Der Rohstoffbedarf durch den Smartphone-Boom. Recycling als Rohstoffquelle der Zukunft?


Thèse Scolaire, 2019

52 Pages, Note: 12


Extrait


Inhalt

1 Einleitung

2 Der Markt für Smartphones
2.1 Von der Erfindung zum globalen Boom
2.2 Regionale Unterschiede im Markt
2.3 Prognostizierte Entwicklung des Marktes
2.4 Prognostizierte Entwicklung „konkurrierender Märkte“
2.5 Der „Krieg um die Rohstoffe“ hat begonnen

3 Die Rohstoffe für die Produktion von Smartphones
3.1 Erforderliche Rohstoffe und Rohstoffmengen
3.2 Globale Rohstoffvorkommen und -produktion
3.3 Beurteilung der Rohstoffversorgung

4 Der Stand des Recyclings von Smartphones
4.1 Definition von Recycling
4.2 Potential des Smartphone-Recyclings
4.3 Technik des Smartphone-Recyclings
4.4 Logistik des Smartphone-Recyclings
4.5 Handlungsempfehlung für das Smartphone-Recycling

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Seit der Erfindung des ersten Smartphones mit Multitouch-Bedienoberfläche durch Steve Jobs im Jahr 2007 sind bis heute weltweit mehr als 10,1 Milliarden Smartphones produziert und verkauft worden. Damit übersteigt die Anzahl der in den vergangenen elf Jahren hergestellten Smartphones die aktuelle Welt­be­völ­kerung von ca. 7,5 Mrd. Menschen bereits um mehr als 2,5 Milliarden und führende Markt­forschungs­insti­tu­te prognostizieren für die kommenden Jahre eine weitere Steigerung der Pro­duktion von derzeit 1,4 Mrd. Smartphones pro Jahr auf bis zu 1,7 Mrd. Smart­phones im Jahr 2021. Dabei beträgt die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Smartphones in den Industrieländern lediglich zwei bis drei Jahre. Ein erheblicher Anteil der jährlichen Produktion dient also dem Ersatz vorhandener, aber nicht mehr genutzter Smart­phones.

Für die Produktion eines Smartphones werden bis zu 60 verschiedene Rohstoffe benötigt, darunter viele seltene Metalle, seltene Erden und Edelmetalle wie Platin, Gold und Silber, deren weltweite Rohstoffvorkommen begrenzt sind. Zwar sind die Stoffmengen in einem einzelnen Smartphone mitunter sehr gering, doch bei bereits 10,1 Milliarden produzierten Smartphones und jährlichen Verkaufs­zah­len von 1,5 bis 1,7 Milliarden Smartphones ergeben sich gewaltige Stoff­ströme. So werden für die jährliche Smartphone-Produktion von 1,6 Milliarden Smartphones ca. 6.400 t Kobalt, 800 t Sil­ber, 38 t Gold, 25 t Palladium und 6 t Platin im Gesamtwert von ca. 2,7 Mrd. EUR benötigt.

Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, ob bei der weiterhin steigenden Pro­duk­tion von Smartphones das systematische Recycling von ersetzten und nicht mehr verwendeten Smartphones eine sinnvolle, ergänzende Rohstoffquelle für die Smartphone-Produktion der Zukunft sein kann.

Zunächst wird der globale Markt für Smartphones (Kapitel 2) ein­geh­en­der analysiert. Es wer­den die Verkaufszahlen von Smartphones seit ihrer erst­mal­igen Marktpräsentation im Jahre 2007 bis zum Jahr 2018 vorgestellt und die Einschätzungen der führenden Marktforschungsinstitute zu der zukünftigen Ent­wicklung des Marktes bis zum Jahr 2022 gegeben.

In dem folgenden Kapitel der Arbeit (Kapitel 3) wird der Rohstoffbedarf für die Produktion von Smartphones eingehender untersucht. So werden die benötigten Rohstoffe und die benötigten Rohstoffmengen für die jährliche Produktions­menge in Relation zu den globalen Rohstoffvorkommen gesetzt.

Für ersetzte und nicht mehr genutzte Smartphones gibt es unterschiedliche Mög­lich­keiten der Verwertung (Kapitel 4). Im Rahmen dieser Arbeit soll es ins­be­son­de­re um die Frage gehen, ob im Zuge einer letztendlichen stofflichen Verwertung von Smartphones signifikante Rohstoff­mengen gewonnen und in den Pro­duk­tions­kreislauf neuer Smartphones zurück­ge­führt werden können.

Auf den gewon­ne­nen Erkenntnissen aufbauend wird eine Handlungs­empfeh­lun­g erar­bei­tet, die zu einer Erhöhung des Recyclings der in den kommenden Jahren gewal­­tig an­stei­­genden Anzahl von ersetzten und nicht mehr genutzten Smart­phones füh­ren kann, um somit die globalen Rohstoff­vor­kommen zu schonen.

Mit einem Fazit und Ausblick (Kapitel 5) schließt die vorliegende Arbeit.

2 Der Markt für Smartphones

In diesem Kapitel wird zunächst definiert, was im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter einem Smartphone zu verstehen ist und wie sich die weltweiten Verkaufszahlen für Smartphones seit ihrer Erfindung im Jahr 2007 bis zum Jahr 2018 entwickelt haben. Die gewaltigen Verkaufszahlen und ihr starker Anstieg in den ver­gan­ge­nen elf Jahren rechtfertigen es, von einem „globalen Boom“ von Smartphones zu sprechen (Kapitel 2.1).

Es gibt deutliche regionale Unterschiede in den Verkaufszahlen von Smart­phones. Die Smartphone-Verkäufe in den Industrieländern dienen in der Regel dem Ersatz bereits genutzter Geräte, während in den Schwellen­län­dern und ins­be­sondere in Indien noch zahlreiche Smartphone-Erstkäufe getätigt werden (Kapitel 2.2).

Doch der globale Boom ist nach Auffassung von Marktforschungsinstituten noch nicht beendet. Die Prognosen der Experten gehen von einer weiterhin stei­gen­den Smart­phone-Produktion in den kommenden Jahren aus (Kapitel 2.3).

