1 Einleitung
Der Glaube an Gott war aus Sicht der Führung der Sowjetunion eine Verschwendung menschlicher Kräfte. Wo es sich die Kommunistische Partei zur Aufgabe gemacht hatte, den neuen Sowjetmenschen zu formen, konnte Religion, und damit der Glaube an etwas Höheres als an die eigene Partei, nur stören. Im Kampf um die Ideologie im Staat war das Gotteshaus ein Rivale. Die Verbindung zwischen ihm und der sowjetischen Gesellschaft galt es zu durchtrennen. Dass dies in Teilen der Sowjetunion unterschiedlich erfolgreich war, wird diese Arbeit aufzeigen.
Im Zentrum der Betrachtung soll Estland stehen. Der baltische Staat, religiös vorwiegend geprägt durch die evangelisch-lutherische Kirche, wenngleich auch in der Gesellschaft nicht übermäßig verbreitet, wurde 1940 von der Sowjetunion okkupiert. Sogleich wurden von der Sowjetführung die ersten Maßnahmen gegen Kirche und Gläubige ergriffen. Wie sahen diese aus und konnte der neue Machthaber damit seine Ziele erreichen? Bereits ein Jahr später stand das Land bis 1944 unter deutscher Besatzung. In dieser Zeit verbesserte sich die Situation der Gläubigen, dennoch war vereinzelten Gruppen nicht alles möglich wie noch Ende der 30er Jahre, der Blütezeit des Kirchenlebens in Estland. So blieben z.B. die Zeugen Jehovas eine verbotene Organisation, die Baptisten erhielten nicht alle Gebetsräume zurück.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte durch die erneute sowjetische Herrschaft ein starker Druck auf das estnische Kirchenleben ein. Betrachtet wird der Zeitraum von 1944 bis zum Tod des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei, Josef Stalin, 1953. Besonders Ende der 40er Jahre wurden durch die Parteiführung harte Vorgaben zur Bekämpfung erlassen. Wie genau sahen diese aus? Wie reagierte die Bevölkerung, wie die Geistlichen?
Um die Situation in Estland zu vergleichen, wird sich ein größeres Kapitel dieser Arbeit mit einem anderen Gebiet, in dem ebenfalls Maßnahmen gegen das religiöse Leben ergriffen wurden, nämlich dem Kaukasus, befassen. Hier begann die religiöse Bekämpfung (hier war es der Islam, der verbreitet war) bereits rund zwei Jahrzehnte früher als auf dem Baltikum. Dennoch hatten geistliche Führer Mitte der 20er Jahre noch genauso viel Einfluss auf die Bevölkerung in Aserbeidschan oder Usbekistan. Warum war dies so? Welche Maßnahmen ergriffen die Verantwortlichen auf dem Kaukasus, um die Religion aus dem Leben der Menschen auszulöschen?
Besonders hilfreich bei der Bearbeitung des Kaukasus-Teils waren die Arbeiten Baberowskis, einem der international renommiertesten Wissenschaftler, der sich mit dem Stalinismus beschäftigt. Seine Arbeiten „Der Feind ist überall: Stalinismus im Kaukasus“ aus dem Jahr 2003 sowie „Stalinismus an der Peripherie: Das Beispiel Azerbajdžan 1920-1941“ finden in dieser Arbeit große Beachtung. Für den Hauptteil wurde allen voran auf den Aufsatz von Plaat „Die Veränderungen im religiösen Leben Estlands während der deutschen und der sowjetischen Okkupation 1940-1953“ sowie die beiden Arbeiten von Altnurme „Die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche und die Besatzungsmächte 1939-1953“ und „The Sovietization of the Estonian Evangelical Lutheran Church“ zurückgegriffen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Religiöses Leben in Estland vor der sowjetischen Okkupation
- Die erste russische Okkupation
- Die deutsche Okkupation
- Die zweite sowjetische Okkupation
- Vorschrift zur Überwachung der Religionsgemeinschaften
- Nationalisierung des Kirchenbesitzes
- Weitere Maßnahmen
- Auslöschen der Traditionen
- Von außen nach innen
- Die orthodoxe Kirche
- Die Lage im Kaukasus – Ein Vergleich
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der sowjetischen Okkupation auf das religiöse Leben in Estland, insbesondere im Zeitraum von 1940 bis 1953. Der Fokus liegt auf den Maßnahmen der sowjetischen Führung gegen Kirche und Gläubige und deren Erfolg bzw. Misserfolg. Ein Vergleich mit der Situation im Kaukasus soll weitere Erkenntnisse liefern.
