihre Form und Gestaltung sind aber nicht enthalten. Die ISO 14001 und SA 8000 sind für die Prüfung von Berichten nicht relevant, da sie nicht vorgesehen sind, aber beide haben Auswirkungen auf die Inhalte von Nachhaltigkeitsberichten. Die EG-Öko-Audit-Verordnung (EMAS) ist ein zentraler Orientierungsrahmen für die Erstellung von Umweltberichten. EMAS deckt alle vier Ebenen mit Anforderungen ab und hat eine Sonderstellung. Sie umfasst Vorgaben für die Prüfung der Erfüllung dieser Anforderungen und gilt als eine Kombination aus Inhalts- und Prüfungsstandard.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Normungsebene der Nachhaltigkeitsberichte (Quelle: Loew, T. (2005))

Relevant für die Berichterstellung sind die GRI-Leitlinien, die den einzigen wirklich global bedeutenden Anforderungskatalog für nicht-finanzielle Berichte darstellen und konkrete Prüfungsanforderungen für die Berichtsprüfung enthalten. Die britische Organisation SustainAbility Ltd. hat im 2004 den Auftrag erhalten, zu prüfen, inwieweit eine Integration der Kriterien des SA-8000-Standards in die GRI-Leitlinien für die Erstattung von Nachhaltigkeitsberichten möglich ist. Das Ziel war die Vermeidung von Dopplungen in den gegenseitigen Anforderungskatalogen. In den Standards der AA 1000 und im ISAE 3000 wird der Prozess der Testierung[59] beschrieben. Der globale Dachverband der Wirtschaftsprüfer IFAC (International Federation of Accountants) veröffentlicht die internationalen Prüfungsstandards „International Standards on Assuarance Engagements“ (ISAE), die einen Referenzrahmen für die Prüfer und für die Nutzer der Prüfungsergebnisse darstellen. Der ISAE 3000 beschreibt ethische Anforderungen, Fragen der Qualitätssicherung, die Planung und Durchführung der Prüfung, den Umgang mit ggf. beauftragten Experten, die Informationssammlung, die Dokumentation und Gestaltung des Prüfungsberichts und ist geeignet für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte. Der ISAE 3000 bezieht im Gegensatz zum AA 1000 die Stakeholder ein. Ein neuer Standard zur Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten ist IDW PS 821, der im Sommer 2005 veröffentlicht wurde und sich auf ISAE 3000 bezieht, der die Vorgehensweise und Anforderungen bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten beschreibt. Eine Betrachtung der Normen aus Sicht der Wirtschaftsprüfer zeigt, dass zu den sich in Entwicklung befindlichen Prüfungsstandards (wie IDW PS 821) und dem ISAE 3000 eine international anerkannte Inhaltsnorm fehlt, die bei der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte zugrunde gelegt werden kann.

Das zentrale Ziel der Prüfung ist die Zusicherung der Richtigkeit der getroffenen Aussagen und der publizierten Zahlen. Es gibt keinen allgemein anerkannten Standard für den Inhalt der Nachhaltigkeitsberichte. Das Grundprinzip des Prüfungsstandards lautet: Die Unternehmen müssen als Grundlage Berichtskriterien haben, die dem Informationsbedürfnis ihrer Anspruchsgruppen gerecht werden. Als Berichtskriterien können z.B. die Leitlinien und Kriterienkataloge von GRI oder Global Compact verwendet werden. Die GRI-Leitlinie ist nicht als Prüfungsstandard, sondern als freiwilliger Leitfaden für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten entwickelt worden. Trotzdem wird sie immer wieder als Standard für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten angewendet. „Insgesamt ist die Entwicklung der Normung der Testierung noch in Entwicklung begriffen. Ob ein Inhaltsstandard, der den prüfungstechnischen Anforderungen der Wirtschaftsprüfer genügt, überhaupt machbar ist und von den Berichterstattern akzeptiert würde, ist zur Zeit noch offen. Und ob die Testierung stakeholderoffen wie im AA 1000 AS durchgeführt werden wird, bedarf noch der Absicherung durch Erfahrung. Letztendlich wird erst mit einer Konvergenz der verschiedenen Verfahren mehr Klarheit eintreten können.“[60]