In dieser Arbeit werden der Markt, der Rohstoffbedarf und die Recycling­möglich­kei­ten für Smartphones untersucht. Doch wenn man die Notwendigkeit des Recyclings der Rohstoffe für die Produktion von Smartphones diskutiert, gilt es zu berücksichtigen, dass es derzeit zahlreiche weitere technologische Produkte und Technologie­ent­wicklun­gen gibt, die die Nachfrage nach denselben Roh­stof­fen, die für die Smartphone-Produktion benötigt werden, noch erhöhen wer­den. Dies wird die Notwendigkeit für ein systematisches Recycling der verwendeten Rohstoffe noch zusätzlich erhöhen. Einige dieser „konkurrierenden (Zukunfts-) Märkte“ werden darum kurz vorgestellt (Kapitel 2.4).

2.1 Von der Erfindung zum globalen Boom

Unter einem Smartphone (aus dem Englischen frei übersetzt: „schlaues Telefon“) sollen im Rahmen dieser Arbeit kleine, in einer Hand tragbare, mobile Computer verstanden werden, deren zentrales Merkmal die berührungs­empfind­lichen Bildschirme (engl. Touchscreens) sind, über die nahezu alle Funk­tio­nen des Smartphones gesteuert werden1.

Smartphones sind mit einer Betriebssystem-Software und Basisfunktionalität wie z. B. der Telefonfunktion, der Kontaktdatenverwaltung, der Internet-Anbindung über eine mobile Breitbandverbindung eines Mobilfunkanbieters oder Wireless Local Area Network (WLAN), einer Uhr und/oder einem Taschenrechner aus­ge­stat­tet. Über ein Internetportal (wie z. B. „App Store“ oder „Play Store“) können weitere Software-Programme (sogenannte „Apps“) für eine Vielzahl von Anwen­dungs­zwecken durch den Nutzer individuell ergänzt werden. Darüber hinaus sind in modernen Smartphones eine Vielzahl von Sensoren ver­baut, so z. B. Foto-, Lage-, Magnetfeld-, Bewegungs-, Licht- und Näherungs­sen­so­ren oder GPS-Empfänger, um dem Nutzer zum Beispiel Digitalfotografie, Digi­tal­filmen oder Navigation zu ermöglichen.

Das erste Smartphone dieser Art, insbesondere mit dem Fokus auf der Steu­erung der Funktionen über die berührun­gsempfindlichen Bildschirme, führte die Firma Apple Inc. unter der Leitung von Steve Jobs mit dem Produktnamen iPhone und dem Betriebssystem iOS im Jahr 2007 ein. In der folgenden Zeit entwickelten weitere Hersteller eigene Smartphones mit al­ter­nativen Betriebssystemen, von denen sich derzeit das Betriebssystem Android des Unternehmens Google weltweit als führendes Betriebssystem (Marktanteil 2016 etwa 82%) durchgesetzt hat, gefolgt von iOS von Apple Inc. mit einem Marktanteil von etwa 15%2.

Bereits bei der Markteinführung von Smartphones in den Jahren 2007, 2008 und 2009 steigerten sich die Absatzzahlen von ca. 122 Mio. auf 139 Mio. bzw. 174 Mio. Smartphone-Verkäufe pro Jahr. Doch mit dem Jahr 2010 begann ein regel­rech­ter „Siegeszug des Smartphones“. Mit einem Absatz von 305 Mio. verkauften Geräten erzielten die Hersteller ein Wachstum von 76% gegenüber dem Vorjahr, um auch in den drei Folgejahren 2011, 2012 und 2013 jährlich Absatzzuwächse zwischen 41 und 62% gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zu erzielen. In diesem Zeitraum stiegen die Verkaufszahlen von 495 Mio. und 725 Mio. auf eine Milliar­de Smartphones im Jahr 2013.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Weltweite Smartphone-Verkäufe von 2007 bis 20183

Im Jahr 2014 wurde bei einem weltweiten Absatz von 1,3 Milliarden Smartphones die „Schallmauer“ von 1 Milliarde Stück pro Jahr bereits deutlich durchbrochen. Doch das Wachstum begann sich nun zu verlangsamen. Gegenüber dem Vorjahr wuchs der Absatz „lediglich“ um 28%. Im Folgejahr 2015 reduzierte sich das Wachstum des Absatzes auf 10% gegenüber dem Vorjahr mit nunmehr 1,4 Mill­iar­den verkauften Smartphones. In den Jahren 2016 und 2017 betrug das jährliche Wachstum noch 2% bzw. knapp 5% bei etwa 1,5 Milliarden verkauften Smartphones pro Jahr und im Jahr 2018 kam es erstmals zu einem Rückgang in Höhe von 8,6% auf ca. 1,4 Milliarden Smartphones.4

In Summe wurden demnach in diesen elf Jahren von 2007 bis 2018 seit der Ein­führung des ersten Smartphones weltweit mehr als 10,1 Milliarden Smart­phones verkauft und jährlich kommen derzeit ca. 1,6 Milliarden neue Smart­phones hinzu. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung kann man berechtigter­weise von einer einzigartigen Technologieentwicklung und einem weltweiten Smart­phone-Boom sprechen.

2.2 Regionale Unterschiede im Markt

Zur Verdeutlichung des weltweiten „Siegeszugs“ der Smartphones kann man die Anzahl der weltweit verkauften Smartphones in Beziehung zur aktuellen Welt­be­völ­kerung setzen: Der­zeit leben ca. 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde5. Bei 10,1 Mrd. verkauften Smart­phones verfügt statistisch gesehen also jeder Mensch auf der Erde bereits über ein Smartphone, und 2,6 Milliarden Menschen (35% der Welt­be­völ­ke­rung) haben statistisch gesehen bereits ihr altes Smartphone durch ein neues Smartphone ersetzt.

