Empirische Evidenz der einheitlichen Konzernbesteuerung


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2006

27 Pages, Note: 1,3


Extrait


Gliederung:

1. Einführung
1.1. steuerliche Diskriminierung
1.2. Systemwechsel zum formula apportionment

2. Motivation des Themas und Zusammenfassung des Modells
2.1 Erkenntnisse und Entwicklungen im Steuersatzwettbewerb
2.2 Zusammenfassung des Modells

3. Besonderheiten des kanadischen Steuersystems
3.1. Unternehmenssteuern auf Provinzebene
3.2. Selbstbestimmung bei der Höhe der Unternehmenssteuern
3.3. Integration der persönlichen und Unternehmens-Einkommenssteuern
3.4. „Tax collection agreement“ und Formelaufteilung
3.5 Gründe für Steuerwettbewerb

4. Die Wirkung von Gewinnverschiebungspraktiken auf die Elastizität der Gewinnsteuerbasis
4.1. Erläuterung der Datenherkunft und der Vorgehenswiese bei der Schätzung
4.2 Schätzung der Elastizitäten

5. Diskussion und Einordnung in die Gesamtliteratur

6. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

7. Anhang

8. Literatur

1. Einführung

Sowohl in der Europäischen Union (EU), als auch auf OECD Ebene gibt es eine gegenwärtige Diskussion und verschiedene Maßnahmen bezüglich der Besteuerung von multinationalen Unternehmen (MNUs).

Im Zentrum stehen dabei zwei politische Initiativen: Erstens die Abschaffung von diskriminierender Besteuerung und Zweitens die Abkehr vom gegenwärtigen System der separaten Gewinnbesteuerung, hin zum System der einheitlichen Konzernbesteuerung mit Formelaufteilung.

1.1. steuerliche Diskriminierung

So wollen der Verhaltenskodex zur Unternehmensbesteuerung der Europäischen Union (European Communities, 1998), genauso wie die OECD Initiative gegen schädlichen Steuerwettbewerb (OECD 1998, 2000), steuerliche Diskriminierungen die vor allem bzw. ausschließlich Vorteile für multinationale Unternehmen gewähren, abschaffen. (Haufler, 2006, S.2)

Viele Länder haben neben einem allgemeinen Trend sinkender Körperschaftssteuersätze, zusätzlich Bestimmungen und Sonderregelungen getroffen, die nur für einen Teil – meistens multinationale Unternehmen - der im Land tätigen Unternehmen gelten, ohne dass auch die heimischen Unternehmen von den Vorteilen profitieren konnten.

Zwei Beispiele für dieses ring-fencing Verhalten finden sich bei Haufler (2006), S.7 und Eggert und Haufler (2006), S.9:

Irland, das 1973 der EU beitrat, bot für den sekundären Sektor, der überwiegend von multinationalen Unternehmen dominiert wurde, einen reduzierten Körperschaftssteuersatz von 10% an, während auf Firmen aus anderen Sektoren ein Steuersatz von 40% angesetzt wurde. 14 Jahre später wurde diese Methode auf Firmen aus dem Finanzsektor ausgeweitet, unter der Bedingung, dass die Unternehmen Arbeitslätze in sogenannten „internationalen Finanzzentren“ in Dublin schufen.

Das zweite angeführte Beispiel für eine diskriminierende Steuerpolitik in einem EU Mitgliedsstaat ist Belgien, das explizit für ausländische, multinationale Unternehmen, die „Koordinationszentren“ in Belgien errichteten, Steuervorteile gewährte. Zwar wurde für diese Unternehmen der in Belgien gängige Steuersatz angewendet, jedoch auf eine reduzierte Bemessungsgrundlage, was zu effektiven Gewinnsteuersätzen nahe Null Prozent für die multinationalen Unternehmen führte.

Im Primarolo Report der European Communities (1999) wurden 66 Fälle solcher diskriminierender Besteuerung in den EU-Mitgliedsstaaten und weitere Fälle in „assoziierten Gebieten“ (Haufler (2006), S.7 bzw. Eggert und Haufler (2006), S.9) aufgedeckt, die als Verletzung des Verhaltenskodex eingestuft wurden. Daher wurden die diskriminierenden Maßnahmen bereits abgeschafft bzw. müssen in den nächsten Jahren abgeschafft werden.