- Die Entwicklung des religiösen Lebens in Estland vor der sowjetischen Okkupation.
- Die sowjetischen Maßnahmen zur Unterdrückung der Religion in Estland.
- Der Widerstand der estnischen Bevölkerung und Geistlichen gegen diese Maßnahmen.
- Ein Vergleich der sowjetischen Religionspolitik in Estland und im Kaukasus.
- Die Rolle der evangelisch-lutherischen Kirche in Estland während der Okkupation.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Zielsetzung der Arbeit, die sich auf die Untersuchung der sowjetischen Maßnahmen gegen das religiöse Leben in Estland konzentriert, mit besonderem Fokus auf die evangelisch-lutherische Kirche. Es wird die Problematik der sowjetischen Ideologie im Umgang mit Religion und der unterschiedliche Erfolg dieser Politik in verschiedenen Teilen der Sowjetunion angesprochen. Der Zeitraum von 1940 bis 1953 wird als Untersuchungszeitraum definiert, und die Bedeutung eines Vergleichs mit dem Kaukasus wird hervorgehoben.
Religiöses Leben in Estland vor der sowjetischen Okkupation: Dieses Kapitel beschreibt die religiöse Landschaft Estlands in der Mitte der 1930er Jahre, die vorwiegend von der evangelisch-lutherischen Kirche geprägt war, obwohl die Verbundenheit der Gläubigen zu den Gemeinden nicht besonders eng war. Trotzdem wird der Zeitraum vor der Okkupation als Blütezeit der lutherischen Kirche bezeichnet, mit einer hohen Anzahl an Kirchen und Geistlichen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der Verlust der estnischen Eigenstaatlichkeit markieren einen Wendepunkt, der zu Veränderungen im Kirchenleben führt, insbesondere durch den Weggang deutschbaltischer Pastoren.
Die erste russische Okkupation: Dieses Kapitel behandelt die sowjetische Okkupation Estlands im Jahr 1940 und die eingeleiteten Maßnahmen zur Unterdrückung des religiösen Lebens. Es beschreibt die atheistische Propagandawelle, die Schließung der Theologischen Fakultät und das Verbot religiöser Organisationen. Trotz der Restriktionen wird die anhaltende Aktivität des Kirchenlebens und dessen Rolle als Symbol des Widerstandes gegen die sowjetische Ordnung hervorgehoben. Es wird auch auf die Opfer unter den Geistlichen hingewiesen.
Die zweite sowjetische Okkupation: Dieses Kapitel fokussiert sich auf die erneute sowjetische Herrschaft nach dem Zweiten Weltkrieg und den verstärkten Druck auf das estnische Kirchenleben bis zum Tod Stalins. Es geht detailliert auf die Maßnahmen der sowjetischen Führung zur Bekämpfung der Religion ein und analysiert die Reaktionen der Bevölkerung und der Geistlichen. Die Unterabschnitte behandeln die Überwachung von Religionsgemeinschaften, die Nationalisierung von Kirchenbesitz, weitere repressive Maßnahmen, den Versuch des Auslöschens religiöser Traditionen, und den Einfluss von außen auf die innerkirchlichen Angelegenheiten. Die Analyse wird aber durch das Fehlen des Inhalts der Unterabschnitte eingeschränkt.
Die orthodoxe Kirche: Der Inhalt dieses Kapitels ist aufgrund der fehlenden Informationen nicht zusammenfassbar.