Doch es gibt starke regionale Unterschiede in der Verbreitung von Smartphones. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen in den einzelnen Regionen der Welt. So fehlt es in zahlreichen schwach entwickelten Ländern zum Beispiel an Elektri­zi­tät, um Smartphones betreiben zu können, oder es fehlt an der notwendigen Telekommunikationsinfrastruktur oder es fehlt an Einkommen und Kaufkraft, um sich ein Smartphone kaufen zu können.

Aus diesem Grunde werden im Folgenden die Smartphone-Verkäufe des Jahres 2017 in den verschie­de­nen Weltregionen betrachtet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Weltweite Smartphone-Verkäufe im Jahr 2017 in verschiedenen Weltregionen6

Im Jahr 2017 sind insgesamt 832 Mio. Smart­phones - und da­mit mehr als die Hälfte (52,9%) der weltweit verkauften Smart­phones - in China und in dem Rest Asiens verkauft worden. Die Anteile Eu­ro­­pas, Nord­ame­ri­kas und Afrikas belaufen sich vergleichsweise gleichmäßig auf je­­weils 11 bis 14% der weltweit verkauften Smartphones, während nur ca. acht % der welt­­weiten Smart­phone-Verkäufe in den Ländern Lateinamerikas getätigt wur­den.

Bezieht man die Anzahl der im Jahr 2017 verkauften Smartphones auf die Anzahl der jeweiligen Bevölkerung in den jeweiligen Weltregionen im Jahr 2017, ergibt sich ein noch differenzierteres Bild:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Weltweite Smartphone-Verkäufe im Jahr 2017 in verschiedenen Weltregionen im Verhältnis zur jeweiligen Bevölkerungszahl7 (eigene Berechnungen)

In Nordamerika zum Beispiel sind im Jahr 2017 insgesamt 201 Mio. Smart­phones verkauft worden. Bei 360 Mio. Einwohnern haben sich statistisch gese­hen 56% der Bevölkerung Nordamerikas ein neues Smartphone gekauft. Auf­grund der nahezu ebenso hohen Verkaufszahlen in Nordamerika in den vergan­ge­nen Jahren ist davon auszugehen, dass die Smartphone-Käufe fast aus­schließ­lich dem Ersatz bereits vorhandener Smartphones dienten, so dass im Umkehrschluss die Nutzungsdauer eines Smartphones in den USA bei nur 1,8 bis zwei Jahren liegt.

In Europa und auch in China liegt die auf diese Weise errechnete durch­schnitt­liche Nutzungsdauer bei ca. drei Jahren8 und wird sich nach den Prognosen der Markt­forschungsinstitute in den kommenden Jahren noch geringfügig verkürzen.

In Lateinamerika und Afrika liegt die durchschnittliche Nutzungsdauer bei derzeit 5,5 bis 6,6 Jahren. Ob es zu einer deutlichen Verkürzung der Nutzungsdauer in diesen Regionen kommen wird, ist aufgrund der oben bereits beschriebenen Schwie­rig­kei­ten in diesen Regionen (wie z. B. der Verfügbarkeit von Elektrizität, von Telekommunikationsinfrastruktur, von Einkommen und Kaufkraft) fraglich.

Deutliche Verkürzungen der durchschnittlichen Nutzungsdauer erwarten die Markt­­forschungsinstitute aber in der Region Asien (ohne China). Während in Japan und Südkorea die Marktdurchdringung schon gegeben ist, liegt insbe­son­de­re in Indien, dem zweitbevölkerungsreichsten Land der Erde mit einer Bevöl­ke­rungs­zahl von derzeit ca. 1,3 Milliarden Menschen noch enormes Wachstums­po­ten­tial.9,10 Mittel­­fristig gehen die Schätzungen davon aus, dass sich in dieser Region die durch­schnitt­liche Nutzungsdauer von Smartphones in Höhe von 8,3 Jahren den Verhältnissen in China mit Nutzungsdauern von ca. drei Jahren annähert.

Doch was sind die Ursachen für Nutzungsdauern von Smartphones von lediglich zwei bis drei Jahren? Werden Smartphones nach einer so kurzen Nutzungszeit defekt? Sind Reparaturen von Smartphones nicht möglich oder nicht wirt­schaft­lich? Die Ursachen sind vielfältig:

Die häufigsten Ursachen für eine Reparatur oder einen Ersatz eines Smart­phones bilden ein defektes, gebrochenes Display (60%) oder ein defekter Akku (51%). Weitaus seltener sind defekte Tasten oder Schalter (19%), Wasser­schä­den (18%), defekte Lautsprecher (14%), eine defekte Kamera (10%) oder ein de­fek­tes Mikrofon (8%).11

Auf der Basis des reinen Materialwertes der Ersatzteile wären die Reparaturen dieser Defekte vermutlich gar nicht so aufwendig. Doch die Hersteller integrieren und verkleben aus fertigungs­tech­ni­schen Gründen und zur Erzielung einer hohen Wasserdichtigkeit der Smart­phones zunehmend alle Komponenten miteinander. Dies gilt insbesondere für die Akkus und Displays. Aus diesem Grund sind Reparaturen in der Regel nur noch eingeschränkt möglich oder zu Kosten von mehr als 100 EUR. Dies entspricht mitunter knapp 20 bis 30% des durch­schnitt­li­chen Kaufpreises für ein neues Smartphone, so dass die Nutzer eher ein neues Smartphone kaufen, als das bisher genutzte Smartphone reparieren zu lassen.

Die Hersteller forcieren den häufigen Smartphone-Wechsel bei den Nutzern aber auch gezielt mit regelmäßigen Verbesserungen der bestehenden Smartphone-Modelle und der Einführung neuer und leistungsfähigerer Nachfolge­mo­del­le. Gegen­stand der Verbesserungen ist dabei in der Regel die Ausstattung mit leistungs­fähi­gerer Hard­ware, wie z. B. höherer Rechenleistung der Computer­chips, höhe­res Speichervolumen der inter­nen Arbeitsspeicher, hoch­auf­lösendere Ka­mera­sensoren oder exaktere GPS-Empfänger.12 Zum anderen bieten die Her­stel­ler der Apps regelmäßig neue Software an, die die höheren Rechen­leistun­gen der neuen Generation von Smartphones benö­ti­gen.