Erste Reaktionen der Länder sind auch schon zu verbuchen, so hat z.B. Irland 2003 einen einheitlichen Körperschaftsteuersatz von 12,5% eingeführt. (Haufler; 2006, S.7)

Zeitgleich wurden von der OECD (1998,2000) 35 Kleinstaaten aufgedeckt, die versuchten internationale Unternehmen mit speziellen Steuervergünstigungen zu attrahieren. Diese weltweite Initiative gegen schädlichen Steuerwettbewerb führte zu dem Ergebnis, dass in mittlerweile fast allen, von der OECD aufgezeigten Ländern, keine Steuerdiskriminierungs-praktiken mehr zum Einsatz kommen. (Haufler; 2006, S.7)

1.2. Systemwechsel zum formula apportionment

Die Zweite große politische Initiative ist der Vorschlage der European Commission (2001), das derzeitige System separater Gewinnbesteuerung (separate accounting), bei dem der Gewinn jedes Unternehmensteils im Herkunftsland versteuert wird, einzustellen und eine für alle Unternehmensteile konsolidierte Bemessungsgrundlage zu ermitteln, die dann nach einer noch festzulegenden Formel aufgeteilt wird.(formula apportionment) (Haufler, 2006 S.16f.)

Man verspricht sich von diesem Systemwechsel, dass neben dem Sinken der Informations- und Dokumentationskosten für MNUs, durch eine einheitliche EU-weite Gewinnsteuerbasis zusätzlich die Anreize für multinationale Unternehmen sinken, ihre Gewinne in Niedrig- steuerländer zu verschieben.

Diese Steuerarbitragepraktiken besitzen in der Empirie große Bedeutung, da die internationalen Firmen sie in beträchtlichem Umfang nutzen.[1]

Mit dieser Thematik setzen sich Mintz und Smart (2004) in ihrer Arbeit auseinander, die gleichzeitig die zentrale Quelle für diese Arbeit darstellt. Die Autoren zeigen am Beispiel Kanadas, wie unterschiedlich die Gewinnsteuerbasen der beiden Besteuerunggssysteme auf Änderungen der Steuersätze reagieren und in diesem Zusammenhang, welche Effekte Gewinnverschiebungen auf die Gesamtwohlfahrt der im Steuerwettkampf stehenden Länder haben. Dazu werden wir in Abschnitt 2 um das Thema zu motivieren, kurz verschiedene Erkenntnisse und Entwicklungen zusammenfassen und uns anschließend mit den zentralen modelltheoretischen Annahmen, die Mintz und Smart treffen, auseinandersetzen.

Um die Ergebnisse verstehen zu können werden überdies in Abschnitt 3 die Besonderheiten des kanadischen Steuersystems aufgezeigt, die diese Fallstudie empirisch so relevant machen.
Den Kern bilden die Schätzungen der Elastizitäten in Abschnitt 4, also die Effekte von marginalen Unternehmenssteuersatzänderungen auf die Steuerbasen, sowohl im System des separate accounting, als auch im System des formula apportionment.

Sektion 5 bettet die Arbeit von Mintz und Smart in die Gesamtliteratur der empirischen Evidenz der einheitlichen Konzernbesteuerung ein.

Sektion 6 fasst die Ergebnisse zusammen und beurteilt anhand der bestehenden Literatur einen möglichen Systemwechsel hin zum formula apportionment.

2. Motivation des Themas und Zusammenfassung des Modells

2.1 Erkenntnisse und Entwicklungen im Steuersatzwettbewerb

Mintz und Smart (2004) betrachten für ihre Arbeit die Einnahmen des kanadischen Bundes- und Provinzhaushalts aus der Körperschaftssteuer. Da in Kanada, ebenso wie in der EU die Unternehmenssteuersätze teilweise drastisch gesenkt wurden, stellen sich die Autoren die Frage, welche Faktoren die Entscheidungen von Regierungen über die Höhe von Steuersätzen erklären können.

Eine entscheidende Rolle wird dabei den Gewinnverschiebungspraktiken von multinationalen Unternehmen im internationalen Kontext bzw. multijurisdiktionalen Unternehmen für den kanadischen Raum zugesprochen. Unter anderem reagieren die ausgewiesenen Gewinne dieser Konzerne stark auf Änderungen der Steuersätze, falls sie die Möglichkeit besitzen ihre Einnahmen in Niedrigsteuerländer bzw. Provinzen zu transferieren.

