Bereits im Mai 1924 bekannten sich die deutschen Nobelpreisträger der Physik Johannes Stark und Philipp Lenard öffentlich zu Adolf Hitler und seiner Bewegung. Alles an diesem Ereignis ist ungewöhnlich: Die nationalsozialistische Bewegung war durch den gescheiterten Putsch erheblich geschwächt, politisches Engagement war unter deutschen Wissenschaftlern verpönt, die Physik wies aufgrund ihres Forschungsgegenstands am wenigsten Interferenzen mit dem gesellschaftlichen und politischen Leben der Weimarer Republik auf und galt als das liberalste und internationalistischste Fach in der Wissenschaftslandschaft. Die vorliegende Arbeit versucht sich diesem Paradox auf einer soziologischen, einer wissenschaftsgeschichtlichen und einer psychologischen Ebene zu nähern. Es werden die soziale Krise der deutschen Professorenschaft in Kaiserreich, Weltkrieg und Weimarer Republik sowie die wissenschaftlichen Umwälzungen innerhalb der Physik anhand von Sekundärliteratur rekonstruiert. Anschließend werden der Lebensweg und die Karriere Johannes Starks anhand von Sekundärliteratur und einer Analyse sämtlicher zugänglicher Veröffentlichungen Starks nachgezeichnet. Eingehend wird das Milieu untersucht, aus dem später die nationalsozialistische ‚Deutsche Physik’ hervorgehen wird. Es ergibt sich ein vielschichtiges Bild, in dem sich gesellschaftliche Krisen, wissenschaftliche Revolutionen und persönliche Niederlagen in der sozialen Flugbahn Starks niederschlagen. Abschließend werden bestehende Deutungsmuster zum nazistischen Engagement Starks anhand der gewonnenen Erkenntnisse kritisiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Deutsche Professoren und Hochschulen in Kaiserreich und Weimarer Republik
- 2.1. Deutsche Professoren als Elite zwischen Staat und Politik
- 2.2. ‚Kultur' und ‚Zivilisation': Elitäres Denken und Rechtfertigungsideologie
- 2.3. Weltkrieg, Inflation und Ablehnung der Weimarer Republik
- 3. Die Physik und die Naturwissenschaften in Kaiserreich und Weimarer Republik
- 3.1. Die Naturwissenschaften in Kaiserreich und Weimarer Republik
- 3.2. Die Revolution in der Physik und der Verlust eines Weltbildes
- 4. Johannes Stark: Wissenschaftliche, soziale und politische Entwicklung
- 4.1. Starks Karriere vor dem ersten Weltkrieg
- 4.2. Weltkrieg und Isolation
- 4.3. Wissenschaftspolitik als Instrument gegen die theoretische Physik
- 4.4. Die Abrechnung: „Die gegenwärtige Krisis der deutschen Physik“
- 4.5. Stark und Hitler
- 5. Analyse
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die politischen Aktivitäten des Nobelpreisträgers Johannes Stark und seinen frühen und expliziten Zuspruch für Adolf Hitler im Kontext der frühen Weimarer Republik. Sie analysiert die Beweggründe Starks vor dem Hintergrund der soziopolitischen Situation in Deutschland, den Krisen innerhalb der deutschen Professorenschaft und der Physik selbst. Die Arbeit zielt darauf ab, bestehende Interpretationen zu kommentieren und zu kritisieren, indem sie eine politisch-soziologische, wissenschaftsgeschichtliche und persönliche Perspektive einnimmt.
- Die Rolle deutscher Professoren als Elite in Kaiserreich und Weimarer Republik
- Die Krise der deutschen Physik und der Verlust eines etablierten Weltbildes
- Die wissenschaftliche und politische Entwicklung von Johannes Stark
- Die soziopolitischen Faktoren, die zu Starks politischem Radikalismus führten
- Kritik bestehender Analysen zur Unterstützung Hitlers durch Stark
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Beweggründen von Johannes Stark und Philipp Lenard für ihre frühe Unterstützung Hitlers. Sie hebt die ungewöhnliche Situation hervor: zwei Nobelpreisträger der Physik, die sich explizit für eine politische Bewegung aussprachen, deren Putschversuch gescheitert war. Die Arbeit kündigt eine Analyse auf politisch-soziologischer, wissenschaftsgeschichtlicher und persönlicher Ebene an, wobei der Fokus auf Stark liegt, da seine Biographie mehr Spielraum für kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Theorien bietet und exemplarisch für die Situation anderer deutscher Physiker steht.
2. Deutsche Professoren und Hochschulen in Kaiserreich und Weimarer Republik: Dieses Kapitel beschreibt die deutsche Professorenschaft im Kaiserreich und der Weimarer Republik als eine intellektuelle Elite mit hohem sozialen Ansehen, aber einem prekären Status angesichts des Aufstiegs kapitalistischer Eliten und der Arbeiterbewegung. Die Professoren sahen sich als Stütze des Staates, der Nation und der „Kultur“, deren höchste Werte in Pflichterfüllung, Prinzipientreue und geistigen Werten lagen. Diese Ideologie entstand als Reaktion auf die Veränderungen und Bedrohungen ihrer gesellschaftlichen Stellung.