Den Herstellern von Smartphones ist es darüber hinaus gelungen, ihre Produkte zu Lifestyle-Produkten zu entwickeln und die Einführung neuer Modelle entspre­chend öffentlichkeitswirksam zu „zelebrieren“, so dass am Tag der Markt­ein­füh­rung Menschenschlangen vor den Ladengeschäften entstehen, weil bestimmte Nutzergruppen stets das neueste und leistungsfähigste Modell nutzen möchten.

Der häufige Smartphone-Wechsel wird auch von den Telekommunikations­an­bie­tern unterstützt. Sie bieten ihren Kunden z.B. 24-monatige Tarife für die Internet- und Telekommunikationsnutzung und verbinden diese mit dem Angebot der Miete der aktuellsten Smartphone-Modelle. Auf diese Weise werden Kunden zu einem Wechsel des Smartphones nach nur 24 Monaten Nutzungszeit angeregt.13

2.3 Prognostizierte Entwicklung des Marktes

Wie im vorangegangenen Kapitel 2.1 dargestellt worden ist, hat das globale Wachs­tum des Smart­phone-Absatzes in den vergangenen Jahren bereits gering­fügig nachge­las­sen. Ist also der Boom für Smartphones beendet?

Die Marktforschungsinstitute gehen nicht von einem Ende des Smartphone-Booms aus. Sie sehen für die kommenden vier Jahre 2019 bis 2022 eine weitere Steigerung der Smartphone-Verkäufe voraus.14

Für das Jahr 2019 prognostizieren sie einen Verkauf von über 1,6 Milliarden Smartphones (+16,9% Wachstum gegenüber dem Vor­jahr), im Jahr 2020 von ca. 1,7 Milliarden (+3,3% Wachstum gegenüber dem Vorjahr), im Jahr 2021 knapp über 1,7 Milliarden (+0,8% Wachstum gegenüber dem Vor­jahr) und schließlich im Jahr 2022 mehr als 1,6 Milliarden Smartphones (-3,74% Rückgang gegen­über dem Vorjahr).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Prognose der weltweiten Smartphone-Verkäufe von 2019 bis 202215

Insgesamt fast 6,7 Milliarden Smartphones werden nach Auffassung der Markt­for­schungs­institute also in den kommenden vier Jahren verkauft werden. Basierend auf der vorangegangenen Analyse nach Regionen werden die Smart­phone-Käufe dabei überwiegend Ersatzbeschaffungen in Europa, Nordamerika und China sein, aber auch Neuverkäufe an die Einwohner in der Region „Asien ohne China“ und dabei insbesondere an die Bevölkerung Indiens.16

2.4 Prognostizierte Entwicklung „konkurrierender Märkte“

Der Smartphone-Boom hat bereits gewaltige Dimensionen angenommen. Doch es zeichnen sich weitere Technologie­ent­wicklun­gen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien ab, die ähnliche oder gar größere Dimensio­nen erreichen können und zumindest teilweise um dieselben, mitunter sehr seltenen Rohstoffe, die auch für die Smartphone-Produktion benötigt werden, konkurrieren. Einige ausgewählte Beispiele werden zur Veranschau­lich­ung im Folgenden kurz vorgestellt:

2.4.1 Autonomes Fahren und Elektromobilität

Die Automobilindustrie arbeitet derzeit mit Hochdruck an den Themenbereichen „Autonomes Fahren“ und „Elektromobilität“. Selbst­fah­ren­de Autos erfordern eine Vielzahl von Sensoren, Kameras und Mobilfunk­fähig­kei­ten, um ihre Umgebung wahrnehmen zu können und mit anderen Fahrzeugen kommu­ni­zieren zu können. Gleichzeitig erfordern sie kleine, hochleistungsfähige und robuste Computer mit enormer Rechenleistung, die in der Lage sind, die gewaltigen Datenmengen, die während einer Fahrt eines autonomen Autos entstehen, in Echtzeit zu verarbeiten und alle Funktionen des Autos fehlerfrei in Echtzeit zu steuern. Der Einsatz von Displays (vergleichbar mit der Technologie in heutigen Smartphones und Tablet-Com­pu­tern) sowohl zur Funktionssteuerung der Fahrzeuge als auch zur Unterhaltung der in den Fahrzeugen befindlichen Passagiere wird sich ebenfalls erhöhen.

Intensiv vorangetrieben wird derzeit auch die Elektromobilität. Fahrzeuge sollen statt mit Verbrennungsmotoren mit Elektromotoren angetrieben werden, insbe­son­dere, um die Schadstoffe aus der Verbrennung der Treibstoffe in den Bal­lungs­­­räumen und Städten zu vermeiden. Ein wesentlicher Punkt für die Entwick­lung dieser Fahrzeuge ist die Speicherung des zum Antrieb notwendigen Stroms in entsprechenden Akkus. Die derzeitig präferierte Lösung der Automo­bil­in­dustrie für die Zukunft besteht aus Lithium-Ionen-Akkus, eben jene Akku-Technologie, die derzeit auch in Smartphones eingesetzt wird.

2.4.2 Internet der Dinge, Dienste und Daten

Ein weiterer Trend wird unter dem Begriff „Internet der Dinge, Dienste und Daten“ zusammengefasst. Es geht hierbei um die Ausstattung von nahezu allen physischen Endgeräten und Produkten mit zusätzlichen Computern, Displays und Sensoren, um die Geräte – insbesondere über das Internet - zu steuern bzw. Funk­tionen (wie z.B. die Bestellung von Lebensmitteln) selbsttätig von den Ge­rä­ten ausführen zu lassen. Fernseher, Kühlschränke, Waschmaschinen, Heizun­gen, Alarmanlagen, Video­sicherheits­systeme, Lampen und Jalousien werden heu­te bereits mit entspre­chen­der Technologie ausgestattet und oftmals unter dem Begriff „Smart Home“ vermarktet. Ebenso gibt es aber auch vergleichbare Initiativen in nahezu allen anderen Lebensbereichen unter Schlagworten, wie z.B. „Smart City“, „Smart Factory“, „Smart Medicine“. In allen Fällen benötigt man für diese Produkte der Zukunft kleine und leistungsfähige Computer, Sensoren und ge­gebenenfalls Displays, die mit der Smartphone-Industrie um diesel­ben Roh­stof­fe konkurrieren.