4.2.2 Nachhaltigkeitsindizes

Die Bemühungen der Unternehmen um Nachhaltigkeit werden durch verschiedene Indizes dokumentiert. Essentielle Bedeutung haben die Indizes DISGI und FTSE4Good. Im September 1999 haben die Jones & Company und die Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft Sustainable Asset Management (SAM) den ersten weltweiten Nachhaltigkeitsaktienindex (DJSGI) veröffentlicht. Auf Basis des Dow Jones Global Index wurden mehr als 200 Unternehmen im DJSGI ausgewählt. Nach einer nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensbewertung (Corporate Sustainability Assessment) wird jedem Unternehmen eine Kennzahl zugeordnet, die die ökologische, ökonomische und soziale Leistung beschreibt. Der Dow Jones Sustainability Group Index ist ein Best-in-Class-Index, d.h., die nachhaltigsten Unternehmen aus jeder Branche werden in den Index aufgenommen.[61] Auch die FTSE in Kooperation mit EIRIS (Ethical Investment Research Service) haben die Indexreihe FTSE4Good (2001) für ethisches Investment (Einbeziehung ökologischer und sozialer Aspekte) entwickelt. Die FTSE4Good-Unternehmen werden auf Basis des FTSE-Developed Index ausgewählt. Die Kriterien basieren auf der ökologischen Nachhaltigkeit, Einhaltung und Förderung der Menschenrechte, Beziehung zu den Anspruchsgruppen und sozialen Themen. Die Einnahmen der Indexreihe werden an das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) gespendet.[62]

[...]


[1] Vgl. Loew, T. et al. (2004), S. 17.

[2] Vgl. http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/cnc2001/com2001_0264de01.pdf [15.08.2006].

[3] Vgl. Frings, E. (2002), S. 4.

[4] Vgl. ebenda.

[5] Vgl. http//www.nachhaltigkeit.info/print.php?page=nachhaltigketsberichte_1039 [10.08.2006]

[6] Vgl. http://www.students.uni-mainz.de/forum/infos/lexikon.html [20.08.2006]

[7] Loew T., Ankele K., Braun S., Clausen J. (2004), S. 65-66.

[8] Vgl. Kapfer M. und Predota A. (2006), S. 3-6.

[9] Schaltegger, S. et al. (2002).

[10] Vgl. BDI (2004).

[11] Loew, T.; Clausen, J. und Westermann, U. (2005), S. 37.

[12] Vgl.Schaltegger, S. et al. (2002), S. 29.

[13] Vgl. http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/nachhaltigkeitsberichterstattung_999.htm [22.08.2006].

[14] Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/ nachhaltigkeitsberichterstattung_999.htm [22.08.2006].

[15] Vgl. BDI (2004).

[16] Vgl. http://www.4sustainability.org/seiten/nachhaltigkeit-entwicklung.htm [12.08.2006].

[17] Ähnlich wie in guter Regierungsführung bezieht sich Corporate Governance auf die verantwortliche Führung

eines Unternehmens z.B. durch Transparenz und Rechenschaftslegung. Vgl. Hamm, B. (2004), S. 9-10.

[18] Der CSR-Begriff wurde EU-weit durch das sog. Grünbuch der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2001 definiert. Im „Grünbuch: Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ ist CSR als ein Kontext definiert, „der den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren. Sozial verantwortlich handeln heißt nicht nur die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, sondern über die bloße Gesetzeskonformität hinaus mehr in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern zu investieren (Europäische Kommission, 20001, S. 7). Siehe auch Wilke, G. (2006), S. 4-5 sowie www.cosore.com/img/de/ra/ra.pdf [10.09.2006].

[19] Vgl. Loew T., Ankele K., Braun S., Clausen J. (2004), S. 70.

[20] Vgl. http://www.econsense.de/_CSR_INFO_POOL/_CSR_NACHHALTIGKEIT/ [30.08.2006].

[21] Vgl. Schaltegger, S. et al., S. 29-30.

[22] Vgl. BDI (2004), S. 3.

[23] Vgl. KPMG (2002): Nachhaltigkeitsberichterstattung weltweit auf dem Vormarsch – Deutsche Unternehmen auf Platz 5, Pressemiteilungen, www.kpmg.de/about/press_office/12638_256.htm [10.09.2006].

[24] Vgl. Loew, T.; Clausen, J. und Westermann, U. (2005).