Gewinnverschiebung kann daher den Steuerwettbewerb unter den konkurrierenden Staaten verschärfen und zu allgemein sinkenden Steuersätzen führen. (Gordon und MacKie Mason, 1995; Mintz und Smart, 2004, S.2)

Reale Investitionen werden durch Gewinnverschiebung jedoch weniger reagibel auf die Steuersätze, da die Investitionen durchaus in einem Hochsteuerland getätigt werden können, der Großteil der realisierten Gewinne aber in Niedrigsteuerländern versteuert wird. Aus diesen beiden konträren Zusammenhängen ergibt sich ein unklarer Effekt auf die Gesamtwohlfahrt der Länder.

2.2 Zusammenfassung des Modells

Um ihre empirische Schätzung zu motivieren, stellen Mintz und Smart (2004) theoretische Annahmen in einem Modell auf. Ihre Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen. Sie betrachten ein Unternehmen, das in mehreren Provinzen operiert und dadurch die Möglichkeit besitzt, ihr zu versteuerndes Einkommen durch eine Strategie zu beeinflussen, die aus Verleihen bzw. Ausleihen unter den Tochtergesellschaften besteht. Diese Art der Gewinnverschiebung verursacht konvexe Kosten für die Wohlfahrt, die vom Investitions- niveau in den Niedrigsteuerprovinzen abhängen. Das zentrale Resultat des Modells ist, dass bei Erhöhung des Steuersatzes in einer Provinz, sowohl im separate accounting System, als auch im formula apportionment die Investitionen verzerrt werden. Der excess burden aber im separate accounting größer ist, da durch die Steuersatzänderung Anreize entstehen Gewinne durch das interne Ausleihsystem zu verschieben. (Mintz und Smart, 2004, S.7)

3. Besonderheiten des kanadischen Steuersystems

Mintz und Smart (2004) liefern einen empirischen Beweis für die allgemeine Hypothese, dass unter einem System der einheitlichen Konzernbesteuerung die Elastizität der Gewinnsteuerbasis kleiner ist als unter der separaten Konzernbesteuerung und somit der Steuersatzwettbewerb unter Länder reduziert werden kann.

3.1. Unternehmenssteuern auf Provinzebene

Um diesen Beweis zu liefern, nutzen die Verfasser eine Besonderheit des kanadischen Unternehmenssteuersystems. In Kanada werden Unternehmenssteuern sowohl auf Bundes- als auch auf Provinzebene erhoben und Firmen, die Geschäfte in mehreren Provinzen betreiben werden abhängig von ihrer Organisationsform nach unterschiedlichen Systemen besteuert.

So wird für rechtlich selbständige Unternehmensteile, wie z.B. Tochtergesellschaften das Einkommen der ganzen Konzerngruppe nicht konsolidiert, also nach dem separate accounting versteuert. Derart strukturierte Unternehmen haben daher erhebliche Möglichkeiten, ihre erwirtschafteten Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern.

Für rechtlich unselbständige Unternehmensteile, wie unselbständige Betriebsstätten oder Vertriebsbüros ist allerdings das formula apportionment gesetzlich vorgeschrieben.

Aufgrund dieser Eigenheit in Kanada ist es Mintz und Smart (2004) möglich, die beiden Steuersysteme in einem Land zu untersuchen. Dies hat den Vorteil, dass erstens die Unternehmen relativ gut vergleichbar sind, da sie größtenteils der gleichen Gesetzgebung unterliegen und auch ähnliche infrastrukturelle Voraussetzungen vorliegen und sich zweitens die prognostizierten Effekte der Besteuerungssysteme, klar analysieren lassen.