2.4.3 Industrie 4.0

Auch die Initiativen und Maßnahmen, die derzeit unter dem Begriff „Industrie 4.0“ zusammengefasst werden, zielen auf einen verstärkten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie.

Es sollen in produzierenden Unternehmen in allen Bereichen der gesamten Wert­schöpf­ungskette - von der Entwicklung über die Fertigung und die Nutzung durch den Kunden bis zum Recycling der Produkte – alle beteiligten Instanzen (z.B. ein­zel­ne Bauteile und Baugruppen, fertige Produkte, beteiligte Maschinen, Händler, Kunden, Servicetechniker oder Recycling­unter­neh­men) miteinander ver­netzt werden, um auf der Basis von Echtzeit­infor­ma­tio­nen aus „den erhobenen Daten den zu jedem Zeitpunkt optimalen Wertschöpf­ungs­fluss abzu­leiten. Durch die Verbindung von Mensch, Objekten und Syste­men ent­stehen dabei dyna­mi­sche, echtzeitoptimierte und selbstorganisierende, unterneh­mens­über­greifende Wertschöpfungsnetz­wer­ke, die sich nach unter­schied­li­chen Kriterien wie bei­spiels­weise Kosten, Verfügbarkeit und Ressourcen­ver­brauch optimieren lassen.“17

Zentraler Punkt von „Industrie 4.0“ ist dabei die Anwendung der Informations- und Kommunikationstechnologien zur Kommunikation zwischen Mensch, Objek­ten und Systemen. Sowohl einzelne Bauteile und Baugruppen als auch die ferti­gen Produkte und die Fertigungsmaschinen werden mit kleinen und leistungs­fähigen Computern, Sensoren und Displays ausgestattet werden müssen, um die Anforderungen erfüllen zu können.

Es wird ein enormer Bedarf an elektronischen Komponenten entstehen, die den Bauteilen der Smartphones entsprechen und somit um dieselben Roh­stoffe konkurrieren.

2.5 Der „Krieg um die Rohstoffe“ hat begonnen

Die drei vorgenannten Beispiele für mit dem Smartphone-Markt konkurrierende Märkte sind nur ein Auszug von aktuellen „Megatrends“, über die heute fast täglich berichtet wird. Aber sie verdeutlichen bereits, wie beachtlich der Bedarf an Rohstoffen für die Produktion von Smartphones und von Produkten dieser Zukunfts­techno­lo­gien sein wird.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat aus diesem Grunde die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Berlin, damit beauftragt, eine Studie über die „Rohstoffe für Zukunftstechnologien“ zu erstellen. Diese Studie ist im Jahr 2016 veröffentlicht worden und zeigt für nahezu alle untersuchten Rohstoffe die Notwendigkeit Deutschlands zum Import dieser Rohstoffe und für einige Rohstoffe sogar eine globale Knappheit auf.18

In Veröffentlichungen findet man darum zur Rohstoffsituation für die Zukunfts­tech­no­logien bereits Beiträge mit Überschriften wie z.B. „Der Wettlauf um die Metalle für Hightech-Produkte“19, „BMW gewinnt Rennen um Batterierohstoffe“20 oder „Der Krieg um die Rohstoffe“21 und im Juni 2019 hat die chinesische Regierung im Rahmen eines Handelskonflikts zwischen den USA und China sogar erstmals damit gedroht, knappe seltene Erden nicht mehr an die USA liefern zu wollen.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, die Rohstoffversorgung für die zukünftige Smartphone-Produktion zu analysieren und Möglichkeiten der Rückgewinnung und Wiederverwertung von Rohstoffen aus gebrauchten Smart­phones in die zukünftige Smartphone-Produktion im folgenden Kapitel 3 zu unter­su­chen.

3 Die Rohstoffe für die Produktion von Smartphones

Für die Produktion von Smartphones werden zahlreiche Rohstoffe benötigt. Dabei ergeben sich auf Basis der in Kapitel 2 vorgestellten jährlichen globa­len Verkaufszahlen für Smartphones große Stoffströme.

Diese Rohstoffe und die für die jährliche Produktion benötigten Rohstoffmengen werden in Kapitel 3.1 dargestellt. Dabei konzentrieren sich die Ausführungen auf die in der Smartphone-Produktion eingesetzten Metalle. In Kapitel 3.2 werden die globalen Rohstoffvorkommen und die jährlichen Pro­duk­tionsmengen der für die Produktion von Smartphones benötigten (metalli­schen) Rohstoffe aufgezeigt und in Beziehung zu dem jährli­chen Rohstoff­be­darf für die Smartphone-Produktion gesetzt. Für die Mehrzahl dieser Rohstoffe existieren Prognosen, wie sich der Verbrauch in den kommenden Jahren durch innovative Zukunftsentwicklungen (s. unter anderem die Beispiele in Kapitel 2.4 „Konkurrierende Zukunftsmärkte“) entwickeln wird. Sofern diese Informationen vorliegen, werden diese ebenfalls berücksichtigt. In Kapitel 3.3 werden die Ergebnisse zu der Rohstoffsituation noch einmal zusammenfassend dargestellt.

3.1 Erforderliche Rohstoffe und Rohstoffmengen

Ein Smartphone besteht aus unterschiedlichen Baugruppen. Von außen sichtbar sind zunächst das Gehäuse und das Display. Im Inneren befinden sich der Akku für die Stromversorgung und die zentrale Leiterplatine, auf welcher sich oftmals direkt verbaut die zentrale Recheneinheit (Central Processing Unit (CPU)), die An­tenne, der Lautsprecher, das Mikrofon, der GPS-Sensor und der Kamera­sen­sor, die Speicherkarte, der Steckplatz für die SIM-Karte und die externen Schnittstellen zum Beispiel für das Auf­la­den des Akkus oder das Anschließen von Kopfhörern befinden.

