Im Jahre 1996 wurde mit der Unterzeichnung der Friedensabkommen in Guatemala der längste und einer der blutigsten Bürgerkriege Lateinamerikas beendet. Obgleich zwischen den beiden Konfliktparteien sehr ungleiche militärische Kräfteverhältnisse herrschten, resultierten die Verhandlungen in einem umfassenden Friedensvertrag, dessen reale Umsetzung weitreichende sozioökonomische Reformen, eine Demokratisierung des Regierungssystems und zahlreiche Verbesserung für die von Armut betroffene Bevölkerung – in der Mehrzahl indigene Campesinos im ländlichen Raum – bedeutet hätte.
Inwieweit hat das Einwirken eines internationalen Akteurs wie der UNO zum Zustandekommen dieses Friedensvertrags beigetragen? Und welchen Beitrag leistete die UNO zu einer langfristigen Versöhnung in einem Land, dessen Geschichte von Repressioin, sozialer Ungleichheit und Rassismus geprägt ist?
Im Folgenden soll die Rolle der UNO im guatemaltekischen Verhandlungs- und Friedensprozess beleuchtet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Aspekt der Aufarbeitung der Vergangenheit durch die von der UNO geleitete "Kommission zur geschichtlichen Aufklärung" (Comisión de Esclarecimiento Histórico - CEH), deren Einrichtung in den Friedensabkommen vereinbart wurde.
Die Arbeit gibt dabei zunächst einen Überblick über die politikwissenschaftlichen Diskussionen um Versöhnung und Demokratisierung und die Rolle von Wahrheitskommissionen in diesen Prozessen.
Vor diesem Hintergrund wird anschließend der Friedensprozess in Guatemala im internationalen Kontext umrissen und die Arbeit der CEH dargestellt und analysiert. In einem Exkurs wird dabei auch auf die parallel arbeitende Wahrheitskommission der katholischen Erzdiözese Guatemalas eingegangen, deren Projekt der "Wiedergewinnung der geschichtlichen Erinnerung" (Recuperación de la Memoria Histórica - REMHI) sich im Gegensatz zur CEH auf die kontinuierliche pastorale und soziale Arbeit in den vom Konflikt betroffenen Gemeinden stützen konnte.
In einer Schlußbetrachtung wird die Arbeit der Wahrheitskommissionen diskutiert und der Frage nachgegangen, inwieweit der politische Prozess in Guatemala überhaupt den dargestellten Versöhnungskonzepten gerecht wird.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. THEORETISCHE HINTERGRÜNDE
- 2.1. Strafverfolgung und Demokratisierung
- 2.2. Wahrheitsfindung und Versöhnung
- 2.3. Wahrheitskommissionen
- 3. HINTERGRÜNDE UND RAHMENBEDINGUNGEN DES ENGAGEMENTS DER UNO
- 4. DER VERHANDLUNGS- UND FRIEDENSPROZESS IN GUATEMALA
- 4.1. Die Hintergründe: Der bewaffnete Konflikt in Guatemala
- 4.2. Die militärische Situation zu Verhandlungsbeginn
- 4.3. Der Verhandlungsprozess
- 4.3.1. Die Rolle der UNO
- 4.3.2. Die Rolle der Zivilgesellschaft
- 4.3.3. Die einzelnen Teilabkommen
- 5. DIE WAHRHEITSKOMMISSIONEN
- 5.1. Exkurs: REMHI - eine Wahrheitskommission zivilgesellschaftlicher Initiative
- 5.2. Die CEH - Kommission zur Aufklärung der Vergangenheit unter UNO-Vorsitz
- 5.3. Reaktionen auf die Ergebnisse der CEH
- 6. SCHLUSSBETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle der UNO im guatemaltekischen Verhandlungs- und Friedensprozess, wobei der Schwerpunkt auf der von der UNO geleiteten Wahrheitskommission CEH¹ liegt. Ziel ist es, den Beitrag der UNO zum Zustandekommen der Friedensabkommen und zur langfristigen Versöhnung in Guatemala zu beleuchten.
- Die Rolle der UNO im guatemaltekischen Friedensprozess
- Die Bedeutung von Strafverfolgung und Demokratisierung nach einem Bürgerkrieg
- Wahrheitsfindung und Versöhnung als zentrale Elemente im Friedensprozess
- Die Herausforderungen und Chancen der Arbeit von Wahrheitskommissionen
- Die Bedeutung der Zivilgesellschaft im guatemaltekischen Friedensprozess
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Kontext des guatemaltekischen Friedensprozesses und stellt die Forschungsfrage nach der Rolle der UNO im Prozess der Versöhnung in Guatemala. Kapitel 2 analysiert die theoretischen Hintergründe von Strafverfolgung und Demokratisierung sowie Wahrheitsfindung und Versöhnung im Kontext von Übergangsgesellschaften. Kapitel 3 geht auf die Rahmenbedingungen des Engagements der UNO in Guatemala ein. Kapitel 4 beleuchtet den Verhandlungsprozess, die Rolle der UNO und der Zivilgesellschaft sowie die einzelnen Teilabkommen. Kapitel 5 beschäftigt sich mit den Wahrheitskommissionen, insbesondere mit der CEH, deren Arbeit und den Reaktionen auf die Ergebnisse.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themenschwerpunkten Friedensprozess, Wahrheitsfindung, Versöhnung, Demokratisierung, Menschenrechtsverletzungen, Strafverfolgung, Amnestie, Wahrheitskommissionen, UNO, Guatemala, Zivilgesellschaft, bewaffneter Konflikt, Übergangsgesellschaften.
- Citation du texte
- Christoph Schwarz (Auteur), 2001, Die Wahrheitskommissionen in Guatemala und die Rolle der UNO im guatemaltekischen Friedensprozess, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/90432