Um das Thema Herrschaftspraxis im Brandenburg des 18. Jahrhunderts zu beschreiben, wird schnell und ohne größere Überlegungen die bisher noch weit verbreitete Lehrmeinung herangezogen: Das Brandenburg im 18. Jahrhundert, in der friderizianischen Zeit, ging vollends in Preußen und dem Absolutismus, zuweilen in einer aufgeklärten Form desselben, auf. Die ältere Forschung erschuf den Begriff des Absolutismus und vermittelte den Eindruck der uneingeschränkten Macht eines Souveräns.
Die jüngere Forschung entkräftet nach und nach die Vorstellung eines omnipotenten und omnipräsenten Herrschers, betrachtet die Herrschaftsstrukturen deutlich feinfühliger und zeigt auf, dass Herrschaft, in seinen unterschiedlichsten Erscheinungsformen, nur durch Kompromisse erhalten blieb: Herrschaft ist der neueren Forschung nach als soziale Praxis zu verstehen. Herrschaft musste in erster Linie ausgehandelt und kontrolliert werden.
Um all dies besser nachzuvollziehen, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Problematik des Aushandelns und des Kontrollierens. Notwendigerweise gewährt sie einen Einblick in den bisherigen Forschungsstand zum Thema Kommunikation und Herrschaft, befasst sich mit der Begrifflichkeit des Absolutismus und mit der Geschichte Brandenburgs zur Zeit des 18. Jahrhunderts. Darüber hinaus wird herausgestellt, welche Formen der Kommunikation statt fanden und geeignet waren, um Sachverhalte auszuhandeln und zu kontrollieren, welche Wege Kommunikation ging, welche Wechselwirkung bestand und wer mit wem warum kommunizierte. Im weiteren Verlauf wird dann auf den frühneuzeitlichen Amtsträger eingegangen, der als Informationsmakler zwischen Herrscher und Beherrschten fungierte. Es soll dabei betrachtet werden, inwiefern sein Wirken Einfluss auf das Aushandeln und Kontrollieren von Herrschaft im Brandenburg des 18. Jahrhunderts hatte, welche Anerkennung ihm sowohl von Herrschern als auch von Beherrschten entgegengebracht wurde und welche soziale Stellung er innerhalb der frühneuzeitlichen Gesellschaft besaß; ob Herrschaft ohne die frühneuzeitlichen Amtsträger überhaupt durchsetzbar war. Die über der Arbeit stehende Leitfrage ist: Wie wurde Herrschaft im Brandenburg des 18. Jahrhundert praktiziert?
Die theoretischen Ausführungen sollen, neben der reichlichen Literatur zu diesem Thema, durch die handschriftlich vorliegenden Bereisungsprotokolle des Kriegsrats Cramer bei seiner Observation der Altmark aus den Jahren 1739 und 1740 belegt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Forschungsstand
- Kommunikation als Forschungsgegenstand
- Herrschaft als Forschungsgegenstand
- „Absolutismus“
- Brandenburg im 18. Jahrhundert
- Formen der Kommunikation
- Supplikationen
- Bekanntmachungen
- Dörfliche Konflikte
- Landes- und Kirchenvisitationen
- Der frühneuzeitliche Amtsträger als Herrschaftsgarant
- Amtsträgerformen im frühneuzeitlichen Brandenburg
- Aufgaben des Amtsträgers
- Soziale Stellung der Amtsträger
- Die Bedeutung des Amtsträgers
- Auswertung eines Visitationsprotokolls des Krieges-Raths Cramer
- Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit der Herrschaftspraxis im Brandenburg des 18. Jahrhunderts und untersucht, wie Herrschaft in dieser Zeit ausgeübt wurde. Sie fokussiert sich dabei auf die untrennbaren Prozesse der Kommunikation, des Aushandelns und des Kontrollierens, die für das Funktionieren der Herrschaft entscheidend waren.
- Die Bedeutung der Kommunikation als Grundlage und Funktion von Herrschaft
- Das Aushandeln von Herrschaft durch Kompromisse und Interaktion zwischen Obrigkeit und Untertanen
- Die Rolle der Kontrolle als wesentlicher Bestandteil der Herrschaftspraxis
- Die verschiedenen Formen der Kommunikation und ihre Bedeutung für die Herrschaftsausübung
- Die Funktionen und Bedeutung des frühneuzeitlichen Amtsträgers als Vermittler von Herrschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Forschungsgegenstand und die Leitfrage der Arbeit einführt. Anschließend werden die Forschungsstände zu Kommunikation und Herrschaft sowie zum Begriff des Absolutismus beleuchtet.
Kapitel 3 widmet sich Brandenburg im 18. Jahrhundert und beleuchtet die Entwicklung des Landes unter den Hohenzollern, insbesondere Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II.
Kapitel 4 erforscht die verschiedenen Formen der Kommunikation im frühneuzeitlichen Brandenburg, wie Supplikationen, Bekanntmachungen, dörfliche Konflikte und Landes- sowie Kirchenvisitationen.
Kapitel 5 analysiert die Funktion des frühneuzeitlichen Amtsträgers als Herrschaftsgarant, indem es seine Aufgabenbereiche, seine soziale Stellung und seine Bedeutung für die Durchsetzung, Aushandlung und Kontrolle von Herrschaft beleuchtet.
Im anschließenden Kapitel 6 wird anhand eines Visitationsprotokolls des Kriegs- und Steuerrates Cramer die Praxis des Aushandelns und Kontrollierens von Herrschaft in der Altmark veranschaulicht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Kommunikation, Herrschaft, Absolutismus, Brandenburg, 18. Jahrhundert, frühneuzeitliche Amtsträger, Herrschaftspraxis, Aushandeln, Kontrolle, Visitationsprotokolle.
- Citar trabajo
- Bachelor Mario Kaun (Autor), 2007, Aushandeln und kontrollieren - Herrschaftspraxis im Brandenburg des 18. Jahrhunderts , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90393