Die Baugruppen bestehen überwiegend aus Kunststoff (ca. 45-50%), Metall (ca. 25-40%) sowie Glas und Keramik (ca. 10-16%)22. Die Zusammensetzung der Materialien schwankt dabei von Smartphone-Modell zu Smartphone-Modell.

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Abb. 5: Wesentliche Rohstoffe für die Smartphone-Produktion und deren Gewichtsanteile in einem Smartphone23

Insgesamt werden etwa 60 verschiedene Rohstoffe - teilweise in sehr geringen Mengen - für die Herstellung eines Smartphones benötigt. Darunter sind wert­vol­le Edelmetalle (z.B. Platin, Gold und Silber), seltene Metalle (z.B. Kobalt, Gallium, Indium und Wolfram) und auch seltene Erden (z.B. Neodym).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Rohstoffe für die Smartphone-Produktion im Periodensystem24

Nicht alle 60 der in der Smartphone-Produktion eingesetzten Rohstoffe eignen sich gleichermaßen für ein Recycling. Teilweise sind die eingesetzten Stoff­men­gen zu gering oder teilweise ist ein Recycling technisch überhaupt (noch) nicht mög­lich und so fokussieren sich die nachfolgenden Analysen auf die Roh­stoff­grup­pe der Metalle und Edelmetalle. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:

- Der Abbau, die Verhüttung und Aufbereitung von Metallen und Edel­me­tal­len ist einerseits besonders ressourcenintensiv und andererseits ist die Trennung der Metalle von den Erzen oftmals erst durch den Einsatz von gifti­gen Substanzen wie z.B. Quecksilber oder Zyanid mög­lich.25,26 Die Umwelt­auswirkungen bei der Gewinnung der für die Smartphone-Produk­tion notwendigen Metalle und Edelmetalle sind somit deutlich höher als die­jenigen bei der Herstellung von Kunst­stoffen oder Glas und Keramik. Insofern sind eine Wiedergewinnung und ein erneutes Einsetzen der Metalle und Edelmetalle in der Smartphone-Produktion aus ökolo­gi­schen Gesichtspunkten wichtig und unter wirt­schaft­lichen Gesichts­punk­ten am rentabelsten.
- Die in der Smartphone-Produktion verwendeten Kunststoffe werden in den heute angewendeten Recyc­ling-Verfahren überwiegend thermisch verwertet und somit vernichtet. Durch die Beimischung der Kunststoffe mit ihren hohen Brennwerten in den Recyclingprozess werden die für die Rückgewinnung der Metalle notwendigen hohen Temperaturen in den Schmelzöfen erreicht und der Einsatz von fossilen Brennstoffen für den Schmelzprozess reduziert.

In der folgenden Tabelle sind die dreizehn wesentlichen Metalle, die bei der Smart­phone-Produktion benötigt werden, nach ihren Gewichtsanteilen sortiert dargestellt. Darüber hinaus wird die wesentliche Funktion der einzelnen Metalle in einem Smartphone erläutert und es werden die Hauptproduktionsländer für die einzelnen Metalle aufgelistet. Wie in der Tabelle ersichtlich schwanken die für die Produktion von Smartphones notwendigen Stoffmengen für die einzelnen Metalle zwischen 15 Gewichts­pro­zent für Kupfer und sehr geringen 0,0013 Gewichtsprozent für Gallium.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Die dreizehn wesentlichen Metalle für die Smartphone-Produktion27

Bei einem Durchschnittsgewicht von ca. 100 Gramm für ein Smartphone vari­ie­ren somit die für die Produktion eines Smartphones notwendigen Metall­mengen zwischen erforderlichen 15 Gramm an Kupfer und 0,0013 Gramm an Gallium. Berücksichtigt man aber, dass in den vergangenen zehn Jahren bereits 10,1 Mil­liar­den Smartphones verkauft worden sind, so ergeben sich für deren Produktion notwendige Rohstoffmengen, die in der folgenden Abbildung 8 dargestellt sind.

Bei den Berechnungen der Rohstoffmengen sind etwaige Produktionsverluste, wie sie sich zum Beispiel aus Materialschwund in der Produktion oder aus möglichen Fehl­pro­duk­tion­en immer ergeben, nicht berücksichtigt.

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Abb. 8: Rohstoffbedarf an ausgewählten Metallen für die Smartphone-Produk­tion von 2007 bis 2018 (ohne Produktionsverluste) sortiert nach Gewicht

Bewertet man die bisher eingesetzten Stoffmengen mit aktuellen Marktpreisen für die Rohstoffe (Stand: 29. Juni 2019) ergibt sich eine andere Reihenfolge:

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Abb. 9: Rohstoffbedarf an ausgewählten Metallen für die Smartphone-Produktion von 2007 bis 2018 (ohne Produktionsverluste) bewertet und sortiert nach Einkaufswerten

In den vergangenen elf Jahren wurden Metalle (bewertet zu Marktpreisen vom 29. Juni 2019) im Wert von fast 22,2 Milliarden EUR für die Smartphone-Produktion eingesetzt.

Den größten Anteil an dem wertmäßigen Materialeinsatz trägt das Edelmetall Gold. Für die in den letzten elf Jahren eingesetzten 242 t Gold haben die Smart­phone-Produzenten bzw. ihre Zulieferer gut 9,6 Mrd. EUR aufwenden müssen. Mit einem deut­lichen Abstand folgen die Metalle Palladium (6,9 Mrd. EUR für 159 t) und Silber (2,2 Mrd. EUR für 5.050 t). Diese drei Rohstoffe zusammen machen mit ei­nem Materialeinsatz von 18,7 Mrd. EUR bereits über 84% des Wertes der in der Smartphone-Produktion eingesetzten Metalle aus. Berücksichtigt man zusätzlich die Werte für Kobalt (1,1 Mrd. EUR für 40.400 t) und Platin (0,95 Mrd. EUR für 40 t), so umfassen diese fünf Metalle zusammen einen Wareneinsatz in Höhe von 20,8 Mrd. EUR und damit knapp 94% des wertmäßigen Material­einsatzes für Metalle in der Smartphone-Produktion.