Die Autoren befinden drei Typen von Unternehmen, als relevant für ihre Studie. (1) Unternehmen, die ausschließlich in einer Provinz operieren; (2) Unternehmen die durch Tochtergesellschaften in verschiedenen Provinzen operieren und ihre Gewinne daher nach der separate accounting Methode versteuern; (3) Unternehmen die in verschiedenen Provinzen, mit rechtlich unselbständigen Unternehmensteilen operieren und daher verpflichtet sind ihre Gewinne zu konsolidieren und anhand einer Formel aufzuteilen. (Mintz und Smart, 2004, S.7)

3.2. Selbstbestimmung bei der Höhe der Unternehmenssteuern

In Kanada dürfen die Provinzen die Höhe ihres Körperschaftssteuersatzes selbst bestimmen. Daher gibt es ein sehr heterogenes Spektrum der provinziellen Steuersätze, mit 9,12% in Quebec bis hin zu 17% in New Brunswick, Neufundland und Manitoba. (Zahlen von 1999, Mintz und Smart, 2004, S.7)

Quebec erhebt allerdings einen erhöhten Steuersatz auf die Investitionsgewinne der Unternehmen.

Reduzierte Körperschaftssteuersätze wurden in allen Provinzen, mit Ausnahme von Quebec unter anderem auch auf kleine, kanadische Unternehmen die so genannten CCPCs (canadian-controlled private corporations) erhoben. Zusätzlich genießt auch das Handwerk und das verarbeitende Gewerbe reduzierte Steuersätze, sowohl auf der kanadischen Bundesebene, als auch auf Provinzebene.

Diese Eigenschaften spiegeln sich auch in Tabelle 1 wider, welche die Gesamtsteuerlast aufzeigt, die kanadische Firmen zu tragen haben. Die Gesamtsteuerlast setzt sich zusammen aus den Steuern die von der kanadischen Regierung erlassen werden und den Steuern, der Provinzregierungen. Tabelle 1 grenzt zudem die „großen“ Unternehmen von den „kleinen“ Unternehmen, den CCPCs ab, um deren reduzierten Steuersätzen Rechnung zu tragen. Betrachtet werden die Steuersätze der Jahre 1986 im Vergleich zu 1999 und die durchschnittlichen Steuersätze in dieser Periode. Um die niedrigeren Steuersätze auf das Handwerk und das verarbeitende Gewerbe zu berücksichtigen, werden auch für die verschiedenen Industriezweige durchschnittliche Steuersätze angesetzt, die mit festen Anteilen an der Gesamtproduktion gewichtet wurden.

Als erstes Ergebnis lässt sich dokumentieren, dass die Unternehmenssteuersätze im betrachteten Zeitraum für die großen Unternehmen stark reduziert wurde. Die sinkende Belastung lässt sich vor allem auf die verringerten Bundessteuern der kanadischen Regierung zurückführen, was sich in der letzten Zeile von Tabelle 1 erkennen lässt. Dagegen sind die beobachteten Steuersätze für die „kleinen“ Unternehmen nahezu konstant geblieben. Außerdem lässt sich erkennen, dass Quebec über den gesamten Zeitraum einen überdurchschnittlich niedrigen Steuersatz erhebt. Allerdings haben sich die weiteren Provinzen durch erhebliche Reduktionen in den letzten Jahren stark angenähert. (Mintz und Smart, 2004, S.8)

[...]


[1] Die empirische Relevanz wird in mehreren Arbeiten bestätigt.

Literaturverweise finden sich bei Haufler (2006), S.8f

z.B. folgert Hines (2005), anhand von daten des U.S. Bureau of Economics, dass U.S. multinationale Unternehmen im Zeitraum von 1982-1999 entweder erhebliche Steuererleichterungen in ihren Gastländern genossen haben bzw. ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verschieben konnten.

Spengel (2003) zeigt für Deutschland im Zeitraum von 1990-1995, dass DAX- Unternehmen niedrigeren durchschnittlichen Gewinnsteuerquoten gegenüberstehen, als mittelständische Unternehmen, da die DAX-Unternehmen ihre Aktivitäten teilweise ins Niedrigsteuerausland verlagert haben

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Empirische Evidenz der einheitlichen Konzernbesteuerung
Université
LMU Munich
Cours
Besteuerung multinationaler Unternehmen
Note
1,3
Auteur
Année
2006
Pages
27
N° de catalogue
V90325
ISBN (ebook)
9783638044974
ISBN (Livre)
9783638941181
Taille d'un fichier
511 KB
Langue
allemand
Mots clés
Empirische, Evidenz, Konzernbesteuerung, Besteuerung, Unternehmen
Citation du texte
Diplom Volkswirt Markus F. Enzner (Auteur), 2006, Empirische Evidenz der einheitlichen Konzernbesteuerung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90325

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