Die Lage im Kaukasus – Ein Vergleich: Dieses Kapitel vergleicht die Situation im Kaukasus mit der in Estland. Der Kaukasus wird als ein Gebiet beschrieben, in dem bereits zwei Jahrzehnte früher Maßnahmen gegen das religiöse Leben, hier hauptsächlich den Islam, ergriffen wurden. Der Vergleich soll Aufschluss darüber geben, warum geistliche Führer im Kaukasus Mitte der 20er Jahre noch starken Einfluss auf die Bevölkerung hatten und welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die Religion aus dem Leben der Menschen zu entfernen. Die Arbeiten von Baberowski werden als besonders hilfreich für diesen Teil der Analyse genannt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Auswirkungen der sowjetischen Okkupation auf das religiöse Leben in Estland (1940-1953)
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit untersucht die Auswirkungen der sowjetischen Okkupation auf das religiöse Leben in Estland zwischen 1940 und 1953. Der Fokus liegt auf den sowjetischen Maßnahmen gegen Kirche und Gläubige und deren Erfolg bzw. Misserfolg. Ein Vergleich mit der Situation im Kaukasus wird gezogen. Die Arbeit umfasst die Entwicklung des religiösen Lebens vor der Okkupation, die sowjetischen Unterdrückungsmaßnahmen, den Widerstand der Bevölkerung, die Rolle der evangelisch-lutherischen Kirche und einen Vergleich der sowjetischen Religionspolitik in Estland und im Kaukasus.
Welche Kapitel enthält die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit beinhaltet folgende Kapitel: Einleitung (Zielsetzung und Problemstellung), Religiöses Leben in Estland vor der sowjetischen Okkupation (Beschreibung der religiösen Landschaft vor 1940), Die erste russische Okkupation (Maßnahmen der Sowjetunion 1940), Die zweite sowjetische Okkupation (verstärkter Druck nach dem Zweiten Weltkrieg, detaillierte Analyse der Maßnahmen), Die orthodoxe Kirche (Inhalt fehlt), Die Lage im Kaukasus – Ein Vergleich (Vergleich der sowjetischen Religionspolitik mit dem Kaukasus), Fazit (Fehlt im gegebenen Auszug).
Welche konkreten Maßnahmen der Sowjets gegen die Religion werden untersucht?
Die Arbeit analysiert verschiedene Maßnahmen der sowjetischen Regierung, darunter atheistische Propaganda, Schließung der Theologischen Fakultät, Verbot religiöser Organisationen, Überwachung von Religionsgemeinschaften, Nationalisierung von Kirchenbesitz, weitere repressive Maßnahmen, und Versuche, religiöse Traditionen auszurotten. Auch der Einfluss von außen auf die innerkirchlichen Angelegenheiten wird thematisiert.
Welche Rolle spielte die evangelisch-lutherische Kirche in Estland?
Die evangelisch-lutherische Kirche war die vorherrschende Konfession in Estland vor der Okkupation und spielte eine zentrale Rolle im Widerstand gegen die sowjetische Politik. Die Arbeit untersucht detailliert die Auswirkungen der sowjetischen Maßnahmen auf diese Kirche.
Warum wird der Kaukasus zum Vergleich herangezogen?
Der Vergleich mit dem Kaukasus dient dazu, die sowjetische Religionspolitik in unterschiedlichen Kontexten zu analysieren und zu verstehen, warum die Maßnahmen in manchen Regionen erfolgreicher waren als in anderen. Der Kaukasus wird als Gebiet mit früheren und ähnlichen Maßnahmen gegen den Islam beschrieben.
Welche Quellen werden in der Arbeit verwendet (explizit genannt)?
Die Arbeit erwähnt explizit die Arbeiten von Baberowski im Zusammenhang mit dem Vergleich der Situation im Kaukasus.
Welche Informationen fehlen in der vorliegenden Zusammenfassung?
Der Inhalt der Kapitel "Die orthodoxe Kirche" und das Fazit fehlen. Auch die Unterkapitel innerhalb des Kapitels "Die zweite sowjetische Okkupation" sind nur in den Überschriften genannt, aber nicht inhaltlich beschrieben.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Die Arbeit ist für akademische Zwecke bestimmt und dient der Analyse der Themen in einer strukturierten und professionellen Art und Weise.
- Quote paper
- Pavo Prskalo (Author), 2006, Von der Blütezeit zur Unterwerfung – religiöses Leben in Estland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90348