[25] Vgl. http://www.nachhaltigkeitsrat.de/aktuell/news/2005/23-02_01/content.html [07.09.2006].

[26] Vgl. http://www.ranking-nachhaltigkeitsberichte.de/3_1ueberblick.html [20.08.2006]

[27] BMWA (2005):, S. 9.

[28] Vgl. ACCA, Corporate Reports: Towards transparency: progress on global sustainability reporting 2004, S. 8,

http://www.ranking-nachhaltigkeitsberichte.de/pdf/TowardsTransparency.pdf, [18.08.2006].

[29] Vgl. http://www.econsense.de/_csr_info_pool/_berichterstattung/ [18.08.2006].

[30] Heemskerk, B., Pistorio, P. und Scicluna, M. (o.J.), S. 7.

[31] Schulz, D. (2003), S. 41.

[32] Vgl. Karll, R. (2002).

[33] Vgl. Hauff, V. (2005), S. 3-4.

[34] Vgl. Wild, W. (2001).

[35] Vgl. Teichert, V. (2005), S. 7-10.

[36] Vgl. Herzig, C. und Schaltegger, S. (2003).

[37] Vgl. http://www.ranking-nachhaltigkeitsberichte.de/3_1ueberblick.html [20.08.2006].

[38] Herzig, C. und Schaltegger, S. (2003).

[39] Vgl. Wild, W. (2001).

[40] Vgl. Clausen, J.; Loew, T. et al. (2001), S. 9.

[41] Vgl. Karll, R. (2002).

[42] Pleon (2005), S. 48-49 und S.105-131.

[43] „Unter Corporate Citizenship wird die Bündelung aller über die eigentliche Geschäftstätigkeit hinausgehenden

gesellschaftsbezogenen Aktivitäten eines Unternehmens und deren strategische Ausrichtung auf übergeordnete

Unternehmensziele verstanden.“ Siehe http://www.upj-online.de/index/66261 [15.09.2006].

[44] Vgl. Steinert, A. (2005).

[45] Vgl. Kroiss, F. (2005), S. 6-25.

[46] Vgl. Österreichisches Institut für Nachhaltige Entwicklung (ÖIN), http://www.nachhaltigkeit.at/ reportagen.php3?id=45 [03.09.2006].

[47] Vgl. VCI (2006).

[48] Lao Tse – chinesischer Philosoph.

[49] Vgl. Wild, W. (2001).

[50] Vgl. http://www.Nachhaltigkeitsberichte.org/berichte/NachhaltigkeitsA.php [08.09.2006]

[51] Kahlenborn W.; Clausen J. und Loew T. (2006), S. 12.

[52] Clausen, J.; Loew, T. et al. (2001), S. 18.

[53] Vgl. Econsense, http://www.econsense.de/_csr_info_pool/_berichterstattung/ [24.08.2006].

[54] Vgl. http://www. nachhaltigkeit.info/print.php?page=nachhaltigkeitsberichte_1039 [02.08.2006].

[55] Brownlie, M. (o. J.), S. 4.

[56] Weitere Informationen: www.ceres.org.

[57] Dresewski, F. (o. J.), S. 6.

[58] Clausen, J. und Loew, T. (2005), S. 24-35.

[59] Der Begriff Testierung ist mit Prüfungsvermerk gleichgesetzt, d.h. die verbindliche, zusammengefasste Darstellung des Prüfungsergebnisses einer Prüfung. Er kann Prüfungsaussagen enthalten, die den Adressaten ermöglichen die Glaubwürdigkeit des geprüften Berichts abzuschätzen. Vgl. Clausen, J. und Loew, T. (2005).

[60] Vgl. Clausen J. und Loew T. (2005), S. 7.

[61] Weitere Informationen: www.sustainability-index.com.

[62] Weitere Informationen: www.ftse4good.com.

Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Nachhaltigkeitsberichterstattung in der chemischen Industrie
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
113
Katalognummer
V90177
ISBN (eBook)
9783638038782
ISBN (Buch)
9783638939690
Dateigröße
2430 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhaltigkeitsberichterstattung, Industrie
Arbeit zitieren
Diplom Volkswirtin Grigoria Alevromageirou (Autor:in), 2007, Nachhaltigkeitsberichterstattung in der chemischen Industrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90177

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