In den kommenden vier Jahren gehen die Marktforschungsinstitute von einer Pro­duk­tion von ca. 1,6 Mrd. Smartphones pro Jahr aus (s. Kapitel 2.3). Es ergibt sich daraus der folgende jährliche Bedarf an (metallischen) Rohstoffen:

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Abb. 10: Rohstoffbedarf an ausgewählten Metallen (in t) für die jährliche Smartphone-Produk­tion (ohne Produktionsverluste) sortiert nach Gewicht

Dabei werden die Smartphone-Produzenten bzw. deren Zulieferer für die Beschaffung der Metalle jährlich fast 3,5 Mrd. EUR aufwenden.

Für 38 t Gold, 25 t Palladium und 800 t Silber werden jährlich knapp 3,0 Mrd. EUR benötigt. Dies entspricht bereits mehr als 84% des insgesamt für die Beschaffung der 13 wesentlichen Metalle benötigten jährlichen Einkaufs­wer­tes in Höhe von insgesamt 3,5 Mrd. EUR.

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Abb. 11: Rohstoffbedarf an ausgewählten Metallen für die jährliche Smartphone-Produktion (ohne Produktionsverluste) bewertet und sortiert nach Einkaufswerten

3.2 Globale Rohstoffvorkommen und -produktion

Die globalen Rohstoffvorkommen und die globalen Rohstoffjahresproduktionen der für die Smartphone-Produktion notwendigen Metalle werden im Folgenden in der Reihen­folge ihres Einkaufswertes für die Jahresproduktion von Smartphones (s. Ab­bildung 11) vorgestellt und einerseits jeweils dem Rohstoffbedarf für die jähr­liche Smart­phone-Produktion sowie andererseits – soweit entsprechende Zahlen verfügbar sind - dem prognostizierten Roh­stoff­­be­darf im Jahr 2035 gegen­übergestellt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Werte zu den Rohstoffvorkommen, den Rohstoffproduktionszahlen und den Rohstoffverbräuchen – und insbesondere zu den Prognosen der zukünftigen Rohstoffverbräuche - nicht exakt sein können. Sie geben vielmehr den derzeitigen Stand der in der Literatur - insbesondere von der Deutschen Rohstoffagentur an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe28 - publizierten Werte wieder.

Dennoch können und sollen die nachfolgenden auf wissenschaftlichen Studien beruhenden Zahlen und Berechnungen Hinweise auf drohende Engpässe in der Rohstoff­versorgung, auf notwendige Steigerungen von Jahresproduktionen der Rohstoffe oder gar auf die Endlichkeit dieser Rohstoffe geben. Denn je kürzer die prognostizierte Reichweite der Rohstoffe unter Berücksichtigung der Rohstoff­reserven und der Jahresproduktionen ist, umso größer ist die Notwendigkeit zu einem strukturierten und effizienten Recycling der Rohstoffe zu kommen.

3.2.1 Gold

Gold ist ein gelb glänzendes, duktiles Edelmetall, welches gut zu verarbeiten ist, sehr korrosionsbeständig ist, leicht zu verlöten ist, Infrarotlicht sehr gut reflektiert und in Form von Nanopartikeln sehr gut als Katalysator in organisch-chemischen Reaktionen einsetzbar ist. Nahezu die Hälfte des gehandelten Goldes wird in der Schmuckindustrie verarbeitet. Gold wird aber auch in Form von Goldmünzen und Goldbarren als Wertanlage, als Zahlungsmittel und von Zentralbanken als Wäh­rungs­reserve genutzt und in Bereichen der Elektronik, Optik und Nano­tech­no­logie eingesetzt.29

Die größten Gold-Vorkommen befinden sich in Australien, Südafrika, Russ­land, Chile, China, USA und Indonesien. Die weltweiten Goldreserven werden auf 55.000 t geschätzt. Die jährliche Produktion beträgt derzeit weltweit ca. 2.900 t. Der Jahresverbrauch von 38 t Gold für die Smartphone-Produktion entspricht einem Anteil von 1,3% an der globalen Jahresproduktion.30

Durch den Einsatz von Gold in den Zukunftstechnologiebereichen Elektronik, Optik und Nanotechnologie wird mit einem steigenden Verbrauch in die­sen Berei­chen gerechnet. Marktrelevant wird aber weiterhin die Nachfrage nach Gold für Schmuck sowie Wertanlagen und Währungen bleiben.

3.2.2 Palladium

Palladium ist ein silberweiß glänzendes Metall, welches sehr korrosionsbeständig ist und als Katalysator das 3.000-fache seines Volumens an Wasserstoff ab­sor­bie­ren kann. Drei Viertel des weltweit produzierten Palladiums werden derzeit zur Herstellung von Autoabgaskatalysatoren verwendet. Weitere Anwendung findet Pal­la­dium in der Fertigung von chirurgischen Instrumenten, in der Informations- und Kommunikationstechnologie zur Herstellung von Verbindungen elektrischer Kontakte sowie in der Schmuckindustrie zur Herstellung von Weiß­gold.31

[...]


1 O.V.: Smartphone in: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/smartphone, abgerufen am 29.06.2019.

2 Statista – Das Statistik-Portal: Android beherrscht 80% des Marktes, https://de.statista.com/infografik/1823/smartphoneabsatz-weltweit/ abgerufen am 29.06.2019.

3 Statista – Das Statistik-Portal: Number of smartphones sold to end users worldwide from 2007 to 2016 (in million units), https://www.statista.com/statistics/263437/global-smartphone-sales-to-end-users-since-2007/, abgerufen am 29. Juni 2019.

4 Statista – Das Statistik-Portal: Statistiken zu Smartphones, https://de.statista.com/ themen/581/smartphones/, abgerufen am 29. Juni 2019.

5 Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW): DSW-Datenreport 2016, Hannover 2016.

6 Statista – Das Statistik-Portal: Absatz von Smartphones in verschiedenen Weltregionen in den Jahren 2015 bis 2017 (in Millionen Stück), https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/413292/umfrage/absatz-von-smartphones-nach-weltregion/, abgerufen am 29. Juni 2019.