3. Die Physik und die Naturwissenschaften in Kaiserreich und Weimarer Republik: Dieses Kapitel skizziert die Revolution in der Physik um die Jahrhundertwende, die zu einem Verlust des etablierten Weltbildes führte. Diese wissenschaftliche Krise, neben der gesellschaftlichen und der Krise innerhalb der Professorenschaft, bildet einen wichtigen Kontext für das Verständnis von Starks späteren politischen Aktivitäten.
4. Johannes Stark: Wissenschaftliche, soziale und politische Entwicklung: Dieses Kapitel bietet eine Kurzbiographie Starks, die seine wissenschaftliche Karriere, sein Verhalten während und nach dem Ersten Weltkrieg und sein politisches Engagement bis hin zu seiner Unterstützung Hitlers nachzeichnet. Es wird die Wissenschaftspolitik als Instrument gegen die theoretische Physik beleuchtet und die Ereignisse um Starks Schrift „Die gegenwärtige Krisis der deutschen Physik“ analysiert. Der Einfluss der verschiedenen Krisen auf Starks Radikalisierung wird thematisiert.
Schlüsselwörter
Johannes Stark, Philipp Lenard, Deutsche Physik, Nationalsozialismus, Weimarer Republik, Wissenschaftsgeschichte, Professorenschaft, Politischer Radikalismus, Krise der Physik, Soziopolitische Faktoren, Elite, „Kultur“, Nationalismus.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Politische Aktivitäten von Johannes Stark in der Weimarer Republik
Was ist der zentrale Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die politischen Aktivitäten des Nobelpreisträgers Johannes Stark und seine frühe Unterstützung Adolf Hitlers im Kontext der frühen Weimarer Republik. Sie analysiert seine Beweggründe vor dem Hintergrund der soziopolitischen Situation in Deutschland, der Krisen innerhalb der deutschen Professorenschaft und der Physik selbst.
Welche Perspektiven werden in der Analyse eingenommen?
Die Arbeit nimmt eine politisch-soziologische, wissenschaftsgeschichtliche und persönliche Perspektive ein, um bestehende Interpretationen zu kommentieren und zu kritisieren. Der Fokus liegt auf Stark, da seine Biographie mehr Spielraum für kritische Auseinandersetzung bietet und exemplarisch für andere deutsche Physiker steht.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Rolle deutscher Professoren als Elite, die Krise der deutschen Physik und den Verlust eines etablierten Weltbildes, die wissenschaftliche und politische Entwicklung von Johannes Stark, die soziopolitischen Faktoren, die zu Starks politischem Radikalismus führten, und eine Kritik bestehender Analysen zur Unterstützung Hitlers durch Stark.
Wie wird die deutsche Professorenschaft in Kaiserreich und Weimarer Republik dargestellt?
Die deutsche Professorenschaft wird als intellektuelle Elite mit hohem sozialen Ansehen, aber prekärem Status angesichts des Aufstiegs kapitalistischer Eliten und der Arbeiterbewegung beschrieben. Sie sahen sich als Stütze des Staates, der Nation und der „Kultur“, mit Werten wie Pflichterfüllung und Prinzipientreue. Diese Ideologie entstand als Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen und Bedrohungen ihrer Stellung.
Welche Rolle spielt die Krise der Physik in der Arbeit?
Die Revolution in der Physik um die Jahrhundertwende, die zu einem Verlust des etablierten Weltbildes führte, wird als wichtiger Kontext für Starks spätere politische Aktivitäten dargestellt. Diese wissenschaftliche Krise, neben der gesellschaftlichen und der Krise innerhalb der Professorenschaft, beeinflusste Starks Handeln maßgeblich.
Wie wird Johannes Starks Entwicklung dargestellt?
Das Kapitel über Johannes Stark bietet eine Kurzbiographie, die seine wissenschaftliche Karriere, sein Verhalten während und nach dem Ersten Weltkrieg und sein politisches Engagement bis hin zu seiner Unterstützung Hitlers nachzeichnet. Es wird seine Wissenschaftspolitik als Instrument gegen die theoretische Physik beleuchtet und die Ereignisse um seine Schrift „Die gegenwärtige Krisis der deutschen Physik“ analysiert. Der Einfluss verschiedener Krisen auf seine Radikalisierung wird thematisiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Johannes Stark, Philipp Lenard, Deutsche Physik, Nationalsozialismus, Weimarer Republik, Wissenschaftsgeschichte, Professorenschaft, Politischer Radikalismus, Krise der Physik, Soziopolitische Faktoren, Elite, „Kultur“, Nationalismus.
Welche zentrale Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage ist: Was waren die Beweggründe von Johannes Stark und Philipp Lenard für ihre frühe Unterstützung Hitlers?
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu Einleitung, den deutschen Professoren und Hochschulen in Kaiserreich und Weimarer Republik, der Physik und Naturwissenschaften in diesem Zeitraum, Johannes Starks wissenschaftlicher, sozialer und politischer Entwicklung, einer Analyse und einem Fazit.
- Citar trabajo
- Julius Hess (Autor), 2006, Deutsche Physiker und die nationalsozialistische Bewegung in der frühen Weimarer Republik: Johannes Starks Weg zu Adolf Hitler, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90420