7 Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW): DSW-Datenreport 2016, Hannover 2016 und eigene Berechnungen.

8 Auch eine Umfrage des Branchenverbandes Bitkom bestätigt, dass 85% der Smart­phone-Besitzer in Deutschland ihr Endgerät seit weniger als 24 Monaten besitzen. S. Ametsreiter, Dr. Hannes: Smartphone-Markt: Konjunktur und Trends, Berlin 2017.

9 IDC: Gearing up for a Flagship-Filled Holiday Quarter, Smartphone Shipments Grew 2.7% Year-over-Year in Third Quarter, Framingham 2017.

10 Statista – Das Statistik-Portal: Smartphone-Markt vor großer Veränderung, https://de.statista.com/infografik/2813/top-10-der-smartphone-maerkte-nach-absolutem-wachstum/, abgerufen am 29. Juni 2019.

11 Statista – Das Statistik-Portal: Welche Arten von Schäden hatten Sie bisher schon an ihrem Smartphone?, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/663298/umfrage/ umfrage-zu-schaeden-an-smarphones-in-deutschland/, abgerufen am 29. Juni 2019.

12 Deutsche Umwelthilfe e.V.: Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen in der Informations- und Kommunikationstechnik, Hintergrundpapier, Berlin 2018, S. 9.

13 Deutsche Umwelthilfe e.V.: Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen in der Informations- und Kommunikationstechnik, Hintergrundpapier, Berlin 2018, S. 14.

14 Matta, Ronald: Gartner: Verkaufszahlen für PCs, Tablet und Smartphones steigen 2018, November 2017.

15 Statista – Das Statistik-Portal: Global smartphone shipments forecast from 2010 to 2022 (in million units), https://www.statista.com/statistics/ 263441/global-smartphone-shipments-forecast/, abgerufen am 29. Juni 2019.

16 Statista – Das Statistik-Portal: Smartphone-Markt vor großer Veränderung, https://de.statista.com/infografik/2813/top-10-der-smartphone-maerkte-nach-absolutem-wachstum/, abgerufen am 29. Juni 2019.

17 Plattform Industrie 4.0: Umsetzungsstrategie Industrie 4.0 – Ergebnisbericht der Plattform Industrie 4.0, Berlin 2015, S. 8.

18 Marscheider-Weidemann, Frank; Langkau, Sabine; Hummen, Torsten; Erdmann, Lorenz; Tercero Espinoza, Luis; Angerer, Gerhard; Marwede, Max und Benecke, Stephan: Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016, DERA Rohstoffinformationen 28, Berlin.

19 Die Rheinpfalz: Wettlauf um Metalle für Hightech-Produkte, Rheinpfalz-Zeitung vom 23. Januar 2018, Ludwigshafen 2018.

20 Frankfurter Allgemeine Zeitung: BMW gewinnt Rennen um Batterierohstoffe, FAZ vom 10. Februar 2018, Nr. 35, Seite 19, Frankfurt 2018.

21 Bitala, Michael: Krieg um Rohstoffe, Süddeutsche Zeitung vom 19. Mai 2010, auch https://www.sueddeutsche.de/politik/kongo-krieg-um-rohstoffe_1.930099, abgerufen am 29. Juni 2019 oder Kraft, Nadine: Edler Handel – Schmutziges Gold – Krieg um Rohstoffe, Rheinpfalz am Sonntag, Seite 8, Ludwigshafen, 11. Februar 2018.

22 Informationszentrum Mobilfunk e.V. (IZMF): Rohstoffe im Handy – die inneren Werte zählen, Berlin 2018.

23 Informationszentrum Mobilfunk e.V. (IZMF): Rohstoffe und Lebenszyklus eines Mobiltelefons, Berlin, November 2014, S. 1.

24 Informationszentrum Mobilfunk e.V. (IZMF): Rohstoffe und Lebenszyklus eines Mobiltelefons, Berlin, November 2014, S. 2.

25 Dörner, Stephan et al.: Nach diesem Handyrohstoff buddeln Kinder metertief, WeltN24 GmbH, https://www.welt.de/151650363, 30. Januar 2016, abgerufen am 29.06.2019.

26 Deutsche Presseagentur: Wie nachhaltig sind Smartphones, in: Süddeutsche Zeitung.de, http://www.sueddeutsche.de/news/wirtschaft/telekommunikation-wie-nachhaltig-sind smartphones-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101/, abg. 29.06.2019.

27 Fischer, Daniel et al.: Die Rohstoff-Expedition – Entdecke, was in deinem Handy steckt!, 2. Auflage, Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2015, S. 66.

28 Marscheider-Weidemann, Frank; Langkau, Sabine; Hummen, Torsten; Erdmann, Lorenz; Tercero Espinoza, Luis; Angerer, Gerhard; Marwede, Max und Benecke, Stephan: Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016, DERA Rohstoffinformationen 28, Berlin.

29 O.V.: Gold, http://www.chemie.de/lexikon/Gold.html, abgerufen am 29.06.2019.

30 O.V.: Gold, https://de.wikipedia.org/wiki/Gold, abgerufen am 29.06.2019.

31 Marscheider-Weidemann, Frank; Langkau, Sabine; Hummen, Torsten; Erdmann, Lorenz; Tercero Espinoza, Luis; Angerer, Gerhard; Marwede, Max und Benecke, Stephan: Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016, DERA Rohstoffinformationen 28, Berlin, S. 265.

Fin de l'extrait de 52 pages

Résumé des informations

Titre
Der Rohstoffbedarf durch den Smartphone-Boom. Recycling als Rohstoffquelle der Zukunft?
Note
12
Auteur
Année
2019
Pages
52
N° de catalogue
V902669
ISBN (ebook)
9783346224989
Langue
allemand
Mots clés
Smartphone-Boom, Rohstoffe, Recycling, Smartphone-Pfand
Citation du texte
Nils Gesmann (Auteur), 2019, Der Rohstoffbedarf durch den Smartphone-Boom. Recycling als Rohstoffquelle der Zukunft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/902669

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